1374 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1535/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nanosilber – antimikrobielle Wirksamkeit sichern

Die Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 29. April 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Grundsätzlich gilt die Nanotechnologie als die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Im Regierungsprogramm für die XXIV Gesetzgebungsperiode wird die Nanotechnologie ebenfalls an mehreren Stellen erwähnt. Beispielsweise wird betont, dass ‚den Chancen und Risiken der Nanotechnologie durch die Ausarbeitung und die Umsetzung eines österreichischen Aktionsplans entsprochen werden soll, wobei der Risikoforschung ein angemessener Platz eingeräumt wird‘

Die Bandbreite der Anwendungen reicht vom Einsatz in der Elektronik- und der Automobilbranche bis hin zu die Nutzung in der Architektur und der Medizin. Der Einsatz von Nanomaterialien in fest gebundener Form kann große Potentiale für eine Steigerung des nachhaltigen Wirtschaftens, vor allem im Hinblick auf Ressourcenschonung und Energieeffizienz haben. Problematisch ist jedoch der Einsatz von Nanomaterialien in ungebundener Form, da die hohe biologische Mobilität von Nanopartikeln und die damit verbundenen Gefahren für Mensch und Umwelt nur unzureichend erforscht sind, insbesondere fehlen Langzeitstudien. Auf diese Problematik wurde bereits in der Anfrage 4331/J XXIV. GP hingewiesen. Auch der österreichische Aktionsplan Nanotechnologie ortet in diesem Zusammenhang ‚deutliche Wissenslücken‘.

Derzeit sind Medizinprodukte mit Nanosilber eine der bedeutendsten Klassen von Nanoprodukten, die vor allem beim klinischen Einsatz zur Beschichtung von Oberflächen gegen Keime eine wichtige Rolle spielen. Unter Nanosilber werden Partikel von elementarem Silber in einer Größe von weniger als 100 nm verstanden. Sie zeichnen sich durch eine breite Wirksamkeit gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern aus – sogar gegen solche, die gegen moderne Antibiotika bereits resistent sind. Beispielsweise werden Nanosilberbeschichtungen auf Kathetern, Nahtmaterial, orthopädischen Implantaten und Herzklappen erfolgreich eingesetzt.

Besonders kritisch ist vor diesem Hintergrund der stark steigende Einsatz von Nanosilber in Konsumprodukten wie zum Beispiel Verpackungen von Obst und Gemüse, Kosmetik, Computertastaturen, Socken, Unterwäsche oder Zahnbürsten zu bewerten. Laut der Studie Nanosilber in Kosmetika, Hygieneprodukten und Lebensmittelkontaktmaterialien befinden sich etwa 250 verschiedene Produkte mit Nanosilber auf dem internationalen Markt. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Konsumprodukte mit antibakteriellen Zusätzen tatsächlich vor Infektionen schützen können. Übertriebene Hygienemaßnahmen stören zudem das mikrobielle Gleichgewicht im Haushalt und stehen in Verdacht, die Entstehung von Allergien zu begünstigen. Nachgewiesen ist jedoch, dass der Einsatz von Silberionen im medizinischen Bereich unter kontrollierten Bedingungen und in hoher Dosierung wichtig im Kampf gegen Krankheitserreger ist - vor allem gegen antibiotikaresistente Keime. In diesem Zusammenhang werden von dem Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften starke Bedenken geäußert. Der unspezifische Einsatz von Nanosilber als Bakterizid könnte die Entstehung von multiresistenten Keimvarianten fördern. In klinischen Studien wurde bereits die Entstehung von silberresistenten Bakterienvarianten beobachtet. Damit droht die Gefahr, dass Nanosilber langfristig nicht mehr als wichtige Waffe gegen antibiotikaresistente Keime im medizinischen Bereich verfügbar wäre. Aus diesem Grund warnen inzwischen zahlreiche internationale Experten vor dem Einsatz von Nanosilber in Konsumprodukten, da durch eine großflächige und kontinuierlich niedrig dosierte Verbreitung von nanoskaligen Silberverbindungen die Entstehung von resistenten Krankheitserregern gefördert werden könnte.

Eine breite Anwendung von Nanosilber birgt auch weitere gesundheitliche Risiken. Grundsätzlich ist Silber eine für Menschen gefährliche Substanz. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die US-Umweltbehörde EPA haben Silber als ‚toxische Substanz‘ und als prioritären Umweltschadstoff klassifiziert. Die Aufnahme von Silber und Silberverbindungen in höheren Dosierungen führt beim Menschen und anderen Säugetieren zu Magen- und Leberschäden sowie zu neurotoxischen Erscheinungen.

Der wachsende Eintrag des Nanosilbers gefährdet nicht nur Menschen, sondern führt auch zu bisher unbekannten Risiken für die Umwelt. Beispielsweise geht das Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften davon aus, dass Silbernanopartikel ein höheres toxisches Potenzial aufweisen als Silberverbindungen und Silberionen. Wenn Produkte mit Nanosilber nach der Nutzung in das Abwasser gelangen können Schädigungen aquatischer Lebewesen sowie von nützlichen Bakterien in Kläranlagen und Böden hervorgerufen werden.

Abschließend ist noch auf die grundsätzliche Ressourcenverschwendung von Edelmetallen durch den Einsatz von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten wie Putztüchern, Strümpfen und Hemden - also in Artikel mit relativ kurzer Nutzungszeit bei denen wiederum nach jeder Wäsche Silberpartikel ins Abwasser gespült werden können - hinzuweisen.“

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Bernhard Vock die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Ridi Maria Steibl, Dipl.­Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Dr. Erwin Rasinger und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag einstimmig beschlossen.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Johann Maier gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2011 30 06

                              Mag. Johann Maier                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau