7084/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.02.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben am

20. Dezember 2010 unter der Zl. 7147/J-NR/2010 an mich eine schriftliche parlamentarische

Anfrage betreffend „Österreichs Aktivitäten im Weltsicherheitsrat“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 5:

Österreich hat vor Beginn der Mitgliedschaft konkrete Schwerpunkte für die Arbeit im
Sicherheitsrat (SR) definiert: Stärkung der Herrschaft des Rechts und der Rechtsstaatlichkeit,
Kampf gegen die Straflosigkeit, Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten, sowie der
Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit. Österreich hat während der gesamten Mitgliedschaft
kontinuierlich an der Umsetzung dieser
Prioritäten gearbeitet, und konnte wesentlich zu einer
Stärkung dieser Themen im Sicherheitsrat beitragen.

Es war mir persönlich ein Anliegen, den Aktivitäten und Positionen der EU im Sicherheitsrat
mehr Gehör zu verschaffen, und unsere EU-Partner ausführlich über die Vorgänge im
Sicherheitsrat zu informieren. Österreich war überdies bestrebt, die SR-Mitgliedschaft zu
nützen, um Österreich noch stärker als bisher zu einem Ort der Begegnung, einer
„Drehscheibe für den Frieden“, zu machen.

Die inhaltlich bedeutendste österreichische Initiative betraf die Ausarbeitung und
Verhandlung der Sicherheitsratsresolution 1894 zum Schutz der Zivilbevölkerung in
bewaffneten Konflikten, die während des österreichischen Vorsitzes im November 2009
angenommen wurde. Mit dieser Resolution soll neben einem besseren Zugang für humanitäre
Hilfsorganisationen und dem Kampf gegen die Straflosigkeit für Verstöße gegen
Menschenrechte oder gegen das Internationale Humanitäre Recht insbesondere sichergestellt
werden, dass die VN im Rahmen ihrer friedenserhaltenden Operationen besser in die Lage
versetzt werden, zu einem verbesserten Schutz von Zivilpersonen im jeweiligen Einsatzgebiet
beizutragen.

Nach der Annahme bemühte sich Österreich intensiv um die zügige Umsetzung der darin
enthaltenen Bestimmungen. Dazu zählten die Erarbeitung einer operativen Anleitung für
friedenserhaltende Operationen zur Umsetzung von Schutzmandaten, die Erarbeitung eines
Rahmenwerks für missionsspezifische Schutzstrategien, die Entwicklung von
Trainingsmodulen sowie Bemühungen zur verbesserten Berichterstattung. Weiters konnte auf
österreichische Initiative eine Stärkung der Mandate der VN-Operationen in Afghanistan, in
der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan und in Côte d’Ivoire im Bereich Schutz der
Zivilisten erreicht werden.

Österreich hat zudem erstmals erreicht, dass der Sicherheitsrat die Konfliktparteien in Gaza
und Sri Lanka klar zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufgefordert hat. Mit den
durch die Annahme von SR-Resolution 1904 (2009) erzielten verfahrensrechtlichen
Verbesserungen im Rahmen des von Österreich geleiteten Al-Qaida/Taliban
Sanktionenkomitees und der Einführung einer unabhängigen Ombudsperson hat Österreich
einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im Sicherheitsrat geleistet.

Im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit setzte sich Österreich in den jeweiligen
Verhandlungen für ein Ende der Straflosigkeit von Tätern sexueller Gewalt, stärkere
Verantwortlichkeitsmechanismen, eine systematischere Berichterstattung an den
Sicherheitsrat, eine stärkere Einbindung von Frauen in Friedensverhandlungen und
Wiederaufbauprozesse sowie eine verstärkte Ernennung von Frauen für Senior-Management

Positionen in den VN sowie in friedenserhaltenden Operationen der VN ein. Österreich hat
auch über viele Monate umfassend an der Vorbereitung des 10. Jahrestages der Annahme der
SR-Resolution 1325 (2000) („Frauen, Frieden und Sicherheit“) im Oktober 2010 mitgewirkt.
Insgesamt hat es nach Meinung der meisten Beobachter in den letzten zehn Jahren nie so viele
konkrete Entwicklungen gegeben wie in den beiden letzten Jahren; ein Ergebnis, zu dem
Österreich nach allgemeiner Einschätzung maßgeblich beigetragen hat.


Österreich hat stets etablierte Positionen der EU berücksichtigt und sich laufend mit den
beiden EU-Partnern im Sicherheitsrat, Frankreich und Großbritannien, abgestimmt. Zudem
sah es Österreich als seine Aufgabe, regelmäßig die anderen 24 EU-Mitgliedstaaten
transparent und ausführlich über die Arbeit und Entwicklungen im Sicherheitsrat zu
informieren.

Auf österreichische Initiative sprach auch die Hohe Vertreterin der EU, Catherine Ashton, im
Mai 2010 erstmals im VN-SR. Zum Thema Zusammenarbeit zwischen den VN und
Regionalorganisationen präsentierte sie im VN-SR die Beiträge der EU zur Wahrung des
internationalen Friedens.

Österreich hat im Sicherheitsrat in jeder Konfliktsituation stets das Gespräch mit allen
Streitparteien gesucht und wo möglich eine vermittelnde Position eingenommen. Auf dieser
Basis hat sich Österreich als Austragungsort für Verhandlungen oder Konferenzen angeboten.
Ergebnisse waren unter anderem Gespräche zur Westsahara im August 2009 in Dürnstein
sowie zum Sudan im Dezember 2010 in Wien und in Baden. Darüber hinaus werde ich am
1. März 2011 eine Erklärung über die Ergebnisse der Mitgliedschaft im SR abgeben. Zu
diesem Thema gab es auch einen ausführlichen Bericht vor dem Ministerrat.

Zu Frage 6:

Ich habe wie angekündigt das Parlament und die gesamte österreichische Öffentlichkeit
während der vergangenen zwei Jahre kontinuierlich über die österreichische Mitgliedschaft
im Sicherheitsrat informiert gehalten. Eine umfangreiche Bilanz über die österreichische

Mitgliedschaft ist in Ausarbeitung. Das Parlament wird nach deren Fertigstellung umgehend
und ausf
ührlich informiert werden.

Zu Frage 7:

Österreich hat sich während seiner Mitgliedschaft im Sicherheitsrat mit Nachdruck in die
Arbeiten zur Westsahara eingebracht. In der eigentlichen Kernfrage, dem künftigen Status
dieses Territoriums, gab es in den letzten beiden Jahren keine Fortschritte. In den
Konsultationen zur Westsahara ging es um die Frage, ob das Mandat der Mission der
Vereinten Nationen für die Westsahara (MINURSO) mit einer Menschenrechtskomponente
versehen werden könne, wie dies in den Mandaten jüngerer VN-Missionen inzwischen
Standard ist. Dies erwies sich allerdings nicht als konsensfähig.


Über österreichischen Vorschlag wurde im April 2009 nach schwierigen Verhandlungen aber
erstmals Einigung erzielt, in SR-Resolution 1871 (2009) zumindest einen allgemeinen
Hinweis auf die „menschliche Dimension“ des Konflikts aufzunehmen. Österreich hat sich
ebenfalls erfolgreich bemüht, den ins Stocken geratenen Friedensgesprächen zur Westsahara
neuen Schwung zu verleihen. Im August 2009 trafen sich die Konfliktparteien über Einladung
Österreichs in Dürnstein zu informellen Gesprächen unter der Führung des VN-
Sondergesandten Christopher Ross. Diese sind aus Sicht der Beteiligten atmosphärisch gut
verlaufen und haben weitere Gesprächsrunden in den USA ermöglicht.

Zu Frage 8:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage unter der Zl. 1723/J-
NR/2009 vom 16. Juni 2009.

Darüber hinaus verweise ich auf meinen in Ausarbeitung befindlichen oben angeführten
Bericht zur österreichischen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat, der auch auf der Internetseite
des Außenministeriums
(www.bmeia.gv.at) abrufbar sein wird.

Zu Frage 9:

Durch die Fokussierung der Arbeit im Sicherheitsrat auf Schwerpunktthemen konnte
Österreich zu konkreten Fortschritten in der Arbeit des Sicherheitsrats beitragen. Diese
Prioritäten wurden von Österreich bereits vor der Mitgliedschaft im VN-SR betrieben.
Österreich wird die zusätzlich gewonnene Expertise und Erfahrung, die die
Sicherheitsratsmitgliedschaft dem Außenministerium gebracht hat, gezielt für die
außenpolitische Arbeit der kommenden Jahre nutzen können. Die von Österreich angestrebte
Mitgliedschaft im VN-Menschenrechtsrat in der Periode 2011 - 2014 stellt daher eine
logische und konsequente Fortsetzung unserer Sicherheitsratsaktivitäten dar. Das Profil, das
wir uns im Sicherheitsrat erworben haben, soll auch dazu dienen, unsere Kontakte zu Partnern
auf der ganzen Welt zu intensivieren, und unser Engagement in Themenkreisen wie
„Rechtsstaatlichkeit“ und „Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten“ mit
großem Einsatz fortzusetzen und zu vertiefen.