5533/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.07.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

Wien, am 23. Juli 2010

GZ: BMG-11001/0162-I/5/2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5507/J der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Die Intention eines Gütezeichengesetzes bei Lebensmitteln ist die Hervorhebung der Aspekte der menschlichen und tierischen Gesundheit, des Tierschutzes sowie ernährungsphysiologischer und gesundheitsförderlicher Aspekte, sofern dies gewünscht ist und den Anforderungen an die Vergabe gerecht wird.

 

Fragen 2 und 3:

Gütezeichen gemäß dem Entwurf eines Gütezeichengesetzes (99/ME) sind als staatliche Qualitätskennzeichnung konzipiert. Die Kosten für Vergabe und Kontrolle sind von den antragstellenden Gütezeichenverbänden zu tragen.


Frage 4:

Das AMA-Gütesiegel liegt im Bereich der Agrarvermarktung. Die AMA stellt in transparenter Weise für die Verbraucher/innen die Grundlagen zur Zeichenvergabe im Internet dar. Es ist ersichtlich, welche Kriterien gelten. Solche Transparenzregeln sind auch ein Kernstück eines neuen Gütezeichengesetzes. Zur Kennzeichnung von biologisch erzeugten Lebensmitteln wird ein eigenes Zeichen, das AMA-Biozeichen, vergeben. Diese beiden freiwilligen AMA-Zeichen stellen in ihrer Art der Erstellung und der Transparenz gegenüber den Verbraucher/innen - über ihre Inhalte und mit der dahinterliegenden Kontrolle - ein gutes Beispiel für die Anwendung von „Gütesiegeln" dar.

 

Frage 5

Für verpacktes „Convenience Food“ gelten die EU-weit einheitlichen Etikettierungsvorschriften. Hinsichtlich Kennzeichnung der Herkunft von Zutaten ist hier kein österreichischer Alleingang in Form einer verpflichtenden Vorgabe der Kennzeichnung der Herkunft der Zutaten möglich. Bei freiwilliger Auslobung der Herkunft bei „Convenience Food“ gilt das allgemeine Irreführungsverbot. Die Sicherstellung der Einhaltung des Irreführungsverbots erfolgt durch Kontrollen nach dem LMSVG. Eine verstärkte Täuschungskontrolle gehört zu den Schwerpunkten des mehrjährigen integrierten Kontrollplans des BMG. Darüber hinaus hat das BMG heuer bereits auch anlassbezogen zusätzliche Schwerpunktkontrollen veranlasst (z.B. im Zusammenhang mit „Analogkäse“ oder „Schummelschinken“). Weiters kann auch jeder Mitbewerber bzw. jede klagsbefugte Organisationen (wie z.B. die Landwirtschaftskammern oder Arbeiterkammern) nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gegen eine vermutete Irreführung z.B. im Zusammenhang mit Herkunftsangaben vorgehen.

 

Frage 6 und 7:

Hinsichtlich Informationen über Lebensmittel in der Gastronomie wurden bereits erste Gespräche mit den beteiligten Verkehrskreisen geführt. Grundsätzlich gilt hier, dass verpflichtend nur vorgegeben werden kann, was auch für verpackte Lebensmittel gilt. Mein Ziel ist eine praxisgerechte Lösung im Sinne des Konsumentenschutzes. In weiteren Gesprächen werden die Möglichkeiten und eine machbare Umsetzung erörtert werden. Neben der verpflichtenden Kennzeichnung von allergenen Zutaten ist auch geplant, die Details der Gentechnik-Kennzeichnung in der Gastronomie festzulegen. Als Gesundheitsminister ist mir eine ausgewogene Ernährung der Menschen ein besonderes Anliegen. Dazu brauchen sie entsprechende Informationen. Daher strebe ich auch eine praxistaugliche Lösung hinsichtlich Informationen über Kalorien und Nährwerte von Angeboten in der Gastronomie an. Über den Verlauf und den Abschluss dieser Gespräche mit den Verkehrskreisen kann ich derzeit noch keine Aussage treffen und daher auch keinen Termin für eine Übermittlung eines ersten Vorschlages nennen. Hinzu kommt hier auch, dass derzeit die Verhandlungen zur EU-Verbraucherinformationsverordnung noch offen sind. Insbesondere zukünftige Vorgaben zur Nährwert- und Herkunftskennzeichnung sind hier noch strittig. Daher ist zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage hinsichtlich künftiger österreichischer Regelungen für die Gastronomie möglich.

 

Fragen 8 bis 10:

Das Ziel der „Informationsverordnung“ und auch mein Ziel ist, dem Verlangen der Verbraucher/innen nach mehr und „besserer“ (klare, einfache, umfassende, standardisierte und zuverlässige) Informationen auf der Etikettierung nachzukommen. Eine fixe Schriftgröße, die Vorgabe eines ausreichenden Kontrastes zur klaren Lesbarkeit der Angaben, eine verpflichtende EU-weit einheitliche Nährwertkennzeichnung (zumindest Energie, Eiweiß, Fett, gesättigte Fette, Kohlenhydrate, Zucker, Salz), die Möglichkeit für Mitgliedsstaaten, zusätzlich einfache Nährwertkennzeichnungsmodelle nationalstaatlich freiwillig einzuführen und eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung zumindest bei unverarbeiteten Produkten gehören hier für mich jedenfalls dazu.

Die Verhandlungen zur Informationsverordnung im Europäischen Rat sind sehr intensiv; zwischenzeitig erfolgte die erste Lesung im Europäischen Parlament; die Europäische Kommission wird nun einen geänderten Vorschlag zur Informationsverordnung vorlegen. Ziel der belgischen Präsidentschaft ist, auf Ratsebene zum Abschluss zu kommen. Mit einer Annahme der Verordnung ist meiner Meinung nach aber heuer nicht mehr zu rechnen.

 

Hinsichtlich der vom Parlament geforderten verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte setzt sich Österreich für eine praktikable verpflichtende Herkunftskennzeichnung ein. Österreich fordert eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei unverarbeiteten Produkten, bei Produkten mit nur einer Zutat und bei nur leicht verarbeiteten landwirtschaftsnahen Produkten wie Käse und Schinken hinsichtlich der Herkunft des wesentlichen Rohstoffs (Milch und Fleisch). Dies wurde auch am Gesundheitsministerrat in Luxemburg am 8. Juni 2010 entsprechend kundgetan.

 

Frage 11:

Die Arbeitsgruppe „Täuschungsschutz“ der Codex-Kommission arbeitet derzeit an einer Leitlinie der Codex-Unterkommission A 3 (Allgemeine Beurteilungsgrundsätze) über die täuschungsfreie Aufmachung von Lebensmitteln; aktuell wird das Thema „Herkunft“ behandelt. Eine Einigung wurde bisher noch nicht erzielt.

 

Frage 12:

Fleisch von Tieren, die mit genetisch verändertem Futter gefüttert wurden, verpflichtend zu kennzeichnen, müsste durch eine Änderung der EU-VO 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel EU-weit umgesetzt werden. Selbst wenn Österreich oder ein anderer Mitgliedsstaat diesen Vorschlag auf EU-Ebene einbringen würde, sehe ich dafür wenig Aussicht auf eine Umsetzung, da eine Unterstützung der meisten anderen Mitgliedsstaaten ebenso wie der Europäischen Kommission dafür fehlt. Aus meiner Sicht wäre auch der Mehrwert einer solchen Kennzeichnung für die Verbraucher/innen fraglich, da dann beinahe alle herkömmlichen tierischen Lebensmittel gekennzeichnet wären. Zur langfristigen Gewährleistung von gentechnikfreien Alternativen für die Verbraucher/innen scheint mir dieser Weg daher nicht zielführend, da kein Anreiz besteht, gentechnisch veränderte Futtermittel zu meiden, wenn beinahe das gesamte Sortiment gekennzeichnet ist. Mein Ressort zieht daher die Ausweitung und langfristige Absicherung von als „gentechnikfrei“ gekennzeichneten Produkten (wie z.B. durch die bestehende Regelung der Gentechnikfreiheit im Codex) vor und setzt sich für die Schaffung eines entsprechenden staatlichen Gütezeichens „gentechnikfrei“ ein. Zum wirksamen Schutz der Verbraucher/innen vor Täuschung wird dabei die Verwendung gentechnikfreier Futtermittel von unabhängigen Kontrollstellen geprüft. Der Lenkungseffekt in Richtung mehr Angebot von entsprechenden gentechnikfreien Rohstoffen (für Futter- und Lebensmittel) für mit einem staatlichen Gütezeichen „gentechnikfrei“ ausgelobte Qualitätsprodukte ist aus meiner Sicht stärker als die verpflichtende Kennzeichnung von tierischen Lebensmitteln, bei denen genetisch veränderte Futtermittel zum Einsatz gekommen sind, da einerseits für diese Produkte ein entsprechendes Image („verbraucherorientiert“, „natürlich“, „naturnah“) aufgebaut werden kann und andererseits auch höhere Preise erzielt werden können. Insbesondere mittel- und langfristig erscheint mir dieser Weg daher als die zielführendere Alternative, dem Verbraucherwunsch nach gentechnikfreien Lebensmitteln nachzukommen und ich sehe hier auch einen durchaus qualitätsvollen Weg der Lebensmittelproduktion, der auch die österreichischen Produzenten im internationalen Wettbewerb stärken kann.