9434/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.12.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0299-I/A/15/2011

Wien, am 19. Dezember 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 9593/J der Abgeordneten Tamandl, Höllerer, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Im Rahmen der Österreichischen Codexkommission wurde bereits 2010 ein Arbeitsteam „Täuschungsschutz“ einberufen“, dessen Tätigkeit einen verbesserten Schutz der Verbraucher/innen vor Täuschung zum Ziel hat.

Die Aufgabe dieses Arbeitsteams ist es, Begriffsbestimmungen und Beurteilungsgrundsätze zu erarbeiten, um den Lebensmittelgutachter/innen ihre Beurteilung zu erleichtern und die Beurteilungsgrundsätze bestmöglich zu vereinheitlichen, aber auch um die Beurteilungsgrundsätze an die heutige Konsumentenerwartung im Zusammenhang mit Auslobungen und speziellen Kennzeichnungen von Lebensmitteln anzupassen und Leitlinien für Lebensmittelunternehmer/innen zur Verfügung zu stellen.


Das Arbeitsteam, das aus Vertreter/innen der beteiligten Verkehrskreise besteht, hat bereits im Frühjahr 2011 eine Leitlinie betreffend die Frage des Täuschungsschutzes bei Herkunftsangaben verabschiedet, welche mit Erlass vom 19. Mai 2011 veröffentlicht wurde. Derzeit wird an weiteren Fragestellungen in Täuschungszusammenhang gearbeitet.

 

Der zunehmenden Wichtigkeit des Täuschungsschutzes, nicht nur wegen der steigenden Sensibilität unter den Verbraucher/innen diesbezüglich sondern auch aufgrund der zunehmenden Komplexität der Lebensmittelproduktion wird auch im neuen wirkungsorientierten Unternehmenskonzept der Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit für die Jahre 2011 bis 2015, das unlängst vom Aufsichtsrat der AGES angenommen wurde, Rechnung getragen, indem die Bildung einer speziellen Einheit innerhalb der AGES vorgesehen ist, die sich vertieft mit Täuschungsfragen beschäftigen wird.

 

Frage 2:

Die Bestimmungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) sehen keine Klagen, wie sie das Unlauterer-Wettbewerbs-Gesetz (UWG) kennt, vor Gericht vor. Zur Irreführung geeignete Angaben sind entsprechend zu beanstanden und können zu einer Verwaltungsübertretung führen.

 

Frage 3:

Ein Kennzeichnungsmangel liegt vor, wenn ein Lebensmittel z. B. keine ausreichende Sachbezeichnung (handelsübliche Bezeichnung bzw. Beschreibung der Ware um die tatsächliche Art der Ware zu erkennen) oder ein falsches Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) aufweist.

Beispiel: Edamer wird nur als „Käse“ bezeichnet bzw. ein Mindesthaltbarkeitsdatum fehlt oder ist nicht richtig z. B. nicht im vorgeschriebenen Wortlaut („mindestens haltbar bis“) angegeben.

 

Die Frage, ob eine irreführende Angabe vorliegt, richtet sich nach § 5 Abs. 2 LMSVG und ist z. B. dann gegeben, wenn Bild- und Wortkreationen auf einer Pizza-Verpackung den Anschein erwecken, die Pizza wäre mit Käse belegt, es sich dabei jedoch um eine Nachahmung von Käse mit oder aus Pflanzenfettmischungen handelt.

 

Fragen 4 und 5:

Im LMSVG sind Strafen von jeweils bis zu 20.000 Euro vorgesehen, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro. Die Festlegung der Höhe im jeweils vorliegenden Fall orientiert sich an den Einzelheiten des jeweiligen Falls und wird durch die zuständigen Verwaltungsstrafbehörden festgelegt.

 

Frage 6:

Laut Tätigkeitsbericht der Länder wurden im Jahr 2010 in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung und in Gastgewerbebetrieben mehr als 23.000 Kontrollen von der Lebensmittelaufsicht durchgeführt. In 2.196 Betrieben wurden Verstöße (überwiegend im Bereich der Hygiene) festgestellt. Entsprechende Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG wurden durch die Lebensmittelaufsicht eingeleitet.

 

Im Jahr 2010 wurden insgesamt 3.093 „verzehrsfertig zubereitete Speisen zur direkten Abgabe“ durch Lebensmittelaufsichtsorgane gezogen und der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und den Lebensmitteluntersuchungsanstalten der Länder zur Untersuchung übermittelt. Die gesamte Beanstandungsrate betrug 14,9 %. 12 Proben (0,4 %) wurden als gesundheitsschädlich und 217 (7,0 %) als für den Verzehr ungeeignet beurteilt.

 

Die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen in diesem Bereich zeigen, dass der risikobasierte Ansatz bei der Planung und Durchführung der amtlichen Lebensmittelkontrolle geeignet ist, Schwachstellen aufzudecken und Sicherheit bestmöglich zu garantieren. Die amtlichen Kontrollen sind daher entsprechend der gültigen RIK Einstufung (risikobasierten Einstufung der Betriebsarten) weiterzuführen, wobei bei den Revisionen besonderes Augenmerk auf Hygieneaspekte gelegt wird.

 

Frage 7:

Eine Hygiene-Ampel für Gaststätten erscheint als Maßnahme im Sinne des Verbraucherschutzes nicht zielführend, da es sich bei Ergebnissen von Hygienekontrollen um Momentaufnahmen handelt, damit eine daran angeknüpfte Vergabe von „Ampelfarben“ das Risiko einer Irreführung der Verbraucher/innen birgt, weil entsprechende Ergebnisse sich schon eine Woche später als nicht mehr richtig herausstellen könnten. Kennzeichnungsplaketten für die Gastronomie, seien es Ampeln oder Smilys oder andere vereinfachte Darstellungsformen, die nur den Hygiene-Aspekt umfassen, bergen auch aufgrund der Betonung nur dieses einen Aspektes Irreführungspotential. Sie  haben mit „Frische“ der Lebensmittel bzw. wo wird „frisch gekocht“ nichts zu tun. Auch die ernährungsphysiologische Ausgewogenheit des Angebots würde beispielsweise bei der Vergabe von „Hygiene-Ampeln“ keine Rolle spielen.

 

Frage 8:

Die Codex-Leitlinie über die täuschungsfreie Aufmachung bei freiwilligen Angaben wurde mit Erlass vom 19. Mai 2011 veröffentlicht. Sie richtet sich an Wirtschaftsteilnehmer/innen, Behörden, Aufsichtsorgane und Lebensmittelgutachter/innen mit dem Zweck, eine einheitliche Vollzugspraxis gemäß § 5 Abs. 2 und 4 LMSVG (Verbot von zur Irreführung geeigneten Angaben) zu schaffen.

Aufgrund der kurzen Zeitspanne seit der Veröffentlichung liegen noch keine aussagekräftigen Erfahrungen vor. Eine weitere Überarbeitung bzw. eine Ausarbeitung weiterer Anhaltspunkte im Zusammenhang mit der Beurteilung von täuschungsfreier Aufmachung bei freiwilligen Angaben im Zusammenhang mit dem Begriff „Bauern“ ist derzeit in Arbeit.


Frage 9:

Die grundsätzliche Koordinierung der Lebensmittelkontrolle erfolgt durch die Vorgaben des Mehrjährigen integrierten Kontrollplan (MIK, § 30 LMSVG) und in Form des jährlichen Revisions- und Probenplans (RUP, § 31 LMSVG). Im MIK werden die Ziele und Strategie der amtlichen Kontrolle vorgeben. Der Revisions- und Probenplan enthält genaue Anweisungen hinsichtlich Häufigkeit der Betriebskontrollen und Art und Menge der zu entnehmenden Proben.

 

Der MIK wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Revisionsplan unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Länder und nach Befassung der AGES und der Probenplan unter Berücksichtigung der Vorschläge der AGES nach Befassung der Länder von meinem Ressort erstellt.

 

Die Vorgangsweise bei Kontrollen durch die Lebensmittelaufsichtsorgane erfolgt österreichweit einheitlich gemäß dem bundesweit geltenden Qualitätsmanagementsystem der Lebensmittelaufsicht. Das QM-Handbuch enthält Verfahrensanweisungen für die Durchführung von Revisionen, Berichterstellung, Probenahmevorschriften, Vorgehen bei Nichtkonformität etc. Durch regelmäßige interne Audits wird die QM-konforme Vorgangsweise der einzelnen Dienststellen überprüft.

 

Mit Beschluss der Konferenz der Landesgesundheitsreferentinnen und –referenten anlässlich der Tagung am 4. März 2011 wurde mein Ressort ersucht, eine Bund-Länder Arbeitsgruppe mit folgendem Auftrag einzurichten: Evaluierung von Modellen zur Arbeitsentlastung und Effizienzsteigerung der Vollziehung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes einschließlich der finanziellen Auswirkungen. Weiters wurde mein Ressort um die Übernahme der Vorsitzführung in dieser Bund-Länder Arbeitsgruppe gebeten.

 

Im Zuge dieser dort stattfindenden Beratungen werden auch Modelle für eine Institutionalisierung von bundesländerübergreifenden Maßnahmen einschließlich der Kontrolle von Zügen behandelt.

 

Frage 10:

§ 5 Abs. 2 und 4 LMSVG (Verbot von zur Irreführung geeigneten Angaben) gilt auch für unverpackte Lebensmittel, sogenannter „loser Ware“, wie sie in Bäckereien, Imbissen oder Restaurants angeboten wird.