5768/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.08.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0191-I/5/2010

Wien, am 18. August 2010

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 5823/J der Abgeordneten Grünewald, Schwentner, Freundinnen und Freunde  nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen konnte in Österreich in den letzten Jahren sehr niedrig gehalten werden. Eine wichtige Rolle bei den Aufklärungsmaßnahmen spielen die AIDS-Hilfen. Eine Vertiefung der Aufklärungsaktivitäten bei speziellen Risikogruppen ist geplant.

 

Frage 2:

Die AIDS-Hilfen befassen sich u.a. gezielt mit spezifischen Bevölkerungsgruppen. Mit konkreten, auf die jeweilige Region abgestimmten Maßnahmen wird versucht, an gefährdete oder sozial benachteiligte Personengruppen heranzukommen. Dabei wird das kulturelle Umfeld bei aufsuchender Aufklärungs- und Präventionsarbeit sehr gezielt und differenziert einkalkuliert.


Frage 3:

Ein Schwerpunkt der Arbeit der AIDS-Hilfen ist neben der Prävention die Betreuung und Begleitung HIV-Positiver und deren Angehöriger, den dank erfolgreicher Behandlungsmöglichkeiten steht nunmehr nicht die Sterbe- sondern die Lebensbegleitung im Vordergrund. Damit verbunden sind Maßnahmen gegen das Soziale AIDS. In einer Form von „Coaching“ sollen Betroffene dazu angehalten werden, ihre Medikamente mit der notwendigen Regelmäßigkeit zu nehmen und sich auch so zu verhalten, dass weitere HIV-Infektionen verhindert werden. Im Jahr 2009 wurden von den AIDS-Hilfen 8.668 Klient/inn/en persönlich beraten bzw. betreut.

 

Fragen 4 und 8:

Die  regionalen AIDS-Hilfen erhalten im Jahr 2010 € 2,647.876,68 von meinem Ressort. Der „Unterstützungsfonds für Personen, die durch medizinische Behandlung oder Tätigkeit mit HIV infiziert wurden“ erhält im Jahr 2010 € 288.493,50. Die Größenordnung der Förderungen ist in den letzten Jahren stabil geblieben.

 

Die Arbeits- und Angebotsschwerpunkte der AIDS-Hilfen gliedern sich wie folgt:

1.)   Information und Prävention (Workshops, Vorträge, Szenekontakte, Ausbildung von Multiplikator/inn/en, insbesondere Peers im schulischen Bereich, Berufsgruppen);

2.)   Beratung und Testung (anonym und kostenlos); neben der HIV-Antikörper-testung wird auch die Testung auf Hepatitis C und bei fast allen AIDS-Hilfen die Syphilis-Testung möglichst niederschwellig angeboten; die HIV-Anti-körpertestung ist kostenlos, die beiden anderen Testungen werden in der Regel zum Selbstkostenpreis angeboten.

3.)   Betreuung Betroffener (im Sinne einer sekundären und tertiären Prävention).

 

Der Schwerpunkt der Arbeit der AIDS-Hilfen liegt bei Information und Prävention, knapp gefolgt von der Betreuung. Der Anteil der Beratung inkl. Testung ist etwas geringer.

 

Frage 5:

Nein. Die Einrichtung eines HIV/AIDS-Fonds für Österreich ist nicht geplant.

 

Frage 6:

Maßnahmen zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, wie z.B. die internationale Bekämpfung von AIDS, sind primär dem Bereich der Entwicklungspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit zuzuordnen. Das Entwicklungszusammenarbeitsgesetz BGBl. I Nr.49/2002 i.d.g.F. überträgt die Vollziehung der im Gesetz geregelten Materien grundsätzlich dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten.


Ungeachtet dieser Kompetenzsituation ist anzumerken, dass aufgrund der komplexen thematischen Verflechtungen und Wechselwirkungen zwischen gesundheitspolitischen und entwicklungspolitischen Maßnahmen auch das  Bundesministerium für Gesundheit finanzielle Beiträge von internationaler Relevanz leistet. So ist für 2010 die Unterstützung des HIV/AIDS Programms der Weltgesundheitsorganisation(WHO) mit einem freiwilligen Beitrag von € 200.000,00 durch mein Ressort vorgesehen. Die Abhaltung der XVIII. Internationalen AIDS Konferenz, der weltweit größten Veranstaltung zum Thema HIV/AIDS, in Wien (18. - 23. Juli 2010) wurde von meinem Ressort mit € 1,500.000,00 unterstützt.

 

Frage 7:

Hinsichtlich der Kosten für Informationsmaßnahmen in Zusammenhang mit der „Neuen Grippe“ Influenza A(H1N1) verweise ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 3927/J. Seit der damaligen Beantwortung wurden Kosten in Höhe von € 95.094,63 abgerechnet. Hinsichtlich der Menge an gelieferten Impfdosen verweise ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 4813/J. Die Kosten je Dosis betrugen € 6,55.

 

Eine Angabe von Kosten zur geplanten Vertiefung der HIV/AIDS-Aufklärungsaktivitäten bei speziellen Risikogruppen (siehe Antwort zur Frage 1) ist zum aktuellen Zeitpunkt ebenfalls noch nicht möglich.

 

Frage 9:

Die finanzielle Unterstützung von Sozialarbeit ist nicht Aufgabe des Gesundheitsressorts. Die Kosten für Sozialarbeit sind seitens der AIDS-Hilfen entweder über Landesmittel oder andere Quellen (z.B. Spenden) zu finanzieren, ebenso die finanzielle Unterstützung Betroffener, die in einem sehr hohen Ausmaß nahe der Armutsgrenze oder auch darunter leben. Eine Ausnahme kann nur in den Bereichen erfolgen, in denen es sich um Projekte handelt, die auch im Betreuungsbereich der Prävention dienen (Stichwort „Coaching“ für AIDS-präventives Verhalten) und keine klassische Sozialarbeit sind.

 

Mit der Grundsubvention sichert das Gesundheitsressort den Weiterbestand der AIDS-Hilfen. Aufgrund der budgetären Gegebenheiten sind die finanziellen Grenzen damit leider erreicht. Eine bessere Kooperationsbereitschaft mit den Ländern bezüglich einer Mittelaufstockung wäre wünschenswert.

Ausgleichszahlungen sind nicht vorgesehen.

 

Frage 10:

Beim UNGASS-Bericht zu HIV/AIDS handelt es sich um einen Online-Bericht der Vereinten Nationen. Mein Ressort hat alle für Österreich verfügbaren Daten bereits übermittelt. Die Veröffentlichung liegt nicht im Zuständigkeitsbereich meines Ressorts.


Fragen 11 und 13:

Gemäß Verordnung über Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung in der HIV-Diagnostik und die bei der Vornahme von HIV-Tests einzuhaltende Vorgangsweise, BGBl. Nr. 772/1994 idgF., darf ein HIV-Test nur mit gesonderter Zustimmung der betreffenden Person durchgeführt werden, wenn die Durchführung eines HIV-Tests nicht vom Behandlungsvertrag gedeckt ist. Vor Einholung dieser Zustimmung ist sie eingehend über den Zweck des HIV-Tests und die Tragweite eines positiven Befundes, über die Arten der Infektionsmöglichkeiten mit HIV sowie die Verhaltensregeln zur Vermeidung einer solchen Infektion zu informieren.

 

Auf Kosten der Krankenversicherungsträger werden HIV-Antikörperbestimmungen grundsätzlich bei Vorliegen einer medizinischen Indikation und bei begründetem Verdacht entsprechend der ärztlichen Zuweisung durchgeführt. HIV-Tests werden im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen vorgenommen (siehe dazu auch Frage 12). Da Krankenbehandlung im Einvernehmen mit den Patient/inn/en erfolgt, sind diese Tests freiwillig. Weiters erfolgen die von der AUVA finanzierten HIV-Tests nach Nadelstichverletzungen beim medizinischen Personal.

Durchführende Institutionen sind Vertragsfachärztinnen/-ärzte und Vertragsinstitute für Labordiagnostik, Universitätsinstitute sowie eigene Einrichtungen der Versicherungsträger.

 

Frage 12:

Bei Vorliegen einer Indikatorerkrankung gehört die Durchführung eines HIV-Tests zu den Regeln der medizinischen Kunst. Österreich nimmt an keinen europaweiten Projekten teil.

 

Mit der Mutter-Kind-Pass-Verordnungs-Novelle 2009 (BGBl. II Nr. 448) wurde der HIV-Test in das Mutter-Kind-Pass-Untersuchungsprogramm aufgenommen und gilt explizit als Bestandteil des Untersuchungsprogramms für Schwangere (§§ 3 Abs. 2 Z 6 und 14 Abs. 4 Z 1).

 

Es ist derzeit nicht beabsichtigt, einen HIV-Test in die Gesundenuntersuchung aufzunehmen. Die Bevölkerungsgruppe, die die Gesundenuntersuchung in Anspruch nimmt, hat eine äußerst geringe Prävalenz von HIV/AIDS.

 

Frage 14:

Mit Ausnahme von Niederösterreich und Burgenland gibt es in jedem Bundesland ein „AIDS-Hilfe-Haus“ bzw. eine AIDS-Hilfe. Es ist daher auch vorgesehen, dass die AIDS-Hilfe Wien in den Bundesländern Niederösterreich und Burgenland - auf Basis der zur Verfügung stehenden Budgetmittel - Aktivitäten setzt. Die AIDS-Hilfe Wien ist auch bemüht, in diesen Bundesländern für konkrete Projekte Fördermittel aus den in Rede stehenden Bundesländern zu erhalten.


Frage 15:

In Österreich gibt es sieben Behandlungszentren. Zwei Behandlungszentren sind in Wien und je eines in Linz, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck. Im extramuralen Bereich gibt es drei Schwerpunktpraxen in Wien.

 

Frage 16:

Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder  an anderen vornehmen, sind verpflichtet, sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach in dreimonatigen Abständen einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen. Der entsprechende Ausweis (§ 2 der VO BGBl. Nr. 314/1974 idgF.) ist von der Bezirksverwaltungsbehörde einzuziehen, wenn eine HIV-Infektion vorliegt. Eine Belehrung über Infektionsmöglichkeiten und Maßnahmen zu deren Vermeidung ist dabei vorgesehen.

 

Frage 17:

Bei der Zulassung von antiretroviralen Medikamenten wird auf eine ausgewogene Verteilung der Studienteilnehmer, insbesondere beim Geschlecht, geachtet. Zur unterschiedlichen Compliance liegen keine exakten Daten vor.

 

Fragen 18, 19 und 21:

Die Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung wird nicht nach Staatsangehörigkeit, sondern nach Versicherungszugehörigkeit entschieden. Es erfolgt keine Kennzeichnung in Bezug auf Herkunft, Beruf oder sonstige nicht versicherungsrelevante Daten. Darüber hinaus kann im Hinblick darauf, dass im niedergelassenen Bereich die Diagnosen im Rahmen der Abrechnung mit den Versicherungsträgern nicht codiert geliefert werden müssen bzw. aufgrund der befürchteten Stigmatisierung von Patient/inn/en möglicherweise die Angabe der Diagnose gar nicht explizit erfolgt, eine Auswertung über an AIDS erkrankte oder HIV-positive Personen letztlich nur hilfsweise, etwa durch Rückschlüsse aus der Verwendung bestimmter typischer Heilmittel, erfolgen. Ein stationärer Aufenthalt ist nicht in jedem Erkrankungsfall erforderlich. Eine seriöse Beantwortung dieser Fragen ist daher nicht möglich.

 

Frage 20:

Diese Zeiten sind individuell verschieden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass  indizierte Therapiepausen nach ärztlicher Entscheidung auch positive Aspekte haben können.

 

Frage 22:

Grundversorgte (und in Zukunft Mindestsicherungsbezieher/innen) sind nach § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogen. Es gibt daher keine Behandlungsunterschiede.


Die optimale Patientenbehandlung richtet sich in Österreich nach den Richtlinien der Deutsch-Österreichischen AIDS Gesellschaft und den individuellen Krankheitsbildern der Patient/inn/en.

 

Eine effiziente HIV-Therapie erfordert individuelle Therapiestrategien, selbst der Zeitpunkt des Therapiebeginns muss im Einzelfall entschieden werden und sollte natürlich möglichst frühzeitig sein. Grundsätzlich besteht die HIV-Therapie aus einer Kombination antiretroviraler Heilmittel (Details sind den AWMF-Leitlinien Nr. 055/001 „Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion“ zu entnehmen).