Vorblatt

Problem:

Die Republik Österreich unterliegt völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (Klimaschutzziele). Um diese Ziele erfüllen zu können, bedarf es der koordinierten Erarbeitung und Umsetzung von wirksamen Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Länder. Die Erarbeitung und Umsetzung derartiger Maßnahmen war zwischen den Gebietskörperschaften in der Vergangenheit oft nicht oder nicht ausreichend abgestimmt.

Ziele:

Es soll eine koordinierte Erarbeitung und Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz in Österreich ermöglicht werden.

Inhalt:

Der vorliegende Entwurf für eine Klimaschutzgesetz (KSG) sieht vor, dass völkerrechtliche und unionsrechtliche Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (Klimaschutzziele) national aufgeteilt werden. Diese Aufteilung kann unter anderem auch sektoral vorgenommen werden. Gleichzeitig soll durch Einrichtung von Verhandlungsgremien und ‑prozessen ein Mechanismus geschaffen werden, der – unter Beachtung einer langfristigen Perspektive in der österreichischen Klimaschutzpolitik – das Erarbeiten und Umsetzen wirksamer Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Länder ermöglicht.

Alternativen:

Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage, ohne klaren Mechanismus zur Erarbeitung einer koordinierten österreichischen Klimapolitik.

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine, es handelt sich um die bessere Umsetzung bestehender Verpflichtungen.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine, es werden keine neuen Verpflichtungen geschaffen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgeschlagenen Regelungen sind mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union konform. Das KSG ermöglicht u.a. die nationale Implementierung der Entscheidung 406/2009/EG, ABl. Nr. 140 vom 23.4.2009, S. 136, über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Die vorgesehenen Regelungen sollen eine koordinierte Erarbeitung und Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz ermöglichen und sind daher eo ipso klimaverträglich.


Erläuterungen

 

Allgemeiner Teil:

In den letzten Jahrzehnten waren ein rascher Anstieg der globalen Mitteltemperatur der Erdatmosphäre und der Ozeane sowie der anthropogenen CO2-Emissionen und anderer Treibhausgase (THG) (Methan, Lachgas und so genannte Industriegase) feststellbar. Die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre hat stark zugenommen. Nach Ansicht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), eines Gremiums der Vereinten Nationen von über 2.000 WissenschafterInnen, legen die vorliegenden Forschungsergebnisse einen klaren kausalen Zusammenhang dieser erhöhten Treibhausgas-Konzentration mit der Erwärmung der Erdatmosphäre sowie der Ozeane nahe. Folgen dieser Veränderung sind u.a. ein Ansteigen des Meeresspiegels, ein häufigeres Auftreten von Extremereignissen (Hitzewellen, Dürreperioden, Überschwemmungen), langfristige Änderungen in Niederschlagsmustern, das Abschmelzen von Gletschern und von Meereis sowie die Migration von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten.

Eine rasche und signifikante Verminderung der Emissionen von Treibhausgasen ist notwendig, um die weitere Erderwärmung zumindest zu begrenzen. Die globale Mitteltemperatur wird bis 2100 (je nach Emissionsszenario des IPCC) um 1,4 bis 5,8 °C gegenüber vorindustriellen Werten steigen. Eine Stabilisierung des Anstiegs der globalen Mitteltemperatur auf nicht mehr als 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau soll erreicht werden; dafür müssen die weltweiten Emissionen bis 2050 um zumindest 50 % gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 abgesenkt werden. Allerdings wird auch ein Temperaturanstieg um bis zu 2 °C ernste Auswirkungen auf das Klima haben. Für detaillierte Informationen wird auf den „IPCC Synthesis Report to the Fourth Assessment Report“ (siehe http://www.ipcc.ch/ipccreports/ar4-syr.htm) verwiesen.

Wegen des globalen Charakters des Problems Klimawandel ist ein koordiniertes Vorgehen auf internationaler Ebene unerlässlich. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 wurde das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) unterzeichnet, das die Vertragsparteien verpflichtet, Strategien und Maßnahmen zu ergreifen, um eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems zu verhindern. Das Übereinkommen ist für Österreich am 29. Mai 1994 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 414/1994).

Bei der 3. Vertragsparteienkonferenz des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, die im Dezember 1997 in Kyoto, Japan, stattfand, wurde der Text für ein Protokoll zum Rahmenübereinkommen nach schwierigen, durch große Interessensgegensätze sowohl zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als auch innerhalb der Industrieländer geprägten Verhandlungen mit Konsens angenommen. Das sogenannte „Kyoto-Protokoll“ ist für Österreich am 2. Mai 2005 in Kraft getreten (BGBl. III Nr. 89/2005).

Das Protokoll sieht eine Verpflichtung zur Emissionsreduktion der sechs Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6) durch die im Anhang 1 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen genannten Industrieländer um zumindest 5 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 vor. Diese Reduktion ist ein notwendiger, aber keineswegs ausreichender erster Schritt zum Schutz des globalen Klimas. Weitere Schritte werden in späteren Verpflichtungsperioden folgen müssen.

Zur Erreichung ihrer Ziele müssen die im Anhang 1 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen genannten Industrieländer Politiken und Maßnahmen setzen. Besonders hervorgehoben werden im Protokoll die Bereiche

         - Verbesserung der Energieeffizienz,

         - Schutz von CO2-Senken,

         - nachhaltige Landwirtschaft,

         - verstärkter Einsatz von erneuerbarer Energie,

         - Verbesserungen der Energie-Markt-Rahmenbedingungen,

         - Verringerung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sowie

         - Abfallverwertungsmaßnahmen zur Reduktion der Methanemissionen.

Neben diesen nationalen Maßnahmen können die Reduktionsverpflichtungen prinzipiell auch durch flexible Mechanismen erfüllt werden, bei denen die Emissionsreduktionen in einem Staat erfolgen, aber einem finanzierenden/erwerbenden anderen Staat angerechnet werden. Zu diesen flexiblen Mechanismen zählen der internationale Emissionshandel, die gemeinsame Umsetzung („Joint Implementation“, JI) und ein Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung („Clean Development Mechanism“, CDM).

Gemäß Art. 4 des Protokolls besteht die Möglichkeit einer gemeinsamen Zielerfüllung für die Vertragsparteien. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und werden das Reduktionsziel von 8 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 gemeinsam erzielen. Die Entscheidung über die Ratifikation des Protokolls (Entscheidung 2002/358/EG, ABl. Nr. 130 vom 25.4.2002, S. 1) enthält eine entsprechende Vereinbarung, einschließlich einer Tabelle über die EU-interne Lastenaufteilung. Völkerrechtliche Verbindlichkeit erlangte für Österreich die in dieser Vereinbarung enthaltene Reduktionszahl von 13 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990.

Auch für die Zeit nach 2012 bestehen für Österreich Verpflichtungen zur (weiteren) Reduktion der Treibhausgasemissionen. Mit Entscheidung 406/2009/EG, ABl. Nr. 140 vom 23.4.2009, S. 136, hat sich Österreich unionsrechtlich verpflichtet, Emissionen, die nicht dem Emissionshandelssystem EU-ETS unterliegen, im Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 um 16 % gegenüber den Werten des Jahres 2005 zu senken.

Zur Erfüllung dieser Reduktionsziele wird Österreich zusätzliche Anstrengungen im Klimaschutz unternehmen müssen. Im Jahr 2009 (dem derzeit aktuellsten verfügbaren Berichtsjahr) lagen die Emissionen der sechs relevanten Treibhausgase um rund 2,4 % über den Emissionen des Jahres 1990 und damit um rund 16,4 % über dem Kyoto-Ziel.

Der vorliegende Entwurf für ein Klimaschutzgesetz sieht vor, dass völkerrechtliche und unionsrechtliche Verpflichtungen im Bereich des Klimaschutzes national aufgeteilt werden. Diese Aufteilung kann unter anderem auch sektoral vorgenommen werden. Gleichzeitig soll durch Einrichtung von Verhandlungsgremien und ‑prozessen ein Mechanismus geschaffen werden, der – unter Beachtung einer langfristigen Perspektive in der österreichischen Klimaschutzpolitik – das Erarbeiten und Umsetzen wirksamer Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Länder ermöglicht.

 

Besonderer Teil:

 

Zu § 2:

Hier wird der Begriff „Maßnahmen“ im Sinne des vorliegenden Bundesgesetzes definiert. Als Maßnahmen gelten neben jenen, die im Bereich der Hoheitsverwaltung liegen, auch explizit Maßnahmen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung. Dazu zählen auch die verschiedenen Förderungen sowie andere privatwirtschaftliche Maßnahmen der Gebietskörperschaften (z.B. Wohnbauförderungen, Photovoltaikförderungen, thermische Sanierung, Flottenumrüstungen auf biogene Treibstoffe, Beratungsprogramme, etc.). Es ist davon auszugehen, dass auch Fördermaßnahmen sowie andere privatwirtschaftliche Maßnahmen zu einer Reduktion von Treibhausgasemissionen beitragen.

Die Effekte der Maßnahmen müssen messbar (insbesondere quantifizierbar), berichtbar und im Rahmen einer objektiven Nachprüfung auf Basis gängiger internationaler Standards verifizierbar sein und in der Österreichischen Treibhausgasemissionsinventur abgebildet werden können. Sie müssen der Erreichung des in § 1 definierten Ziels dienen.

Artikel 5 des Kyoto-Protokolls verpflichtet die Vertragsparteien, über ein nationales System zur Abschätzung der anthropogenen Emissionen aller nicht durch das Montrealer Protokoll geregelten Treibhausgase zu verfügen. Die entsprechenden Durchführungsbestimmungen zum Monitoring und zur Einhaltung der Regeln des Kyoto-Protokolls finden sich in den so genannten „Marrakech Accords“, die von der ersten Vertragsparteienkonferenz des Kyoto-Protokolls (COP/MOP 1) beschlossen wurden (Entscheidungen 19/CMP.1 und 20/CMP.1). Demnach ist von den Vertragsparteien eine nationale Inventur in regelmäßigen Abständen (jährlich) zu aktualisieren, zu veröffentlichen und an das UNFCCC-Sekretariat zu übermitteln. Die Inventur muss generelle Qualitätsansprüche wie Pünktlichkeit, Transparenz, Genauigkeit, Vollständigkeit, Vergleichbarkeit und Kohärenz gewährleisten. Für die Erstellung der nationalen Inventuren der Annex I-Staaten sind für die erste Kyoto-Verpflichtungsperiode folgende Richtlinien verpflichtend anzuwenden (Entscheidung 20/CMP.1):

-       Good Practice Guidance and Uncertainty Management in National Greenhouse Gas Inventories

-       Revised 1996 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories.

Die nationalen Inventuren der Vertragsparteien werden jährlichen Überprüfungen nach einem festgelegten Prozedere unterzogen. Sind die Inventuren nicht vollständig bzw. nicht entsprechend den Richtlinien erstellt, können vom Überprüfungsteam Anpassungen für die Vertragspartei festgelegt werden.

Die Erstellung der österreichischen Luftschadstoff-Inventur (OLI), mit der die Berichtspflichten unter dem Kyoto-Protokoll und anderen internationalen Übereinkommen erfüllt werden, obliegt gemäß § 6 Abs. 2 Z 15 des Umweltkontrollgesetzes dem Umweltbundesamt.

Die wichtigsten Datenquellen sind die Energiebilanz, die Nationale Produktionsstatistik und die Import/Export-Statistik der Statistik Austria, die Dampfkesseldatenbank, die die Meldungen gemäß EG-K enthält, Meldungen der Betriebe im Emissionshandel im Rahmen der Berichtspflicht gemäß § 8 EZG, die abfallwirtschaftliche Anlagendatenbank, nationale Studien sowie direkte Emissionsmeldungen von Einzelemittenten. An Hand dieser Daten sowie mit Rechenmodellen und Emissionsfaktoren werden die jährlichen Emissionen berechnet. Falls Werte für bestimmte Emissionsfaktoren in Österreich nicht zur Verfügung stehen, werden international übliche Werte herangezogen.

Emissionsfaktoren sowie Aktivitäten und Rechenmodelle sind einem ständigen Prozess der Verbesserung und Aktualisierung unterworfen. Ein Vorteil dieser Vorgehensweise besteht in der internationalen Vergleichbarkeit von Emissionsinventuren. Eine umfassende, detaillierte Beschreibung der Emissionsermittlung im Rahmen der OLI wird jährlich vom Umweltbundesamt in Form folgender Berichte publiziert:

-       National Inventory Report (Methodik THG-Inventur)

-       Informative Inventory Report (Methodik Luftschadstoff-Inventur gemäß NEC-RL).

Die Berichte sind unter http://www.umweltbundesamt.at/luft/emiberichte abrufbar.

Um die hohen Anforderungen des Kyoto-Protokolls an die Treibhausgasinventuren der Vertragsparteien zu erfüllen, wurde ein Nationales Inventursystem Austria (NISA) geschaffen. Das NISA baut auf der OLI auf und gewährleistet Transparenz, Konsistenz, Vergleichbarkeit, Vollständigkeit und Genauigkeit der Inventur. Wichtiger Teil des NISA ist das Qualitätsmanagementsystem nach EN ISO/IEC 17020, das im Vorjahr erfolgreich in die OLI implementiert wurde. Die Österreichische Treibhausgasinventur wird jährlich einer Tiefenprüfung durch die UNFCCC unterzogen.

Die unionsrechtlichen Berichtspflichten ergeben sich aktuell aus Art. 3 der Entscheidung 280/2004/EG über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Union und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls, ABl. Nr. L 49 vom 19.02.2004 S. 1.

Zu § 3:

Zu Abs. 1:

In dieser Bestimmung wird auf die Aufteilung der völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Verpflichtungen für die Republik Österreich in der Anlage verwiesen. Die Aufteilung kann sektoral erfolgen, kann aber auch andere Formen annehmen. Möglich wären etwa auch eine pauschale Aufteilung zwischen Bund und Ländern, „Kohlenstoffbudgets“ für einzelne Ressorts sowie für einzelne Bundesländer, „dynamische“ Aufteilungsschlüssel, die an bestimmte Indikatoren (z.B. Bevölkerung, Verkehrsaufkommen) geknüpft sind, und andere mehr. Das Prozedere für die Aufteilung von Verpflichtungen ab dem Jahr 2013 wird in § 4 Abs. 2 und 3 sowie § 7 näher geregelt.

Zu Abs. 2:

Maßnahmen können als individuelle Maßnahmen der jeweiligen Gebietskörperschaften, als gemeinsame Maßnahmen der Gebietskörperschaften oder auch als umfassende Maßnahmenprogramme ausgestaltet werden. Flexibilität besteht auch hinsichtlich der Laufzeit einzelner Maßnahmen; diese müssen insbesondere nicht genau auf die Dauer von Verpflichtungszeiträumen abgestimmt werden. Maßnahmen können auch grundsätzlich im Ausland gesetzt werden, sofern die dabei erzielten Emissionsreduktionen aufgrund völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Bestimmungen im Inland anrechenbar sind.

In den Verhandlungen sind insbesondere Maßnahmenmöglichkeiten in den Bereichen

-       Steigerung der Energieeffizienz,

-       Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger am Endenergieverbrauch,

-       Steigerung der Gesamtenergieeffizienz im Gebäudebereich,

-       Einbeziehung des Klimaschutzes in die Raumplanung,

-       Mobilitätsmanagement,

-       Abfallvermeidung,

-       Schutz und Erweiterung natürlicher Kohlenstoffsenken sowie

-       Ökonomische Anreize zum Klimaschutz

zu berücksichtigen.

Die ausgearbeiteten Maßnahmen sollen auch die mit ihrer Umsetzung verbundenen Kosten darstellen.

Zur Erarbeitung von Maßnahmen zur Einhaltung der aufgeteilten Höchstmengen werden pro Sektor die in den Klimastrategien 2002 und 2007 genannten Bundesminister mit der Verhandlungsführung verpflichtet. Ist die Zuständigkeit in den Klimastrategien nicht oder nicht eindeutig geregelt, so obliegt die Verhandlungsführung subsidiär dem jeweils gemäß BMG zuständigen Bundesminister. Die Verhandlungen sind spätestens einen Monat nach Vorlage eines Vorschlags des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Aufteilung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen auf Sektoren für Verpflichtungszeiträume ab dem Jahr 2013 (vgl. § 4 Abs. 3) aufzunehmen. Ein erster Vorschlag für eine Aufteilung betreffend den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 ist für Herbst 2011 geplant. Die Verhandlungen sind jeweils binnen neun Monaten vor Beginn eines Verpflichtungszeitraums, das ist für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 der 31. März 2012, abzuschließen. Die erstmals ausgearbeiteten Maßnahmen sollten sinnvollerweise so bald wie möglich (und nicht erst ab dem 1. Jänner 2013 oder danach) wirken, um noch positive Auswirkungen auf die österreichische Treibhausgasbilanz in der Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 zu haben. Weitere Verhandlungen über die Stärkung bestehender oder Einführung zusätzlicher Maßnahmen sind dann zu führen, wenn die für die Republik Österreich ab dem Jahr 2013 jeweils geltenden, völkerrechtlich oder unionsrechtlich verbindlichen Höchstmengen überschritten werden. Dabei hat eine Evaluierung bereits gesetzter Maßnahmen stattzufinden. Diese weiteren Verhandlungen während einer Verpflichtungsperiode sind jeweils binnen sechs Monaten abzuschließen.

Hinsichtlich der Form des Verfahrens der Verhandlungen legt das Gesetz keine weiteren Kriterien fest.

Zu Abs. 3:

Das Ergebnis der Verhandlungen gemäß Abs. 2 soll eine Einigung auf Maßnahmen sein, deren Umsetzung eine Einhaltung der jeweils geltenden Höchstmengen ermöglicht. In welcher Form die Festlegung auf Maßnahmen erfolgt, wird vom Gesetz nicht näher bestimmt. Die Festlegung kann von Sektor zu Sektor unterschiedlich erfolgen. Formal denkbar wären eine oder mehrere Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG, sektorale Maßnahmenberichte oder -strategien, die vom Ministerrat und der Landeshauptleutekonferenz angenommen werden, oder aber schriftliche Punktationen, welche die vereinbarten Maßnahmen des Bundes und der Länder wiedergeben.

Zu § 4:

Zu Abs. 2:

Die Aufgabe des Nationalen Klimaschutzkomitees besteht insbesondere darin, Klimaschutzstrategien für zukünftige Verpflichtungszeiträume zu erarbeiten. Diese Strategien dienen als Planungsgrundlage für Novellierungen der Anlage des KSG. Das Nationale Klimaschutzkomitee hat sich weiters mit langfristigen Szenarien zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energieträger am Endenergieverbrauch in Österreich zu beschäftigen, da beide Aspekte einen unmittelbaren Einfluss auf die Treibhausgasentwicklung haben. Schließlich besteht die Aufgabe des Nationalen Klimaschutzkomitees auch darin, langfristige Reduktionspfade hin zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft, etwa bis zum Jahr 2050, zu entwickeln. Das Nationale Klimaschutzkomitee hat in allen seinen Aufgaben die jeweils aktuellen Fortschrittsberichte (§ 6) betreffend die Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen sowie den jeweils aktuellen Bericht gemäß § 3 Abs. 4 zu berücksichtigen.

Zu Abs. 3:

Die Erarbeitung der Klimaschutzstrategien ab dem Jahr 2013 erfolgt auf Grundlage eines vom BMLFUW vorzulegenden Vorschlags. Dieser Vorschlag hat die jeweils aktuellen Prognosen der Entwicklung der österreichischen Treibhausgasemissionen sowie die in den jeweiligen Sektoren gegebenen langfristigen Maßnahmenmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Maßnahmenmöglichkeiten sind insbesondere auf Grundlage des jeweils aktuellen Standes der Technik sowie unter der Annahme des bestmöglichen Einsatzes innovativer Umwelttechnologien zu bewerten und haben auch Impulse für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Österreich und die damit verbundene Forcierung von neuer Beschäftigung („green jobs“) zu beinhalten. Die endgültige Festlegung der Aufteilung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen erfolgt in einer gesonderten Vereinbarung. Die in dieser Vereinbarung geregelte Aufteilung der Höchstmengen ist mittels entsprechender Novellierung der Anlage auch im KSG festzuhalten.

Zu § 5:

Zu Abs. 2:

Die Aufgabe des Nationalen Klimaschutzbeirates besteht darin, das Nationale Klimaschutzkomitee in seinen Aufgaben zu beraten. Dies umfasst insbesondere das Ausarbeiten von schriftlichen Empfehlungen betreffend Klimaschutzstrategien für zukünftige Verpflichtungszeiträume, von langfristigen Szenarien zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energieträger am Endenergieverbrauch sowie von langfristigen Reduktionspfaden hin zu einer kohlenstoffarmen bzw. weitgehend kohlenstofffreien Gesellschaft.

Zu § 6:

Um die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen und die Beiträge zur Zielerreichung laufend zu dokumentieren, hat der BMLFUW jährlich dem Nationalrat und dem Nationalen Klimaschutzkomitee einen Bericht vorzulegen.

Zu § 7:

Die Verantwortlichkeiten im Falle eines Überschreitens der Gesamtmenge der in der Anlage ab dem Jahr 2013 genannten Höchstmengen von Treibhausgasemissionen werden auf Vorschlag des BMLFUW gesondert geregelt. Diese Regelung soll in Form einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG zwischen Bund und Ländern abgeschlossen werden. Für die Periode 2008 bis 2012 fallen für die Bundesländer jedenfalls keine finanziellen Verpflichtungen im Falle der Überschreitung der Gesamtmenge der in der Anlage für die Jahre 2008 bis 2012 genannten Höchstmengen von Treibhausgasemissionen an. Allfällige Verpflichtungen des Bundes im Falle der Überschreitung der in der Anlage festgelegten Höchstmengen von Treibhausgasen sind unter Einhaltung des jeweils geltenden Bundesfinanzrahmengesetzes zu bedecken. Derartige Verpflichtungen würden für die Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 voraussichtlich spätestens im ersten Halbjahr 2015 (abhängig vom Ausgang einer internationalen Überprüfung der österreichischen Treibhausgasinventur für das Jahr 2012) fällig werden. Nach Kenntnis der voraussichtlichen Höhe dieser Ausgaben werden die dafür notwendigen Mittel aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zusätzlich zur Verfügung gestellt.

 

Zur Anlage

Die Tabelle in der Anlage definiert für die einzelnen Sektoren die höchstzulässigen Emissionsmengen für den gesamten Zeitraum 2008 bis 2012 (fünf Jahre). Für weitere Verpflichtungszeiträume ab 2013 muss die Anlage entsprechend novelliert werden (vgl. § 4 Abs. 2 und 3).

Zusammen mit weiteren Sektoren, die nicht Gegenstand von Verhandlungen sind (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft; Beitrag JI/CDM), ergeben die Höchstmengen in Summe das österreichische Kyoto-Reduktionsziel von 13 % gegenüber den Emissionen von 1990 für den Zeitraum 2008 bis 2012.

 

Sektor

Höchstmengen von Treibhausgas-emissionen

2008 bis 2012 in Millionen (Mio.) Tonnen (t) Kohlenstoffdioxid-äquivalent (CO2e)

Raumwärme

CRF-Sektoren 1A4a, 1A4b und 1A4c

59,5

Energieaufbringung

CRF-Sektor 1A1

Emissionshandel: 55,8

Nicht- Emissionshandel:

8,9

Abfallwirtschaft

CRF-Sektor 6

10,5

Verkehr

CRF-Sektor 1A3

94,5

Industrie und produzierendes Gewerbe

CRF-Sektoren 1A2 und 2A, 2B, 2C, 2D und 2G

Emissionshandel: 97,8

Nicht- Emissionshandel:

18,4

„Fluorierte Gase“

CRF-Sektoren 2E und 2F

7,0

Sonstige Emissionen

CRF-Sektoren 1A5, 1B, 3 und 7

4,5

Landwirtschaft

CRF-Sektor 4

35,5

Summe

392,4

 

 

Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft

CRF-Sektor 5

-3,5

Beitrag JI/CDM

-45,0

Kyoto-Zielwert

343,9

 

Die Sektoren der Anlage bilden die so genannten „CRF-Sektoren“ („CRF“ steht für „Common Reporting Format“) des Kyoto-Protokolls ab, welche im Dokument „Revised 1996 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories“ (vgl. dazu auch § 2) definiert sind.

Wie der Tabelle zu entnehmen ist, sind in den einzelnen Sektoren bisweilen mehrere Bereiche aufgrund der internationalen CRF-Sektor-Vorgaben zusammengefasst. So befinden sich etwa im Sektor „Raumwärme“ die CRF-Subsektoren der Gruppe 1A4, wobei die Subsektoren 1A4a („commercial/institutional“), 1A4b („residential“) und 1A4c („agriculture/forestry/fisheries“) überwiegend (rund 90 %) aus Emissionen der Raumwärme resultieren. Die gewählten Bezeichnungen der Sektoren der Anlage geben lediglich die Inhalte des CRF-Formats wieder, ohne dass dadurch die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung berührt wird.

Die Gesamtsumme der Höchstmengen, die sich aus unionsrechtlichen Verpflichtungen aus der Entscheidung 406/2009/EG, ABl. Nr. 140 vom 23.4.2009, S. 136, für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 ergibt, kann derzeit noch nicht beziffert werden, da die für die Errechnung der Gesamtsumme erforderlichen Zahlen und Werte noch nicht vorliegen. Die Gesamtsumme für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 ist bei Novellierung der Anlage zum KSG – voraussichtlich im Jahr 2012 – der Aufteilung zugrunde zu legen.

Bei dieser notwendigen Novellierung der Anlage für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 wird sich insofern eine Änderung gegenüber der aktuellen Darstellung ergeben, als die unionsrechtlichen Verpflichtungen aus dem sogenannten „Klima- und Energiepaket“ als Zielpfad formuliert sind, der – von gewissen Toleranzintervallen abgesehen – jährlich einzuhalten ist. Dementsprechend werden die Höchstmengen für jedes Jahr des Verpflichtungszeitraums 2013 bis 2020 einzeln auszuweisen sein und sind diese auch für jedes Jahr einzeln einzuhalten.