5682/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.08.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

Wien, am  11. August 2010

GZ: BMG-11001/0175-I/5/2010

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5728/J der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Die Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA)  wird auf Basis eines dezentralen und modularen Prinzips schrittweise (weiter) entwickelt. Im Laufe der Zeit werden immer mehr Anwendungen und Gesundheitsdaten zur Verfügung stehen. Die Errichtung der Infrastruktur der ELGA soll bis Ende 2013 abgeschlossen werden.

 

Die Kernstücke der ELGA-Architektur sind dabei die Verzeichnisse für die Patient/inn/en („Patienten-Index“) sowie für die Gesundheitsdiensteanbieter/innen („GDA-Index“). Die Verzeichnisse bilden die Grundlage für eine qualitätsvolle Authentifizierung beim Umgang mit gesundheitsbezogenen Daten. Weitere Architektur- bzw. Basiskomponenten sind das Protokollierungs- sowie das Berechtigungssystem. Diese dienen der Nachvollziehbarkeit der Verwendung von gesundheitsbezogenen Daten sowie der Verwaltung der Zugriffberechtigungen.


Die Gesundheitsdaten werden grundsätzlich dezentral in sogenannten ELGA-Datenspeichern („Repositories“) gespeichert. Mittels Verweisregisternetz („Registries“) können diese lokalisiert werden. Über das Zugangsportal haben Patient/inn/en Zugriff auf ihre eigenen Gesundheitsdaten.

 

Aufbauend auf die Architektur- bzw. Basiskomponenten werden als erste Nutzanwendungen die e-Medikation und der Austausch von standardisierten Dokumenten geplant und umgesetzt. Die ELGA-Basiskomponenten werden zukünftig auch für weitere e-Health-Anwendungen wie z.B. telemedizinische Anwendungen, elektronischer Impfpass, elektronischer Mutter-Kind-Pass oder sektorenübergreifende Disease-Management-Systeme zur Verfügung stehen.

 

Am meisten sollen Patientinnen und Patienten von ELGA profitieren. Die Nutzung der ELGA-Komponenten ermöglicht

·        die Stärkung der Patient/innenrechte, insbesondere der Informationsrechte,

·        die Qualitätssteigerung diagnostischer und therapeutischer Entscheidungen,

·        die Steigerung der Prozess- und Ergebnisqualität von Gesundheitsdienstleistungen sowie

·        den Ausbau integrierter Versorgung und eines sektorenübergreifenden Nahtstellenmanagements im öffentlichen Gesundheitswesen.

 

Die ELGA unterstützt somit die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit.

 

Frage 3:

Der ELGA GmbH obliegen im Wesentlichen das Programm- und Integrationsmanagement, die Qualitätssicherung und die Abnahme von Entwicklungsergebnissen im Rahmen von ELGA. Es ist eine vorrangige Aufgabe der ELGA GmbH im zweiten Halbjahr 2010 einen Masterplan für die Umsetzung des gesamten ELGA-Programms zu erstellen.

 

Fragen 4:

Mit der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens für die Jahre 2008 bis 2013 wurde für die Einführung bzw. Umsetzung der Architektur der ELGA ein finanzieller Rahmen von 30 Millionen Euro vorgesehen. Gemeinsames Verständnis der Finanzierungspartner Bund, Länder und Sozialversicherung ist, aus diesen zu gleichen Teilen zur Verfügung zu stellenden Mitteln sowohl die ELGA GmbH selbst als auch die konkreten Umsetzungsprojekte zu finanzieren.

 

Frage 5:

Die bisher eingesetzten Mittel dienten der Finanzierung der bereits in Errichtung befindlichen Basiskomponenten (Patienten-Index, GDA-Index), der e-Medikation sowie der Finanzierung der ELGA GmbH.  Zur Sicherstellung der Interoperabilität wurden die Mittel auch zur Standardisierung von Befunden auf Basis von international anerkannten Standards (Clinical Document Architecture, CDA) verwendet. Für die erste Umsetzungsphase der ELGA wurden seitens der Bundesgesundheitskommission die Dokumente Laborbefund, Radiologiebefund und Entlassungsinformationen ausgewählt. Die Standardisierungs- und Harmonisierungsarbeiten dieser Dokumente erfolgten unter Beteiligung der österreichischen Ärzteschaft und der Pflege. Über 150 Ärzte aus dem niedergelassenen und dem Spitalsbereich haben aktiv daran mitgearbeitet. Unter Einbeziehung von Softwareherstellern für Spitäler, Ordinationen und Institute sowie unter fachlicher Begleitung von Normierungs- und Standardisierungsexperten wurden diese Arbeiten soweit vorangetrieben, dass entsprechende Arbeitsergebnisse mit August 2009 für erste Pilotierungseinsätze freigegeben werden konnten.

 

Fragen 6 und 11:

Durch die Verzeichnisse (Patienten-Index, GDA-Index) wird den Anbieter/innen und Nutzern von IT-Anwendungen im Gesundheitswesen eine geprüfte und valide Datenbasis für Identifizierungs- und Authentifizierungszwecke zur Verfügung gestellt. Dadurch entfallen Kosten für den Aufbau sowie die Führung eigener Verzeichnisse. Von den standardisierten Dokumenten profitieren die Gesundheitsdiensteanbieter/innen, weil sie elektronisch vorliegende Dokumente ohne Konvertierungsaufwand im Rahmen von Versorgungsketten weiterverwenden können.

 

Die bessere Information in der medizinischen Versorgung trägt zur besseren Behandlung und damit zur Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen bei. Primäres Ziel der ELGA ist daher die Verbesserung der Versorgungsqualität durch elektronische Unterstützung und Sicherstellung des raschen und gezielten Wissens- und Informationstransfers im Gesundheitswesen. Darüber hinaus gilt es, die sich aus dem medizinischen Fortschritt ergebenden Kostensteigerungen durch IT-gestützte Maßnahmen und Prozesse zumindest teilweise abzufangen. Neben solchen - in der Praxis schwer messbaren - Effizienzzugewinnen sollten durch die ELGA aber auch nachweisbare Einsparungseffekte eintreten, etwa durch den Entfall von Mehrfachuntersuchungen oder aufgrund der Vermeidung unerwünschter Arzneimittelwirkungen.

 

Darüber hinaus wird die ELGA zu einer weiteren deutlichen Stärkung der Rechte der Patient/inn/en führen, indem das Recht auf Zugang zu ihren eigenen Gesundheitsdaten ausgebaut und sie damit besser als bisher in die Lage versetzt werden, informierte Entscheidungen im Rahmen ihrer eigenen gesundheitlichen Versorgung zu treffen. Aus der Sicht des Gesundheitswesens liegt der Nutzen in einem deutlich transparenteren, da nachvollziehbaren Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen, die im Bedarfsfall zudem rasch, zeit- und ortsunabhängig sowie über Organisationsgrenzen hinweg zur Verfügung gestellt werden können.


Frage 7:

Der Syndikatsvertrag wurde im Rahmen der Generalversammlung der ELGA GmbH am 25. Juni 2010 beschlossen.

 

Frage 8:

Die Finanzierung wurde durch die Beschlüsse der Bundesgesundheitskommission und der Generalversammlung der ELGA GmbH am 25. Juni 2010 sichergestellt.

 

Frage 9:

Die gesetzlichen Regelungen zur ELGA werden derzeit vorbereitet und auf Expertenebene diskutiert. Deren Begutachtung ist für Herbst 2010 geplant.

 

Frage 10:

Die Gesundheitsdaten, die über ELGA zugänglich gemacht werden, sollen grundsätzlich dezentral gespeichert werden. Die ELGA schafft lediglich die Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Daten - nicht zur gesamten Krankengeschichte. Das sind insbesondere solche Gesundheitsdaten, die für die Weiterversorgung von Relevanz sind. Dies wird dadurch ermöglicht, dass beispielsweise gleichzeitig mit der Erstellung und Speicherung eines Entlassungsdokuments  in einem ELGA-Datenspeicher ein Verweis („Link“) darauf erzeugt und in einem Verweisregister abgelegt (registriert) wird. Die gesetzlichen Regelungen zur ELGA werden diese Abläufe bzw. die damit verbundenen Anforderungen regeln.

 

Fragen 12 bis 14:

Es ist geplant, eine umfassende Evaluierung des Pilotprojekts e-Medikation durchzuführen. Diese wird nach derzeitigem Wissenstand in den Dimensionen Prozesse bei den Ärzt/inn/en, bei den Apotheker/inne/n und im Krankenhaus, Patientenzufriedenheit, Patientennutzen, Ergebnisse im Hinblick auf z.B. die Anzahl identifizierter Wechselwirkungen und Analyse sinnvoller/nicht sinnvoller Warnungen sowie finanzielle Auswirkungen durchgeführt werden. Die Evaluierung erfolgt während und nach der sechsmonatigen Pilotierung im ersten Halbjahr 2011. Die Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit in einer noch zu erarbeitenden Vorgangsweise vorgestellt werden.

 

Die Evaluierungskriterien für das Pilotprojekt e-Medikation werden von einem interdisziplinär zusammengesetzten Team der ELGA GmbH, der Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsges. m.b.H. (SVC) und weiteren Projektpartner/inne/n aus dem Kreis der Stakeholder erarbeitet. Die Indikatoren für die Evaluierung der gesamten ELGA sollen in ähnlicher Form entwickelt werden.

 

Frage 15:

Der Aufgabenschwerpunkt der ELGA GmbH liegt im Integrationsmanagement der in Umsetzung befindlichen Komponenten. Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit bzw. mit Beteiligung aller relevanten Akteure. Die ELGA GmbH nimmt hier entsprechend ihrem Unternehmenszweck die koordinierende Rolle ein. So wird unter federführender Begleitung der ELGA GmbH der Patienten-Index hinsichtlich des Zusammenspiels mit lokalen Patientenindizes von großen Krankenhausträgern getestet. Das Projekt Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS, vgl. Antwort zu Fragen 17 bis 19) wird zwar von den Ländern getragen, aber auch hier ist es Aufgabe der ELGA GmbH, die Umsetzung der Ergebnisse vor Ort mitzugestalten. Bei der Pilotierung der e-Medikation wird von der ELGA GmbH insbesondere die Beachtung der Standardisierungsvorgaben sichergestellt und die Qualitätssicherung vorangetrieben. Wichtiger Bestandteil der Arbeiten der ELGA GmbH ist auch in diesem Projekt, die Sicherheit der Patientinnen und Patienten sowie die Wahrung ihrer Rechte in den Mittelpunkt zu stellen.

 

Frage 16:

Mit dem dargestellten Finanzierungsrahmen der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG (vgl. Antwort zu Frage 4) soll die Umsetzung der ELGA-Architekturkomponenten sichergestellt werden. Die Umsetzung und/oder Finanzierung der lokalen und regionalen Maßnahmen oder Implementierungen lokalen Architekturkomponenten in den Ländern ist nicht Gegenstand der Vereinbarung oder die Tätigkeit der ELGA GmbH. 

 

Fragen 17 bis 19:

Datenschutz ist im Gesundheitsbereich ein äußerst sensibles Thema. Es wird daher gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe der Bundesländer und in Abstimmung mit den Errichtungsprojekten ein Konzept für ein einheitliches Informationssicherheits- Managementsystem (ISMS) für die ELGA entwickelt, das insbesondere auch auf die wirksame Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorgaben proaktiv Bezug nimmt. Bereits bei den Planungen der einzelnen Umsetzungsprojekte wurde strikt darauf geachtet, datenschutzrechtliche Anforderungen soweit wie möglich bereits zu berücksichtigen. Der in Ausarbeitung befindliche gesetzliche Rahmen ist von der Absicht getragen, höchstmögliche Sicherheitsstandards auch in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht zu implementieren und die ergänzend festzulegenden Patientenrechte mit entsprechenden Rechtsschutzmechanismen abzusichern. Schließlich soll die missbräuchliche Verwendung von ELGA-Daten, die über die vorgesehene Protokollierung aller Aktivitäten in ELGA leichter als bisher nachvollziehbar ist, mit den geplanten Strafandrohungen verhindert bzw. mit nicht unerheblichen Strafen sanktioniert werden.

 

Der Datenschutzrat wurde im Rahmen der Planungen der ELGA-Architektur, aber auch im Zuge der Arbeiten an den gesetzlichen Grundlagen mehrfach informiert und ist somit in die Entwicklung eingebunden. Die Hinweise und Anregungen des Datenschutzrates in den diesbezüglichen Diskussionen werden in den laufenden Arbeiten berücksichtigt.

 

Frage 20:

Die Rechte und Pflichten jener Berufsgruppen, die in einem ersten Schritt an der ELGA teilnehmen, werden - sofern ein diesbezüglicher Bedarf gegeben ist - in den gesetzlichen Regelungen zur ELGA geregelt. Ein über solche, eher technisch-organisatorische Bestimmungen allenfalls hinausgehender zivilrechtlicher Regelungsbedarf wurde in den eingehenden Diskussionen mit ausgewiesenen Expert/inn/en nicht gesehen. Die diesbezüglich bereits existierenden Bestimmungen betreffend Sorgfalts- und Vertraulichkeitspflichten einzelner Berufsgruppen, aber auch im haftungsrechtlichen Umfeld, sind für die Verwendung der ELGA ausreichend.

 

Frage 21:

Die konzeptionellen Grundlagen der ELGA sind in den letzten Jahren unter Einbindung von Vertreter/inne/n der betroffenen Gesundheitsberufe und der Patientenanwaltschaften in die einzelnen Projektteams erarbeitet worden. So waren beispielsweise auch in die Erstellung der von den Gesundheitsberufen zu verwendenden harmonisierten Dokumente, wie Entlassungsbriefe oder Befunde, die fachlichen Vertreter/innen dieser Berufsgruppen eingebunden. Weiters waren und sind die Vertreter/innen von Patientenanwaltschaften in den Projektlenkungsgremien vertreten.

Patientengruppierungen, wie Selbsthilfegruppen, wurden und werden im Rahmen der zahlreichen Informationsveranstaltungen informiert und eingebunden. Zur eingehenden Zusammenarbeit mit den Vertreter/inne/n des Datenschutzes verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 17 bis 19.