1002 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (982 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein E-Geldgesetz 2010 erlassen und das Bankwesengesetz, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Konsumentenschutzgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz und das Bundesfinanzierungsgesetz geändert werden

Grundlagen des Gesetzesentwurfes

Mit dem Gesetzesentwurf soll die Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG (ABl. Nr. L 267 vom 10.10.2009, S. 7, CELEX Nr. 32009L0110) umgesetzt werden; die Richtlinie fasst die Definition von E-Geld und die aufsichtsrechtlichen Bedingungen für E-Geld-Institute, die erstmals in der Richtlinie 2000/46/EG EU-weit normiert worden waren, grundlegend neu. Daneben werden auch Bestimmungen betreffend die Ausgabe und Rücktauschbarkeit von E-Geld und die Zulässigkeit von Entgelten festgelegt. Das E-Geldgesetz, das die Richtlinie 2000/46/EG zur Grundlage hat, soll daher aufgehoben werden und an dessen Stelle das E-Geldgesetz 2010 treten.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Neue Aufsichtanforderungen für E-Geld-Institute unter Ausweitung des Tätigkeitsfeldes:

Mit dem Entwurf zum E-Geldgesetz 2010 soll eine zeitgemäße rechtliche Grundlage für die Ausgabe von sämtlichen Arten von vorausbezahlten elektronischen Zahlungsmitteln geschaffen werden. Die Aufsichtsanforderungen werden auf die diesem Geschäftstyp eigenen Risken abgestimmt und gleichzeitig das Tätigkeitsfeld für E-Geld-Institute erweitert, sodass diese neben der Ausgabe von E-Geld auch Zahlungsdienste anbieten dürfen und auch andere Dienstleistungen, die nicht Finanzdienstleistungen darstellen, ohne dass solche Institute eine Bankkonzession erwerben müssen, die oftmals inadäquat für die beabsichtigten Dienste war und womit in der Vergangenheit die Entstehung eines EU-Binnenmarktes für E-Geld-Dienstleistungen behindert und die Entwicklung dieser benutzerfreundlichen Dienstleistungen verhindert wurde. Zudem gab es unterschiedliche Auslegungen zum Begriff des E-Geldes in der Vergangenheit innerhalb der EU. Mittels dieser nun innerhalb der Europäischen Union harmonisierten praxisorientierten Regelungen ist es möglich, den Kunden unionsweit ein hohes Schutzniveau zukommen zu lassen und gleichzeitig den Anbietern von E-Geld-Dienstleistungen unionsweit möglichst einheitliche Ausübungsbedingungen durch einen harmonisierten Rechtsrahmen zu gewährleisten. Die Stärkung des Kundenschutzes und des Kundenvertrauens spiegelt sich in umfassenden Informationspflichten und klaren Regeln über die Ausgabe und Rücktausch von E-Geld wieder. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Integrität und Gesamteffizienz des Finanzsystems gewahrt bleibt. Das neue Aufsichtsregime soll sicherstellen, dass sämtliche E-Geld-Anbieter EU-weit erfasst werden und somit in Hinkunft auch Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken.

Technik der Umsetzung:

Klar erkennbare Richtlinienumsetzung

Die Bundesregierung unterstützt die europäische Zielsetzung eines einheitlichen Rechtsrahmens für die Ausgabe von E-Geld. Dazu gehört auch die erkennbare Rückführbarkeit des Gesetzestextes auf den Richtlinientext. Daher wurden Systematik und Terminologie der Richtlinie so weit übernommen, als sie klar genug sind, um dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip zu entsprechen, und in die österreichische Rechtsordnung integrierbar sind. Andererseits bestand das Bemühen, Textmängel insbesondere in der deutschen Sprachfassung der Richtlinie sinnvoll auszugleichen, um eine klare Rechtslage zu gewährleisten. Eine bloße Novelle zum E-Geldgesetz aus dem Jahr 2002, das die alte E-Geld-Richtlinie 2000/46/EG zur Grundlage hatte, wäre auf Grund der umfassenden Änderungen in Aufbau und Inhalt der Richtlinie nicht übersichtlich und auch eher irreführend gewesen. Während das E-Geld-Institut nach dem alten Regime als Sonderkreditinstitut konzipiert war, ist das E-Geld-Institut gemäß diesem Gesetzesentwurf ein Finanzinstitut, das in Anlehnung an das Zahlungsinstitut ausgestaltet wurde. Umgekehrt wäre eine bloße Novellierung des Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG) ebenso irreführend gewesen, da die Ausgabe von E-Geld kein Zahlungsdienst ist und Zahlungsinstituten nicht gestattet ist. In diesem Sinne folgt der Gesetzesentwurf mit der Neufassung des E-Geldgesetzes unter Verweisen auf das ZaDiG dem Vorbild der E-Geld-Richtlinie 2009/110/EG, die dieselbe Technik verwendet.

Klare Gesetzessystematik

In einem neuen Gesetz, dem E-Geldgesetz 2010, werden – nach dem Vorbild des WAG 2007 und des ZaDiG – Aufsichtsanforderungen für E-Geld-Institute und Rechte und Pflichten für sämtliche E-Geld-Emittenten bei der Ausgabe von E-Geld geregelt. Das E-Geldgesetz soll aufgehoben werden. Da das E-Geld-Institut nun nicht mehr Sonderkreditinstitut ist, sondern Finanzinstitut, wird auch das BWG entsprechend angepasst und die Definition von E-Geld im E-Geldgesetz 2010 geregelt. Sowohl für die Normadressaten als auch für die Finanzmarktaufsicht (FMA) soll durch übersichtliche Abgrenzung der Rechtsbereiche eine möglichst klare Rechtslage geschaffen werden. Zusätzlich wird eine möglichst einheitliche und konsistente Terminologie auch gesetzesübergreifend angestrebt.

Umsetzung ohne Gold Plating:

Dem Grundsatz der Maximumharmonisierung wird entsprochen. Nach Absicht des Bundesministeriums für Finanzen enthält der Entwurf keine über dem Harmonisierungsniveau liegenden Vorschriften. Jedoch werden im Interesse der Finanzmarktstabilität und der Wettbewerbsgleichheit im Bereich des Meldewesens dem BWG ähnliche Meldepflichten für E-Geld-Institute geschaffen, die sich auch an jenen des ZaDiG orientieren.

Auswirkungen auf die Wirtschaft:

Die Auswirkungen sind als durchwegs positiv einzustufen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die richtliniennahe Umsetzung der Bestimmungen gelegt, um im Sinne der Maximumharmonisierung keine nachteilige Wettbewerbsposition des Wirtschaftsstandortes Österreich zu bewirken. Durch die Ausweitung des Tätigkeitsfeldes für E-Geld-Institute unter gleichzeitiger Neufassung der Aufsichtsanforderungen in risikoorientierter Weise wird die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert. Zudem wird damit ein wichtiger Beitrag zur Finanzmarktstabilität und auch zum Konsumentenschutz geleistet, was wiederum positive Rückwirkungen auf das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Österreich hat.

Es kann mit belebenden Effekten gerechnet werden, da grenzüberschreitende Dienstleistungen erleichtert werden. Dies unterstützt die bereits starke Marktposition österreichischer Kreditinstitute in den EU-Nachbarstaaten zusätzlich, und auch österreichische E-Geld-Institute können vom EU-Pass profitieren.

Gesicherte rechtliche Rahmenbedingungen fördern das reibungslose Funktionieren des österreichischen Finanzmarktes und das Vertrauen der Öffentlichkeit und führen zu vermehrten Investitionen in diesen Markt. Erhöhte Prosperität des Finanzmarktes führt auf Grund der Wechselwirkung zur Realwirtschaft zu positiven Effekten auf den Wirtschaftsstandort Österreich.

Die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Österreich wird weiter verbessert, was letztlich durch die damit verbundene Wertschöpfung auch positive Beschäftigungseffekte auslöst.

Das Gesetz sieht ein eigenes Konzessionsregime mit den damit verbundenen üblichen Informationsverpflichtungen vor.

Ausgewählte wichtige Regelungsbereiche:

Ausweitung des Tätigkeitsfeldes für E-Geld-Institute

Durch die EU-weit harmonisierte Ausweitung des Tätigkeitsbereiches für E-Geld-Institute wird die Ausgabe von E-Geld wirtschaftlich erleichtert und Marktzugangsschranken beseitigt; der Wettbewerb in diesem Bereich wird damit gefördert. Diese E-Geld-Institute können auf Grund des so genannten “EU-Passes“ EU-weit tätig werden, damit wird der E-Geld-Dienstleistungsmarkt für Nicht-Kreditinstitute EU-weit auf beaufsichtigter Basis geöffnet.

Der Tätigkeitsbereich der E-Geld-Institute wird umfassen:

-       Ausgabe von E-Geld und Durchführung damit im Zusammenhang stehender Zahlungsdienste

-       und optional die Erbringung sonstiger Zahlungsdienste und anderer Dienstleistungen, die nicht Finanzdienstleistungen sind.

Die Erbringung von Zahlungsdiensten unterliegt dabei den Bestimmungen des ZaDiG. Das Kreditgeschäft an sich bleibt den Kreditinstituten ebenso vorbehalten wie das Einlagengeschäft. Für die Ausgabe von E-Geld entgegengenommene Kundengelder dürfen nicht für andere Geschäfte oder andere Zahlungsdienste verwendet werden und müssen gemäß den Bestimmungen des ZaDiG konkurssicher aufbewahrt werden, sofern sie nicht unmittelbar weitergeleitet werden. Von E-Geld-Instituten ausgegebenes E-Geld ist definitionsgemäß keine Einlage. Eine Veranlagung in andere Geschäfte, wie dies bei Kreditinstituten der Fall ist, und als Folge eine verzinste Rückgabe, was das Wesen der Einlage ausmacht, scheidet daher aus.

Eigenständige risikoadäquate Aufsichtsanforderungen:

Die Aufsichtsanforderungen für E-Geld-Institute werden neu nach risikoadäquaten Gesichtspunkten und unter Anlehnung an die Zahlungsinstitute gestaltet. Das im Vergleich zu Kreditinstituten eingeschränkte Tätigkeitsfeld und damit die weitaus geringere Systemrelevanz und Risikogeneigtheit schlägt sich in im Vergleich zu Kreditinstituten geringeren Eigenmittelanforderungen nieder.

Neuer einheitlicher Rechtsrahmen für die Ausgabe von E-Geld in der EU

Die Ausgabe von E-Geld wird, unabhängig von wem sie erbracht wird (E-Geld-Institut oder Bank), einheitlichen Regeln betreffend Information, Ausgabe, Rücktausch und Entgelte unterstellt. Damit werden für alle E-Geld-Emittenten gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen und für den Kunden mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit erzielt.

In-Kraft-Treten:

Ein In-Kraft-Treten der umzusetzenden Bestimmungen zum vorgegebenen Termin ist jedenfalls notwendig, um die von der Richtlinie geforderte Vorgabe hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung der Bestimmungen einhalten zu können. Darüber hinaus ist es aus Wettbewerbsgründen unerlässlich, den sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend tätigen Normadressaten den harmonisierten rechtlichen Rahmen für die Erbringung ihrer Dienstleistungen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Schließlich haben Kunden ab dem 30. April 2011 Anspruch auf das von der E-Geldrichtlinie eingeräumte Schutzniveau.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz zu Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 (Bankwesen) und  6 (Zivilrechtswesen) B-VG.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Jakob Auer die Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Wolfgang Zanger und Kai Jan Krainer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Jakob Auer gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (982 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 11 19

                                     Jakob Auer                                                         Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann