8347/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Entschädigungszahlungen im Strafprozess“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 6 sowie 8 bis 12:

Weil es nach der jüngeren Rechtsprechung des OGH (1 Ob 257/07m vom 6. Mai 2008) für den Anspruch auf Haftentschädigung nach einem Freispruch irrelevant ist, ob sich ein Ersatzwerber in rechtswidriger oder ungerechtfertigter Haft befunden hat oder seine Freisprechung nach der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens erfolgte, werden diese Daten der Ersatzwerber statistisch nicht erfasst. Nicht gesondert erfasst werden auch jene – zahlenmäßig aber kaum ins Gewicht fallenden – Fälle, in denen der Entschädigungsanspruch deshalb besteht, weil das Ermittlungsverfahren, in dem sich der Entschädigungswerber in Haft befand, eingestellt wurde.

Ich ersuche daher um Verständnis, dass die detaillierten Fragen anhand der dem Bundesministerium für Justiz zur Verfügung stehenden Unterlagen nur pauschal wie folgt beantwortet werden können:

Im Jahr 2008 haben insgesamt 261 Personen Anträge nach dem StEG gestellt. Ein Antrag wurde aus formalen Gründen abgelehnt, weil er ein anderes Ressort betraf. Es waren daher 260 Anträge inhaltlich zu bearbeiten. In 231 Fällen wurden die geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise anerkannt, 29 Ansuchen mussten abgelehnt werden.

Insgesamt wurden Forderungen in der Höhe von 2.401.331,55 Euro anerkannt und liquidiert.


In 39 Fällen wurde vom Mäßigungsrecht des Bundes Gebrauch gemacht, wobei in einem dieser Fälle zusätzlich von einem Mitverschulden des Entschädigungswerbers ausgegangen wurde.

Im Jahr 2009 haben 224 Personen Anträge nach dem StEG gestellt, die inhaltlich zu bearbeiten waren. In 184 Fällen wurden die geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise anerkannt, 40 Ansuchen mussten abgelehnt werden.

Insgesamt wurden Forderungen in der Höhe von 1.591.315,40 Euro anerkannt und bis auf einige wenige Ausnahmen auch liquidiert.

In 17 Fällen wurde vom Mäßigungsrecht des Bundes Gebrauch gemacht, wobei in drei dieser Fälle zusätzlich von einem Mitverschulden des Entschädigungswerbers ausgegangen wurde.

Im Jahr 2010 haben 197 Personen Anträge nach dem StEG gestellt, die inhaltlich zu bearbeiten waren. In 150 Fällen wurden die geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise anerkannt, 47 Ansuchen mussten abgelehnt werden.

Insgesamt wurden Forderungen in der Höhe von 1.142.835,77 Euro anerkannt und bis auf einige wenige Ausnahmen auch bereits liquidiert.

In 25 Fällen wurde vom Mäßigungsrecht des Bundes Gebrauch gemacht, wobei in zwei dieser Fälle zusätzlich von einem Mitverschulden des Entschädigungswerbers ausgegangen wurde.

Zu 7:

Nach der Auswertung der Verfahrensautomation Justiz ergibt sich:

 

Zu 13 bis 16:

Bei der nach § 5 Abs. 2 StEG 2005 wegen des Entzugs der persönlichen Freiheit zu leistenden Entschädigung für die durch die Festnahme oder die Anhaltung erlittene Beeinträchtigung kommt es nicht auf das Verschulden eines Organs an. Ein Ersatz für das erlittene „Haftübel“ wird ohne Rücksicht auf die allfällige Vorwerfbarkeit eines Organverhaltens gewährt. Die Frage, ob ein Verschulden eines Organs vorliegt, spielt demnach bei Ansprüchen nach dem StEG 2005 keine Rolle. Insofern unterscheiden sich Ansprüche nach dem StEG 2005 von amtshaftungsrechtlichen Ansprüchen, die eine schuldhafte Schadenszufügung voraussetzen (§ 1 Abs. 1 AHG).

Mit dem am 1.1.2005 in Kraft getretenen Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005 wurde die Rechtsposition des Geschädigten erheblich verbessert, weil der Anspruch auf Entschädigung seither auch den immateriellen Schadenersatz für die durch die Festnahme oder Anhaltung erlittene ideelle Beeinträchtigung umfasst, während davor nur Vermögensnachteile zu ersetzen waren. Die Einführung einer Ober- bzw. Untergrenze für den Ersatz des immateriellen Schadens durch das Budgetbegleitgesetz 2011 erklärt sich daraus, dass die realen finanziellen Belastungen aus der Vollziehung dieses Gesetzes den seinerzeit bei der Vorbereitung der Regierungsvorlage geschätzten Aufwand weit überstiegen haben. Derartige Haftungsbeschränkungen sind nicht systemwidrig, zumal die Haftung auch in anderen Gefährdungshaftungsgesetzen der Höhe nach beschränkt ist. Letztlich sei darauf hingewiesen, dass auch in anderen Ländern wie etwa in Deutschland immaterielle Schäden – wenn überhaupt – nur eingeschränkt ersetzt werden. Änderungen in diesem Bereich sind derzeit nicht geplant.

Es ist von einem Einsparungspotenzial von zumindest 100.000 Euro auszugehen.