5681/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.08.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0174-I/5/2010

Wien, am 11. August 2010

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 5725/J der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Einen deutlichen Schwerpunkt der Aktivitäten in den Jahren 2010 und 2011 bildet - wie auch im Regierungsprogramm ausgeführt - die Weiterführung der Maßnahmen zur Einführung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) unter strenger Einhaltung des Datenschutzes. Das Bundesministerium für Gesundheit bringt sich dabei als Gesellschafter der ELGA GmbH aktiv in die Errichtungsprojekte von ELGA-Komponenten ein. Mein Ressort trägt dabei die Verantwortung für die Errichtung des Gesundheitsdiensteanbieter-Index. Dieser wird im Rahmen von ELGA für die Authentifizierung von Gesundheitsdiensteanbieter/innen benötigt. Weiters werden die Konzeption und die Errichtung  des Patienten-Index sowie die Pilotierung der e-Medikation als erster Nutzanwendung von ELGA begleitet. Eine weitere wichtige Maßnahme wird die Schaffung gesetzlicher Regelungen zur ELGA sein. Deren Begutachtung ist für Herbst 2010 geplant.

 

Das öffentliche Gesundheitsportal www.gesundheit.gv.at, eine ebenfalls im Regierungsprogramm enthaltene Maßnahme, hat als allgemein zugängliches Informationsportal zu Beginn des Jahres 2010 den Betrieb aufgenommen. Bei der laufenden Verbreiterung bzw. inhaltlichen Vertiefung des Informationsangebots wird der Fokus besonders auf aktuelle Themenstellungen sowie auf Vorsorge- und Früherkennungsthemen gerichtet. Entsprechend den Planungen für die Einführung der ELGA sollen in einer zweiten Ausbaustufe die Voraussetzungen für den Zugang der Patientinnen und Patienten zu ihren eigenen Gesundheitsdaten geschaffen werden. Diese Maßnahme wird in Bezug auf die Wahrnehmung von Patientenrechten in Angriff genommen.

 

Österreich, konkret mein Ressort und die ELGA GmbH, beteiligt sich seit 2008 erfolgreich am europäischen Large Scale Pilot Project epSOS (European Patients - Smart Open Services). Dessen Ziel ist es, die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung innerhalb der Europäischen Union mit elektronischer Unterstützung sicherzustellen. Durch die Harmonisierung der Maßnahmen auf europäischer Ebene ist Österreich in der Lage von entsprechenden Synergien bei der nationalen Umsetzung der ELGA zu profitieren. Darüber hinaus werden solche Synergien auch durch die enge Zusammenarbeit mit vergleichbaren Projekten, insbesondere im e-Government-Bereich, angestrebt.

 

Als besondere Anerkennung der österreichischen Bemühungen auf europäischer Ebene ist die ab dem Jahr 2011 beginnende Koordination im Rahmen der europäischen e-Health Governance Initiative zu bewerten. Ziel dieser von der Europäischen Kommission kofinanzierten Initiative ist die bessere Abstimmung der Mitgliedstaaten im e-Health-Bereich. Die Themen Strategie, Rechtsrahmen, Interoperabilität und Verbreitung der Ergebnisse werden die Schwerpunkte der Initiative sein. Die Aufgaben des Gesundheitsministeriums als Koordinator werden insbesondere die Moderation und Begleitung dieser Prozesse sowie die Kondensierung der Ergebnisse für politische Entscheidungen auf europäischer Ebene sein.

 

Fragen 3 bis 7:

Im Sinne einer ökonomischen Verwaltung werden Maßnahmen und Berichte priorisiert, die im Regierungsprogramm enthalten sind oder für die es einen gesetzlichen Auftrag gibt. Für die Aktualisierung der e-Health-Strategie sowie die  Erstellung eines e-Health-Berichts gibt es derzeit keine Beauftragung.

 

Im Rahmen der in der zuvor beschriebenen e-Health Governance Initiative wird allerdings das Thema Strategie ein Schwerpunkt sein. Geplant ist dabei die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen e-Health-Roadmap.


Fragen 8 und 9:

Die gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung eingerichtete e-Health-Initiative hat die genannten Positionspapiere im Rahmen ihrer Arbeitsgruppen erarbeitet und anlässlich der letztjährigen e-Health-Konferenz vorgestellt. Sie wurden mittlerweile auch auf der Webseite der e-Health-Initiative veröffentlicht.

 

Fragen 10 bis 13:

Unter Ambient Assisted Living (AAL) werden Organisationsmodelle und technologische Modelle verstanden, die es vor allem älteren Personen erlauben, möglichst lange in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung betreut zu werden. Je nach konzeptionellem Ansatz sind diese Modelle auf die (Fern-)Überwachung von Vitalwerten eingeschränkt oder gehen insofern weit darüber hinaus, als sie etwa auch bauliche Maßnahmen und sonstige Betreuungsmaßnahmen einschließen. Eine bereits in breiterer Anwendung befindliche Technologie sind Notrufsysteme, bei denen die betroffenen Personen eine Alarmeinrichtung am Handgelenk tragen. Umfassendere Überwachungs- und Betreuungssysteme werden in Österreich derzeit jedoch erst schrittweise eingeführt. Sie sind, abhängig von der Intensität der damit verbundenen Maßnahmen, relativ kostenintensiv, was einem flächendeckenden Einsatz nicht förderlich ist. Die AAL-Technologien selbst werden in Österreich und in der EU als Teil von umfassenderen telemedizinischen Lösungen oder im Kontext von sozialen Maßnahmen gesehen.

 

Die Umsetzung von AAL-Modellen liegt im Bundesbereich demnach primär in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Sie sind jedoch - vor allem im Nahtstellenbereich zur gesundheitlichen Betreuung - auch Thema der österreichischen und europäischen e-Health-Aktivitäten und ‑Strategie. Eine akkordierte Vorgangsweise wird angestrebt.

 

Fragen 14 und 15:

Mit steigender Anzahl an Arzneimitteln pro Person steigt auch die Wahrscheinlichkeit unerwünschte Wechselwirkungen auszulösen. Durch nicht vernetzt vorliegende Arzneimittelinformation kommen zudem auch Mehrfachverordnungen vor.

Leider führen Arzneimittel-Wechselwirkungen oft auch dazu, dass ein Patient in einem Spital behandelt werden muss. Im Zentrum der Überlegungen von e-Medikation steht somit die Erhöhung der Patientensicherheit durch Vermeidung von unerwünschten Wechselwirkungen.

 

Nach monatelanger interner Diskussion über den Umfang des Zugriffs auf Arzneimittelinformationen im Rahmen der e-Medikation konnte ich insbesondere mit den Vertreter/inne/n von Ärzten/innen und Apothekern/innen im Frühjahr 2010 eine Einigung erzielen. Diese Einigung wird neben den beiden genannten Berufsgruppen von den Sozialversicherungen, den Bundesländern und der Patientenanwaltschaft mitgetragen. Somit konnten die Planungen für den Pilotbetrieb der e-Medikation abgeschlossen werden. Parallel dazu wurde ein Finanzierungsvorschlag erarbeitet und von der Bundesgesundheitskommission am 25. Juni 2010 beschlossen.

 

Derzeit wird intensiv an der technischen Umsetzung sowie an begleitenden Aktivitäten, wie der Vorbereitung von Informations- und Schulungsmaßnahmen für die Zielgruppen, gearbeitet. Die technische Umsetzung soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Somit kann der Pilotbetrieb in den drei ausgewählten Regionen Wien/Donaustadt, Oberösterreich/Wels-Grieskirchen und Tirol/West beginnen. Der Pilotbetrieb soll ein halbes Jahr, somit bis etwa Mitte des Jahres 2011, laufen und begleitend evaluiert werden. Von der Evaluierung werden Anhaltspunkte für eine allfällige Adaptierung der technisch-organisatorischen Lösung sowie die Entscheidungsgrundlagen für einen noch im Jahr 2011 beginnenden österreichweiten Rollout erwartet. Die e-Medikation wird die erste Nutzanwendung von ELGA sein.

 

Frage 16:

In diesem Zusammenhang darf ich exemplarisch auf den e-Health-Aktionsplan der Europäischen Kommission (KOM(2004) 356), auf die Empfehlung der Europäischen Kommission „zur grenzüberschreitenden Interoperabilität elektronischer Patientensysteme“ (2008/594/EG) sowie auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „Eine Digitale Agenda für Europa“ (KOM(2010) 245) verweisen.

 

Während der e-Health-Aktionsplan noch einen deutlichen Schwerpunkt auf die Einführung von Health Record Systemen setzt, gehen die jüngeren Dokumente und Aktivitäten darüber hinaus. Sie adressieren als gemeinsame Zielsetzungen beispielsweise die Herstellung der Interoperabilität zwischen den in den Gesundheitswesen der Mitgliedstaaten verwendeten IT-Systemen, die Verbesserung des gemeinsamen Rechtsrahmens für e‑Health, die Bereitstellung valider Identifizierungs- und Authentifizierungsmechanismen in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. Sie sehen Maßnahmen für die Stärkung der Position der Patientinnen und Patienten im Kontext des elektronischen Zuganges auf ihre eigenen Gesundheitsdaten vor.

 

Zur Beantwortung der Frage nach den Umsetzungsmaßnahmen möchte ich auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2, im Speziellen auf die österreichischen e-Health-Aktivitäten auf europäischer Ebene, verweisen.