6181/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.10.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(5-fach)

 

 

 

RUDOLF HUNDSTORFER

Bundesminister

 

Stubenring 1, 1010 Wien

Tel: +43 1 711 00 - 0

Fax:   +43 1 711 00 - 2156

rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at

www.bmask.gv.at

DVR: 001 7001

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1010 Wien

 

 

 

 

GZ: BMASK-90520/0149-III/3/2010

 

Wien, am

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6282 /J der Abgeordneten Ing. Kaipel u.a. wie folgt:

 

Frage 1:

Da Kapitallebensversicherungen in Österreich die tragende Säule für die private Altersvorsorge sind, hat das BMASK in diesem Bereich in den vergangenen Jahren bereits mehrere wichtige Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher ergriffen.  

Wie auch die Untersuchung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gezeigt hat, sind kapitalbildende Lebensversicherungen mit relativ hohen Kosten (Abschlusskosten, Verwaltungskosten, Kosten für den Ablebensschutz, Versicherungssteuer) belastet, die sich auf die Versicherungsleistungen (Erlebensleistung, Ablebensleistung, Rückkaufswert bei vorzeitiger Kündigung) nachteilig auswirken. Diese Kostenabzüge wurden in der Vergangenheit in den Versicherungsbedingungen nicht transparent offengelegt.

Das BMASK hat daher den VKI im Jahr 2005 mit Verbandsklagen gegen alle großen österreichischen Versicherungsgesellschaften beauftragt. Diese Verfahren endeten mit einer Serie von OGH-Entscheidungen, in denen den Klagen des VKI vollinhaltlich stattgegeben wurden (OGH 7 Ob 173/06a, 7 Ob 140/06y, 7 Ob 131/06z, 7 Ob 82/07w, 7 Ob 233/06z, 7 Ob 16/08s, 7 Ob 6/07v, 7 Ob 4/07z, 7 Ob 23/07v und 7 Ob 151/07t). Seither weisen die Versicherer die einzelnen anfallenden Kostenabzüge in ihren Versicherungsbedingungen aus. Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen wird zusätzlich auch die Gesamtkostenbelastung durch eine Gegenüberstellung der 0%-Performance-Werte und der Prämienzahlungssummen für jedes Jahr in Tabellenform übersichtlich angegeben. Alle diese Informationen müssen die Kunden spätestens bei Antragstellung erhalten.

Infolge der Verbandsverfahren des VKI kam es außerdem zur Verabschiedung des Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes 2006, das am 1.1.2007 in Kraft trat. Bis dahin wurden dem Verbraucher oder der Verbraucherin die Abschlusskosten (insbesondere also die Provision der Vermittlerin oder des Vermittlers) zur Gänze bei Vertragsabschluss verrechnet. Dadurch stand in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss im Fall einer Kündigung kein oder nur ein geringer Rückkaufswert zur Verfügung. Seit 1.1.2007 müssen die Abschlusskosten auf zumindest 5 Jahre gleichmäßig verteilt verrechnet werden. Dadurch ergibt sich auch in Frühstornofällen ein halbwegs fairer Rückkaufswert.

Ebenfalls aufgrund der Verbandsverfahren des VKI kam es im Jahr 2007 zu einer grundlegenden Überarbeitung der FMA-Mindeststandards für die Informationspflichten in der Lebensversicherung, die eine Auslegung der gesetzlichen Vorgaben der §§ 9a, 18b und 75 VAG darstellen und die auf der Homepage der FMA abrufbar sind (www.fma.gv.at). Diese Mindeststandards schreiben zum einen eine detaillierte Information der Kunden vor Vertragsabschluss über die garantierten Leistungen und die unter Einschluss der Überschussbeteiligung zu erwartenden Leistungen vor. Zum anderen sehen sie vor, dass diese Leistungsdarstellung während der Laufzeit des Vertrages jährlich aufgrund der tatsächlich erzielten Veranlagungsergebnisse aktualisiert werden muss.

Nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung des VKI beginnen im Oktober 2010 in der FMA Gespräche unter Beteiligung des BMASK und des Versicherungsverbands über mögliche Verbesserungen der Vorschriften über die Leistungsdarstellung in der kapitalbildenden Lebensversicherung.

 

Angemerkt wird jedoch, dass an den in der Untersuchung des VKI ebenfalls bemängelten relativ bescheidenen Renditen der Ablaufleistungen klassischer Kapitallebensversicherungen auch verbesserte Konsumentenschutzbestimmungen nichts ändern können. Die geringen Renditen sind nämlich in erster Linie auf den der Verbraucherin oder dem Verbraucher garantierten Rechnungszinssatz (derzeit 2,25% p.a.) zurückzuführen, der es notwendig macht, dass das Kapital der Versicherten zum ganz überwiegenden Teil in sichere Rentenwerte veranlagt wird. Dadurch kann die von den Versicherern bei der Kapitalanlage erzielte Rendite im langjährigen Durchschnitt in etwa nur der Sekundärmarktrendite entsprechen. Wegen der Kostenabzüge liegen die Nettorenditen der Ablaufleistungen dann noch etwas niedriger. In Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen führt das zwangsläufig zu bescheidenen Renditen, vor allem dann, wenn der Vertrag auch einen Ablebensschutz beinhaltet und der Verbraucher oder die Verbraucherin bei Vertragsabschluss versicherungsmathematisch schon etwas älter (zB wie in der VKI-Untersuchung 40 Jahre) sind.

Vereinfacht gesagt kann also ein Veranlagungsprodukt, bei dem der Versicherer das Kapitalmarkt- und das Ablebensrisiko trägt, dem Verbraucher oder der Verbraucherin nicht gleichzeitig auch in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen eine hohe Rendite gewährleisten.

Frage 2:

Die Frage ist etwas unklar formuliert („ … beim Vertrieb von Anlageprodukten für Privatkunden vor Abschluss eines Versicherungsvertrages …“). Offenbar ist aber gemeint, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin vor Abschluss eines Versicherungsvertrages mit Anlagecharakter standardisierte und verständliche Produktinformationen erhalten sollten.

Wie bei der Beantwortung der Frage 1 dargelegt, erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits derzeit vor dem Abschluss von kapitalbildenden Lebensversicherungen standardisierte Produktinformationen, die den Vorgaben der FMA-Mindeststandards entsprechenden müssen. Ziel dieser Mindeststandards und der ihnen zugrunde liegenden gesetzlichen Vorgaben im VAG ist es, dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine möglichst verständliche und präzise Leistungsbeschreibung zu geben. Da hier aber bei den bestehenden Regelungen in einzelnen Punkten sicherlich noch Verbesserungen möglich sind, wird ab Oktober 2010 eine Überarbeitung der FMA-Mindeststandards vorbereitet.

Frage 3:

Wie bei der Beantwortung der Frage 1 bereits dargelegt, werden aufgrund der angeführten Entscheidungen des OGH die einzelnen Kosten, die von den Prämien vor ihrer Veranlagung abgezogen werden, nunmehr in den Versicherungsbedingungen offengelegt. Insofern sehen die Versicherer selbst solche Angaben nicht als unnütze „Prosa“ sondern als ein Erfordernis an, das zwingend eingehalten werden muss, damit die in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Rückkaufswert- und Kostenabzugsklauseln für den Verbraucher oder die Verbraucherin klar und verständlich im Sinne des Transparenzgebotes des § 6 Absatz 3 Konsumentenschutzgesetz sind.

 

Mit freundlichen Grüßen