8042/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.05.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0149-II/A/9/2011

Wien, am 27. Mai 2011

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8198/J der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Basierend auf einer Empfehlung der DG SANCO vom 15. März 2011 wurde EU-weit begonnen, Lebensmittelimporte aus Japan auf Radioaktivität zu kontrollieren.

Am 24. März 2011 wurde dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit, Sektion Pestizide, ein Erstentwurf für die „Durchführungsverordnung zum Erlass von Sondervorschriften für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln, deren Ursprung oder Herkunft Japan ist, nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima“ zur Abstimmung vorgelegt. Österreich hat auf meine Weisung hin nicht zugestimmt, unter anderem auch, weil die Grenzwerte unnötig hoch erschienen. Der Vorschlag wurde allerdings mit qualifizierter Mehrheit angenommen. Am 26. März 2011 ist die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 297/2011 – „Japan-Verordnung“) im Amtsblatt erschienen.


Frage 2:

Die Europäische Kommission (DG SANCO.E.3) hat die Mitgliedstaaten über die ständigen Vertretungen am 23. März 2011 über ihre Absicht, am 24. März 2011 im Ständigen Ausschuss „Sektion Pestizide“ einen Vorschlag vorzulegen, informiert. An diesem Ausschuss nehmen in der Regel VertreterInnen des BMLFUW, meines Ressort bzw. KollegInnen der Ständigen Vertretung teil, die die entsprechenden Informationen auch erhalten haben.

 

Frage 3:

Neben dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft war mein Ressort sowohl über Schriftverkehr als auch durch die Anwesenheit der ständigen Vertretung im ständigen Ausschuss „Sektion Pestizide“ eingebunden.

 

Frage 4:

Mit dem Erscheinen der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 297/2011 im Amtsblatt am 26. März 2011 habe ich die Öffentlichkeit mittels Pressemeldung und Information über die Homepage unverzüglich über die Sondervorschriften betreffend Importkontrolle von Lebensmitteln und Futtermitteln aus Japan in Kenntnis gesetzt.

Siehe Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit unter folgendem Link:
http://www.bmg.gv.at/home/Startseite/aktuelle_Meldungen/Ueberwachung_von_Lebensmittelimporten_aus_Japan

 

Frage 5:

Aufgrund der gebotenen Dringlichkeit konnten der Nationalrat und der Bundesrat gemäß Artikel 23e des Bundes-Verfassungsgesetzes damit nicht befasst werden.

 

Frage 6:

Im Rahmen der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 28. März 2011, dem auch Vertreter/innen aller im Nationalrat vertretenen Parteien angehören, habe ich sowohl zu den Auswirkungen der japanischen Atomkatastrophe als auch über die Inhalte der „Japan-Verordnung“ (EU) Nr. 297/2011 und die damit verbundene Importkontrolle von Lebens- und Futtermitteln aus Japan ausführlich berichtet.

 

Frage 7:

Vor der „Japan-Verordnung“ gab es gemäß der Verordnung (EWG) 737/90 des Rates über die Einfuhrbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl (kodifiziert mit Verordnung (EG) Nr. 733/2008 des Rates – „Tschernobyl-Verordnung“) folgende Grenzwerte für die maximal kumulierte Radioaktivität von Cäsium-134 und

Cäsium-137:

 

·        370 Bq/kg für Milch und Milcherzeugnisse sowie für Säuglingsnahrung

·        600 Bq/kg für alle anderen Erzeugnisse


Diese Grenzwerte gelten nur für Importe aus Drittländern, die vom Tschernobylunfall betroffen waren und in der Verordnung (EG) Nr. 1635/2006 der Kommission, einer Durchführungsverordnung zur oben genannten Verordnung, genannt sind.

 

Auf Basis einer Empfehlung der Kommission vom 14. April 2003 werden diese Grenzwerte der „Tschernobyl-Verordnung“ auch beim In-Verkehr-Bringen innerhalb der Gemeinschaft angewendet.

 

Vor der „Japan-Verordnung“ gab es somit außer für Radiocäsium keine Grenzwerte und diese galten auch nicht für Importe aus Japan, sondern lediglich für bestimmte Drittländer und für den Binnenhandel.

 

Für Importe aus Japan wurden daher mit der „Japan-Verordnung“ mittels Sondervorschrift für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln, deren Ursprung oder Herkunft Japan ist, nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima überhaupt erst Grenzwerte festgelegt. Dabei wurde auf Euratom-Verordnungen (3954/87, 944/89, 770/90) zur Festlegung von Grenzwerten im Falle von radiologischen Notstands-situationen zurückgegriffen, unter anderem auch deshalb, da die „Tschernobyl-Verordnung“ nur Grenzwerte für Radiocäsium, nicht aber für Radioiod enthält.

 

Am 26. März 2011 traten aufgrund der „Japan-Verordnung“ zunächst folgende Grenzwerte in Bq/kg für Lebensmittelimporte aus Japan in Kraft:

 

Nuklid

Nahrungsmittel für Säuglinge

Milcherzeugnisse

Andere Nahrungsmittel

Flüssige Nahrungsmittel

Iod-131

150

500

2000

500

Cäsium-134 + Cäsium-137 (Summe)

400

1000

1250

1000

 

Wie erwähnt, stammen diese Grenzwerte aus Euratom-Verordnungen für radiologische Notstandssituationen. Die Grenzwerte für Radiocäsium waren somit für Japanimporte höher als für Importe aus Drittländern, die vom Tschernobyl-Unfall betroffen waren und für den Binnenhandel. Wegen des sehr geringen Anteils japanischer Lebensmittel am österreichischen Lebensmittelkonsum wären die höheren Grenzwerte aus rein gesundheitlicher Sicht unbedenklich gewesen. Da sie jedoch unnötig hoch erschienen, hat Österreich auf meine Anordnung hin gegen die Verordnung gestimmt und ich habe auf eine Senkung dieser Grenzwerte gedrängt. In Briefen an die zuständigen Kommissare Dalli und Öttinger sowie in einer klaren Wortmeldung am Gesundheitsministerrat in Gödöllö habe ich meine Position unmissverständlich kundgetan. Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 351/2011 der Kommission vom 11. April 2011 zur Änderung der „Japan-Verordnung“ wurden die Grenzwerte für Japanimporte dann auch auf das Niveau der in Japan geltenden Grenzwerte gesenkt.


Damit gelten seit 13. April 2011 folgende Grenzwerte in Bq/kg für Importe aus Japan:

 

 

Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder

Milch und Milch-erzeugnisse

Sonstige Lebensmittel, außer flüssigen Lebensmitteln

Flüssige Lebensmittel

Strontium-Isotope, insb. Sr-90

75

125

750

125

Iod-Isotope, insb. I-131

100

300

2000

300

Alphastrahler, insb. Pu-239, Am-241

1

1

10

1

Nuklide mit mehr als zehntägiger HWZ,
insb. Cs-134, Cs-137 (außer C-14 und H-3)

200

200

500

200

Die Höchstwerte gelten jeweils für die Summe der einzelnen Isotopengruppen

 

Frage 8:

Auf Basis der „Japan-Verordnung“ habe ich in meinem Zuständigkeitsbereich (Lebensmittel, Kosmetika) umfassende Kontrollen der Japanimporte angeordnet und für eine völlige Transparenz dieser Kontrollen durch sofortige Veröffentlichung aller Ergebnisse auf der Homepage des Gesundheitsministeriums gesorgt. Damit nimmt Österreich EU-weit eine Vorreiterrolle ein. Der durch die „Japan-Verordnung“ EU-weit als Mindestmaß für zusätzliche messtechnische Analysen von Importen von Lebens- und Futtermitteln aus Japan festgelegte Prozentsatz liegt bei 10 bzw. 20 Prozent der Importe, abhängig davon, aus welcher Region Japans die Produkte kommen. In meinem Zuständigkeitsbereich (Lebensmittel, Kosmetika bzw. Zutaten für beides) werden 100 Prozent der Importe kontrolliert, egal aus welcher Region. Die bisherigen Analysen haben keine Radioaktivität bzw. in einem Fall eine sehr geringe Radioaktivität ergeben. Die öffentliche Liste über die Ergebnisse der Japanimporte auf der Homepage meines Ministeriums wird nach jedem Import aktualisiert.

 

Frage 9:

Wie bereits ausgeführt, stellten selbst die vorübergehend höheren Grenzwerte wegen der geringen Konsummengen an japanischen Lebensmitteln in Österreich (bzw. in der gesamten EU) keine Gesundheitsgefährdung dar. Trotzdem waren sie meiner Ansicht nach unnötig hoch, für die Bevölkerung nicht nachvollziehbar und deshalb nicht gerechtfertigt. Österreich hat daher auch auf meine Anordnung hin dagegen gestimmt. In weiterer Folge habe ich mich intensiv für eine Senkung der Grenzwerte eingesetzt. Nicht zuletzt haben diese Interventionen dann zu einer raschen Senkung der Werte geführt.

 

Frage 10:

Durch die in den Antworten zu den Fragen 8 und 9 dargelegten Maßnahmen ist sichergestellt, dass die Gesundheit der Bevölkerung durch importierte Lebensmittel aus Japan nicht in Gefahr ist.

 

Darüber hinaus hat die Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz die Mitgliedstaaten mittels einer Empfehlung aufgefordert, ein Monitoring (wurde im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit am 8. April 2011 beschlossen) für Fisch und Fischereierzeugnisse sowie verarbeitete Erzeugnisse aus bestimmten Fanggebieten der Pazifik-Region auf Jod-131 und Cäsium-134 und Cäsium-137 durchzuführen.

 

Gemäß dieser Empfehlung wurde die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit am 20. April 2011 per Erlass angewiesen, eine verstärkte Prüfplanung für die im jährlichen Probenplan vorgesehenen Fisch- und Fischereiprodukte und verarbeiteten Fischerzeugnisse durchzuführen (ca. 600 Planproben). Dabei sollen sämtliche derartige Produkte mit Herkunft Pazifik (vorwiegend Scholle und Dorsch), auf radioaktive Belastung untersucht werden.

 

Weitere Schritte sind nach derzeitiger Lage nicht erforderlich.