6404/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.11.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

Alois Stöger diplô

Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMG-11001/038-II/A/9/2010

Wien, am 29

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 6485/J der Abgeordneten Jarmer, Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass zur vorliegenden Anfrage eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde.

 

Frage 1:

Derzeit gibt es nach den meinem Ressort vorliegenden Informationen vier Gehörlosenambulanzen an folgenden Standorten in Österreich:

·        Wiener Gehörlosenambulanz

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder

Johannes v. Gott-Platz 1

1020 Wien

Tel.: 01 21121 3050

E-Mail: ambgl@bbwien.at

 

·        Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Graz

Gehörlosenambulanz

Marschallg. 12 (Zugang über Kosakeng. 8)

8020 Graz

Tel.: 0316/7067-5300

SMS: 0664/9673490 (Sekretariat)

SMS: 0664/2420340 (Sozialarbeit)

E-Mail: gl.ambulanz@bbgraz.at

·        Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz

Ambulanz für Gehörlose, Ertaubte und Hörbehinderte

Seilerstätte 2, 4014 Linz

Tel.: 0732 7897 4500

Schreibtel.: 0732 7897 4505

(In den genannten Einrichtungen findet auch eine psychologische Betreuung statt.)

 

·        Gehörlosenambulanz Salzburg

Müllner Hauptstraße 48, 5020 Salzburg

(In dieser Gehörlosenambulanz gibt es ein Psychotherapieangebot in Gebärdensprache.)

 

Barrierefreie Homepage der Gehörlosenambulanzen:

www.gehoerlosenambulanz.at

 

Artikel über die Gehörlosenambulanzen:

http://bewusstgesund.orf.at/gehoerlosenambulanz.html

 

 

Fragen 2, 14 und 15:

Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, da der Bund im Bereich der Heil- und Pflegeanstalten lediglich für die Grundsatzgesetzgebung zuständig ist und dem jeweiligen Land die Ausführungsgesetzgebung sowie die Vollziehung obliegt.

 

Fragen 3, 12, 16 und 17:

Nach dem zwischen Patient/in und Spitalsträger geschlossenen Behandlungsvertrag hat der Träger der Krankenanstalt auch für die Patientenaufklärung zu sorgen. Im Zusammenhang mit der Pflicht des Krankenanstaltenträgers, eine Behandlung nach dem Stand der Wissenschaften durchzuführen und dabei das Wohl der Patientin/des Patienten zu wahren, bedeutet dies, dass die Krankenanstaltenträger auf diese Situation vorbereitet sein müssen, um im Bedarfsfall eine/n Gebärdensprachdolmetsch/erin beischaffen zu können.

Im Übrigen verweise ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 2, 14 und 15.


Hinsichtlich der Fragen zur Kostentragung für Gebärdendolmetscher/innen im Zusammenhang mit der Krankenbehandlung ist festzuhalten, dass für die Entlohnung der Leistungen von Gebärdendolmetscher/inne/n - wie auch für solche von Dolmetscher/inne/n von einer Fremdsprache in die deutsche Sprache - keine gesetzliche Regelung besteht. § 133 ASVG umfasst lediglich die Krankenbehandlung im engeren Sinn, nicht jedoch damit im Zusammenhang stehende Leistungen. Die gesonderte Entlohnung von Dolmetscherleistungen ist im Gesetz nicht explizit verankert, wie dies etwa bei den Kosten für Krankentransporte

als Annexleistung zur Krankenbehandlung der Fall ist. Diese Argumentation gilt insbesondere für den niedergelassenen Bereich.

 

Für den Bereich einer Krankenanstalt (ambulant oder stationär) gelten seit der Einführung der leistungsorientierten Krankenanstalten-Finanzierung (LKF) gesonderte Regeln: nach Krankenanstaltenrecht (§ 27 Abs. 2 KAKuG bzw. ausführende Ländergesetze) sind mit den LKF-Gebühren oder den Pflegegebühren der allgemeinen Gebührenklasse alle Leistungen der Krankenanstalten abgegolten. Eine zusätzliche Pflicht zur Kostentragung kann daher für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in einem derartigen Fall nicht bestehen.

 

Fragen 4 und 19:

Meinem Ressort liegen dazu keine Informationen vor.

 

Fragen 5 und 20:

Derartige Maßnahmen fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich meines Ressorts.

 

Frage 6:

Den Einsatz von sprachmittelnden Angehörigen, insbesondere von minderjährigen Kindern, sehe ich als problematisch an.

Die Erkrankung eines Elternteils kann in einem Kind massive Ängste auslösen. Zum Teil sind die medizinischen Begriffe unverständlich, das Kind kann deren Bedeutung und Auswirkungen nicht erfassen und es fehlen die Ausdrücke in der Gebärdensprache. Ungenügende Sachkenntnis und mangelndes Verständnis von medizinischen Fachausdrücken betrifft aber ebenso erwachsene Angehörige, dies kann folglich die Qualität und Richtigkeit der Dolmetschung gefährden. Ich stehe daher dem Einsatz von Angehörigen als Gebärdendolmetscher/innen kritisch gegenüber.

 

Frage 7:

Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen ist - gegebenenfalls fachspezifisch - untrennbar mit der Ausbildung und Ausübung diverser Gesundheitsberufe verbunden, dazu bedarf es nicht erst besonderer Maßnahmen. Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass z.B. die Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 (ÄAO 2006) die medizinische Betreuung behinderter Menschen als Ausbildungsziel ausdrücklich nennt. Auch die Ausbildungsverordnungen zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) sehen einschlägige Ausbildungsziele vor.


Der Hauptverband teilt dazu mit, dass die OÖGKK im Rahmen eines Projektes Themen der baulichen Barrieren, Leitsysteme und der Fortbildung betreffend den Umgang mit Patient/inn/en mit besonderen Bedürfnissen (unter anderem auch Menschen mit Gehörbehinderung) bearbeitet und entsprechende Lösungen aufgezeigt hat, die bei künftigen Investitionen berücksichtigt werden.

Die STGKK fördert die Absolvierung der Gebärdensprachkurse von Mitarbeiter/inne/n in den Ambulatorien. Behandlungsstellen der Sozialversicherungsträger verfügen im Regelfall über langjährige Erfahrungen auch im Umgang mit solchen Patient/inn/en.

 

Frage 8:

Grundsätzlich verweise ich zu dieser Frage auf meine Ausführungen zu den Fragen 2, 14 und 15.

Wie der Hauptverband in diesem Zusammenhang mitteilt, bietet die OÖGKK in ihrer Kureinrichtung „Rehamed Tisserand“ in Bad Ischl zweimal jährlich spezielle Turnusse für Gehörlose in Zusammenarbeit mit der Gehörlosenambulanz der Barmherzigen Brüder Linz an, in denen ein entsprechend ausgebildeter Arzt des Krankenhauses diese Patient/inn/en neben dem normalen Therapieprogramm speziell betreut. Darüber hinaus erfolgt dort eine ständige Betreuung und Begleitung zu den Therapien durch ausgebildete Dolmetscher/innen. Die Kosten hierfür werden

ausschließlich von der OÖGKK getragen. Außerhalb dieser Turnusse betreuen die eigenen Mitarbeiter/innen der OÖGKK mit Gebärdensprachkompetenz diese Patient/inn/en im „Rehamed Tisserand“. Weiters wird durch eine ebenfalls gebärdensprachkompetente Psychologin ein barrierefreier Zugang zu den psychologischen Beratungen gewährleistet.

Regelmäßige hausinterne Schulungen tragen dazu bei, das gebärdensprachliche Niveau der Mitarbeiter/innen im „Rehamed Tisserand“ zu heben bzw. werden in diesen Schulungen laufend neue Mitarbeiter/innen entsprechend ausgebildet.

Im Zahnambulatorium Linz der OÖGKK verrichtet ein Mitarbeiter mit entsprechenden Kenntnissen Dolmetschdienste für Gebärdensprache. In den medizinischen Einrichtungen der OÖGKK liegen Aufklärungsformulare auf, die Menschen mit Gehörbehinderung als Informationsgrundlage für mögliche Behandlungsrisiken bei bestimmten Eingriffen dienen. Außerdem stehen allen Patient/inn/en der OÖGKK

Feedbackmöglichkeiten sowie periodische Befragungen zur Verfügung, mit denen unter anderem mögliche Verbesserungen angeregt werden können.

In den Ambulatorien der STGKK, in denen ein Qualitätsmanagementsystem besteht, wird versucht, für gehörlose Patient/inn/en Ärztinnen/Ärzte oder medizinisches Fachpersonal mit Ausbildung in Gebärdensprache heranzuziehen.

 

Fragen 9 bis 11:

Die angesprochene Problematik fällt in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß in den Verantwortungsbereich der Länder auf dem Gebiet der Behindertenhilfe.

 

Dies und die Verantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung für die Kostentragung für Leistungen der Krankenbehandlung hat in Wien das Modell der Gehörlosenambulanz am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, die in Kofinanzierung zwischen der Stadt Wien (Fonds „Soziales Wien“) und der WGKK


betrieben wird, hervorgebracht. Es liegt in der Verantwortung der Länder, im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf dem Gebiet des Behindertenwesens ebenso derartige Modelle zu betreiben und allenfalls in Gespräche zwecks Kooperation mit der jeweiligen GKK zu treten.

 

Frage 13:

Grundsätzlich haftet die- bzw. derjenige, die/der die Aufklärung schuldet, auch für die mangelhafte Aufklärung gegenüber der Patientin/dem Patienten; gegebenenfalls können jedoch gegenüber dem/der Aufklärer/in Regressansprüche geltend gemacht werden.

 

Frage 18:

Nein, ich darf diesbezüglich ergänzend auf meine Ausführungen zu den Fragen 12, 16 und 17 verweisen.

 

Frage 21:

Dies wird nur in Einzelfällen möglich sein.

 

Frage 22:

Eine flächendeckende Verpflichtung wird - im Hinblick auf die vergleichsweise pro Apotheke geringe Anzahl von Anlassfällen - nicht möglich sein.

 

Fragen 23 und 25:

Seitens des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen wird darauf hingewiesen, dass vom Berufsverband auch psychologische Leistungen in Gebärdensprache angeboten werden.

Sinnvoll scheint es auch, vermehrt gehörlose Menschen zu klinischen Psychologinnen und Psychologen, Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auszubilden, die dann ihrerseits wiederum mit gehörlosen Patientinnen und Patienten arbeiten könnten, da sie den entsprechenden Zugang haben. Daher ist im Rahmen der jeweiligen gesetzlich eingerichteten Fachbeiräte (Psychologenbeirat und Psychotherapiebeirat) angedacht, Kriterien für das Absolvieren der fachspezifischen Ausbildung festzulegen.

So werden etwa an Universitäten oftmals mehrere gehörlose Menschen gemeinsam betreut und ein/e Dolmetscher/in für Gebärdensprache bereitgestellt; die Kosten werden vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt) übernommen, wobei die betreffenden Personen allerdings selbst einen diesbezüglichen Antrag stellen müssen.

Soweit bekannt, hat der ÖGSDV (Österreichischer Gebärdensprachdolmetscher/innenverband) in Aussicht genommen, Weiterbildungsseminare für ÖGS-Dolmetscher/innen im Bereich „Dolmetschen in psychotherapeutischen/psychiatrischen Settings“ voraussichtlich ab dem Frühjahr 2011 durchzuführen.


Frage 24:

Wie bekannt, ist eine Einflussmöglichkeit des Gesundheitsministeriums auf die von den Krankenversicherungsträgern mit den Vertragsärzt/inn/en vereinbarte Honorargestaltung nicht gegeben. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass seitens der Krankenversicherungsträger durchaus Interesse besteht, neue Wege der Finanzierung im Bezug auf allfällige Leistungen der Inanspruchnahme von Gebärdensprach- dolmetschertätigkeiten zu gehen.

Im Übrigen wird jedoch angemerkt, dass allfällige Kosten bei der Inanspruchnahme von Gebärdensprachdolmetscher/innen auf Antrag durch die betroffene Person vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt) erstattet werden können.