5525/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.07.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Dr.in Barbara Prammer
Parlament (5-fach)
1010 Wien
GZ: BMASK-460.002/0029-VII/3/2010 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5784/J der Abgeordneten Gabriele Tamandl und Kollegen betreffend Arbeitnehmerschutz beantworte ich wie folgt:
Einleitend darf ich festhalten, dass nach Art. 118 Abs. 3 Z 6 B-VG die behördlichen Aufgaben in Angelegenheiten der örtlichen Marktpolizei den Gemeinden zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich übertragen sind. Daher werden gewerbepolizeiliche Angelegenheiten, die außerhalb von Märkten stets nach der GewO behandelt werden, von den zuständigen Behörden vielfach nach den Bestimmungen der jeweils gemäß § 286 GewO erlassenen Marktordnung durchgeführt. An Bewilligungsverfahren aufgrund einer Marktordnung werden die Arbeitsinspektorate durchwegs nicht beteiligt.
Unabhängig davon gelten die bundesrechtlichen Arbeitnehmer/innenschutzvor-schriften in sämtlichen Marktgebieten und obliegt die Überwachung ihrer Einhaltung auch im Marktgebiet der Arbeitsinspektion. Allerdings werden viele Marktstände ausschließlich durch die Gewerbetreibenden selbst geführt, sodass die Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer/innen vielfach nicht zur Anwendung kommen.
Frage 1:
Die Arbeitsinspektorate werden im Bereich der Stadt Wien vereinzelt zu Bauverhandlungen geladen und nehmen an diesen auch teil. An Bewilligungsverfahren nach den Marktordnungen der Länder werden die Arbeitsinspektorate - wie ich bereits einleitend festgehalten habe – durchwegs nicht beteiligt.
Teilweise werden Bauwerber/innen aber von Baubehörden zur Beratung an das zuständige Arbeitsinspektorat verwiesen, um geplante Projekte an die Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften anzupassen.
Frage 2:
Die Arbeitsinspektorate haben in baubehördlichen Verfahren keine Parteistellung. Daher werden Einladungen an die Arbeitsinspektorate zur Teilnahme an baubehördlichen Verfahren mangels fehlender Rechtsgrundlage in Österreich (nicht nur auf Marktgebieten) sehr unterschiedlich gehandhabt. Zieht die Baubehörde das zuständige Arbeitsinspektorat bei, so kommt diesem im Bauverfahren nur beratende Funktion zu.
Frage 3:
Die
Berücksichtigung von Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften bereits im Bauverfahren
ist rechtlich nicht erforderlich. Diese Schutzvorschriften gelten auch dann,
wenn entsprechend einer baubehördlichen Bewilligung ohne Bedachtnahme auf
den Schutz der Arbeitnehmer/innen gebaut wurde. Arbeitgeber/innen sind
verpflichtet, alle für den Betrieb ihres Unternehmens geltenden Vorschriften
zu beachten.
Die Arbeitsinspektion ist unabhängig von ihrer Beteiligung an einem Genehmigungsverfahren berechtigt, jederzeit die Arbeitsstätten der Marktbetreiber/innen, die Arbeitnehmer/innen beschäftigen, zu kontrollieren, und ist bei Feststellung von Übertretungen dazu verpflichtet, alle ihr rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Herstellung des gesetzmäßigen Zustands zu erreichen.
Frage 4:
In Marktgebieten wurden in den letzten Jahren keine gewerbebehördlichen Genehmigungen durchgeführt. Den Grund dafür habe ich eingangs dargelegt.
Falls die Arbeitsinspektorate gewerbebehördlichen Verfahren in Marktgebieten beigezogen werden, nehmen sie an den Verhandlungen teil und sorgen für die Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmer/innenschutzes im Bewilligungsbescheid.
Frage 5:
Es gibt vereinzelt Verfahren der Gewerbebehörden. Dies sind in der Regel jedoch Verfahren zur „Erteilung einer Konzession“ und keine Betriebsanlagegenehmigungen. Die Arbeitsinspektion hat in diesen Verfahren keine Parteistellung.
Frage 6:
Wie ich bereits in meiner Einleitung und in meiner Antwort zu Frage 3 ausgeführt habe, gelten die Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer/innen auch dann, wenn keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erteilt wurde. Die Arbeitsinspektion ist auch ohne Einbindung in ein gewerberechtliches Bewilligungsverfahren jederzeit berechtigt, die Arbeitsstätten der Marktbetreiber/innen zu betreten und zu überprüfen, sofern Arbeitnehmer/innen beschäftigt werden. Bei festgestellten Übertretungen hat das Arbeitsinspektorat alle ihm rechtlich zustehenden Mittel einzusetzen, um die Herstellung des gesetzmäßigen Zustands zu erzielen.
Frage 7:
In den letzten zehn Jahren wurden 1.412 Arbeitsstätten auf Österreichs Märkten von der Arbeitsinspektion überprüft (einige davon mehrmals).
Frage 8:
In den letzten zehn Jahren wurden 360 gastgewerbliche Betriebe auf Wiener Märkten von der Arbeitsinspektion überprüft.
Frage 9:
Bei den Überprüfungen der 1.412 Arbeitsstätten auf Österreichs Märkten waren insgesamt 709 Übertretungen von Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften zu verzeichnen.
Frage 10:
Eine flächendeckende Überprüfung aller Betriebe Österreichs durch die Arbeitsinspektion ist nicht möglich. In den Jahren 2008 und 2009 konnten nur rd. 15 % aller vorgemerkten Betriebe betreut werden, weshalb die Arbeitsinspektion dazu gezwungen ist, Prioritäten zu setzen und die Auswahl der Betriebe für die Kontrolle primär nach den bestehenden Gefahren für Sicherheit und Gesundheitsschutz vorzunehmen.
Die in der EDV der Arbeitsinspektion vorgemerkten Arbeitsstätten wurden daher – nach dem Vorbild der Verkehrsampel - als „Rot-, Gelb- oder Grünbetriebe“ klassifiziert. „Rotbetriebe“ sind beispielsweise Sägewerke, Maschinenbau, Metallerzeugung und Metallbearbeitung, Abfallsammlung, Papierherstellung, Krankenhäuser, Steingewinnung. „Gelbbetriebe“ sind u.a. Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung, Herstellung von Holzwaren, Möbelherstellung, Bekleidungsherstellung, KFZ-Handel, Beherbergungswesen, Gastronomie. „Grünbetriebe“ sind z.B. Banken, Versicherungen, Einzelhandel, Rechts- und Steuerberatung, Kinos. Die Arbeitsinspektorate sind angewiesen, „Rotbetriebe“ jedenfalls einmal jährlich zu kontrollieren und der Überprüfung von „Gelbbetrieben“ gegenüber „Grünbetrieben“ den Vorrang zu geben.
Allen Beschwerden von Arbeitnehmer/innen und/oder Hinweisen auf Übertretungen von Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer/innen wird von den Arbeitsinspek-toraten unverzüglich nachgegangen.
Obwohl eine flächendeckende regelmäßige Überprüfung aller Betriebe auf Österreichs Märkten aufgrund der gegebenen Ressourcen und des breiten Aufgabenspektrums der Arbeitsinspektion nicht möglich ist, setzen meine hoch motivierten und sehr engagierten Mitarbeiter/innen in den Arbeitsinspektoraten dennoch alles daran, so viel wie möglich auch in Marktgebieten zu kontrollieren, wie die Kontroll- und Beanstandungszahlen in meinen Antworten zu Frage 7, 8 und 9 verdeutlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Hundstorfer