1135 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 1504/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (23. StVO-Novelle)

Die Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 31. März 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Es hat sich gezeigt, dass einige Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprechen oder zumindest weiter gefasst werden sollten; erwähnt sei hier z.B. die Möglichkeit der Kundmachung von Halte- oder Parkverboten durch Bodenmarkierungen.

Der Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer muss immer ein besonderes Anliegen der Verkehrspolitik sein. Da das Tragen eines Radhelms erwiesenermaßen die Gefahr einer Kopfverletzung deutlich senkt, erscheint es nur konsequent, das Tragen eines Fahrradhelms verbindlich vorzuschreiben.

Weiters wird auch ein allgemeines Rücksichtnahmegebot in der Straßenverkehrsordnung verankert.

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

Zu Z 1 (§ 3):

In Zeiten stetig zunehmenden Verkehrs wird rücksichtsvolles Verhalten aller Verkehrsteilnehmer immer wichtiger, auch im Rahmen der Führerscheinausbildung wird schon seit geraumer Zeit das Prinzip des defensiven Fahrens gelehrt. Durch den neuen Abs. 1 soll die Bedeutung gegenseitiger Rücksichtnahme betont und ihr besondere Bedeutung verliehen werden. Die Änderung der Abs. 2 und 3 stellt zum Einen eine redaktionelle Anpassung an den neuen Abs. 1 dar, zum Anderen wurde aus gleichbehandlungsrechtlichen Erwägungen der Ausdruck ,Sehbehinderte‘ durch den Begriff ,Menschen mit Sehbehinderungen‘ sowie die Wendung ,offensichtlich Körperbehinderte oder Gebrechliche‘ durch die Wendung ,Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung‘ ersetzt.

Um zu vermeiden, dass durch diese neue Bestimmung eine Verschiebung des Verschuldens bewirkt wird, soll an dieser Stelle klargestellt werden, dass nur offensichtliches Beharren auf einem bereits verwirkten Recht (z.B. Erzwingen eines Vorranges bzw. Reaktionsverzögerung) zu einem Teil- oder Mitverschulden führt.

Zu Z 2, 3 und 9 (§ 24 Abs. 1 lit. o und p, § 24 Abs. 3 lit. a und § 55 Abs. 8):

Nicht zuletzt um den Schilderwald einzudämmen, soll es in Zukunft möglich sein, ein Halte- und Parkverbot bzw. ein Parkverbot auch mit am Straßenrand angebrachten gelben (durchgehenden oder unterbrochenen) Linien zum Ausdruck gebracht werden können; eine solche Bodenmarkierung ist auch international üblich. § 55 trifft Anordnungen über die Ausführung dieser Linien. Eine Kundmachung mittels Straßenverkehrszeichen bleibt selbstverständlich weiterhin möglich.

Die Bestimmung ist nur dann gültig, wenn diese für die Verkehrsteilnehmer visuell klar ersichtlich ist. Eine Verdeckung der Bodenmarkierung durch Schmutz, darauf abgestellten Materialien oder Schnee bei gleichzeitigem Fehlen von entsprechenden Verkehrstafeln hebt die Verbotsbestimmungen auf.

Zu Z 4 (§ 43 Abs. 2a Z 1 und 2):

Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass richtigerweise der (umfassendere) Begriff ,Kraftfahrzeug‘ statt des Begriffs ,Kraftwagen‘ verwendet werden sollte, weil nur dann auch Motorräder und dreirädrige Kraftfahrzeuge von den Bestimmungen erfasst sind und eine Ausnahme erhalten können.

Zu Z 5 (§ 46 Abs. 1):

Zunehmend werden im Verlauf von Autobahnen Kontrollplätze eingerichtet; auf diese wird der gesamte oder bestimmte Teile des Verkehrs, zB Lkws, zwecks Durchführung von Schwerpunktkontrollen ausgeleitet. Sowohl bei Fahrzeugkontrollen auf solchen Kontrollplätzen als auch im Rahmen der Durchführung von Verkehrszählungen ist Fußgängerverkehr auf der Autobahn nicht zu vermeiden, aber derzeit verboten. Aus diesem Grund werden auch diese Fälle vom Verbot des Fußgängerverkehrs ausgenommen.

Zu Z 6 und 7 (§ 52 lit. a Z 7e und lit. b Z 15a):

Mit diesen Änderungen wird einer Änderung des RID Rechnung getragen. Dort wird in Zukunft bei der Kennzeichnung der Beförderung von Gefahrgut danach unterschieden, ob eine Gesamtmenge transportiert wird oder ob eine Vielzahl an Kleinmengen transportiert wird. Diesen geänderten Kennzeichnungsbestimmungen ist auch in der StVO Rechnung zu tragen.

Zu Z 8 (§ 53 Abs. 1 Z 2c):

Mit diesem neuen Zeichen wird es möglich sein, einen Schutzweg und eine Radfahrerüberfahrt, die nebeneinander liegen, mit einem einzigen Zeichen anzuzeigen, während bisher zwei Zeichen (eines für den Schutzweg, eines für die Radfahrerüberfahrt) notwendig waren, was öfters zu Platzproblemen führte. Die Verwendung ist für diese Fälle allerdings nicht zwingend vorgeschrieben, sondern es können wie bisher auch zwei Zeichen verwendet werden; somit müssen auch nicht alle derzeit errichteten Verkehrszeichen durch das neue Zeichen ersetzt werden.

Zu Z 10 (§ 68 Abs. 6):

Durch die Verwendung von Sturzhelmen kann die Verletzungsschwere bei Fahrradunfällen von Kindern deutlich herabgesetzt werden. In Abs. 6 wird daher eine Radhelmpflicht für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr festgelegt und Personen, die ein Kind beim Rad fahren beaufsichtigen, sollen verpflichtet sein, dafür Sorge zu tragen, dass das Kind einen Sturzhelm trägt. Gleiches gilt für Kinder, die in einem Fahrradanhänger transportiert oder auf einem Fahrrad mitgeführt werden.

Die zivilrechtliche Konsequenz der Minderung des Schadenersatzes aufgrund eines Mitverschuldenseinwands wird ebenfalls ausgeschlossen.

Zu Z 11 (§ 99 Abs. 6 lit. d und e):

Hierdurch wird klargestellt, dass eine Verletzung der neu geschaffenen Helmtragepflicht keine Verwaltungsübertretung darstellt

Zu Z 12 (§ 103 Abs. 9):

Zur gezielten Information der Verkehrsteilnehmer soll ein fixes Datum für das Inkrafttreten der Änderungen durch dieses Bundesgesetz vorgesehen werden.“

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 06. April 2011 in Verhandlung genommen. Gemäß § 40 Abs. 1 GOG wurde einstimmig beschlossen, die Herren Dr. Armin Kaltenegger, Brigadier Martin Germ, Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Michael Meschik, Dipl.-Ing. Karl Reiter und Dipl.-Ing. Martin Blum als Auskunftspersonen zu laden, die im Anschluss an die Berichterstattung eine Stellungnahme zum Gegenstand abgaben. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Johann Singer die Abgeordneten Dr. Ferdinand Maier, Christoph Hagen, Tanja Windbüchler-Souschill, Johann Hell, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Dorothea Schittenhelm, Mag. Christiane Brunner, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Johann Rädler, Bernhard Vock und Sigisbert Dolinschek sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§ 3 Abs. 1):

In Zeiten stetig zunehmenden Verkehrs wird rücksichtsvolles Verhalten aller Verkehrsteilnehmer immer wichtiger, auch im Rahmen der Führerscheinausbildung wird schon seit geraumer Zeit das Prinzip des defensiven Fahrens gelehrt. Durch die Änderung des Abs. 1 soll die Bedeutung gegenseitiger Rücksichtnahme betont und ihr besondere Bedeutung verliehen werden; zugleich soll klargestellt werden, dass durch diese neue Bestimmung keine Verschiebung des Verschuldens bewirkt wird.

Weiters wurde aus gleichbehandlungsrechtlichen Erwägungen der Ausdruck „Sehbehinderte“ durch den Begriff „Menschen mit Sehbehinderungen“ sowie die Wendung „offensichtlich Körperbehinderte oder Gebrechliche“ durch die Wendung „Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung“ ersetzt.

Zu Z 2 (§ 9 Abs. 4a):

§ 12 Abs. 5 erlaubt es unter bestimmten Voraussetzungen, mit einspurigen Fahrzeugen an stehenden Kolonnen vorbei zu fahren, um sich weiter vorne aufzustellen. Beim Anfahren stehen diese einspurigen Fahrzeuge dann allerdings neben mehrspurigen Fahrzeugen, was mitunter zu gefährlichen Situationen führt. Es soll daher ermöglicht werden, zwei parallele Haltelinien anzubringen, wobei einspurige Fahrzeuge bis zu der weiter vorne liegenden Haltelinie vorfahren dürfen; dies ermöglicht ihnen, sich vor den mehrspurigen Fahrzeugen aufzustellen, und erlaubt so ein gefahrloses Anfahren. Dies wird vor allem bei ampelgeregelten Kreuzungen zweckmäßig sein.

In den einschlägigen Richtlinien werden die Einsatzkriterien näher auszuführen sein, insbesondere damit der fließende Verkehr nicht behindert wird.

Zu Z 3 (§§ 24 Abs. 3 lit. f):

Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass auch Spezialkraftwagen in die Aufzählung dieser Bestimmung aufzunehmen sind. Ausnahmeregelungen sind wie bisher möglich einzuholen.

Zu Z 4 (§ 45 Abs. 4 und 4a):

Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass richtigerweise der (umfassendere) Begriff „Kraftfahrzeug“ statt des Begriffs „Kraftwagen“ verwendet werden sollte, weil nur dann auch Motorräder und dreirädrige Kraftfahrzeuge von den Bestimmungen erfasst sind und eine Ausnahme erhalten können. Diese Änderung ist nicht nur in § 43, sondern auch in § 45 vorzunehmen.

Zu Z 5 (§ 68):

Mit der Neufassung dieser Bestimmung wird festgelegt, dass sich Radfahrer einer Radfahrerüberfahrt nur mit einer Geschwindigkeit von höchstens 10 km/h nähern dürfen; auf diese Weise wird sichergestellt, dass sowohl Autofahrer als auch Radfahrer ausreichend Zeit haben, sich auf den jeweiligen Querverkehr einzustellen.

Zu Z 6 (§§ 84 Abs. 4 und 99 Abs. 3 lit. j und k und 4 lit. f):

§ 84: Ist eine Werbung oder Ankündigung ohne Bewilligung angebracht, so musste die Entfernung mit Bescheid aufgetragen werden. In der Praxis erweist sich diese Vorgehensweise jedoch als zahnlos, da Werbungen rasch wechseln und der Entfernungsauftrag regelmäßig zu spät käme – der Werbeeffekt ist jedoch bereits eingetreten, zudem kann die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit nicht sofort unterbunden werden. Da jedenfalls eine Werbung nur aufgrund einer Bewilligung angebracht werden darf und eine bewilligungslos angebrachte Werbung auf jeden Fall gesetzwidrig ist, erscheint es auch vertretbar, der Behörde die Möglichkeit zu geben, eine solche bewilligungslos angebrachte Werbung ohne weiteres Verfahren auf Kosten des Anbringers entfernen zu lassen.

§ 99: Durch die neue lit. k in Abs. 3 wird dem Hinweis Rechnung getragen, dass es unter dem Aspekt der Höhe der Strafdrohung bisher günstiger war, für Arbeiten auf oder neben der Straße keine Bewilligung einzuholen, als gegen den Bewilligungsbescheid zu verstoßen. Diese nicht logische Konsequenz wird behoben, indem ein Verstoß gegen § 90 in Abs. 3 aufgenommen wird und somit nunmehr derselben Strafdrohung unterliegt wie ein Verstoß gegen den Bewilligungsbescheid. Die Änderung von Abs. 4 lit. f stellt lediglich die seinerzeit unterbliebene redaktionelle Anpassung an die Änderung des § 91 Abs. 4 (Weidezäune) durch BGBl. I Nr. 93/2009 dar.

Zu Z 8 (§ 103 Abs. 9):

Als Datum für das Inkrafttreten der Änderungen wird der 31. Mai 2011 festgesetzt.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen.

Ein weiterer im Zuge der Debatte von der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (dafür: G, B, dagegen: S, V, F).

Ein im Zuge der Debatte vom Abgeordneten Sigisbert Dolinschek eingebrachter Vertagungsantrag fand ebenfalls keine Mehrheit (dafür: G, B, dagegen: S, V, F).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Singer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 04 06

                                  Johann Singer                                                                    Anton Heinzl

                                    Berichterstatter                                                                            Obmann