5524/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.07.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(5-fach)

 

 

 

RUDOLF HUNDSTORFER

Bundesminister

 

Stubenring 1, 1010 Wien

Tel: +43 1 711 00 - 0

Fax:   +43 1 711 00 - 2156

rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at

www.bmask.gv.at

DVR: 001 7001

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1010 Wien

 

 

 

GZ: BMASK-460.002/0034-VII/A/2/2010

 

Wien,

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5848/J der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen wie folgt:

 

Fragen 1, 2 und 3:

 

Das in der Anfrage angesprochene zweitinstanzliche Urteil Nr. 614/09 des Ober­landesgerichts in Brescia ist mir bekannt. Es handelt sich um eine Einzelentschei­dung, deren rechtlichen Auswirkungen auf Italien beschränkt sind. Da sich sowohl mein Ressort als auch die Europäische Kommission, die sich gerade mit einer Aktu­alisierung der EU-Richtlinie zum Schutz von Arbeitnehmer/innen vor gesundheits­schädlichen Einwirkungen elektromagnetischer Felder (EMF) beschäftigt, an den wissenschaftlich allgemein anerkannten Expositionsgrenzen für EMF orientiert, erwarte ich durch das Urteil vorerst keine Auswirkungen auf Österreich oder die EU.


Frage 4:

 

Bekannt ist, dass die Untersuchungsmethoden und -ergebnisse der modernen Wissenschaft bereits sehr komplexe Ausmaße angenommen haben, so dass sie oft nur von ganz wenigen Spezialisten oder Spezialistinnen in ihrer vollen Tragweite überschaut werden können. Bei der Aufbereitung dieser komplexen Zusammen­hänge für die breite Öffentlichkeit kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen der Untersuchungsergebnisse. Daher ist es wichtig, dass sich Öffentlichkeit und Poli­tik auf allgemeine, international anerkannte und autorisierte wissenschaftliche Ver­öffentlichungen stützen.

 

Was die elektromagnetische Strahlung betrifft, die von Handys und Schnurlostele­fonen ausgeht (RF-EMF), so stützen sich die Expertinnen und Experten meines Ressorts auf Erkenntnisse folgender allgemein anerkannter wissenschaftlicher Institutionen:

§  WHO (World Health Organisation), Internet: www.who.int;

§  ICNIRP (International Commission on Non-ionizing Radiation Protection), Internet: www.icnirp.de;

§  MUT (Programmgruppe - Mensch Umwelt Technik, die sich seit Anfang der 90er Jahre mit den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontroversen um elektromagnetische Felder, vor allem in Hinblick auf Mobilfunk, beschäftigt), Internet: www.emf-risiko.de.

§  In Zukunft auch IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers), falls die Europäische Kommission die EMF-Richtlinie auf Basis der Erkenntnisse der IEEE aktualisiert, Internet:  http://ieee.ict.tuwien.ac.at/

Akute biologische Wirkungen von Handystrahlung werden wissenschaftlich ausge­schlossen, solange die Grenzwerte nach ICNIRP, die im Wesentlichen mit den Grenzwerten der EMF-Richtlinie und der ÖVE/ÖNORM E 8850 übereinstimmen, unterschritten sind. Dies kann im Allgemeinen bei Handys vorausgesetzt werden.

 

Eine chronische Gesundheitsgefahr durch Handystrahlung ist in vivo (am lebenden Objekt) nach derzeitigem allgemein anerkannten internationalen Forschungsstand nicht nachgewiesen.

 

Trotzdem gilt bereits jetzt ein Minimierungsgebot für elektromagnetische Nieder- und Hochfrequenzstrahlung gemäß § 66 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – ASchG, und zwar unter Berücksichtigung des Standes der Technik.

 

Weiters sind Arbeitgeber/innen verpflichtet, auf Grundlage der §§ 12 und 14 ASchG für ausreichende Information und Unterweisung der Arbeitnehmer/innen über Sicher­heit und Gesundheitsschutz zu sorgen. Dabei sind die Bedienungsanleitungen zu berücksichtigen und erforderlichenfalls geeignete Fachleute beizuziehen.


Fachleute, der Stand der Technik und zum Teil Bedienungsanleitungen empfehlen folgende individuellen Vorsorgemaßnahmen, um die Belastung durch Handystrahlen zu minimieren:

§  Benutzung von Handys nur dann, wenn es unbedingt erforderlich ist.

§  Benutzen einer Freisprecheinrichtung, denn bereits um wenige Zentimeter größere Abstände vermindern die EMF-Einwirkung deutlich.

§  Anschaffung von möglichst strahlungsarmen Handys. Es gibt große Unter­schiede im Ausmaß der Strahlung, die bis zu einem Faktor 10 reichen.

§  Nach Möglichkeit nur telefonieren, wenn eine gute Verbindung zur Basis­station besteht. Wie gut die Verbindung ist, kann auf dem Handydisplay abgelesen werden.

Grundsätzliche Minimierungsmaßnahmen für EMF-Belastungen sind beispielsweise in der ÖVE/ÖNORM E 8850, die den Stand der Technik gemäß ASchG darstellt, im Sinne einer umsichtigen Vermeidung festgelegt.

 

Bis zum Abschluss der derzeit laufenden Aktualisierung der EU-Richtlinie für elektromagnetische Felder, bei der auch Experten meines Ressorts eingebunden sind, und den anschließenden Verhandlungen in Österreich zur Umsetzung dieses EU-Mindeststandards in nationales Recht (Umsetzungsfrist April 2012), beabsichtige ich – so sich der derzeit international anerkannte Forschungsstand zum Thema EMF hinsichtlich chronischer Gesundheitsgefahren nicht ändert – keine Änderungen des derzeit für EMF geltenden Rechtes.

 

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass aus Gründen des Arbeitneh­mer/innenschutzes derzeit keine konkrete Verpflichtung für Arbeitgeber/innen be­steht, schnurgebundene Telefone zur Verfügung zu stellen. Allerdings gelten, die bereits oben näher ausgeführten, Minimierungs-, Informations- und Unterweisungs­verpflichtungen nach ASchG.

 

Frage 5:

Da es sich, wie bereits in der Beantwortung der Fragen 1, 2 und 3 erwähnt, bei dem Urteil um eine Einzelentscheidung nach italienischem Recht handelt, besteht nach gegenwärtiger österreichischer Rechtslage für Arbeitgeber/innen keine Haftung.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Rudolf Hundstorfer