797/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.03.2009
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0035-III/4a/2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 24. März 2009

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 787/J-NR/2009 betreffend Musikerziehung und Begabtenförderung in Österreich, die die Abg. Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen am 28. Jänner 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Auf Basis der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ist die „Musikerziehung“ bzw. das „Musikschulwesen“ eine Querschnittsmaterie, die in den Verantwortungsbereich vielfältiger Akteurinnen und Akteure fällt, hinsichtlich des „Musikschulwesens“ vornehmlich jener auf Ebene der Länder und der Gemeinden, bzw. von privater Seite getragen wird. Das Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG bezieht sich auf die Geschäftsführung der Bundesregierung, das heißt die Tätigkeit der Mitglieder der Bundesregierung bzw. auf alle Gegenstände der Vollziehung im Wirkungsbereich des jeweiligen Mitglieds der Bundesregierung. Die diesbezügliche Reichweite wird durch den grundlegenden Zusammenhang von Kompetenzzuweisung, Ingerenzmöglichkeit, Verantwortung und Kontrolle bestimmt. Im Lichte dessen sind die nachfolgenden Ausführungen, insbesondere hinsichtlich des im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur liegenden öffentlichen Schulwesens, zu verstehen.

 

Zu Fragen 1 bis 3:

In Entsprechung des aktuellen Regierungsprogrammes (Kapitel „Kunst und Kultur“) ist die kulturelle Partizipation generell zu fördern. Die „verstärkte Kunst- und Kulturvermittlung speziell an Schulen und die Entwicklung innovativer Formen der Kulturvermittlung“ ist im Sinne eines Brückenschlages zwischen Schulen und Kulturinstitutionen (Künstlerinnen und Künstlern) zu verstehen. Dies gilt für alle Kunst- und Kulturbereiche und ist daher im Musikbereich gleichermaßen zu forcieren. Begabtenförderung ist Teil des derzeitigen Schwerpunkts zur Differenzierung/Individualisierung des Unterrichts und soll daher in möglichst breitem Maße Berücksichtigung finden.

 

Zu Frage 4:

Im Gefolge der parlamentarischen Enquete „ZukunftsMusik. Aktuelle Herausforderungen und musikalische Entwicklungsperspektiven in Österreich“ vom Juni 2008 tagen Arbeitsgruppen in unterschiedlichen Bereichen (Subgruppen). Einschlägige Berichte an die Delegierten liegen derzeit für die Arbeitsgruppen auf und werden über den Österreichischen Musikrat einer Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Ein Gesamtbericht mit einer Übersicht zu Maßnahmen ist geplant.

 

Zu Frage 5:

Seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wurde eine bundesweite Arbeitstagung zur Musikerziehung in Pflichtschulen ermöglicht, ferner die Initiative zu Arbeitsgemeinschaften in den Bundesländern sowie Netzwerke zur fachlichen Unterstützung angeregt. Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung des Musikunterrichts an Volksschulen sind in Vorbereitung (Angebote zur schulinternen Lehrkräfte-Fortbildung, Angleichung der
Ausbildungs-Curricula an Pädagogischen Hochschulen). Die Begabtenförderung ist wie bereits erwähnt Teil des derzeitigen Schwerpunkts zur Differenzierung/Individualisierung des Unterrichts und soll daher in möglichst breitem Maße Berücksichtigung finden.

 

Zu Fragen 6 und 7:

Mit der Schaffung einer Koordinierungsgruppe wurde bereits begonnen, der Angehörige des Österreichischen Musikrates, der Schulaufsicht Musikerziehung sowie des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur angehören.

 

Zu Fragen 8 und 9:

Ein Austausch und die diesbezügliche Kommunikation sind im Laufen. Eine Optimierung der Zusammenarbeit zwischen den Ausbildungsstätten wurde ebenfalls begonnen, jedoch muss auch hier festgehalten werden, dass im Hinblick auf die eingangs erwähnte Querschnittlichkeit eine „erfolgreiche Musikerziehung“ nur zum Teil in den Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur fällt.

 

Zu Fragen 10 bis 13:

Wie bereits einleitend festgehalten, fällt das „Musikschulwesen“ in den Bereich der Länder bzw. Gemeinden; daher wären Fragen nach einer Bereitstellung von Musikinstrumenten von diesen zu beantworten. Im Rahmen des öffentlichen Schulwesens besteht im Bereich der Hauptschulen mit deutlich verstärktem Angebot im musikalischen Bereich oder der allgemein bildenden höheren Schulen unter besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung die Möglichkeit des Erlernens eines Instrumentes im Kleingruppenunterricht (3 bis 5 Schülerinnen und Schüler); im Rahmen einer Eignungsprüfung wird die allgemeine musikalische Bildbarkeit festgestellt. In der verstärkten Zusammenarbeit von öffentlichen Schulen und Musikschulen der letzten Jahre wird es tatsächlich mehr Kindern ermöglicht ein Instrument zu erlernen und es werden entsprechende Instrumente auch zur Verfügung gestellt.

 

Zu Fragen 14 und 15:

Ja.

 

Die Pädagogischen Hochschulen sind entsprechend den einschlägigen Vorgaben (Hochschulgesetz 2005, Hochschul-Curriculaverordnung) grundsätzlich verpflichtet, in den Curricula der Ausbildungsstudiengänge (zur Erlangung des Lehramtes für Volksschulen) unter anderem auf die Anforderungen der Lehrpläne der jeweiligen Schulart und die Aspekte der Begabtenförderung Bedacht zu nehmen. Die musikalische Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer an Volksschulen erfolgt auf Grundlage der von der jeweiligen Studienkommission der Pädagogischen Hochschule erarbeiteten Curricula und dazu konzipierten Lehrveranstaltungen.

 

Für den Bereich der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik sei vorweg darauf hingewiesen, dass deren Lehrpläne sowohl im Bereich der fünfjährigen Bildungsanstalten als auch der Kollegs zudem schulautonome Schwerpunktsetzungen ermöglichen, die zu einer weiteren Intensivierung des Musikunterrichts führen können (BGBl. II Nr. 327/2004 bzw.
BGBl. II Nr. 173/2007).

 

Bei den fünfjährigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik sind die einschlägigen Unterrichtsgegenstände mit insgesamt 19 Stunden innerhalb der Ausbildung wie folgt verankert:

-     Musikerziehung: insgesamt acht Wochenstunden in fünf Jahrgangsstufen;

-     Instrumentalunterricht: insgesamt sieben Stunden in fünf Jahrgangsstufen (als „Erstes Instrument“ wird Gitarre/Klavier/Akkordeon als „Zweites Instrument“ Flöte/Violine angeboten);

-     Rhythmisch-musikalische Erziehung: vier Stunden in fünf Jahrgangsstufen.

Der Forderung nach fächerübergreifendem Unterrichten Rechnung tragend, werden Inhalte aus den genannten Unterrichtsgegenständen z. B. in Didaktik, Religion, Deutsch, Kindergartenpraxis aufgegriffen.

 

Entsprechend der Bildungs- und Lehraufgabe (der Musikerziehung) sollen die Schülerinnen und Schüler u.a.:

-     sich zu einer eigenständigen musikalischen Persönlichkeit entwickeln, musikalische Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben und kontinuierliches Üben als Grundlage dafür erkennen;

-     erfahren, dass die Freude am eigenen Musizieren die Voraussetzung ist, Kinder und Jugendliche für Musik zu begeistern;

-     sich mit den didaktischen und entwicklungspsychologischen Grundlagen der musikalischen Früh- und Jugenderziehung auseinandersetzen und in der Praxis anwenden können;

-     erfahren und erkennen, dass durch Beschäftigung mit Musik Konzentration, Leistungsbereitschaft, Gemeinschaftssinn, Kommunikationsfähigkeit, Rücksichtnahme, Toleranz und Kritikfähigkeit gefördert werden können;

-     die musikalische Bedeutung verschiedener Kulturkreise unter besonderer Gewichtung Österreichs im historischen und internationalen Zusammenhang kennen und bewerten können.

 

Ausgehend von den diesbezüglichen didaktischen Grundsätzen sind die Lehrplanbereiche „Musikalische Praxis“ und „Musikkunde“ ständig zu vernetzen. Singen, Musizieren, Bewegen und Hören sind als Grundlage für den Erwerb theoretischen Wissens zu nutzen. Fächerverbindendes Arbeiten der Lehrerinnen und Lehrer der Pflichtgegenstände „Musikerziehung“, „Instrumentalunterricht“, „Rhythmisch-musikalische Erziehung“, „Didaktik“ und „Kindergartenpraxis“ ist unerlässlich. Möglichkeiten für fächerübergreifendes, insbesondere auch projektbezogenes Arbeiten mit den Lehrerinnen und Lehrern aller anderen Unterrichtsgegenstände sind wahrzunehmen; speziell sind Einblicke in die Kindergarten- und Hortarbeit auf musikalischem Gebiet zu ermöglichen. Die Schülerinnen und Schüler sollen zur kritischen Auseinandersetzung mit Sprache, transportiertem Inhalt und Bedeutung traditioneller und zeitgenössischer Kinderlieder (soziale, kulturelle und geschlechts-spezifische Aspekte) herausgefordert werden. Auf Qualität in der musikalischen Praxis im Hinblick auf Präzision und Ausdruck ist Wert zu legen. Auswendiges Singen und Musizieren muss im entsprechenden Ausmaß gefordert werden. Gelegenheiten für Präsentationen und Auftritte bei schulischen Veranstaltungen und in der Öffentlichkeit sind wahrzunehmen. Künstlerinnen und Künstler, Expertinnen und Experten sind nach Möglichkeit in den Unterricht aktiv miteinzubeziehen. Verbindungen zum regionalen und überregionalen Kulturleben sind herzustellen, aktuelle Anlässe zu berücksichtigen.

 

Im Rahmen des Lehrplans des Kollegs für Kindergartenpädagogik sind die einschlägigen Unterrichtsgegenstände mit insgesamt 25 Semesterwochenstunden innerhalb der viersemestrigen Ausbildung wie folgt verankert:

-     Musikerziehung: insgesamt 10 Semesterwochenstunden;

-     Instrumentalunterricht: insgesamt 10 Semesterwochenstunden (als „Erstes Instrument“ wird Gitarre/Klavier/Akkordeon als „Zweites Instrument“ Flöte/ Violine angeboten);

-     Rhythmisch-musikalische Erziehung: fünf Semesterwochenstunden.

Hinsichtlich weiterer Details wird auf die eingangs zitierten Fundstellen im Bundesgesetzblatt hingewiesen.

 

Sowohl in den fünfjährigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik als auch an den Kollegs können bei der abschließenden Prüfung als mündliche/praktische Prüfung Musikerziehung kombiniert mit Instrumentalunterricht oder mit Heil- und Sonderpädagogik, mit Rhythmisch-musikalischer Erziehung bzw. Rhythmisch-musikalische Erziehung als einzelner Prüfungsgegenstand oder kombiniert mit Instrumentalunterricht oder mit Heil- und Sonderpädagogik abgelegt werden.

 

Die Begabungsförderung im Bereich der Kindergartenpädagogik ist durch die Mitarbeit an Projekten manifestiert, die an einzelnen Standorten Ensemble-, Band-, Chor- und Soloauftritte vorbereiten und individuelle Beratung zur Weiterentwicklung der Fähigkeiten (Besuch von Chorakademie) inkludieren. Die Berücksichtigung und Förderung von besonderen Interessen und Neigungen erfolgt auch bei der Vergabe der Themen von Diplomarbeiten, fachspezifischen Themenstellungen, Projektarbeiten so wie bei der Auswahl von Praxisstellen. Besonders begabte Schülerinnen und Schüler werden im „Drehtürmodell“ von der
ECHA(European Council for High Abilitie)-Lehrkraft an der Schule im Erwerb und in der Festigung bestimmter Fertigkeiten unterstützt.

 

Im Rahmen des System „Q-BA, Qualitätsinitiative Bildungsanstalten“ wurde für die Ausbildung der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen ein spezielles Diagnoseinstrument geschaffen, das in Kürze zum Einsatz kommen soll und eine Art „Standortbestimmung“ darstellt, die es den Lehrenden ermöglicht, Bedürfnisse ganz exakt auf die Schülerinnen und Schüler abstimmen zu können.

 

Zu Fragen 16 und 17:

Unter Hinweis auf die Beantwortung der Fragen 14 und 15 sind Künstlerinnen und Künstler schon derzeit nach Möglichkeit in den Unterricht aktiv miteinzubeziehen. Die diesbezügliche Entscheidung obliegt dem jeweiligen Schulstandort und eine gewünschte Einbeziehung hängt naturgemäß auch von der vorhandenen Bereitschaft der Künstlerin und des Künstlers ab. Im Übrigen ist eine verstärkte Kunst- und Kulturvermittlung speziell an Schulen im aktuellen Regierungsprogramm verankert.

 

Zu Fragen 18 und 19:

Im Zusammenhang mit der Differenziertheit des öffentlichen Schulwesens und der einschlägigen Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Schultypen ist eine „durchgehende musische und bildnerische Erziehung in allen Schultypen“ des öffentlichen Schulwesens realistischerweise nicht implementierbar. Eine durchgehende musikalische und/oder bildnerische Erziehung ist in den allgemein bildenden Pflichtschulen und den allgemein bildenden höheren Schulen bis zur Reifeprüfung vorgesehen. Neben den besonderen Bildungsangeboten beispielsweise im Bereich der Hauptschulen mit deutlich verstärktem Angebot im musikalischen Bereich oder der allgemein bildenden höheren Schulen unter besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung besteht generell die Option, je nach Interessenlage der Beteiligten, im Rahmen der Schulautonomie musikalische Schwerpunkte zu planen und durchzuführen und dabei – im Sinne der Förderung kultureller Partizipation – auch Künstlerinnen und Künstler in derartige Vorhaben einzubinden.

 

Zu Fragen 20 und 21:

An eine explizite Wiederaufnahme des genannten Projektes ist nicht gedacht, vielmehr werden eine verstärkte Kunst- und Kulturvermittlung und eine Förderung des Singens und Musizierens (z. B. „Stimmbogen“ in Zusammenarbeit mit den Wiener Sängerknaben, „Mit allen Sinnen“ in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Volksliedwerk) in Aussicht genommen.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.