5632/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.08.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                       Wien, am 6. August 2010

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0133-I/4/2010

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5642/J vom 8. Juni 2010 der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Diese Vorgänge sind mir nur aus den Medien bekannt.

 

Zu 2. und 9. bis 12.:

Die Erstellung eines Gesetzesentwurfs für eine derart spezielle und komplexe Regelungs-materie, wie sie beispielsweise Rechtsbestimmungen für elektronisch gesteuerte Glücksspielautomaten darstellen, ist ohne Kontakt zu Fachexperten der Branche und zu Interessenvertretungen nur schwer möglich. Ziel eines solchen Gesetzesvorhabens kann nämlich nur sein, in seinen Eckpunkten bereits fundiertes und marktorientiertes Spezialwissen mit den notwendigen ordnungspolitischen Anforderungen zu paaren. Die Einholung der Meinungen von Fachexperten im Rahmen eines Gesetzwerdungsprozesses ist in solchen zur Regelung anstehenden Spezialmaterien nicht ungewöhnlich und keineswegs auf den Bereich des Glücksspielgesetzes beschränkt.


Der Ministerialentwurf zur Glücksspielgesetz-Novelle 2008 wurde einem Begutachtungs-verfahren unterzogen, zu dem sich zahlreiche weitere Interessensvertretungen und Meinungsbildner äußerten. All diese Stellungnahmen sind in den weiteren Entwicklungs-prozess der Glücksspielgesetz-Novellen eingeflossen.

 

Zu 3. bis 8.:

Nein, weder ich noch Staatssekretär Lopatka noch Staatssekretär Schieder haben sich diesbezüglich mit Vertretern des Novomatic-Konzerns getroffen.

 

Zu 13. bis 16.:

Zu dem am Markt befindlichen „kleinen Automatenglücksspiel“ und dessen glücksspiel-rechtlicher Konformität werden auf der Ebene von Sachverständigen sehr kontroversielle Ansichten vertreten. Diese unterschiedlichen Gewichtungen machen es auch den Aufsichts- und Vollzugsbehörden besonders schwer, bei solchen spielbegleitenden Sachverhalten zu einer raschen und einigermaßen gesicherten Rechtsauffassung und zum Verdacht einer „Gesetzwidrigkeit“ zu gelangen. Nach den dem Bundesministerium für Finanzen vorliegenden Informationen wurde ein Verstoß der anfragegegenständlichen Spiel-Features gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen bisher gerichtlich nicht erwiesen.

 

Die in den mittlerweile vom Nationalrat beschlossenen Novellen enthaltenen Rahmen-bedingungen für das Glücksspiel mit Landesautomaten stellen einerseits bundesweit einheitliche Mindeststandards dar und ermöglichen andererseits zukünftigen Bewilligungs-inhabern einen wirtschaftlich gesicherten Betrieb unter strengen Spielerschutz- und Aufsichtsstandards.

 

Zu 17.:

Die Lizenzvergabe für den Betrieb von Automatensalons bzw. Automaten in Einzelaufstellung ist Angelegenheit jener Länder, die Automatenglücksspiel erlauben möchten.

 

Zu 18.:

Da das Finanzressort nicht Vollzugsbehörde für glücksspielrechtliche Verwaltungsverfahren ist, hat das Bundesministerium für Finanzen keine Kenntnis von den genannten Verfahren.

 


Zu 19. bis 22. sowie 28. bis 30.:

Auskünfte über konkrete Steuerleistungen von Steuerpflichtigen und damit allenfalls verbundene Abgabenverfahren unterliegen der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a Bundesabgabenordnung.

 

Des Weiteren unterliegen der Glücksspielaufsicht des Bundesministeriums für Finanzen nur die Glücksspielkonzessionäre des Bundes. Demnach sind auch aufsichtsrechtliche Maßnahmen des Glücksspielgesetzes durch das Bundesministerium für Finanzen nur auf diese Konzessionäre anzuwenden.

 

Zu 23.:

Der Ministerialentwurf zur Glücksspielgesetz-Novelle 2008 wurde dem Parlament am 10. November 2008 mit Beginn des Begutachtungsverfahrens übermittelt. Die Begutachtungsfrist endete am 14. Dezember 2008. Dieser ist die Basis für die Novellen 2008 und 2010, die nunmehr beschlossen wurden.

 

Von den Zielen und Lösungen hat sich lediglich Folgendes grundsätzlich geändert: Anstelle der Remonopolisierung wurde nunmehr ein Rahmengesetz geschaffen, welches den Bundesländern die Erlaubnis zum Automatenspiel erteilt, wenn sie sich an die im Bundesgesetz vorgesehenen Richt-/Grenzwerte halten oder diese in ihren Ländergesetzen strenger regeln. Allerdings hat sich insbesondere an den Verfahrensbestimmungen, die in der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 enthalten sind, nichts geändert. Aus diesen Gründen bestand auch keine Notwendigkeit, eine nochmalige Begutachtung zu starten.

 

Zu 24.:

Vorweg ist anzumerken, dass es in die Kompetenz der Länder fällt zu entscheiden, ob sie kleines Glücksspiel zulassen oder nicht und wenn ja, in welchen – innerhalb des Rahmens des Glücksspielgesetzes liegenden – Grenzen. Länder, die als so genannte Verbotsländer kein kleines Glücksspiel erlauben oder die den kompetenzrechtlich möglichen Rahmen nicht zur Gänze ausnutzen, verzichten damit naturgemäß auf die Möglichkeit, Abgabeneinnahmen zu erzielen. An diesem grundsätzlichen Zusammenhang zwischen dem Ausnutzen der kompetenzrechtlich gegebenen Möglichkeiten und der Erzielung von Abgabeneinnahmen ändert sich durch die Glücksspielreform 2010 nichts.

 

Die Glücksspielgesetz-Novelle 2010 enthält im Vergleich zur bisherigen Rechtslage bestimmte Einschränkungen für die Länder, insbesondere hinsichtlich der Höchstzahl der Automaten


sowie der Rechte der Länder zur Besteuerung sowohl der Konzessionäre des Bundes als auch der Bewilligungsinhaber der Länder. Der neue § 22b des Finanzausgleichsgesetzes 2010 sieht daher für die bisherigen Erlaubnisländer Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien näher geregelte Mindesteinnahmen aus den Zuschlägen der Länder auf die Bundesautomaten- und VLT-Abgabe vor, wobei eine allfällige Aufstockung auf den Garantiebetrag zu Lasten des Bundes geht. Der Garantiebetrag gilt aber nur dann in voller Höhe, wenn diese Länder das Höchstausmaß des Zuschlags und die höchstzulässige Anzahl von Glücksspielautomaten ausschöpfen und – diese Bedingung gilt aber nicht für Wien, wo aber im Gegenzug die Aufstockung auf den Garantiebetrag mit den Einnahmen des Bundesaus der Bundesautomaten- und VLT-Abgabe aus Standorten in Wien begrenzt ist – die Bedingungen für den Spielverlauf nicht unter den Grenzen des § 5 Abs. 5 GSpG liegen. Für die anderen Länder gibt es keine Garantiebeträge und somit auch keine Regelungen über deren Höhe in Abhängigkeit von der Anzahl der Automaten und dem Spieleinsatz.

 

Dass der Bund diese Einnahmen der Länder und Gemeinden aus dem Zuschlag nur dann in voller Höhe garantiert, wenn das Land seine kompetenzrechtlichen Möglichkeiten wahrnimmt, ergibt sich folgerichtig aus der einleitend beschriebenen Kompetenzverteilung. Genauso wie es in der alten Rechtslage Sache der Länder war zu entscheiden, kleines Glücksspiel zuzulassen oder nicht und die finanziellen Konsequenzen dieser Entscheidung für sich zu beurteilen, gilt das auch für die neue Rechtslage. Auch bei der alten Rechtslage hätte der Bund einem Land seine Mindereinnahmen nicht ersetzt, wenn es das kleine Glücksspiel reduziert hätte. Das war schon damals genauso selbstverständlich wie es nunmehr selbstverständlich ist, dass der Bund allfällige Mindereinnahmen der Länder, die nicht durch die Auswirkungen der Reform, sondern durch eigene Entscheidungen der Länder im Rahmen ihrer eigenen Kompetenzen entstehen, nicht ersetzen kann.

 

Zu 25.:

Durch die Glücksspiel-Reform 2010 erhalten die Länder das Recht, einen Zuschlag nicht nur auf die Bundesautomatenabgabe, also auf die von den Bewilligungsinhabern der Länder zu leistende Abgabe, sondern auch auf die von den Bundeskonzessionären zu leistende VLT-Abgabe zu erheben, wobei das Verhältnis der Einnahmen bei maximaler Ausnutzung des Zuschlagsrechts zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) 40 % zu 60 % beträgt.

 

Solange aber in den derzeitigen Erlaubnisländern Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien noch das „alte Regime“ gilt, bei dem das Land bzw. seine Gemeinden 100 % der Abgabeneinnahmen aus den „alten“ Landesautomaten erhalten, ist es gerechtfertigt, dass der Bund umgekehrt auch 100 % der von seinen Konzessionären zu leistenden VLT-Abgabe erhält. Erst nach gänzlichem Umstieg, d.h. vollem Ausnutzen der höchstzulässigen Anzahl von Glücksspielautomaten durch die Länder, und dem damit verbundenen Entfall von Einnahmen der Länder und Gemeinden aus den nach den alten Regelungen bewilligten Automaten stehen ihnen auch ihre vollen Zuschlagsrechte zu.

 

Das ist keine „Bestrafung“ der Länder und Gemeinden, sondern eine Regelung, die berücksichtigt, dass die Länder aufgrund der bis Ende 2014 bzw. Ende 2015 (§ 60 Abs. 25 Z 2 GSpG) geltenden Übergangsfristen nicht sofort auf die neue Rechtslage umsteigen müssen. Konsequenterweise gilt diese Übergangsbestimmung über die Zuschlagsrechte daher auch nur bis zum Ende der Übergangsfrist.

 

Aber auch innerhalb dieser Übergangsfrist erhalten die derzeitigen Erlaubnisländer Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien über den Umweg des Garantiebetrages die über die 10%-Anteile des Bundes hinausgehenden Anteile an der VLT-Abgabe, und zwar für die Anzahl von Video Lotterie Terminals, um welche die Zahl der „alten“ Glücksspielautomaten gegenüber dem Stand vom 31. Dezember 2009 gesunken ist (§ 22b Z 2a FAG 2008). Es ist daher für diese Länder gar nicht erforderlich, neue Landesbewilligungen für Glücksspiel-automaten zu vergeben, um „ihre“ Anteile aus der VLT-Abgabe zu erhalten, sondern es genügt, dass die Zahl der „alten“ Landesautomaten zurückgeht.

 

Für alle anderen Länder außer Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien, die zumindest bisher Verbotsländer waren, waren derartige Übergangsbestimmungen nicht erforderlich, diese Länder können daher sofort einen Zuschlag von maximal 150 % zur Stammabgabe des Bundes (das entspricht einem Zuschlag iHv. 15 % der Bemessungs-grundlage) erheben.

 

Zu 26.:

Ziel der Glücksspielreform 2010 war es nicht, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, sondern zum einen klare Bestimmungen im Sinne des Jugend- und Spielerschutzes zu treffen und zum anderen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern Rechtssicherheit in Form einer eindeutigen Kompetenzabgrenzung zu schaffen.

 

Die Einhaltung und Beaufsichtigung hoher Spielerschutzstandards erscheint u.a. deshalb gesichert, da der Aufsichtsrahmen für diese Standards sowie ein Informationsgebot an das Bundesministerium für Finanzen den Ländern gesetzlich vorgegeben wurden und der Bund


weiters Parteistellung in allen Angelegenheiten des § 5 GSpG (Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten) hat und darüber hinaus an die Landesbehörden auch einen Antrag auf Erlassung glücksspielrechtlicher Aufsichtsmaßnahmen (Sanktionen i.S. des § 23 GSpG) richten kann.

 

Zu 27.:

Die Förderung und Verstärkung des Jugend- und Spielerschutzes sind zentrale Elemente der beiden Glücksspielgesetz-Novellen und finden sich in zahlreichen Bestimmungen wieder. Im Zuge des parlamentarischen Gesetzwerdungsprozesses wurden diese hohen Schutzstandards sogar noch weiter verstärkt.

 

Österreich hat sich mit seinem Glücksspielmonopol zu einem moderaten und kohärenten Glücksspielangebot und eben zu keinem völligen Verbot des gewerblichen Glücksspiels entschlossen. Ein völliges Verbot würde zwangsläufig das Glücksspiel in die Illegalität abdrängen und von mafiösen Strukturen und Kriminalität begleitet sein. Im Rahmen der begrenzten Zulassung von gewerblichem Glücksspiel muss es aber den zugelassenen Unternehmen auch ermöglicht sein, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten auf Basis markt-wirtschaftlicher Grundsätze zu betreiben.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.