7591/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.04.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                      Wien, am         April 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0035-I/4/2011

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 7749/J vom 23. Februar 2011 der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Bei der Gewährung von ELA handelt es sich nicht um eine Aufgabe des Eurosystems im Rahmen der Geldpolitik, sondern um eine Aufgabe der nationalen Zentralbanken gemäß Art. 14 Abs. 4 ESZB-Statut außerhalb ihrer Aufgaben im Eurosystem, die sie in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung wahrnehmen. Nach dieser Bestimmung kann der EZB-Rat allerdings mit Zweidrittelmehrheit feststellen, dass derartige von den nationalen Zentralbanken wahrgenommene Aufgaben nicht mit den Zielen und Aufgaben des ESZB vereinbar sind. Eine solche Entscheidung des EZB-Rats hätte zur Folge, dass die nationale Zentralbank ihre Aufgabe nicht mehr bzw. nicht mehr in der beanstandeten Art und Weise ausüben könnte. Da es sich bei dem EZB-Ratsbeschluss um Unionsrecht handelt, geht er den nationalen Regelungen auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts vor.


Zu 2.:

Die ELA-Gewährung erfolgt nur gegen angemessene Sicherheiten. Soweit dem jeweiligen Kreditinstitut hierfür keine geeigneten Sicherheiten zur Verfügung stehen, kommen auch Staatsgarantien als Sicherheiten in Betracht. Die Gewährung von ELA stellt in diesen Fällen dann keinen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung gemäß Art. 123 AEUV dar, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

·        Die ELA-gewährende Zentralbank kann ihre Ermessensentscheidung über die Gewährung von ELA unabhängig treffen, wobei der Maßstab der Unabhängigkeit jenem bei der Wahrnehmung von Eurosystemaufgaben entspricht.

·        Die ELA-Gewährung wird durch ein Risiko für die Systemstabilität gerechtfertigt.

·        Die staatliche Garantie ist rechtsgültig und durchsetzbar.

·        Die ELA-Gewährung erfolgt nur kurzfristig.

 

Zu 3.:

Durch die Gewährung von ELA kann es – im Hinblick auf die Kurzfristigkeit einer derartigen Überbrückungsfinanzierung der jeweils kreditierenden nationalen Zentralbank – zu keiner dauerhaften Erhöhung der Geldmenge kommen. Darüber hinaus ist auf das unter Punkt 1. beschriebene Recht des EZB-Rates hinzuweisen, die Unvereinbarkeit einer ELA mit den Zielen und Aufgaben des ESZB festzustellen und damit die ELA zu untersagen. Daher leitet sich aus einer ELA-Gewährung keine Inflationsgefahr ab.

 

Zu 4.:

Die Bedingungen für die Besicherung von Refinanzierungskrediten der Zentralbanken des Eurosystems sind im Anhang 1 der EZB-Leitlinie EZB/2000/7 in der geltenden Fassung ("Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems") geregelt. Diese Bedingungen sind zuletzt tendenziell verschärft worden und sollten ein hohes Maß an Sicherheit bieten, dass keine "Toxic Papers" zur Besicherung von Zentralbankkrediten eingesetzt werden können. Wie oben erwähnt, gelten diese Bedingungen für die Gewährung von ELA nicht, hier wird das Risiko allerdings ausschließlich von der kreditgewährenden nationalen Zentralbank getragen. Solche zur Besicherung von ELA eingesetzten Sicherheiten sind aber nicht notwendiger Weise von schlechterer Kreditqualität als die üblichen, im Rahmen der Geldpolitik verwendeten Sicherheiten.

 

Zu 5. und 6.:

Hierzu darf auf die Ausführungen zu den Fragen 1., 2. und 4. verwiesen werden.


Zu 7.:

Sollte eine nationale Zentralbank die betroffene nationale Aufgabe trotz Untersagung durch den EZB-Rat weiterhin ausüben, steht dem EZB-Rat die Möglichkeit offen, gegen die nationale Zentralbank ein spezielles Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 271 lit. d AEUV bzw. Art. 35 Abs. 6 des ESZB-Statuts einzuleiten. Von diesem Verfahren musste die EZB bislang noch nicht Gebrauch machen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Josef Pröll eh.