1312 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (1220 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird

Die Regelungen über (zweisprachige) topographische Bezeichnungen im Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976, und in den Durchführungsverordnungen zu diesem waren seit dem grundlegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 16.404/2001 wiederholt Gegenstand verfassungsgerichtlicher Verfahren und aufhebender Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (vgl. jüngst die Aufhebung der Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, mit 30. September 2011 durch VfGH 25. Februar 2011, V 124-127/10 ua.). Die jeweiligen verfassungsrechtlichen Bedenken richteten sich gegen bestimmte Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen, die insbesondere die im Art. 7 des Staatsvertrages von Wien (StV Wien), BGBl. Nr. 152/1955, verfassungsgesetzlich garantierten Rechte in unzulässiger Weise einschränkten.

Mit dem Entwurf soll nun eine umfassende und dauerhafte rechtliche, im Kern verfassungsrechtliche Regelung der „Ortstafelfrage“ getroffen werden. Im Zuge dessen soll auch die Zulässigkeit der Verwendung der kroatischen, slowenischen und ungarischen Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache verfassungsgesetzlich geregelt werden.

Im Auftrag von Bundeskanzler Werner Faymann hat Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer zu diesem Zweck ausführliche Gespräche mit allen Beteiligten, nämlich den Bürgermeistern der betreffenden Gemeinden, den Heimatverbänden, den politischen Parteien und den Organisationen der Kärntner Slowenen, geführt. Gemeinsam mit Landeshauptmann Gerhard Dörfler hat Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer mehrere Verhandlungsrunden mit den Vertreten der Kärntner Slowenen (dem Zentralverband Slowenischer Organisationen unter der Leitung von Dr. Marjan Sturm, dem Rat der Kärntner Slowenen unter der Leitung von Dr. Valentin Inzko und der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen unter der Leitung von Bernard Sadovnik) und mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden geführt.

Am 26. April 2011 konnte zwischen diesen genannten Gesprächspartnern eine Einigung über ein Gesamtpaket erzielt und darüber ein „Memorandum“ unterzeichnet werden, auf dem der Entwurf beruht.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordnete Angela Lueger und einer einleitenden Stellungnahme des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer die Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Dr. Josef Cap, Franz Kirchgatterer, Oswald Klikovits, Stefan Petzner, Herbert Scheibner, Dr. Ursula Plassnik, Dr. Peter Fichtenbauer und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Peter Wittmann.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und Dr. Reinhold Lopatka einen Abänderungsantrag eingebracht, der eine Änderung topographischer Bezeichnungen in Anlage 1, II. Kärnten, zum Inhalt hat.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und Dr. Reinhold Lopatka mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, F, B, dagegen: G bzw. einstimmig) beschlossen.

 

Ein im Zuge der Debatte von den Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Abänderungsantrag betreffend die Ortschaft Dobein, die nicht in die Ortstafelliste aufgenommen wurde, fand keine Mehrheit (dafür: G , dagegen: S, V, F, B).

Ein weiterer Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Auslassung von Ortschaften aus dem Anwendungsbereich der slowenischen Amtssprache und die Nichteinbindung der kroatischen und ungarischen Volksgruppe bei der Erstellung der Regierungsvorlage fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: G, dagegen: S, V, F, B).

 

Ein von dem Abgeordneten Stefan Petzner im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Stufenplan bis 31.12.2015 für die Aufstellung zweisprachiger topographischer Aufschriften in Kärnten wurde abgelehnt (dafür: B, dagegen: S, V, F, G).

Ferner fand ein von dem Abgeordneten Herbert Scheibner eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Erfüllung des Staatsvertrages von Wien keine Mehrheit (dafür: B, dagegen: S, V, F, G).

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, G, dagegen: F, B bzw. einstimmig) folgende Feststellungen:

„Der Ausschuss geht im Hinblick auf die Gemeindeautonomie davon aus, dass es wie bisher auch weiterhin rechtlich zulässig ist, bei entsprechender Beschlusslage im Gemeinderat weitere zweisprachige Ortsbezeichnungstafeln sowie Bezeichnungen oder Aufschriften topografischer Natur aufzustellen.

Zu § 13:

Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass in den Gemeinden, wo die kroatische, slowenische oder ungarische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache verwendet werden kann, Vertreter auch von anderen als nur jenen juristischen Personen, deren satzungsgemäßer Zweck Angelegenheiten der Volksgruppe beinhaltet, Anbringen in der jeweiligen Volksgruppensprache einbringen können.

Der Verfassungsausschuss geht weiters davon aus, dass mit dem in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage enthaltenen Hinweis auf Art. 118 Abs. 7 B-VG, wonach die Gemeinden die Möglichkeit haben, auf ihren Antrag die Besorgung einzelner Verwaltungsangelegenheiten auf Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung (hier wohl Bezirkshauptmannschaften) durch Verordnung des Landeshauptmannes bzw. der Landesregierung übertragen zu lassen und somit eine Gemeinde „ihre Zuständigkeit in bestimmten Verwaltungsangelegenheiten, die nicht in deutscher Sprache zu besorgen sind, an die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft übertragen“ kann, die bestehende bewährte Praxis nicht geändert wird.

Zu § 13 Abs. 3:

Der Ausschuss geht davon aus, dass Organe anderer als der im Abs. 1 bezeichneten Behörden und Dienststellen im mündlichen und schriftlichen Verkehr die kroatische, slowenische oder ungarische Sprache nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache verwenden sollten, wenn sie dazu grundsätzlich in der Lage sind.

Zu § 24 Abs. 8:

Der Ausschuss geht davon aus, dass der Bestandsschutz konsequenterweise für alle bestehenden Aufschriften und Bezeichnungen gelten soll.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 06 28

                                  Angela Lueger                                                               Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann