1237 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 164/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung von Arbeiterinnen und Arbeiter benachteiligende Entlassungstatbestände aus dem Jahr 1859

Die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 3. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Rechte und Pflichten der Arbeiter und Angestellten wurden in den letzten Jahren sukzessive einander angeglichen. Unterschiede bestehen jedoch nach wie vor im Bereich der Entlassungstatbestände:

Für Angestellte sind diese in § 27 AngG demonstrativ aufgezählt.

Für in Betrieben des Gewerbes und der Industrie als Gehilfen, Gesellen und alle sonstige als Arbeiter oder Hilfsarbeiter beschäftigte sind diese in § 82 GewO 1859, der gemäß § 376 Z 47 Abs. 1 GewO 1994 nach wie vor in Geltung steht, taxativ aufgezählt.

Der Gesetzgeber hat die Berechtigung zur Vornahme der Entlassung allgemein an eine ‚Generalklausel‘ gebunden: § 1162 ABGB sieht nämlich die Entlassung aus wichtigen Gründen vor.

‚Wichtige Gründe‘ sind beispielsweise in § 27 AngG angeführt:

1. wenn der Angestellte im Dienste untreu ist, sich in seiner Tätigkeit ohne Wissen oder Willen des Dienstgebers von dritten Personen unberechtigte Vorteile zuwenden lässt, insbesondere entgegen der Bestimmung des § 13 eine Provision oder eine sonstige Belohnung annimmt, oder wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt;

2. wenn der Angestellte unfähig ist, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste (§ 6) zu leisten;

3. wenn einer der im § 1 bezeichneten Angestellten ohne Einwilligung des Dienstgebers ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreibt oder im Geschäftszweige des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte macht oder wenn ein Angestellter den in § 7, Absatz 4, bezeichneten Verboten zuwiderhandelt;

4. wenn der Angestellte ohne einen rechtmäßigen Hinderungsgrund während einer den  Umständen nach erheblichen Zeit die Dienstleistung unterlässt oder sich beharrlich weigert, seine Dienste zu leisten oder sich den durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnungen des Dienstgebers zu fügen, oder wenn er andere Bedienstete zum Ungehorsam gegen den Dienstgeber zu verleiten sucht;

5. wenn der Angestellte durch eine längere Freiheitsstrafe oder durch Abwesenheit während einer den Umständen nach erheblichen Zeit, ausgenommen wegen Krankheit oder Unglücksfalls, an der Verrichtung seiner Dienste gehindert ist;

6. wenn der Angestellte sich Tätlichkeiten, Verletzungen der Sittlichkeit oder erhebliche Ehrverletzungen gegen den Dienstgeber, dessen Stellvertreter, deren Angehörige oder gegen Mitbedienstete zuschulden kommen lässt.

Die hier angeführten Gründe sind auch auf Arbeiter anzuwenden.

Unverständlicherweise aber ist § 82 GewO 1859 nach wie vor in Geltung und war in den letzten 20 Jahren rund 150 mal Gegenstand von Verfahren beim OGH.

Formulierungen in dieser Gesetzesstelle, wie z.B.

•       ‚… die Hausgenossen zum Ungehorsam, zur Auflehnung gegen den Gewerbeinhaber, zu unordentlichem Lebenswandel, oder zu unsittlichen .... Handlungen verleiten lässt

•       ... ungeachtet vorausgehender Verwarnung mit Feuer und Licht unvorsichtig umgeht,

•       ... mit einer abschreckenden Krankheit behaftet ist,

•       .... durch länger als vierzehn Tage gefänglich gehalten wird‘,

können wohl zurecht als überholt angesehen werden und sind daher dringend aus der Rechtsordnung zu eliminieren.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen Sitzungen am 14. Oktober 2009 und am 12. Mai 2010 sowie am 8. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Sigisbert Dolinschek die Abgeordneten Karl Öllinger, Johann Singer, Dr. Andreas Karlsböck, Mag. Helene Jarmer, Ridi Maria Steibl, Erwin Spindelberger, August Wöginger, Ursula Haubner, Mag. Birgit Schatz, Mag. Gertrude Aubauer, Ing. Norbert Hofer, Johannes Schmuckenschlager, Franz Riepl und Bernhard Vock sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer und die Ausschussobfrau Abgeordnete Renate Csörgits.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,G,B dagegen: S,V ).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 06 08

                   Johannes Schmuckenschlager                                                    Renate Csörgits

                                    Berichterstatter                                                                             Obfrau