6395/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.11.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0286-III/4a/2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 23. November 2010

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6493/J-NR/2010 betreffend Geschlechterungleich­gewicht bei Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen, die die Abg. Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen am 30. September 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Eine Ad-hoc-Umfrage bei den Pädagogischen Hochschulen ergibt bezüglich aktueller (vorläufiger) Studierendenzahlen und deren Geschlechterverteilung Folgendes:

 

Öffentliche und private Pädagogische Hochschulen inkl. private Studiengänge

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lehramtsstudien

Wintersemester 2010/11 (vorläufige Zahlen per 15. November 2010)

Studierende

darunter Anfänger/innen

gesamt

weiblich

männlich

gesamt

weiblich

männlich

Lehramtsstudien für Volksschulen

4.810

4.389

422

2.123

1.915

208

Lehramtsstudien für Hauptschulen

2.854

1.956

899

1.283

868

415

sonstige Lehramtsstudien

3.820

2.432

1.386

1.302

812

490

zusammen

11.484

8.777

2.707

4.708

3.595

1.113

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Umfrage bei den einzelnen Hochschulen und Studiengängen

 

 

 

 


Zu Fragen 3 bis 5:

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist der Auffassung, dass es aus mehreren Gründen sinnvoll ist, im Bereich der pädagogischen Berufe auf mehr Ausgewogenheit vor allem auch in Bezug auf die Repräsentanz der Geschlechter hinzuwirken. Es wird davon ausgegangen, dass Ausbildungs- und Berufswahlprozesse von jungen Menschen nach wie vor stark von rollenstereotypen Vorstellungen und Zuschreibungen geprägt sind, die es zu über­winden gilt, damit die vorhandenen Potentiale etwa auch von Männern im pädagogischen Bereich verstärkt wirksam werden können. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur unterstützt hier eine Reihe an Maßnahmen, etwa durch die Beteiligung am sog. „Boy’s Day“ – www.boysday.at –, welcher Schülern ab 14 Jahren Einblicke in soziale und erzieherische Berufe bietet.

Der seit März 2010 vorliegende Endbericht der Expertinnen- und Expertengruppe „LehrerInnen­bildung Neu – Die Zukunft der pädagogischen Berufe“ unter Leitung von Dr. Peter Härtel sieht eine umsetzungsorientierte Neukonzeption der Ausbildungsarchitektur für alle pädagogischen Berufe vor. Zukünftig neue Aufgaben der Schule schaffen neue Ausgangsvoraussetzungen, erfordern neue Einstellungen, verlangen eine generelle Neuorientierung der Profession und haben zu einer grundlegenden Neubewertung des Berufsbildes zu führen. Stringente Verfahren zur Auswahl und Aufnahme geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten in das Studium, klare Anforderungsprofile, verbindliche Angebote zum „Self-Assessment“, eine Verbesserung des Berufsimages durch Eröffnung von Karrieremöglichkeiten, offenere Karrierepfade, Entwick­lungsmöglichkeiten nach Leistungskriterien, Erhöhung der Durchlässigkeit des Lehrkräfteberufes für Personen aus anderen Berufen, Förderung flexibler Lebensläufe durch Möglichkeiten des (partiellen) Aus- und Umstiegs in andere Berufsfelder, werden dazu beitragen, die Attraktivität pädagogischer Berufe insgesamt zu erhöhen. Da diese Maßnahmen gezielt auf eine Änderung jener Parameter abzielen, die in bisher durchgeführten Untersuchungen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit im Lehrberuf als hinderlich für einen höheren Anteil von männlichen Lehrpersonen angeführt wurden, ist zu erwarten, dass sie sich auch in diesem Bereich positiv auswirken und in der Lage sein werden, den Lehrberuf für Männer attraktiver zu machen. Die beabsichtigte Neugestaltung des LehrerInnendienstrechts wird ebenfalls als förderlich auf die erstrebte Angleichung der Geschlechterproportionen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung erachtet.

In Bezug auf die Frage, ob und wie sich mehr männliche Pädagogen auf Kinder und insbe­sondere auf die Lernbereitschaft und den Leistungserfolg von Buben (positiv) auswirken, gibt es eine internationale kontroverse Diskussion in der wissenschaftlichen Community.

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur unterstützt den wissenschaftlichen Austausch und die Produktion von wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu, z.B. durch Förderung entsprechender Studien und die Ermöglichung der Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an Fachtagungen etwa an der Universität Innsbruck (http://www.uibk.ac.at/ezwi/elementar/) als auch durch die Verbreitung von Forschungs­ergebnissen (http://www.bmukk.gv.at/medienpool/12995/maenner_als_vsl.pdf).

Im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wird derzeit ferner von der Universität Innsbruck (Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. Aigner) ein Forschungsprojekt zum Thema „Studienabbruch von Männern in der Volksschullehrerausbildung“ durchgeführt. Das Ergebnis der Studie wird voraussichtlich Anfang des Jahres 2011 vorliegen.

Eine Einschätzung zur Frage, wie hoch der Studierendenanteil von Männer künftig sein soll, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt seriöserweise nicht abgegeben werden; im Übrigen wird auf die Beantwortung der nachfolgenden Fragen hingewiesen.

 

Zu Frage 6:

Leitender Grundsatz (Nr. 12) der Pädagogischen Hochschulen ist die Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern. Im Zuge der Beschlussfassung des Hochschul­gesetzes 2005 wurde in den erläuternden Bemerkungen ua. dazu festgehalten, dass „bezüglich der Studierenden Anreize geschaffen werden, die darauf abzielen, dass das Studium zum Lehr­beruf in derzeit traditionell weiblichen Bereichen (etwa der Volksschule) von Männern bzw. in männlichen Domänen (etwa Berufsschule/technische Disziplinen) von Frauen in höherem Maße als bisher ergriffen wird.“ Im Zusammenhang mit der aktuellen Novelle zum Hochschul­gesetz 2005 (BGBl. I Nr. 47/2010) sind die Pädagogischen Hochschulen verpflichtet, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Strategie des Gender Mainstreaming anzuwenden, Gender- und Diversity-Kompetenz aufzubauen und Ergebnisse aus dem Bereich der Gender Studies zu berücksichtigen. Dies bedeutet, sich auch mit der Geschlechterfrage in Bezug auf die eigene Organisation auseinanderzusetzen, etwa auch mit Gründen und Auswirkungen des geringen Männeranteils im Lehrberuf. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wird im Zuge seiner Steuerungsmöglichkeiten (Begutachtung und Genehmigung der Ziel- und Leistungspläne der Pädagogischen Hochschulen) darauf achten, dass die Pädagogischen Hochschulen konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des neuen Auftrags setzen.

 

Zu Frage 7:

Die Frage nach unmittelbar positiven Effekten von mehr Männern in pädagogischen Berufen (v.a. auf die Lernbereitschaft von Buben) kann nicht generell beantwortet werden, da es dazu sehr unterschiedliche Theorien und noch wenige Forschungsergebnisse gibt (z.B. Josef Aigner/Universität Innsbruck, Edgar Forster/Universität Salzburg, Jürgen Budde/Universität Hamburg u.a.). Insbesondere muss hier auch die Frage der pädagogischen und fachlichen Kompetenz einschließlich der Gender-Kompetenz mitberücksichtigt werden, welche in jedem Falle ein zentrales Kriterium für mögliche positive Effekte auf Kinder und Jugendliche darstellt.

Als gesichert kann jedoch gelten, dass männliche Identifikationsfiguren und Bezugspersonen in Kindergarten und Schule v.a. für Buben in einem bestimmten Alter positive Bedeutung erlangen können im Sinne eines erweiterten Verständnisses von „Männlichkeit“, zu dem sie sonst mögli­cherweise kaum Zugang erhalten können.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.