5804/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.08.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0202-I/5/2010

Wien, am 20. August 2010

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 5862/J der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Im Zusammenhang mit den Diskussionen über Lebensmittelinformationen in Gastronomiebetrieben wurden bereits Gespräche mit den beteiligten Verkehrskreisen geführt, um eine gemeinsame Vorgangsweise zu erreichen. Ziel sind praxisgerechte Lösungen im Sinne des Konsumentenschutzes.

Die Mitarbeit der betroffenen Verkehrskreise ist wesentlich, da die Möglichkeiten für gesetzliche Vorgaben beschränkt sind. Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann für unverpackt an die Endverbraucher abgegebene Lebensmittel nur vorgeschrieben werden, was für verpackte Lebensmittel gilt. Hinsichtlich der angesprochenen Kennzeichnung der Haltungsform der Legehennen bei Eiern wäre somit eine gesetzlich verpflichtend vorgegebene Angabe von 0, 1, 2 oder 3 (für Bio, Freilandhaltung, Bodenhaltung, Käfig) bei Eiern in der Schale möglich (z.B. Frühstücksei), eine Kennzeichnung bei Eiprodukten oder Speisen mit Ei allerdings nicht. Selbiges gilt beispielsweise auch für die Nährwert- oder Herkunftskennzeichnung, die derzeit auch bei verpackten Produkten nicht verpflichtend vorgegeben sind. Es geht mir daher in erster Linie darum, mit den betroffenen Verkehrskreisen praktikable Modelle zu erarbeiten, die zu einer verbesserten Konsumenteninformation in der Gastronomie führen. Dabei spielt der Informationszugewinn für die Konsumentinnen und Konsumenten eine Rolle (Verständlichkeit und Auffindbarkeit der Informationen) aber auch die praktische Umsetzbarkeit und jedenfalls auch die Kontrollierbarkeit. Auch abgestufte Vorgehensweisen sind denkbar, je nach Angebot und Größe des Gastronomiebetriebes. In weiteren Gesprächen sollen die Möglichkeiten und eine machbare Umsetzung in der Praxis erörtert werden.

Parallel dazu setze ich mich in den laufenden Verhandlungen zur sogenannten „Verbraucherinformationsverordnung“ für eine Verbesserung der EU-weit einheitlichen Vorgaben zur Lebensmittelkennzeichnung ein, beispielsweise für eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung ebenso wie für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei nicht bzw. wenig verarbeiteten landwirtschaftsnahen Produkten wie Käse oder Schinken. Dies ist insofern relevant, da – wie oben schon ausgeführt – für die Gastronomie letztlich nur vorgegeben werden kann, was für verpackte Lebensmittel gilt.

 

Frage 2:

Bei dem Entwurf eines Gütezeichengesetzes (99/ME - XXIV. GP) handelt es sich um eine Ministerialvorlage des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend. Über den Geltungsbereich konnte noch kein Konsens erzielt werden.

 

Frage 3:

Dem Wunsch der Konsumentinnen und Konsumenten nach Information über die Haltungsform der Legehennen bei zusammengesetzten Lebensmitteln und bei unverpackten Lebensmitteln aus oder mit Eiern wurde durch die Ausarbeitung eines Entwurfes für eine Verordnung über die verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsform von Legehennen bei Lebensmitteln mit oder aus Eiern Rechnung getragen. Dieser wurde jedoch im Rahmen des erforderlichen Notifikationsverfahrens von der Europäischen Kommission mit der Begründung abgelehnt, dass das Fehlen einer Angabe zur Haltungsform von Legehennen generell für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Gefahr der Täuschung begründet; eine Irreführung über die Eigenschaften eines Lebensmittels sei grundsätzlich verboten. Die Notwendigkeit der Förderung des Tierschutzes stelle keinen Rechtfertigungsgrund gemäß Artikel 18 Abs. 2 der RL 2000/13 (EtikettierungsRL) dar. Eine österreichische Verordnung zur verpflichtenden Kennzeichnung der Haltungsform von Legehennen bei Lebensmitteln mit oder aus Eiern ist daher aus den oben dargelegten Gründen nicht möglich.

 

Frage 4:

Österreich setzt sich seit Beginn der Verhandlungen zur „Verbraucherinformations-verordnung“ für eine praktikable Herkunftskennzeichnung ein. Die derzeitige Österreichische Position im Zusammenhang mit der Herkunftskennzeichnung lautet: Wir fordern eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei unverarbeiteten Produkten, bei Produkten mit nur einer Zutat und bei nur leicht verarbeiteten landwirtschaftsnahen Produkten wie Käse und Schinken hinsichtlich der Herkunft des wesentlichen Rohstoffs (Milch und Fleisch). Dies habe ich auch am letzten Gesundheitsministerrat in Luxemburg am 8. Juni 2010 erneut kundgetan.

 

Frage 5:

Der Maßnahmenkatalog ist vielfältig und beinhaltet sowohl die Übermittlung von Kommentaren zu Anträgen auf Marktzulassung von GVOs auf Grund aktueller wissenschaftlicher Grundlagen (die akkordierten Stellungnahmen der in die österreichische Risikobewertung eingebundenen Expertinnen und Experten werden von der Task Force GMO im DSR-Bereich der AGES erstellt) als auch deren Diskussion auf EU-Ebene mit Vertreterinnen und Vertretern der EFSA. Eine wichtige Maßnahme ist auch die intensive Mitarbeit bei der Erstellung einschlägiger Leitlinien und EU-Rechtsakte: Aktuell betrifft dies die Mitarbeit an der „Draft Commission Regulation on implementing rules concerning applications for authorisation of genetically modified food and feed in accordance with Regulation (EC) No 1829/2003 of the European Parliament and of the Council and amending Regulation (EC) No 641/2004 and Regulation (EC) No 1981/2006“, mit welcher eine Überarbeitung der bestehenden Leitlinien zur Risikobewertung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln vorgenommen wird. Weiters wurde kürzlich die EU-weite Diskussion des von der EFSA-GMO Unit vorgelegten Dokuments „Guidance on the environmental risk assessment of genetically modified plants“ eröffnet und eine umfangreiche wissenschaftliche Stellungnahme (akkordiert und federführend erstellt vom UBA Wien) an die EFSA übermittelt. Zusätzlich werden auch laufend bei wissenschaftlichen Tagungen der EFSA/des GMO-Panels Vorschläge zur Verbesserung der Risikobewertung eingebracht.

 

Frage 6:

Die Kennzeichnung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel ist in der EU-Verordnung 1829/2003 verbindlich geregelt. Selbst wenn einzelne Mitgliedstaaten auf EU-Ebene den Vorschlag machen, eine Kennzeichnung für Produkte von Tieren, die mit genetisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, vorzuschreiben, erscheint die Aussicht auf eine Umsetzung fraglich, da viele Mitgliedsstaaten und auch die EU-Kommission eine derartige Ausweitung der Kennzeichnung ablehnen. Interessant ist jedenfalls, dass diese jahrelange Forderung von vielen Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen nun auch von der Industrie lanciert wird.

Aus meiner Sicht ist eine derartige Ausweitung der Kennzeichnung zum jetzigen Zeitpunkt kein Zugewinn an Information für die Konsumentinnen und Konsumenten, denn eine Kennzeichnung eines Großteils der tierischen Lebensmittel wäre die Folge. Das Bundesministerium für Gesundheit sieht daher die langfristige Absicherung der Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher in einer verlässlichen und klaren „gentechnikfrei“-Kennzeichnung und setzt sich aus diesem Grund auch für die Schaffung eines entsprechenden staatlichen Gütezeichens „gentechnikfrei“ ein. Zum wirksamen Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor Täuschung wäre dabei die Verwendung gentechnikfreier Futtermittel vorgegeben und von unabhängigen Kontrollstellen geprüft. Darüber hinaus ist geplant, die Details der Gentechnik-Kennzeichnung in der Gastronomie festzulegen.

 

Frage 7:

Hinsichtlich Maßnahmen gegen „Lebensmittelimitate“, konkret Analogkäse und Schummelschinken, wurde seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ein Schreiben an die Europäische Kommission gerichtet. Die Kommission verweist in ihrem Antwortschreiben hinsichtlich Käse auf die vertikalen Bestimmungen (Marktordnung) sowie in beiden Fällen auf die Bestimmungen der RL 2000/13/EG (Etikettierungsrichtlinie) und stellt zusammenfassend fest, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten alle Instrumente in der Hand haben, um zu vermeiden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vorsätzlich irregeführt werden. Am Rat Landwirtschaft/Fischerei vom 22. und 23. Juni 2009 in Luxemburg forderte Österreich eine klare Definition für derartige „Schummelprodukte“. Die Kommission betonte neuerlich, dass eine Definition des Begriffes „Analogkäse“ im Rahmen der bestehenden Vermarktungsnormen zu erfolgen habe. Auch im Rahmen der Verhandlungen zur Informationsverordnung auf Ratsebene forderte Österreich die Aufnahme einer klaren Definition für derartige „Schummelprodukte“, es gab dafür aber kaum Unterstützung von anderen Mitgliedsstaaten. Hinsichtlich der Maßnahmen auf nationaler Ebene wird auf die Beantwortung der Frage 8 verwiesen.

 

Frage 8:

Im Österreichischen Lebensmittelbuch wurden bereits konkrete Feststellungen über Erzeugnisse, die den Eindruck erwecken, dass es sich bei einem Produkt um Käse handelt, verlautbart. Es ist klar festgehalten, dass bei einem Produkt, bei dem die Aufmachung den Eindruck erweckt, dass es sich um Käse handelt, ausschließlich Käse verwendet werden muss. Wird nicht ausschließlich Käse verwendet, so muss dieser Umstand aus der Sachbezeichnung oder Beschreibung auf der Hauptschauseite deutlich hervorgehen, wobei die Sachbezeichnung oder Beschreibung mit dem gleichen Aufmerksamkeitswert (z.B. Schrift, Kontrast, Hintergrund usw.) wie etwaige Fantasiebezeichnungen angebracht werden müssen. Dies gilt auch für Produkte, bei denen nach der Verbrauchererwartung Käse als Zutat erwartet wird.

 

Frage 9:

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelkontrolle wurden von der Lebensmittelaufsicht der Bundesländer im Jahr 2009 43.575 Revisionen (Betriebskontrollen) durchgeführt und 31.695 amtliche Proben von Waren (aller Warengruppen) des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes gezogen und der AGES sowie den Landesuntersuchungsanstalten in Vorarlberg, Kärnten und Wien zur Analyse und Begutachtung weitergeleitet. Die Begutachtung umfasst auch die Bewertung der Irreführung von Kennzeichnung und Aufmachung und die Überprüfung der Einhaltung der Kennzeichnungsbestimmungen. Von diesen Proben wurden 1.173 Proben wegen „zur Irreführung geeigneter Angaben“ und 1.995 wegen „Kennzeichnungsmängeln“ beanstandet.