9107/AB XXIV. GP

Eingelangt am 09.11.2011
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BM für Frauen und öffentlichen Dienst

Anfragebeantwortung

                                                                               

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n                                                   

GZ: BKA-353.290/0083-I/4/2011                                               Wien, am                  2011

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Schwentner, Freundinnen und Freunde haben am 8. September 2011 unter der Nr. 9202/J an mich eine schriftliche parla­mentarische Anfrage betreffend Erfahrungen mit den Neuerungen im Gleichbehand­lungsgesetz gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 6:

Ø  Wie viele der Unternehmen mit mehr als 1.000 MitarbeiterInnen haben firstge­recht, also bis 31.7.2011, einen betrieblichen Einkommensbericht erstellt?

Ø  Wie viele Unternehmen haben diesen betrieblichen Einkommensbericht bereits an den Betriebsrat übermittelt?

Ø  Wird eine Liste mit jenen Unternehmen veröffentlicht werden, die sich nicht an das Gesetz halten und keinen betrieblichen Einkommensbericht erstellen? Falls ja, wann wird das geschehen?

Ø  In wie vielen Stellenausschreibungen werden das kollektivvertragliche Mindest­entgelt und die Bereitschaft zu einer Überzahlung gesetzeskonform angegeben?

Ø  Wie werden jene Unternehmen, die sich nicht an die neuen Gesetzesbestim­mungen halten, darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie eine Gesetzesübertretung begangen haben?

Ø  Wird eine Liste mit jenen Unternehmen veröffentlicht werden, die in ihren Stel­lenanzeigen das kollektivvertragliche Mindestentgelt nicht angeben? Falls ja, wann wird das geschehen?

 

Einkommensberichte werden gem. § 11 a Abs.3 GlBG dem Zentralbetriebsrat oder – wenn kein Zentralbetriebsrat besteht – den Betriebsausschüssen oder – soweit kein Betriebsausschuss errichtet ist – den Betriebsräten übermittelt. Die Organe der Ar­beitnehmerschaft können im Rahmen ihrer Tätigkeit Auskunft an die Arbeitnehmer/ innen über die für sie relevanten Informationen erteilen. Besteht in einem Betrieb kein Organ der Arbeitnehmerschaft oder besteht ein solches Organ für eine Gruppe von Arbeitnehmer/inne/n nicht, ist der Bericht im Betrieb in einem allen Arbeitneh­mer/inne/n oder allen gruppenzugehörigen Arbeitnehmer/innen zugänglichen Raum aufzulegen und darauf in einer Betriebskundmachung hinzuweisen.

 

Eine flächendeckende Kontrolle der Einhaltung des Gesetzes seitens jedes einzel­nen Unternehmens oder jeder Stellenausschreibung in Bezug auf die Einhaltung des Gesetzes oder eine Veröffentlichung von Listen ist gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung hat gemäß §§ 10, 24 und § 37 GlBG die Möglichkeit, bei Stelleninseraten und Wohnungsinseraten, die sprachlich diskriminie­rend formuliert sind sowie ab 1.1.2012 auch bei Stelleninseraten, die die gesetzlich gebotene Einkommensinformation nicht enthalten, durch Sachverhaltsdarstellung an die Bezirksverwaltungsbehörden ein Verwaltungsstrafverfahren in Gang zu setzen, in dem ihr Parteistellung zukommt.

 

Die Anwaltschaft hat 1993/1994, 1999 und 2005 Schwerpunktaktionen durchgeführt und plant eine solche für den Zeitraum Februar 2012, also rasch nach Inkrafttreten der Bestimmungen über die Strafbarkeit von Stelleninseraten mit nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Einkommensinformation bzw. ohne eine solche.


Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung wird einen Monat hindurch in ausgewählten bundesweiten und regionalen Medien die Stelleninserate kontrollieren. Neben der Einkommensinformation soll dabei auch die diskriminierungsfreie Formulierung der Inserate überprüft werden. 2005 wurde für jedes Bundesland jene regionale Tages­zeitung ausgewählt, die insgesamt die meisten Stelleninserate enthielt. Eine ver­gleichbare Vorgangsweise ist für die Bundesländer auch für die bevorstehende Ak­tion geplant.

 

Im Anschluss daran werden jene Unternehmen, die sich nicht an die neuen Geset­zesbestimmungen halten, schriftlich darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass sie eine Gesetzesübertretung begangen haben und erhalten eine detaillierte Information über die gesetzlichen Anforderungen. Bei wiederholter Gesetzesverletzung trotz In­formation werden Anzeigen an die Bezirksverwaltungsbehörde erstattet werden.

 

Die Anwaltschaft wird nach Abschluss der Schwerpunktaktion die Öffentlichkeit in anonymisierter Form über den Anteil der nicht gesetzeskonformen Stelleninserate, über die Zahl der Unternehmen, die rechtliche Informationen erhalten haben, sowie über die Zahl der Anzeigen an die Bezirksverwaltungsbehörden informieren.

 

Zur Frage 7:

Ø  Im Gleichbehandlungsgesetz (§ 14) ist festgehalten, dass die Richtlinien über die Vergabe von Förderungen des Bundes an Unternehmen nur Förderungen an Un­ternehmen vorzusehen haben, die die Bestimmungen des I. Teils des Gleichbe­handlungsgesetzes beachten. Werden nun Unternehmen, die keine Einkom­mensberichte erstellen oder das kollektivvertragliche Mindestentgelt in den Stel­lenausschreibungen nicht angeben und somit das Gleichbehandlungsgesetz missachten, von öffentlichen Förderungen ausgeschlossen?

 

 

Die Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (ARR 2004), BGBl. II Nr. 51/2004, in der Fassung BGBl. II Nr. 17/2009, sehen im § 21 Abs. 2 Z 15 als Allgemeine Förderungsbedingungen vor, dass der Förderungsnehmer das Gleichbehandlungsgesetz einzuhalten hat. Wenn diese Bedingung nicht eingehalten wird, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Rückforderung der Förderung.

 


 

Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen, die keine Einkommensberichte erstellen oder das kollektivvertragliche Mindestentgelt in der Stellenausschreibung nicht angeben, gegen diese Förderungsbedingung verstoßen und somit ein Rückforderungsgrund für die Förderung besteht.

 

 

Mit freundlichen Grüßen