5428/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.07.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(5-fach)

 

 

 

RUDOLF HUNDSTORFER

Bundesminister

 

Stubenring 1, 1010 Wien

Tel: +43 1 711 00 - 0

Fax:   +43 1 711 00 - 2156

rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at

www.bmask.gv.at

DVR: 001 7001

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1010 Wien

 

 

 

GZ: BMASK-90180/0028-III/4/2010

 

Wien,

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5713/J der Abgeordneten Rädler u.a. betr. „Wiener Linien - Missstände 2: fragliche Geschäftspraktiken“ wie folgt:

 

Frage 1:

Gemäß den geltenden AGB der Wiener Linien (http://www.wienerlinien.at/wl/ep/programView.do/channelId/-8358/programId/11459/pageTypeId/9322) hat der Fahrgast, der ohne gültigen Fahrausweis angehalten wird, zunächst eine Strafzahlung EUR 67,80  zu entrichten. Wenn dieser nicht innerhalb von 3 Tagen zahlt, erhöht sich der Betrag auf EUR 130,-


Fragen 2:

In der geltenden Version der Beförderungsbedingungen finden sich unter nachstehenden Punkt G2 zusammen mit Punkt Q die entsprechenden Passagen.

 

G. Überprüfung der Fahrausweise

1. Fahrausweise sind den mit der Prüfung von Fahrausweisen betrauten Mitarbeitern der Verkehrsunternehmen oder der VOR auf Verlangen vorzuweisen und erforderlichenfalls zur Prüfung zu übergeben.

2. Ein Fahrgast, der nach Fahrtantritt ohne gültigen Fahrausweis angetroffen wird, hat unbeschadet allfälliger strafrechtlicher Verfolgung die unter Punkt Q festgesetzte zusätzliche Beförderungsgebühr und einen allfällig zu entrichtenden Fahrpreis jenes Verkehrsunternehmens zu entrichten, in dessen Bereich die Beförderung stattfindet bzw. stattgefunden hat. Als Fahrtantritt gilt auch das Durchschreiten einer Bahnsteigsperre.

Q. Gebühren

1.  Zusätzliche Beförderungsgebühr gemäß Punkt G bei Bezahlung

     innerhalb von drei Tagen _________________________________________      67,80

     bei späterer Bezahlung __________________________________________    130,00

     auf Strecken der ÖBB bei Barzahlung _______________________________    65,00

     auf Strecken der ÖBB mittels Erlagschein ____________________________    95,00

 

 

Frage 3-6:

Sofern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam vereinbart werden, sind sie Vertragsbestandteil zwischen den Vertragsparteien. Ob Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart sind, hängt davon ab, ob der zu AGB kontrahierende Vertragspartner vor Vertragsabschluss mündlich oder schriftlich auf die beabsichtigte Geltung von AGB hingewiesen hat und der Konsument, die Konsumentin tatsächlich die Möglichkeit hatte, diese auch vor Vertragsabschluss einzusehen.

 

Die Wiener Linien weisen auf die Existenz ihrer AGB hin, z.B. durch Aushänge in Auszügen in den U-Bahnstationen kund. Zusätzlich hat jeder Fahrgast die Möglichkeit ein Exemplar der AGB bei den Kartenverkaufsstellen anzufordern. Damit ist die Möglichkeit der Einsichtnahme gegeben und die AGB somit wirksam mit dem Fahrgast vereinbart.

 

Mit den gegenständlichen Klauseln wird eine Konventionalstrafe vereinbart, die dem Konsumenten gegenüber Kostenfolgen fürs „Schwarzfahren“ auferlegt. Gemäß § 1336 ABGB ist die Vereinbarung einer Konventionalstrafe als  pauschalierter Schadenersatz für den Fall der Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung des Vertrags zulässig. Die Höhe der Konventionalstrafe muss angemessen sein und hat sich am tatsächlichen Schaden zu orientieren. Deren Angemessenheit zu prüfen und gegebenenfalls abzuändern, ist den ordentlichen Gerichten im Rahmen des richterlichen Mäßigungsrechts nach § 1336 ABGB vorbehalten.

 

Der Ersatz der Inkassokosten ist in § 1333 Abs. 2 ABGB geregelt, der Gläubigern die Möglichkeit einräumt, einen Schaden, den diese zur Betreibung einer fälligen (!) Forderung haben, geltend zu machen.  Sofern also die Wiener Linien einen konkreten Schaden durch die Betreibung der nicht gezahlten Konventionalstrafe haben, kann dieser im Rahmen des § 1333 Abs. 2 ABGB als Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden. In diesem Fall haben die Wiener Linien nachzuweisen, worin ihr Schaden liegt, das heißt, ob sie ein Inkassobüro beauftragt haben und diesem kostenpflichtig werden. Ob ein solcher Auftragsvertrag vorliegt, der eine solche Kostenpflicht der Wiener Linien regelt, entzieht sich unserer Kenntnis.

 

 

Frage 7-11:

 

Der Umfang der vertragsrechtlichen Rechte und Pflichten Minderjähriger richtet sich nach deren Geschäftsfähigkeit gemäß §§ 151 ABGB. Bis zum Eintritt der Volljährigkeit ist für die Wirksamkeit eines Vertrages die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter notwendig, wobei der mündige Minderjährige (14-18 Jahre) über sein Einkommen aus eigenem Erwerb soweit verfügen und sich verpflichten kann, als dadurch nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet wird.

In der Regel wird davon auszugehen sein, dass die gesetzlichen Vertreter ihren Kindern generell der Benützung der Verkehrsmittel ihre Zustimmung erteilt haben. Ob und in welchem Umfang, eine Einwilligung vorliegt bzw. anzunehmen ist, hängt dennoch vom zu prüfenden Einzelfall ab und kann nicht generell beantwortet werden. 

 

Allfällige Schadenersatzansprüche gegenüber Minderjährigen sind ebenso im Lichte der Geschäftsfähigkeit im Einzelfall zu prüfen.

 

 

Frage 12:

Eine Prüfung meines Ressorts ergab, dass sich der konkrete Fall positiv erledigen konnte. Weitere Schritte sind in dieser Angelegenheit nicht notwendig.

 

 

Frage 13 - 15:

 

In den letzten 5 Jahren wurden vereinzelt Beschwerden an das Konsumentenschutzressort herangetragen. Diese konnten auf Intervention meines Ressorts hin außergerichtlich und zur Zufriedenheit der Konsumentinnen gelöst werden. Inhalt der Beschwerden war in den meisten Fällen die Höhe der Inkassokosten. Aus diesem Grund gab es auch ein Gespräch mit Wiener Linien und dem Inkassobüro,  seither sind in meinem Ressort keine weiteren Anfragen eingelangt.

 

 

Frage 16-19:

 

Jedes Unternehmen und jede Branche hat sich gesetzes- und rechtskonform zu verhalten, vor allem wenn es um die Rechte minderjähriger VerbraucherInnen geht.  Ich sehe es jedenfalls auch als meine Aufgabe dafür zu sorgen, die Rechtsdurchsetzung für KonsumentInnen zu fördern. Im Rahmen des Klagsprojekts, das gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation durchgeführt wird, wird quer durch alle Branchen für eine Marktkontrolle und Transparenz gesorgt.

Zweifellos ist der konkrete Fall nicht ordnungsgemäß abgelaufen. Erfreulicherweise konnte dieser Fall zur Zufriedenheit der Schülerin und deren Eltern gelöst werden.

 

Mir ist es als Konsumentenschutzminister auch in Zukunft ein Anliegen, gerade für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen im Rahmen meiner Ressourcen und Möglichkeiten für Rechtskonformität Sorge zu tragen und Maßnahmen zu setzen.

 

Mit freundlichen Grüßen