5253/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.07.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0140-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 5330/J-NR/2010

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Offenlegungspflicht von Jahresabschlüssen von Kapital- und Personengesellschaften“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die Kontrolle der Einhaltung der Offenlegungspflicht für Jahresabschlüsse obliegt der unabhängigen Rechtsprechung.

Zu 2:

Ich habe aus Anlass dieser Anfrage eine Auswertung auf Basis der Offenlegungspflichten betreffend Jahresabschlüsse mit Stichtagen vom 1.1. 2008 bis 31.12. 2008  in Auftrag geben lassen.


Zum 31.12.2008 waren im Firmenbuch 128.532 rechnungslegungspflichtige Rechtsträger registriert. Davon ist bei 62.710 Rechtsträgern (mit Jahresabschlussstichtag im Kalenderjahr 2008) 273 Tage (9 Monate) nach dem Stichtag kein Jahresabschluss bei Gericht eingelangt.

Weiters wurden Auswertungen mit 304 Tagen (10 Monate) und 334 Tagen (11 Monate) nach dem Stichtag des Jahresabschlusses (relativ geringe Überschreitung der Frist von 9 Monaten) gemacht. Diese Auswertung ergab, dass bei 50.229 Rechtsträgern nach 304 Tagen und bei 40.148 Rechtsträgern nach 334 Tagen kein Jahresabschluss eingelangt war.

Die der Auswertung zu Grunde liegende Abfrage ist sehr komplex, sodass sich eine (maximale) statistische Unschärfe von 5% ergeben kann.

Zu 3:

Für die Auswertung der Zwangsstrafverfahren wurden die Offenlegungspflichten für Jahresabschlüsse mit Stichtagen im Jahr 2008 herangezogen. Hinsichtlich der Offenlegungspflichten für Jahresabschlüsse mit Stichtagen im Jahr 2009 wurden noch keine Strafverfahren eingeleitet, weil der Bilanzstichtag (üblicherweise) der 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres ist und die Frist für die Vorlage daher erst mit 30.9.2010 endet.

Im Zeitraum vom 1.10.2008 bis 25.6.2010  wurden insgesamt 23.925 Zwangsstrafen angedroht und 6.962 Zwangsstrafen festgesetzt.

Davon können 11.425 Strafandrohungen und 3.704 Straffestsetzungen eindeutig der Einbringung von Jahresabschlüssen zugeordnet werden, deren Stichtag im Jahr 2008 liegt.

Eine automationsunterstützte Auswertung der Strafhöhen ist auf Grund des derzeitigen Datenbestandes nicht möglich.

In diesem Zusammenhang wäre noch darauf hinzuweisen, dass anstelle der Zwangsstrafen in der Praxis vielfach auch das als wirksamer zu erachtende Instrument der Androhung bzw. Durchführung der amtswegigen Löschung angewendet wird, das zur Voraussetzung hat, dass der Jahresabschluss in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht gelegt wird.


Zu 4:

Um wirtschaftliche Transparenz in Krisenzeiten zu erhöhen, sollte der Jahresabschluss auch mit hinreichender Sorgfalt erstellt werden können. Eine Verkürzung der Offenlegungsfristen gerade in Krisenzeiten mit vermehrten Wertschwankungen und komplexen, oft auch widersprüchlichen wirtschaftlichen Entwicklungen scheint einer erhöhten Richtigkeitsgewähr eher abträglich als dienlich. Es ist daher vorerst keine Verkürzung der Fristen in Krisenzeiten beabsichtigt.

Zu 5:

Die maßgebliche Bestimmung für Zwangsstrafen (§ 283 UGB) sieht einen (moderaten) Strafrahmen vor, innerhalb dessen das Gericht die Strafhöhe nach freiem Ermessen bestimmt. Wirtschaftlicher Druck zur Erfüllung der Offenlegungspflichten kann sich – gerade mit steigender Größe des betroffenen Unternehmens – aus der Wiederholungsfrequenz der Strafenverhängung ergeben. Die Obergrenze des Strafrahmens ist angesichts der zulässigen und gebotenen Wiederholung der Strafen zur Erzwingung der Offenlegung daher ein Faktor.

 

. Juli 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)