Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Roman Haider und weiterer Abgeordneter

zum Bericht 1421 der Beilagen des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Wolfgang Zanger, Gerald Grosz betreffend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB Holding AG sowie der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns und des Bundesministeriums für Justiz hinsichtlich

a)     der Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung von Finanztransaktionen der ÖBB Holding und der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns mit der Deutschen Bank und anderen beteiligten Finanzdienstleistern, der im Zusammenhang mit diesen Vorgängen beauftragten Gutachten, der darauf folgenden Auflösung von Managerverträgen inklusive der damit einhergehenden Vereinbarungen – wie beispielsweise Abfertigungen – sowie des Stands etwaiger damit in Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren,

b)     des Ankaufs der ungarischen MAV Cargo, der damit im Zusammenhang stehenden Beratungsverträge sowie möglicher Provisionszahlungen, der bilanzmäßigen Bewertung im Zeitablauf sowie des Stands etwaiger damit im Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren und

c)     des Beschaffungswesens innerhalb des ÖBB-Konzerns seit dem Jahr 2000, insbesondere der Beschaffung von Handys und des Abschlusses von Telekom-Dienstleistungsverträgen (2/URH2).

 

 

1. Ziel der Gebarungsüberprüfung

 

Ziel des Ausschusses war es, entsprechend dem Untersuchungsgegenstand die Verantwortlichkeiten der letzten Vorkommnisse, die unter anderem auch durch die Medien publik wurden, festzumachen.

Vordergründiges Ziel war es vor allem, die Fehler des Managements und der politischen Amtsträger aufzuzeigen und der Verallgemeinerung des aufgrund der öffentlichen Berichterstattung derzeit negativen Bildes der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen entgegenzuwirken.

 

 

2. Problemstellung

 

Der Ausschuss konnte in einigen Bereichen seiner Arbeit, die ihm von der Geschäftsordnung vorgegeben ist, nicht zu hundert Prozent nachkommen. Zum Einen wurde durch die teilnehmenden Regierungsparteien die Ladung bestimmter Personen, die einer Lösung bzw. einer Aufarbeitung dienlich gewesen wären, verhindert. Wichtige Personen wären beispielsweise der frühere Infrastrukturminister und amtierende Bundeskanzler Werner Faymann sowie sein früherer Kabinettchef und jetziger Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer gewesen.

3. Prüfungsreihe des UA

 

 

3.1 CDO – Geschäfte

 

11. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 16. März 2011

 

Mag. Oskar Herics, Vertreter des Rechungshofes, fasste die ausgearbeiteten Daten des Rechnungshofes des RH-Berichtes 2010/7 zusammen.

 

Doris Bures, Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, konnte keine ausreichenden Informationen über die Finanztransaktionen der Österreichischen Bundesbahnen geben. Obwohl Bures als Vertreterin der Mehrheitseigentümer sich jederzeit einen Überblick hätte schaffen können, war es ihr nicht möglich zu beurteilen, ob die Lage ein Eingreifen erforderte oder nicht.

Auf Fragen die die Besetzung des Aufsichtsrates betrafen, lenkte Verkehrsministerin Bures auf das Thema der Geschlechtergerechtigkeit ab, für die sie jeden Tag kämpfe, traf aber keinerlei genauen Aussagen zu den aktuellen Vorwürfen. Vielmehr verteidigte sie sich damit, dass ihr es überhaupt nicht möglich war, über die Vorgänge, die in den Medien nachzulesen waren, Bescheid zu wissen, da sie vom Aufsichtsrat nicht informiert wurde. Bures betonte in diesem Zusammenhang vor allem, dass sie sich den Aufsichtsrat ja nicht selbst ausgesucht hat.

 

Mag. Claudia Bandion-Ortner, Justizministerin a.D., konnte zu den laufenden Verfahren nur die Namen der Angeklagten erwähnen. Weiter ging die frühere Justizministerin auf das eingestellte Verfahren der Wiener Staatsanwaltschaft ein, dass auf Grund einer Anzeige von Abg. Dr. Gabriele Moser (G) eingeleitet wurde. Bandion-Ortner stellte fest, dass sich die Anzeige Mosers rein auf die Verträge von Huber und Pöchhacker bezogen, und deshalb, strafrechtlich nichts Relevantes zu eruieren war. Weiter gab Bandion-Ortner an, dass eine im März 2009 eingebrachte Anzeige des Rechnungshofes, auf die sich die jetzigen laufenden Verfahren beziehen, um einiges umfangreicher und deshalb von größerer Relevanz war.

 

12. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 23. März 2011

 

Mag. Martin Huber, ehemaliger ÖBB-Vorstand, versuchte seine Verantwortung zu den Finanzdebakeln von sich zu weisen. Er betonte mehrere Male, dass die eigens dafür geschaffene Treasuryabteilung der ÖBB Bau AG für die Eruierung und Abwicklung von für die ÖBB interessanten Geschäften verantwortlich wäre. Vor allem gab Huber an, dass in der besagten Abteilung die zuständigen Mitarbeiter mit ausreichend Vollmachten ausgestattet gewesen sind, um Geschäfte dieser Art abzuschließen.

Vor allem erwähnte Huber den Namen Wanzenböck; dieser wäre erpicht darauf gewesen beim Geschäft mit der Deutschen Bank mit einer Haftung von mehr als 600 Millionen Euro die dafür versprochenen 32 Millionen zu lukrieren. Weiter gab Huber an, dass Trattner, Chef der Treasuryabteilung, diese Abteilung gründete, und dies der Grund war, warum dieses Debakel überhaupt erst entstehen konnte. Söllinger war darüber hinaus als Finanzvorstand ebenfalls nicht über das Geschäft informiert. Söllinger und Huber selbst wussten nur von einem Angebot der niederländischen Rabobank, für das man grünes Licht gab. Dieses Geschäft kam allerdings aufgrund eines Rückziehers der Rabobank nicht zu Stande. Huber vermutete, dass man aus Auftragsnot das Geschäft mit der Deutschen Bank abschloss und betonte, dass der Vorstand erst nachdem die Papiere gehandelt wurden, davon in Kenntnis gesetzt wurde.

 

Mag. Erich Söllinger, ehemaliger ÖBB-Finanzvorstand, beteuerte ebenfalls während seiner Vernehmung, dass er erst im Nachhinein von dem Vertrag mit der Deutschen Bank erfuhr. Er betonte, dass das CDO²-Geschäft anfangs wie ein Swap-Geschäft schien, für die Wanzenböck genügend Vollmachten hatte, um sie jederzeit abzuschließen. Leider, so Söllinger, war diese Einschätzung eine Fehlinterpretation Wanzenböcks, da das CDO²-Geschäft einen weitaus größeren Umfang hatte, als es die Konzernstatuten erlauben würden. Da aber die Papiere schon am Finanzmarkt gehandelt wurden, schien eine Rückabwicklung, nicht möglich.

Weiter betonte Söllinger, dass dieses Geschäft so gut geratet war, nämlich AAA, dass eine Rückabwicklung bei einem Geschäft mit so einem geringen Risikopotentials nicht nötig erschien. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch an keine drohende Finanzkrise gedacht werden. Die Fehlinterpretation Wanzenböcks führte Söllinger darauf zurück, dass dieser nicht ganz durchschaute, um welches Geschäft es sich genau handeln würde. Er gab ihm allerdings in diesen Bereichen freie Hand, da Wanzenböck der einzige war, der dafür genügend Erfahrung vorweisen konnte.

 

Dipl.-Ing. Peter Klugar, ehemaliger ÖBB-Vorstand, erlebte nach eigenen Angaben das Finanzdebakel nur noch im Rahmen der verlorenen Prozesse gegen die Deutsche Bank. Er betonte weiter, dass es im Vorhinein schon klar gewesen war, dass diese Prozesse zu nichts führen würden. Dass man sich allerdings in einem außergerichtlichen Vergleich auf die Bezahlung der Hälfte der Haftungen einigen konnte, empfand er als überaus positiv. Weiter wurde Klugar auf die Verbindung von Hemetsberger, der Ithuba und der Montana aufmerksam gemacht, von der Klugar anscheinend nichts zu wissen schien.

Die Montana hat die Treasuryabteilung der ÖBB-Bau AG bei der Suche nach geeigneten Swaps unterstützt, das Nachfolgeunternehmen der Montana, das von Mag. Wilhelm Hemetsberger gekauft und in Ithuba umbenannt wurde, begleitete die Rückabwicklung der Papiere der Deutschen Bank. Klugar gab an, dass Hemetsberger in diesem Bereich eine sehr gute Reputation hatte und er deshalb nicht an eine Ungereimtheit dachte.

 

14. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 03. Mai 2011

 

Mag. (FH) Franz Wanzenböck, ehemaliger Mitarbeiter der Treasuryabteilung in der ÖBB, schilderte die Vorgänge, die zum Geschäftsabschluss mit der Deutschen Bank führten. Wanzenböck gab an, dass er Anfang 2005 mit Söllinger Termine mit einem Finanzdienstleister wahrnahm, bei welchem Produkte der Rabobank vorgestellt wurden. Wanzenböck gab an, dass Söllinger ihm grünes Licht gab, dieses Geschäft abzuschließen. Leider kam das Geschäft dann nicht zustande, da besagter Finanzdienstleister gar nicht mit der Rabobank kontrahierte. Im Rahmen von Verhandlungen über die Finanzierung von Triebwagengarnituren mit der Deutschen Bank wurde man laut Wanzenböck gefragt, ob es noch andere Bereiche gäbe, wo man unterstützend wirken könne. Zu diesem Zeitpunkt war gerade das Geschäft mit der Rabobank geplatzt, und man meinte, es wäre eine gute Gelegenheit, sich ein neues, ähnliches Angebot machen zu lassen.

Wanzenböck stellte klar, dass trotz des Angebots und trotz der Erlaubnis ein Swapgeschäft abzuwickeln, Wanzenböck als Sachbearbeiter nicht befähigt war Geschäfte dieser Art alleine abzuschließen. Weiter betonte Wanzenböck, dass er die ganze Zeit über Kontakt mit Söllinger zum Stand des Geschäfts gehalten hätte. In dieser Treasury-Abteilung gab es allerdings eine/n Beauftragte/n, der mit genügend Vollmachten ausgestattet war, um dieses Geschäft abzuwickeln; dies war zu diesem Zeitpunkt, Lydia Hauser.

Diese Dame wiederum hat sich bei ihrem Vorgesetzten Herrn Leitgeb rückversichert und schloss erst dann das Geschäft ab. Entgegen dem Gutachten von Deloitte kam die E-Mail zur Auftragserteilung von Frau Hauser und nicht von Wanzenböck, obwohl Wanzenböck der Vorgesetzte von Hauser war. Diese versicherte sich allerdings an einer höheren Stelle rück. Wanzenböck gestand sich ein, dass er nicht von Anfang an erkannte, dass es sich nur bedingt um ein Swapgeschäft gehandelt hat.

 

Mag. Wilhelm Hemetsberger, ehemaliger Aufsichtsrat der Firma Montana und derzeitiger Inhaber der Firma Ithuba, stellte klar, dass er weder Ahnung von der Auftragserteilung noch von der Angebotsfindung zwischen ÖBB und Deutscher Bank hatte. Hemetsberger erklärte, dass er als Aufsichtsrat keine Einsicht in die Kontrahierung zwischen ÖBB und Deutscher Bank hatte. Als Vergütung bekam die Firma Montana ca. 100.000.- Euro pro Jahr für die Angebotsfindung und Betreuung des Papieres. Nachdem Anfang 2009 Hemetsberger die Firma Montana gekauft hat, benannte dieser sie - aus Verwechslungsgefahr - in Ithuba um. Hemetsberger betonte weiter, dass der Vertrag zwischen der Montana und der ÖBB im Jahr 2006 zustande kam, also vor dem Geschäftsabschluss mit der Deutschen Bank. Darüber hinaus hatte die Montana auch nichts mit der Geschäftsabwicklung zu tun, sondern wurde erst nach Vertragsschluss hinzugezogen.

Zur Frage, wie die Ithuba zum Auftrag der Rückabwicklung gekommen ist, erklärte Hemetsberger, dass zunächst der gesamte Markt über die prekäre Lage der ÖBB informiert war und CDO²-Papiere mit großen Renditen verbunden waren; deshalb wollten viele Finanzinstitute den Auftrag zur Rückabwicklung ergattern. Die Frage, wie allerdings die Ithuba beim Geschäftsabschluss zur Rückabwicklung, damals noch Montana, den Zuschlag bekam, konnte Hemetsberger nicht beantworten. Den Vorwurf, dass Hemetsberger und der Anwalt Dr. Specht über gegenseitige Firmenbeteiligungen verflochten wären, tat Hemetsberger als unwahr ab. Weiter wusste Hemetsberger auch nichts über gemeinsame Projekte von Alfred Gusenbauer und Dr. Specht. Hemetsberger erwähnte, dass er Alfred Gusenbauer einige Male als Berater hinzuzog, allerdings nie im Inland.

 

Dkfm. Günther Robol, Wirtschaftsprüfer, bekam gemeinsam mit Deloitte&Touch den Auftrag, die Geschäfte mit der Deutschen Bank zu durchleuchten. Grundproblem bei diesem Geschäft war laut Robol, dass erst nach dem Abschluss Wirtschafts- und Rechtsexperten hinzugezogen wurden, um dieses Geschäft aufzuschlüsseln und richtig einzuordnen, um welches Geschäft es sich denn überhaupt handle. Im Grunde genommen war keine Verbindung zu dem Cross Border Leasing im Rahmen einer Ertragsoptimierung gegeben; ob es ein reines Spekulationsgeschäft ist, das gut ausgehen kann oder auch nicht, war unklar. Robol hat in seinem Gutachten den ÖBB nicht primär den Ausstieg geraten sondern empfohlen, das Portfolio zu optimieren. Das Portfolio bestand aus rund 300 Unternehmen. Die Empfehlung war, die Unternehmen mit einem BBB–Rating und schlechter gegen besser geratete Produkte auszutauschen.

Robol erwähnte weiter, dass 38% aller Unternehmen schlechter als BBB-geratet waren und nur 1,5% besser als AA+. Weiter erklärte Robol, wie es trotzdem möglich war, dass das gesamte Paket als Triple A geratet wurde: Das sei eben die Finte an dem Ganzen, man hat mit einem komplizierten Konstrukt, dass am ersten Blick aussieht wie ein normales CDO, mit Staatsanleihen gespickt, die von Haus aus ein Triple A – Rating haben, eine Art Schicht über die maroden Unternehmen gelegt.

 

15. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 10. Mai 2011

 

Dipl.-Ing. Horst Pöchhacker, Aufsichtsrat bzw. Präsident des Aufsichtsrates der ÖBB, betonte, dass die Geschäfte im Plenum des Aufsichtsrates immer in sehr geschönter Form vorgetragen wurde. So wurde erst ernsthaft mit der Deutschen Bank über dieses Geschäft verhandelt als der Totalausfall drohte. Dass Wanzenböck die gesamte Schuld trug, wies Pöchhacker ebenso zurück. Er hatte bei dieser Vorgehensweise das Gefühl, dass der Vorstand die Schuld gezielt einem kleinen Mitarbeiter zuschieben wollte. Pöchhacker erklärt sich den Entschluss, mit der Deutschen Bank zu kontrahieren damit, dass ein generell hoher Druck auf der Treasuryabteilung lag, höhere Erträge zu erzielen. Diese Problematik dürfte die Deutsche Bank erkannt haben und trat an die ÖBB heran.

Pöchhacker berichtete von den Klagen gegen die Deutsche Bank beim Handelsgericht Wien, die man in der ersten und zweiten Instanz verlor. Als aber der Oberste Gerichtshof dabei war, den Fall neu zu verhandeln, war die Deutsche Bank gesprächs- und verhandlungsbereit. Der Ausstieg mit einem Preis von 295 Mio. Euro schien zwar am ersten Blick sehr hoch, erfolgte aber, wenn man sich die Lage vor und nach den Verhandlungen mit der Deutschen Bank anschaut, zu einem sehr günstigen Zeitpunkt.

Im Bezug auf die Verbindung zwischen Specht und Hemetsberger konnte Pöchhacker keine Auskunft geben, da dieser Sachverhalt intern nie geprüft wurde. Allerdings kann sich Pöchhacker erinnern, dass Specht bei Beschlüssen, die die Ithuba betrafen, aufgrund von Befangenheit immer den Raum verlassen hat.

 

Dr. Wolfgang Reithofer, Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBB-Holding AG 2004 bis 2007, berichtete von einem Treffen mit Huber und Söllinger, im Zuge dessen ihm plötzlich eröffnet wurde, dass ein Mitarbeiter in der Treasuryabteilung, der Söllinger unterstand, ein Geschäft abgeschlossen hat, von dem sie nichts wussten und das sich in Folge leider verselbstständigte. Die Deutsche Bank hätte daraufhin das Angebot gemacht, das Geschäft für 20 Mio. Euro rückgängig zu machen. Nachdem aber das Risiko als sehr gering eingeschätzt wurde, entschloss man sich, das Geschäft so beizubehalten. Reithofer stellte weiter fest, dass das Risiko bis zu seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat gleich geblieben ist und erst Anfang 2008 die Situation dramatischer wurde.

 

Mag. Gilbert Trattner, Vorstandsmitglied der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, zitierte aus zahlreichen Protokollen und E-Mails, die klar darauf schließen lassen, dass der Vorstand vor und bei Geschäftsabschluss über die Kontrahierung mit der Deutschen Bank Bescheid wusste. Trattner berichtete sogar von einem Telefonat mit Söllinger, zu einem Zeitpunkt, wo bereits klar war, dass man mit der Rabobank nicht kontrahieren werde. Trattner holte sich das „Ja“, dass man für ein ähnliches Geschäft mit der Deutschen Bank keinen neuen Vorstandsantrag brauche. Weiter berichtet Trattner von der Problematik aufsichtsratspflichtiger Geschäften zu diesem Zeitpunkt, da genau dieser Passus am 20. April 2006 geändert wurde und somit das Geschäft der Deutsche Bank gerade noch durchrutschte. Martin Huber war als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bau AG über den Umfang des Geschäftes vollinhaltlich informiert.

Mag. Nikolaus Schaffer, von Deloitte Österreich, berichtete, dass aus seiner Sicht Wanzenböck intern und extern unter großem Druck stand ein Geschäft abzuschließen, die Deutsche Bank diese Chance erkannte und sich auf seine Person konzentrierten. Weiter berichtete Schaffer zum Gesamtprodukt, dass diese CDO-Squardeds oder der sogenannte Struktursummit sich aus einer sehr großen Portion von sehr sicheren ABS-Finanzierungen zusammensetzte. Aus heutiger Sicht waren das eigentlich Wetten auf Ausfallswahrscheinlichkeiten von 200 Unternehmen.

Schaffer hielt weiters fest, dass diese ABS-Schicht nur dazu diente, das Rating zu verbessern und um die schlecht gerateten Unternehmen zu verschleiern. Zu den Konzernrichtlinien berichtete Schaffner, dass falls jemand dieses Geschäft genau verstanden hätte, er gegen sämtliche Richtlinien verstoßen hätte. Aus seiner Sicht jedenfalls war das Problem, dass man es so interpretierte, wie die Swaps und CDS, die man in der Vergangenheit abgeschlossen hat und gegen die es in den Richtlinien auch keine Einwände gibt.

 

16. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 09. Juni 2011

 

Ing. Mag. Rudolf Fischer, Aufsichtsrat der ÖBB – Holding, konnte als Aufsichtsrat keine genauen Angaben zu den derivativen Geschäften geben.

 

Mag. Christian Kern, CEO der ÖBB–Holding, bezeichnete die CDO-Geschäfte als Dilemma, die in einem öffentlichen Unternehmen nicht vorkommen dürfen. Weiter berichtete Kern von einem Spekulationsverbot, dass schon in Kraft getreten sei und in Zukunft alle derivativen Geschäfte ohne Basisgeschäft verbietet.

 

Ferdinand Schmidt, Vorstand der Rail Cargo AG, berichtete, dass er nur wenig Zugang zu den derivative Geschäften hatte. Er erfuhr erst im Nachhinein, dass nicht mit der Rabobank, sondern mit der Deutschen Bank kontrahiert wurde. Auch ob Söllinger über die Vorgänge informiert war, war Schmidt gänzlich unbekannt. Schmidt betonte, dass die Verantwortung zur Suche von derivative Geschäften allein in der Treasuryabteilung liegen würde, da im Organigramm der RCA gar keine Kompetenz dafür eingerichtet war.

 

 

3.1.1 MAV Cargo

 

12. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 23. März 2011

 

Mag. Martin Huber, ehemaliger ÖBB-Vorstand, bestätigte in seiner Aussage vor dem Unterausschuss, dass es im Beratungsvertrag mit der Firma Geuronet des Andras Gulya erhebliche Unschärfen hinsichtlich der Höhe des Honorars gab. Das Honorar wäre je nach Kaufpreis der MAV-Cargo gestaffelt gewesen und hätte je nach Interpretation könne zwischen 7,42 Millionen und 13 Millionen Euro liegen können.

Kauf- und Übernahmepreis der MAV-Cargo wären umstritten gewesen. Huber habe diesen anfangs kritisch hinterfragt. Er sei schließlich doch zu dem Schluss gekommen, dass er in voller Höhe gerechtfertigt gewesen wäre. Den Expansionszielen der Rail Cargo und in der Folge einem entsprechenden strategischen Aufschlag wäre nach Meinung von Experten Vorrang einzuräumen gewesen. Im Nachhinein betrachtet habe sich herausgestellt, dass ein zu hoher Kaufpreis bezahlt wurde. Zusätzlich war man davon ausgegangen, dass das IBE (= Infrastrukturbenutzungsentgelt) sinken würden; tatsächlich sind die Traktionskosten gestiegen. Wie es zu dieser Fehleinschätzung kommen konnte, könne Huber sich nicht erklären.

 

Mag. Erich Söllinger, ehemaliger ÖBB-Finanzvorstand, wurde im Frühling 2006 interimistisch zum Finanzvorstand der Rail Cargo bestellt. Zum Zeitpunkt der Übernahme hatte er diese Position nicht mehr inne. Die Übernahme der ungarischen Gütersparte wäre zum Teil aus Eigenmitteln und ansonsten kreditfinanziert erfolgt. Genauere Angaben dazu könne er allerdings mangels Erinnerung und Vorbereitung nicht machen. Das Übernahmekonsortium bestehend aus RCA und der Raab-Ödenburger-Bahn wäre aus strategischen Gründen gebildet worden. Durch eine Intervention der EU-Wettbewerbskommission wurde dieses allerdings zerschlagen.

 

Dipl.-Ing. Peter Klugar, ehemaliger ÖBB-Vorstand, gab an, dass die ÖBB seit langem planten, in östliche Märkte zu expandieren. Zwei Jahre vor der Übernahme der MAV-Cargo haben die ÖBB bereits versucht, die slowakische Güterbahn zu übernehmen. Internationaler Verkehr könne nur über große Strecken abgewickelt werden. 80 Prozent des österreichischen Güterverkehrs fielen unter diese Kategorie, weshalb eine Expansion in den Osten Europas als sinnvoll erachtet wurde. Es sollte durch Übernahmen eine Transportachse in entsprechender Länge gebildet werden, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Rail Cargo zu garantieren. Die Bewerbung um die MAV-Cargo wäre kein Geheimnis innerhalb des Konzerns gewesen. Er selbst wäre damals in der ÖBB-Infrastruktur tätig gewesen, wusste aber dennoch Bescheid. Bezüglich der Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch die Firma Geuronet habe Klugar erst im Rahmen einer Vorstandssitzung im Jahr 2008 erfahren. Ansonsten habe er mit dieser Angelegenheit in der Vergangenheit und auch gegenwärtig nichts zu tun gehabt.

 

13. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 08. April 2011

 

KR Prof. Friedrich Macher, Vorstand Rail Cargo AG, ist mit 1. Februar 2008 in die Rail Cargo Austria eingetreten. Die Kaufverträge zur Übernahme waren zu diesem Zeitpunkt bereits unterschrieben.

Aus Protokollen gehe folgendes hervor: Am 15. Oktober 2007 wäre der RCA-Vorstand – bestehend aus den Herren Schmidt, Poschalko und Söllinger – ermächtigt, in Zusammenarbeit mit dem Präsidium den endgültigen Preis festzulegen und das Angebot abzugeben. Am 5. Dezember 2007 sei die Genehmigung erteilt worden, einen Syndikatsvertrag mit der Raab-Ödenburger-Bahn abzuschließen. Die Due Diligence sollte helfen, die Preisbildung zu unterstützen. Der Substanzwert der MAV-Cargo wurde auf 150 bis 200 Millionen Euro geschätzt. Weitere 20 bis 40 Millionen des Kaufpreises sollen sich aus erwarteten Synergien ergeben haben. Der Rest des Kaufpreises habe sich aus Prämien zusammengesetzt. In diese seien die Kosten zu erwartender Bedrohungen im Falle des Scheiterns einer Übernahme und von Ertragsschätzungen eingeflossen.

Die Übernahme wurde von Deloitte und Rechtsberatern begleitet. Beim Vertrag mit der Firma Geuronet habe es sich hingegen um einen Dienstleistungs- und nicht um einen Beratervertrag gehandelt. Dieser wäre im Juni bzw. Juli des Jahres 2007 abgeschlossen worden.

Die Traktionskosten wären im Vertragswerk nicht geregelt gewesen. Man habe eine Bandbreite hinsichtlich der Steigerungsrate von vier bis acht Prozent angenommen. Tatsächlich erhöhte die MAV-Trákció diese um 52 Prozent. Die Situation habe sich mit dem Ausscheiden der Raab-Ödenburger-Bahn aus dem Konsortium auf Einschreiten der EU-Wettbewerbskommission geändert. Es durfte zwischen dem Management der RCA und der MAV kein Kontakt bestehen. Die Geschäftsentwicklung der MAV wäre aus diesem Grund für die RCA nicht einsichtig gewesen.

Macher sei der im Vertrag mit Geuronet vereinbarte Leistungsumfang nur in allgemeiner Art bekannt gewesen. Erst im Frühjahr 2008 wäre ihm bekannt geworden, dass der Vertrag mit Geuronet ohne die Zustimmung des RCA-Vorstandes erfolgt ist. Deshalb habe der Vorstand ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Aus diesem wäre hervorgegangen, dass der Vertrag gültig und bindend sei. Der Vertrag wäre nach den internen Regeln der RCA allerdings nicht konform zustande gekommen. Er sei lediglich von KR Poschalko und dem Prokuristen Leitgeb unterfertigt worden. Zusätzlich zum Vertrag mit Geuronet habe es noch einen mit der Beratungsfirma des Peter Hochegger gegeben. Die Ausschöpfung der Synergien habe sich aufgrund der einjährigen Kontaktsperre zunächst schwierig gestaltet. Dennoch wäre dieses Vorhaben professionell durchgeführt worden.

 

Dr. Günther Riessland, Vorstand Rail Cargo AG, bestritt ebenso, in die Vorgänge um Geuronet involviert gewesen zu sein. Er habe erst durch mediale Berichterstattung von der Firma Kenntnis erlangt. Der mit Andras Gulya vereinbarte Leistungsumfang habe Medienbeobachtung, Leistungen im Zusammenhang mit einer Strategie zum Erwerb der ungarischen Cargo und ein Medienkonzept umfasst. Riessland berief sich wie Macher auf jenes Gutachten der Rechtsanwaltes Nowotny, das den mit dem Lobbyisten abgeschlossenen Vertag für verbindlich und gültig erklärte. Eine persönliche Überprüfung der durch Gulya erbrachten Leistung erfolgte durch Riesslands nicht. Über eine Verwicklung des Aufsichtsratsvorsitzenden Dipl.-Ing. Horst Pöchhacker in die Hinzuziehung Geuronets könne er keinerlei Angaben machen.

Die Finanzierung des Ankaufs der MAV-Cargo sei aus liquiden Mitteln der RCA und der Inanspruchnahme von entsprechenden Kreditlinien erfolgt.

Die Integration der ungarischen Güterbahn in die Strukturen der Rail Cargo wären durch das Einschreiten der Wettbewerbsbehörde erschwert worden. Von vermuteten Kickback-Zahlungen wisse er nichts. Der Wert der MAV musste allein im Jahr 2009 um 25 bis 27 Millionen Euro berichtigt werden. Grund dafür wären die Einbrüche im Transportwesen – hervorgerufen durch die Wirtschaftskrise – und damit einhergehende Umsatzeinbußen gewesen. Andere Bahnen wären allerdings von den Folgen wesentlich härter getroffen worden. In der Frage des Zustandekommens des Übernahmepreises machte Riessland idente Angaben zu jenen KR Machers. Nach den Aussagen Riesslands wäre die Due Diligence zum Großteil reibungslos verlaufen.

 

14. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 03. Mai 2011

 

KR Gustav Poschalko, Vorstand der Rail Cargo AG, ging detailreich auf die Bedeutung der Liberalisierung des Eisenbahnwesens für die Österreichischen Bundesbahnen ein. Die strategische Lage habe sich von einer vorteilhaften Position in der Mitte Europas schlagartig in eine nachteilige verwandelt. Aus strategischen Gründen wäre eine Expansion eine Notwendigkeit gewesen. Zusätzliche Mitbewerber wären in den Markt eingedrungen und hätten ihrerseits ebenfalls versucht, sich langfristig positiv zu positionieren. Die Transportachsen der ÖBB wären im internationalen Vergleich zu kurz. Der innerstaatliche Güterverkehr wäre aufgrund der Rohstoffarmut der Republik relativ unbedeutend, was den Konkurrenzdruck erhöhe. Aus diesen Faktoren habe sich demnach die Notwendigkeit einer strategischen Übernahme ergeben.

In der Aufsichtsratssitzung der Rail Cargo am 26. Juni 2007 habe der Vorstand folgendes beantragt: Abschluss eines Konsortialvertrages mit der Raab-Ödenburger-Bahn, die Teilnahme an der Privatisierung der bis dahin staatlichen Güterbahn MAV Cargo und die Hinzuziehung von Beraterunternehmen. Aufgrund der Größe des Projekts wäre dies eine Notwendigkeit gewesen. Zusätzlich dazu sollte es zu einer umfassenden Due Diligence kommen und die Abgabe eines unverbindlichen Übernahmeangebots genehmigt werden. Der Aufsichtsrat genehmigte diesen Antrag einstimmig. Allerdings mit der Auflage, ihn ebenfalls mit dem Präsidium des Aufsichtsrates abzustimmen. Für die Zahlung des Beraterhonorars an die Firma Geuronet wären ausschließlich die Vorstände Macher und Riessland zuständig gewesen. Die Überweisungen wären ohne Absprache mit ihm erfolgt. Nach dem geltenden Aktiengesetz hätten die beiden als Vorstände völlig weisungsfrei agiert. Pöchhacker habe die entscheidende Rolle bei der Beauftragung Andras Gulyas gespielt.

Beim Zustandekommen des Kaufpreises habe die Raiffeisen Investment AG eine wesentliche Rolle gespielt. Diese sei vom Vorstand vorgeschlagen worden, was vom Präsidium des Aufsichtsrates im Anschluss auch bestätigt worden sei.

Die Problematik des Einschreitens der Wettbewerbsbehörde erkläre sich folgendermaßen: Man war irrigerweise davon ausgegangen, dass die Einwilligung der österreichischen und ungarischen Wettbewerbsbehörden zur Übernahme der MAV-Cargo ausreichend sein würde. Der Vorstand der RCA habe erst im Nachhinein versucht, die Genehmigung Brüssels einzuholen, wodurch sich die Länge des anschließenden Verfahrens erklärt. Um ein weniger zeitaufwendiges Verfahren zu ermöglichen, wäre es notwendig gewesen, sich vom Konsortialpartner Raab-Ödenburger-Bahn zu trennen. Er habe geraten, unter anderem aufgrund des Ausscheidens der Raab-Ödenburger-Bahn, die wegen der Beteiligung der ungarischen Republik erforderlich gewesen wäre und der möglicherweise negativen Auswirkungen des CDO-Geschäftes auf den ÖBB-Konzern, einen Ausstieg aus dem Privatisierungsprozess anzudenken. Das Konsortium mit der Raaber-Bahn wäre nicht zuletzt wertvoll gewesen, um den ungarischen Staat einzubinden. Eventuell wäre dann die Lage für die Rail Cargo Austria heute vorteilhafter.

Der tatsächliche Kaufpreis für die Übernahme der MAV-Cargo wäre bei 374,5 Millionen Euro gelegen. Der Vorstand wäre gemeinsam mit dem Präsidium des Aufsichtsrates ermächtigt gewesen, ein Angebot über maximal 413,6 Millionen zu legen. Die Differenz ergibt sich aus dem damals günstigen Wechselkurs zwischen Forint und Euro.

Die Rail Cargo Austria wollte im Zuge der Übernahme keine Traktion mitkaufen. Das habe den Grund gehabt, dass auf österreichischer Seite bereits Überkapazitäten bestanden hätten. Der Raab-Ödenburger-Bahn wäre die Rolle zugekommen, ungarische Lokomotivführer zur Verfügung zu stellen. Der Aufbau einer eigenen Traktion hätte unter diesen Voraussetzungen ohne Probleme abgewickelt werden können.

Die Firma Hochegger wäre tatsächlich von der RCA mit Honoraren bedacht worden. Ende des Jahres 2007 wäre ein Presseempfang anlässlich der Vorstellung des neuen Vorstandes der RCA ausgerichtet worden. Der Kostenrahmen für diese Veranstaltung wäre 140.000.- Euro limitiert gewesen.

 

 

 

 

15. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 10. Mai 2011

 

Dipl.-Ing. Horst Pöchhacker, Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBB Holding AG, betonte, dass das Ausscheiden der Raab-Ödenburger-Bahn keine Auswirkungen auf die Übernahme der MAV-Cargo gehabt habe und begründete dies mit der Verteilung hinsichtlich der Finanzierung des Kaufpreises. Die Letztgenannte hätte demnach nur fünf Prozent zu tragen gehabt, was für die Rail Cargo Austria keine nennenswerte Mehrbelastung bedeutet hätte. Auf das zugrundeliegende Konzept des Konsortiums in logistischer und politischer Hinsicht ging er nicht ein. Die strategische Bedeutung der Übernahme wäre derart bedeutend gewesen, dass andere Parameter dahinter hätten zurücktreten müssen. Die Gefahr einer Übernahme durch ausländische Konkurrenten wie die Deutsche Bahn wäre zu groß gewesen.

Der Vertrag über die Beauftragung der Firma Geuronet, ihre Kontakte zur Verfügung zu stellen, wäre schon drei Tage nach seinem Antritt als Aufsichtsratsvorsitzendem vorgelegt worden. Er könne mit der Auswahl Andras Gulyas folglich nichts zu schaffen haben, räumte aber ein, dass der Abgeordnete zum Nationalrat a.D. Dr. Josef Höchtl eine Empfehlung abgegeben habe, Geuronet zu beauftragen. Höchtl würde Gulya durch deren jeweilige Funktionen in der ungarischen Andrassy-Universität kennen. Wer endgültig entschieden hat, Geuronet einzubinden, wisse er allerdings nicht. Durch die Vollmachterklärung des Aufsichtsrates vom 26. Juni 2007 sei es Vorstandssache gewesen, einen geeignet erscheinenden Berater auszuwählen. Der für die Rail Cargo erfolgreiche Verlauf des Privatisierungsprozesses würde dessen Qualifikationen belegen. Pöchhacker betonte, Andras Gulya in seinem Leben noch nie zuvor gesehen zu haben; allerdings war Gulya beim Bau der M6 in Ungarn für den Baukonzern Porr tätig, jenen Konzern dessen Vorstandvorsitzender Pöchhacker lange Zeit gewesen ist. Zudem sei es kein besonders besorgniserregender Umstand, dass der Dienstleistungsvertrag mit Geuronet lediglich von einem Vorstandsmitglied und einem Prokuristen unterzeichnet worden ist. Zudem wäre er überzeugt, dass es zu keinen Kickback-Zahlungen gekommen sei.

 

16. Sitzung – Ständiger Unterausschuss des RH-Ausschusses 09. Juni 2011

 

Mag. Christian Kern, CEO der ÖBB–Holding, betonte die Kompetenz Horst Pöchhackers. Unter Verweis auf dessen Funktion als Aufsichtsratspräsidenten wollte er keine Angaben zu dessen Integrität als Person machen. Eine Verbindung zwischen diesem und Andras Gulya sei ihm persönlich nicht bekannt.

Er betonte die Bedeutung langer Transportachsen für das Unternehmen ÖBB. Es müsse aufgrund der beschränkten Möglichkeiten innerhalb des Staatsgebietes Österreichs zu Erweiterungen des Marktes kommen. Dieser Hintergrund würde die Relevanz einer Expansion der RCA beleuchten.

Der Kaufpreis der MAV-Cargo wäre aus heutiger Perspektive natürlich zu hoch ausgefallen. Das hauptsächliche Problem läge aber darin, dass es nicht zu einer Integration der Unternehmensbestandteile der beiden Firmen gekommen sei. Synergien wären nur in unzureichendem Ausmaß ausgeschöpft worden. Das Volumen der Kreditlinie im Zuge der Übernahme der ungarischen MAV würde sich aus ökonomischen Zusammenhängen ergeben. Eigenkapital sei teurer als Fremdkapital, weshalb „geleveraged“ worden sei.

Die Probleme der MAV würden sich aus der Kostenseite ergeben. Die Kosten der MAV-Cargo würden zu einem Anteil von 60 Prozent von der Muttergesellschaft MAV herrühren. Besonders virulent wären die Kosten im Bereich der Traktionen und des Schienenbenützungsentgeltes. Die RCA versuche deshalb verstärkt eigene Traktion nach Ungarn zu verlagern. Die Folge dieser Politik bestünde allerdings darin, dass die Schienenbenützungsentgelte parallel dazu erhöht würden.

 

Ferdinand Schmidt, Vorstand Rail Cargo AG, begründete, weshalb er den Vertrag zu Beauftragung von Geuronet nicht unterschrieben habe. Er gab an, dass die Wahl der Firma Geuronet nicht diskutiert worden sei. Poschalko habe ihm den Vertag vorgelegt, aber er habe von einer Unterzeichnung unter den oben angeführten Umständen Abstand genommen. Er wäre davon ausgegangen, dass sich zuvor entsprechende Gremien mit der Angelegenheit befassen müssten. Danach habe er sich ins Ausland begeben. Bei seiner Rückkehr wäre der Vertrag mit Geuronet bereits unterzeichnet gewesen. Andras Gulya wäre ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Begriff gewesen. Er habe die Angelegenheit der Vertragsunterzeichnung allerdings mit Pöchhacker besprochen und betont, dass ihm der Vertrag vorliege, dieser aber nicht alleine vom Vorstand abgeschlossen werden könne. Zudem wäre jener Vertrag, den Poschalko ihm vorgelegt habe, ein anderer gewesen, als jener, der tatsächlich in Kraft trat. Der letztere wäre mit geringeren Kosten versehen gewesen. Die Leistungsbestätigung habe Poschalko vorgelegen, sei allerdings nicht in Augenschein genommen worden. Weshalb anstatt dessen der komplexere Weg beschritten wurde, eine Rechtsauskunft einzuholen, konnte er nur unter Verweis auf übliches Vorgehen erklären. Er selbst habe auf die an Geuronet ergangenen Überweisungen keinerlei Einfluss gehabt. Das wäre vielmehr in die Kompetenz Machers und Riesslands gefallen. Auch er räumte ein, dass die im Dienstleitungsvertrag vereinbarten Leistungen ungenau festgehalten gewesen wären. Er habe Gulya lediglich im Rahmen einer Veranstaltung kennengelernt, zu einem Zeitpunkt, als der gegenständliche Vertrag bereits Gültigkeit hatte.

Am Zustandekommen des Kaufpreises der MAV-Cargo wären drei Beratungsunternehmen beteiligt gewesen. Die Raiffeisen Investment AG, Lloyd sowie die Kanzlei Eisenberger und Herzog. Die Bestrebung zu expandieren hätte sich aus geographischen Notwendigkeiten ergeben. Die Liberalisierung des Eisenbahnmarktes habe die Position der Rail Cargo Austria gefährdet. Schon 2005 habe sich die RCA an der Privatisierung der slowakischen Güterbahn beteiligt. Man wäre Bestbieter gewesen, doch ein Regierungswechsel verhinderte damals die Übernahme.

Der Kaufpreis der MAV-Cargo habe sich aus folgenden drei Bestandteilen zusammengesetzt: Dem Wert des Unternehmens, der Abwendung des Bedrohungspotentials und den errechneten Synergieeffekten. Die Due Diligence sei gewissenhaft durchgeführt worden. Entgegen anderslautender Behauptungen wäre auch nicht ein Großteil des Rollmaterials schrottreif. Das Organ des Vorstandes selbst wäre der Berichtempfänger der einzelnen Projektteams gewesen.

Die Integration der beiden Unternehmungen habe sich aufgrund des Einschreitens der EU-Wettbewerbsbehörde verzögert. Am 2. Jänner 2008 sei ein rechtsgültiger Vertrag mit der Raab-Ödenburger-Bahn abgeschlossen worden, der dieser die Möglichkeit einräumte, 25 Prozent plus einer Aktie der Anteile der MAV-Cargo zu erwerben. Im selben Monat habe die Wettbewerbskommission signalisiert, dass sich die Zuständigkeit im konkreten Fall bei Brüssel und nicht im Rahmen nationaler Kompetenzen befinde. Ein diesbezügliches Zusammenschlussverfahren sei eingeleitet worden.

 

 

3.2 Beschaffungswesen der ÖBB

 

16. Sitzung – Ständiger Unterausschusses RH-Ausschusses 09. Juni 2011

 

Ing. Mag. Rudolf Fischer, Aufsichtsratsmitglied: Zum Thema Beschaffungswesen drehten sich die ersten Fragen um den Ausbau des Mobilfunknetzes entlang der Bahnstrecken, die soweit Fischer – gleichzeitig Leiter der Festnetzabteilung in Telekom Austria - nichts berichten konnte. Weiter konnte er zu den verschwunden Mobiltelefonen, die einerseits zu Unrecht angeworben und von Einzelnen weiterverkauft wurden, keine Auskunft geben. Am Schluss seiner Befragung stellte er allerdings fest, dass es höchst merkwürdig sei, dass jedes Mobiltelefon quasi als Einzelvertrag betrachtet wurde und nicht wie üblich ein Unternehmenstarif mit einer fixen vertraglichen Anzahl von auszugebenen Mobiltelefonen vereinbart wurde. Das Beschaffungswesen an sich, war laut Fischer nie wirklich Thema im Aufsichtsrat; weiter schloss er vehement aus, dass seine Tätigkeit bei der Telekom Austria keinen Interessenskonflikt mit seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat darstelle. Zudem wusste er von Telekomseite her nichts von den Massenbestellungen von Mobiltelefonen.

 

Mag. Christian Kern, CEO der ÖBB–Holding, sieht das Übel der Fehler, die im Bereich Beschaffungswesen passiert sind, darin, dass es bis dato keine zentrale strategische Einkaufsstelle gab. Kern berichtete, dass vor dieser Einrichtung hunderte Mitarbeiter für den Einkauf zuständig waren und somit ein Vier-Augen-Prinzip nicht einhaltbar war. In diesem Bereich geht es laut Kern nicht nur darum aus der Causa Mobiltelefone zu lernen, sondern vor allem darum, ein Einsparungspotenzial zu nutzen.

 


 

4. Analyse

 

 

4.1 CDO-Geschäfte

 

In der Treasuryabteilung der ÖBB war es Usus Zinsswapgeschäfte abzuschließen. Im speziellen Fall der Kontrahierung mit der Deutschen Bank wurde der Bogen in Hinsicht auf Konzernstatuten und Managementmoral aber überspannt. Die Vorstände Mag. Martin Huber und Mag. Erich Söllinger setzten die Treasuryabteilung extrem unter Druck, um mehr Geschäfte abzuschließen und die Bilanzsituation aufzubessern. Aufgrund des internen Drucks seitens des Konzerns und des externen Drucks seitens der Deutschen Bank kam ein Absicherungsgeschäft von 600 Mio. Euro zustande. Für den Abschluss dieses Geschäftes versprach man der ÖBB eine Provision (=Rendite) von ca. 32 Mio. Euro. Als bekannt wurde, dass es sich hier unter keinen Umständen um ein gewöhnliches Swapgeschäft handelt, entschieden Söllinger und Huber, dennoch nicht sofort auszusteigen. Die Begründung dafür lautete, dass die Deutsche Bank für eine sofortige Rückabwicklung ca. 50 Mio. Euro verlangen würde. Bei diesem Handeln der Verantwortlichen muss deren Kompetenz in Frage gestellt werden.

Nachdem die Finanzkrise das bis dahin Triple A geratete Papier immer gefährlicher machte, entschloss man sich 2008 endgültig, gegen eine Zahlung von 250 Mio. Euro, auszusteigen. Zwar hatte die ÖBB versucht, über den Rechtsweg die Vorgehensweise der Deutschen Bank, die in diesem Fall laut Aussage des Herrn Leitgeb ganz klar ihrer Informationspflicht nicht nachkam, als rechtswidrig feststellen zu lassen, doch begnügte man sich, kurz bevor der Oberste Gerichtshof diesen Fall verhandeln wollte, mit dieser außergerichtlichen Lösung.

Dass die Vorstände Huber und Söllinger nicht zur Rechenschaft für diesen groben Managementfehler gezogen wurden, liegt vor allem daran, dass sie unter dem damaligen Verkehrsminister Faymann frühzeitig entlastet wurden. Dass vor allem Faymann als Endverantwortlicher in keiner Weise versucht hat, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, lässt ihn zum Mittäter verkommen. Moralisch gesehen war das Verhalten von Huber und Söllinger aber deshalb derartig missverständlich, da sie in ihren Aussagen vor dem Unterausschuss jede Schuld von sich wiesen und gerade demjenigen zuschoben, den sie über die ganz Zeit hinweg unter Druck setzten, dass er ein Geschäft dieser Art abschließt. Es ist mittlerweile aufgrund vieler Aussagen klar, dass Huber und Söllinger zu jedem Zeitpunkt über die Anbahnung bis zur Fixierung des Geschäftes Bescheid wussten.

 

 

4.2 MAV-Cargo

 

Grundsätzlich waren die Expansion und die Übernahme wohl durchdacht und durchgeplant. Die Durchführung allerdings lässt einige Fragen offen.

Dass eine Lobbyingagentur in Ungarn mit einer Einlage von 140.- Euro, deren eingetragene Geschäftsführerin eine Volksschullehrerin ist, damit beauftragt wurde, für ein Geschäft dieser Größenordnung zu operieren, ist nach wie vor mehr als unverständlich. Dass hinter diesem gesamten Konstrukt ein gewisser Herr Andras Gulya steht, kam ziemlich schnell heraus. Gulya hatte zuvor schon für die Firma Porr und andere österreichische Unternehmen in Ungarn lobbyiert. Trotzdem scheint ihn dort niemand mehr zu kennen. Vorstandsmitglieder wie Huber und Aufsichtsratschef Pöchhacker, die allesamt aus der Firma Porr kommen, haben diesen Namen angeblich nie vernommen. Gulya erhielt in zwei Tranchen 7 Millionen Euro, um, so die Vermutung, Regierungsbeamte zu bestechen.

Gulya wurde mehrere Male vor den Ausschuss geladen. Eine Reaktion blieb leider aus. Im Nachhinein ist dieses Verhalten als reines Schuldeingeständnis zu werten. Als Resümee ist ganz klar zu sagen, dass Gulya überbezahlt und der absolut falsche Mann dafür war. Um Kontakte nach Osteuropa zu knüpfen, hätte man auch auf eigene Ressourcen zurückgreifen können. Gustav Poschalko beispielsweise besitzt beste Kontakte und hätte diese auch nützen können. Der Name Gulya wurde vom ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Josef Höchtl (ÖVP) ins Spiel gebracht, der Gulya vom Aufsichtsrat der Andrassy Universität in Budapest kennt.

Im Rahmen der Due Diligence versagten die ÖVP-nahen Vorstände Riessland und Macher gänzlich. Sie waren ohne ihr betriebliches Umfeld aus der Privatwirtschaft nicht in der Lage, die anstehenden Herausforderungen in der Logistik und im Finanzbereich zu meistern. Diese Tatsache spiegelt sich vor allem bei der Werteinschätzung der MAV-Alt, deren Buchwert nur noch 120 Mio. Euro beträgt, wieder. Ein Gutteil dieser Wertberichtigungen ist vor allem auf marodes Rollmaterial zurückzuführen. Entgegen der Ausführungen von Friedrich Macher sind in der Realität mehr als ein Viertel der Güterwaggons schrottreif.

 

 

4.3 Italiengeschäfte

 

Es wurde von den ÖBB stets behauptet, dass Johannes Kasal keine weiteren Vergütungen für seine Tätigkeit in Italien bekommen hat. Auf Grund vorliegender, anderslautender Informationen wurde mehrmals die Ladung von Johannes Kasal beantragt, was die Regierungsparteien, speziell die ÖVP, jedoch zu verhindern wussten.

Tatsache ist, dass laut einem Dokument, das am Aufsichtsrat vorbeigeschmuggelt wurde, Kasal von seinem Dienstgeber ÖBB für seine Tätigkeiten im Ausland pro Kalendermonat 2.000.- Euro extra und eine Einmalzahlung von 10.000.- Euro erhielt.

 

 

 

5. Politische Verantwortung

 

 

5.1 MAV- Cargo

 

5.1.1 Werner Faymann

 

In der Aufsichtsratssitzung vom 26. Juni 2007 beantragte der Vorstand der Rail Cargo Austria die Beteiligung an der Privatisierung der ungarischen MAV-Cargo, unter Miteinbeziehung einer Beraterfirma. Zusätzlich sollte Zustimmung zur Bildung eines Übernahmekonsortiums bestehend aus der RCA und der Raab-Ödenburger-Bahn erfolgen. Die Anträge wurden einstimmig bewilligt.

Der Beginn der Expansion erfolgte während Werner Faymanns Ära als zuständiger Bundesminister für Verkehr, Infrastruktur und Technologie. Der ÖBB-Konzern befindet sich zur Gänze im Eigentum der Republik, weshalb dem Minister nach dem Aktienrecht die Rolle des Eigentümervertreters zukommt. Die damit einhergehenden Aufsichts- und Kontrollpflichten hat Werner Faymann nur äußert ungenügend wahrgenommen.

So lag der Kaufpreis der ungarischen Güterbahn wesentlich über den kolportierten rund 390 Millionen Euro. Hinzugerechnet werden müssen die Kosten für eine Personalstandgarantie ebenso wie die Übernahme von Schulden der MAV, wie ein zugesichertes Investitionsvolumen. Bei Berücksichtigung dieser Faktoren resultiert ein Gesamtpreis von über 720 Millionen Euro. Es sind keinerlei Akten oder andere Quellen darüber bekannt, dass das Bundesministerium angesichts dieser Verschleierung des realen Transaktionspreises eingeschritten wäre.

Der im Jahr 2007 abgeschlossene Dienstleistungsvertrag mit dem ungarischen Lobbying-Unternehmen Geuronet des Andras Gulya hätte Faymanns Aufmerksamkeit auf sich ziehen müssen. Nach ungarischem Recht müssen Lobbyisten registriert sein, ansonsten ist deren Tätigkeit illegal. Das Beraterunternehmen Geuronet ist nicht registriert. Ebenso wenig reagierte Faymann auf die persönlichen Vernetzungen, die zur Auftragsvergabe an Andras Gulya führten, ihm aber bekannt sein hätten müssen. So sind der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB-Holding, Horst Pöchhacker, und Andras Gulya durch eine lange gemeinsame Geschichte, die noch von Pöchhackers Tätigkeit für den Baukonzern Porr rührt, miteinander eng verwoben. Genau wie Pöchhacker und Faymann selbst.

Als Anfang 2008 die EU-Wettbewerbsbehörde einschritt, weshalb sich die Raaber-Bahn aus dem Übernahmekonsortium schließlich zurückzog, reagierte das Bundesministerium nicht auf die grundlegende Änderung der strategischen Lage, die sich daraus ergeben musste. Dieser Umstand war jedoch bekannt und wurde in den Gremien von ÖBB und RCA diskutiert. Entscheidungsträger wie Gustav Poschalko warnten unter den veränderten Rahmenbedingungen und der augenscheinlichen Problematik misslungener Spekulationsgeschäfte vor einer Übernahme der MAV Cargo. Wiederum blieb der Eigentümervertreter passiv und ließ schließlich den Personenkreis um Pöchhacker freie Hand.

Der damalige Bundesminister Faymann hat die ÖBB-internen und betriebswirtschaftlichen - oben angeführten - Vorgänge zumindest toleriert, was eine grobe Fahrlässigkeit bedeutet, die die ÖBB und im Endeffekt die Republik, hunderte Millionen Euro kostete.

 

5.1.2 Doris Bures

 

Bures hat seit Dezember 2008 das Amt der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie inne. Zu Beginn ihrer Amtszeit waren die Vorgänge rund um die Übernahme der MAV Cargo bereits weit fortgeschritten. Sie hat es zumindest verabsäumt, die Vorgänge unter Faymann einer Revision zu unterziehen und sich selbst den erforderlichen Einblick um die Übernahme der MAV Cargo zu verschaffen. In der Folge gestaltete sich auch ihre Rolle als Eigentümervertreterin passiv. Als Ende 2010 eine Tonbandaufnahme an die Öffentlichkeit drang, die Korruptionsvorwürfe gegen Pöchhacker bestätigte, stellte sich die Bundesministerin hinter diesen.

Bis heute zogen diese Vorkommnisse keine ernsthaften Konsequenzen hinsichtlich der wahren Entscheidungsträger nach sich. Selbst die Tatsache, dass die Rail Cargo eine staatliche Finanzspritze in Höhe hunderter Millionen Euro benötigen wird, um wirtschaftlich überleben zu können, zog keine Konsequenzen gegen das verantwortliche Management nach sich.

Die Nähe vieler Entscheidungsträger zur SPÖ ist evident, was den Verdacht erhärtet, dass von einer ernsthaften und ergebnisorientierten Aufarbeitung der Causa Abstand genommen wird, um Schaden von der Partei möglichst abzuwenden.

 

 

5.2. CDO - Geschäfte

 

5.2.1. Werner Faymann

 

Der jetzige Bundeskanzler und damalige Infrastrukturminister war in seiner Zeit als ÖBB–Eigentümervertreter nicht nur dafür verantwortlich, sich um die richtige Auswahl von Inseraten zu kümmern, sondern vor allem den Vorstand regelmäßig um Auskunft über die aktuelle Lage des größten Arbeitgebers in der Republik zu bitten.

Unter Minister Faymann ist die umstrittene Entlastung Hubers „passiert“. Letztlich wurden die Verträge auf Druck der Medien und auf Grund einiger Widersprüche mit dem Aufsichtsrat einvernehmlich, aber mit sehr großzügig vergüteten Abschlagszahlungen aufgelöst. Obwohl Huber einer der Hauptverantwortlichen im Bezug auf das Misslingen der derivativen Geschäfte war und ist, hat man dem ehemaligen Vorstand damit auch aus jeglicher Verantwortung entlassen. Laut einem Gutachten, dass diese Causa behandelte, besteht durch die einvernehmliche Lösung kein Rechtsanspruch gegen Huber mehr. Huber wurde nicht nur einvernehmlich von seinem Posten entfernt, es wurden darüber hinaus zwischen ihm und der ÖBB noch Konsulentenverträge abgeschlossen, die mit seinem „angeblichen für den Konzern unentbehrlichen Wissen“ argumentiert wurden.

Faymann hätte vor seiner Zustimmung zu dieser einvernehmlichen Lösung jegliche rechtlichen Schritte ausnützen müssen, um die Verantwortlichen für den Verlust von über 250 Millionen Euro auszumachen. Weiter wären dem ehemaligen Infrastrukturminister durch das Aktiengesetz jederzeit alle Mittel zur Verfügung gestanden, Informationen zu bekommen.

 

 

5.2.2 Doris Bures

 

Werner Faymann machte schon den Fehler, auf medialen Druck verspätet zu reagieren. Doch Doris Bures reagierte gar nicht. Selbst als die mediale Berichterstattung über ein Haftungsgeschäft von mehr als 600 Millionen Euro ihren Höhepunkt erreichte, schien Doris Bures nichts davon mitbekommen zu haben. Bei ihrer Befragung im Rahmen des Ausschusses argumentierte sie damit, dass sie vom Aufsichtsrat nicht informiert wurde.

In zweiter Linie machte Bures klar, dass sie keinerlei Verantwortung dafür trage, da sie sich ja den Aufsichtsrat nicht aussuchte und nicht wüsste, wer die Ansprechpartner wären. Klar ist allerdings, dass die Bundesministerin als Eigentümervertreterin jederzeit das Recht hat, über Vorgänge in den ÖBB informiert zu werden. Vor allem wenn die mediale Berichterstattung beinahe täglich neue brisante Details ans Tageslicht führt, wäre es ihre Pflicht gewesen, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Ordnung in die Struktur der ÖBB zu bekommen.


 

6. Empfehlungen für die künftige Ausschussarbeit

 

Durch die Arbeit in diesem ständigen Unterausschuss des Rechnungshof-ausschusses lassen sich wichtige Empfehlungen formulieren, mit denen weitere ständige Unterausschüsse des Rechnungshofausschusses leichter durchzuführen wären. Zum Einen sollte die Geschäftsordnung dahingehend geändert werden, dass geladene Personen dazu verpflichtet werden vor dem Unterausschuss zu erscheinen.

Zum Anderen sollte die Wahrheitspflicht in Bezug auf etwaige Aussagen in der Geschäftsordnung verankert werden. Um der Wahrheitspflicht Genüge zu tun, sollte es auch möglich sein, etwaige Falschaussagen zu sanktionieren.