6694/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2010
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

 

 
Bundesminister

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0174-I 3/2010

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 21. DEZ. 2010

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen

und Kollegen vom 5. November 2010, Nr. 6825/J, betreffend Stand der

Umsetzung, Koordination und Evaluierung der Alpenkonvention

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 5. November 2010, Nr. 6825/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Das „Übereinkommen zum Schutz der Alpen“, kurz Alpenkonvention, ist wegen seiner Grundkonzeption als Rahmenvertrag durch Erlassung von entsprechenden Bestimmungen umzusetzen. Dies, und damit auch die weitere Implementierung, erfolgt durch so genannte Protokolle, die wiederum selbstständige, völkerrechtliche Verträge sind. Österreich war die erste Vertragspartei, die die Alpenkonvention ratifiziert hatte, sodass diese im März 1995 in Kraft getreten ist. Die Protokolle sind, nicht zuletzt auf Grund der raschen Ratifizierung in Österreich, seit Dezember 2002 in Kraft.

 

 

Zu Frage 2:

 

Im Gegensatz zur Rahmenkonvention wurde im Zuge des nationalen parlamentarischen Verfahrens bezüglich der zuvor angesprochenen Protokolle kein Erfüllungsvorbehalt nach Art. 50 Abs. 2 B-VG beschlossen. Das Fehlen eines solchen gesetzlichen Erfüllungsvorbehalts hat nun zur Folge, dass die Protokolle zur Alpenkonvention innerstaatlich unmittelbare Wirksamkeit erlangt haben und demgemäß sowohl vom Gesetzgeber als auch - nach Maßgabe des bundes-verfassungsgesetzlichen Legalitätsprinzips (Bestimmtheitsgebots) - von der Vollziehung  zu berücksichtigen sind.

 

Zur Frage der Umsetzung durch die Bundesländer wird auf deren Zuständigkeit verwiesen. Weiters gibt es mittlerweile bereits umfassende nationale Umsetzungsberichte aus 2005 und aus 2009 zur Alpenkonvention und zu allen Durchführungsprotokollen der Alpenkonvention, die einen umfassenden Überblick sowohl über alle rechtlichen Umsetzungsschritte als auch über projektbezogene Aktivitäten geben. Beide zur Gänze akkordierten Berichte liegen öffentlich auf und sind zudem auch auf der Website des Ständigen Sekretariats der Alpenkonvention mit Sitz in Innsbruck in allen Alpensprachen jederzeit einsehbar (www.alpkonv.org/theconvention/ueberpruefungsausschuss).

 

Zu Frage 3:

 

Österreich hat bereits sehr früh Vorsorge für eine effiziente und breite, nationale Meinungsbildung getroffen. So gibt es seit mehr als 20 Jahren mit dem „Österreichischen Nationalen Komitee zur Alpenkonvention“ eine innerstaatliche Koordinationsplattform, beschickt mit VertreterInnen aus den Bundesländern, den betroffenen Ministerien, nationalen NGOs und den Sozialpartnern. Diese Einrichtung ermöglicht es, auf Basis eines breiten nationalen Konsenses nicht nur die notwendigen internationalen Verhandlungen zu führen, sondern auch national wichtige Impulse zu setzen und damit  die Umsetzung in Österreich zu begleiten. Dieses österreichische Modell ist mittlerweile eine Erfolgsgeschichte und wird in anderen Alpenstaaten bereits kopiert.

 


Zu Frage 4:

 

Wie bereits in Beantwortung der Frage 2 ausgeführt, kann auch hier keine bundesländerspezifische Antwort gegeben werden. Allein die auf dem parlamentarischen Beschluss aller Parteien fußende Grundkonzeption, wonach die unmittelbare Anwendbarkeit der Protokolle zu vermuten ist, führt dazu, dass das zur Rechtsanwendung zuständige Organ zunächst eine Einzelfallbeurteilung durchführen muss. Als erste Hürde erwies sich dabei das Informationsdefizit im Zusammenhang mit den Inhalten der Protokolle. So hat das BMLFUW von Anfang an in Form von Veranstaltungen in und mit den Bundesländern, etwa durch Abhaltung von Kursen in Verwaltungsakademien versucht, Unklarheiten  abzubauen und die Inhalte der Durchführungsprotokolle zu vermitteln.

Ein wichtiger Meilenstein im nationalen Umsetzungsprozess stellt das im Frühjahr 2007 herausgegebene Handbuch für die Umsetzung der Alpenkonvention dar, das Rahmenbedingungen, Leitziele und Vorschläge für die Praxis zur rechtlichen Umsetzung der Alpenkonvention und ihrer Durchführungsprotokolle beinhaltet. Damit soll der Zugang der rechtsanwendenden Behörden und Personen zur Alpenkonvention erleichtert und ein möglichst schlüssiger und einheitlicher Vollzug in Österreich ermöglicht werden. Es wurde auch eine Rechtsservicestelle bei „CIPRA Österreich“ zur kostenlosen Beantwortung alpenkonventionsrelevanter Fragestellungen über die Auslegung der Alpenkonvention und vor allem ihrer Protokolle eingerichtet. Als weiteres Hilfsmittel steht dabei eine Rechtsdatenbank mit mittlerweile 75 Behördenentscheidungen zur Alpenkonvention und an die 200 Verweise auf weiterführende Literatur zur Verfügung. Die bislang am meisten angesprochenen Rechtsbereiche betrafen Fragen nach der geologischen Labilität von Böden und nach dem Erhalt von Schutzgebieten.

 

Zu Frage 5:

 

Die Abstimmung der unterschiedlichen Themen erfolgt, wie bereits zuvor ausgeführt, primär im Rahmen des eigens dafür geschaffenen „Österreichischen Nationalen Komitees zur Alpenkonvention“. Für darüber hinausgehende Fragestellungen gibt es mittlerweile ein funktionierendes Netzwerk, vor allem unter den fachlich berührten Ministerien, was einerseits den wechselseitigen Informationsaustausch wesentlich erleichtert und andererseits dazu beiträgt, in laufenden internationalen Verhandlungen fachlich bestens fundierte und akkordierte Positionen vertreten zu können.

 


Zu Frage 6:

 

Die Evaluierung bzw. das Monitoring der Projekte erfolgt im Kreis des „Überprüfungs­ausschusses“. Diesem Gremium obliegt die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen der Konvention und ihrer Durchführungsprotokolle auf Basis von alle vier Jahre einzureichenden Länderberichten. Die Überprüfung unter den Vertragsstaaten erfolgt unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und unter Zugrundelegung vereinbarter Kriterien, mit denen allfällige Defizite, Widersprüche oder Unverständigkeiten in der Umsetzung festgehalten und entsprechende Schlussfolgerungen den MinisterInnen zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

 

Zu Frage 7:

 

Die beiden bereits mehrfach erwähnten Umsetzungsberichte Österreichs aus 2005 bzw. aus 2009 geben einen umfassenden Überblick über eine Fülle von Projekten unter dem Dach der Alpenkonvention. Zur Evaluierung bzw. zum Monitoring siehe die Antwort zu Frage 6.

 

Die angesprochenen Umsetzungsberichte erfolgten in Erfüllung des von den MinisterInnen 2002 beschlossenen Mechanismus zur Überprüfung der Einhaltung der Alpenkonvention und ihrer Durchführungsprotokolle, zu dem sich alle Vertragsstaaten, auch jene, die bislang noch keine Ratifikationsakte gesetzt haben, verpflichtet haben.

 

Zu Frage 8:

 

Österreich ist beide Male diesen Berichtspflichten vollständig, auf Basis der unter den Vertragsparteien festgelegten Form in allen vier Alpensprachen, nachgekommen.

 

Zu Frage 9:

 

Wie aus den Umsetzungsberichten 2005 und 2009 ersichtlich ist, gibt es in Österreich keine Fälle einer Nichtumsetzung. Im Vergleich zu allen anderen Alpenstaaten ist Österreich ein Vorreiter. Das betrifft sowohl die rechtliche Umsetzung als auch die Implementierung im Wege alpenkonventionsspezifischer Projekte. Es hat sich gezeigt, dass nur durch eine gezielte Verbindung von rechtlichen und projektrelevanten Umsetzungsmaßnahmen die Ziele der Alpenkonvention bestmöglich erreicht werden können.

 


Zu Frage 10:

 

Die Europäische Gemeinschaft hat nicht zuletzt auf intensives Betreiben Österreichs, vor allem unter der letzten österreichischen EU-Präsidentschaft, bereits die vier Protokolle Bodenschutz, Tourismus, Energie und Berglandwirtschaft ratifiziert. Sie sind damit zu europäischen Rechtsquellen geworden und daher auch in Italien anwendbar. Es wird zudem jede Gelegenheit genutzt, Italien gegenüber die Notwendigkeit der Ratifikation der Protokolle deutlich zu machen, was mittlerweile dazu geführt hat, dass das Protokollpaket weiterhin Gegenstand der parlamentarischen Befassung ist.

 

Die Schweiz wurde erneut im Juni dieses Jahres im Wege eines Briefes meinerseits an die damalige Schweizer Bundespräsidentin, Frau Dr. Leuthard, ersucht, ein deutliches Signal und Bekenntnis für die Alpenkonvention zu setzen und dabei auch von den Gefahren eines Scheiterns der Ratifizierungsbemühungen unterrichtet. Österreich hat nicht nur zu dieser Gelegenheit seine Unterstützung zum wiederholten Male angeboten. Gerade in den letzten Monaten wurden diese Bemühungen noch verstärkt, etwa durch bilaterale Gespräche im Wege österreichischer Parlamentarier.

 

Es wird nun an der Schweiz liegen, vor allem in den kommenden Jahren als Vorsitzland der Alpenkonvention Beweis zu führen, dass sie als Vertragsstaat der Alpenkonvention glaubwürdig für die Ziele der Alpenkonvention eintritt und damit zeigt, wie ernst sie die Alpenkonvention und damit auch ihre Vertragspartner nimmt.

 

Der Bundesminister: