5629/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.08.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-9.000/0019-I/PR3/2010    

DVR:0000175

 
 


An die                                                                           

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 

Wien, am     . Juli 2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Glaser, Kolleginnen und Kollegen haben am 7. Juni 2010 unter der Nr. 5614/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Vorratsdatenspeicherung gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

Ø  Woran liegt die Verzögerung bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung?

Ø  Wie beurteilen Sie Initiativen auf europäischer Ebene zu einer Abänderung der entsprechenden Richtlinie?

Ø  Wann ist  mit der Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfes zur Schaffung der Vorratsdatenspeicherung zu rechnen?

 

 

 

Zur Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hat es bereits 2007 ein Begutachtungsverfahren gegeben. Die Stellungnahmen waren von Bedenken bezüglich der Grundrechtskonformität der Richtlinie getragen. Zu einer Umsetzung ist es in der XXIII Gesetzgebungsperiode daher und aufgrund der fehlenden Einigung betreffend die Speicherdauer nicht gekommen. Man einigte sich darauf, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vor dem Hintergrund der Klage Irlands, die das Zustandekommen der Richtlinie zum Gegenstand hatte abzuwarten.

 

Das bmvit ist nur für einen Teil der Umsetzung, jenen Teil im Telekommunikationsgesetz, zuständig. Unmittelbar nach der Abweisung der Klage Irlands durch den EuGH im Februar 2009 wurde das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte beauftragt unter möglichst breiter Einbindung aller stakeholder einen Entwurf für die Umsetzung im TKG zu erstellen, der im November 2009 mit einer besonders langen Frist in Begutachtung gegangen ist um allen Interessierten die Möglichkeit zu geben zum Entwurf Stellung zu nehmen. Der Grundtenor des Entwurfes ist: Je mehr Grundrechte im Spiel sind, desto besser und effektiver müssen die Schutzmechanismen sein. Daher ist der Datenumfang auf das Mindestmaß beschränkt und die Speicherdauer mit sechs Monaten limitiert. Daten dürfen nur bei schweren Straftaten herangezogen werden und nur mit richterlichem Beschluss. Jeder Zugriff muss genau protokolliert werden, die betroffene Person muss informiert werden und eine Kontrolle durch die Datenschutzkommission soll sicherstellen, dass Missbräuche aufgedeckt und so auch verhindert werden.

 

Ein wesentliches Problem bei den weiteren Umsetzungsbemühungen sind allerdings fehlende Bestimmungen im Straf- und Sicherheitspolizeirecht, welche sicherstellen müssen, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten nur unter strengsten Bedingungen und mit genauester Kontrolle erfolgt. Für die Umsetzung dieser Ziele sind die Ministerinnen für Justiz und Inneres zuständig.

 

Die grundrechtliche Bewertung der Richtlinie ist auch vor dem Hintergrund des Vertrags von Lissabon zu beurteilen, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie noch nicht bestand. Österreich hat im anhängigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof bereits mehrfach auf diese grundrechtlichen Bedenken gegen die Richtlinie hingewiesen.

 

Die Europäische Kommission hat im September 2010 einen Bericht zur Umsetzung der Richtlinie vorzulegen. Österreich hat neben anderen Mitgliedsstaaten auf die grundrechtlichen Bedenken hingewiesen. Es macht daher Sinn, bis zur Vorlage des Entwurfes an den Nationalrat das Vorliegen dieses Berichts grundsätzlich abzuwarten.

 

Gleichzeitig müssen wir aber vorbereitet sein, falls es auf europäischer Ebene keine Bewegung gibt. Daher wurde seitens des bmvit der Entwurf zur Änderung des TKG gemäß den Ergebnissen des Begutachtungsverfahrens fertig gestellt. Es ist aber vor allem notwendig, dass die anderen fachzuständigen Ressorts ihre Vorschläge vorlegen. Der Datenschutzrat hat in seiner Stellungnahme im Begutachtungsverfahren diese aufgefordert, auf der Grundlage des vorliegenden Begutachtungsentwurfs einer TKG-Novelle ein abgestimmtes legistisches Gesamtpaket (Stichworte:  StPO, SPG, UrhG) zu erstellen, welches in Ergänzung des bzw. in Abstimmung mit dem TKG die offenen Rechtsprobleme klärt.

 

 

Zu Frage 4:

Ø  Für welchen Speicherzeitraum treten Sie konkret ein?

 

 

Da aufgrund der grundrechtlichen Vorgaben, insbesondere des Grundrechts auf Datenschutz, jeder Eingriff in Grundrechte auf ein Mindestmaß zu beschränken ist, trete ich bei einer Umsetzung für die kürzest mögliche Speicherdauer von sechs Monaten ein.

 

 

Zu den Fragen 5 und 6:

Ø  Für wie hoch schätzen Sie den Aufwand der Telekommunikationsunternehmen zum Aufbau der entsprechenden Speicherkapazität?

Ø  Ist ein entsprechender Kostenersatz in Aussicht genommen? Wenn ja, in welcher Form und in welcher Höhe?

 

 

Im Lichte der Judikatur des VfGH, insbesondere VfSlg 16.808, ist die Festlegung eines angemessenen Kostenersatzes verfassungsrechtlich jedenfalls geboten.

 

Das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte hatte im Rahmen der Erstellung des Gesetzesentwurfes auch den Auftrag, Finanzierungsbestimmungen zu erarbeiten. Diese finden sich in § 94 Abs. 1 des Begutachtungsentwurfes. Daher wird anlässlich der Umsetzung der Richtlinie neuerlich eine (Investitionskosten-) Verordnung durch die Bundesministerin für Justiz zu erlassen sein, da sich die derzeit gültige Investitionskostenverordnung (BGBl. II Nr. 320/2008) in
§ 1 Abs. 2 ausdrücklich nur auf jene Kosten bezieht, die aus der Umsetzung der Überwachungsverordnung (BGBl. II Nr. 418/2001) entstanden sind. Dazu ist anzumerken, dass davon auszugehen ist, dass diese Kosten jene, die für die bisherigen Kosten der bereits bestehenden Regelungen zur Telekom-Überwachung anzusetzen waren, wesentlich übersteigen werden.