1530 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 542/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend restriktivere Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie

Die Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 12. März 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„ Sexueller Missbrauch von Kindern ist stets eine Verletzung der ungestörten Gesamtentwicklung des Kindes durch vorzeitige sexuelle Erlebnisse. Dadurch wird die Entwicklung seiner sexuellen Selbstbestimmungsfähigkeit gestört. Im österreichischen Recht wird die Einwilligungsfähigkeit des Kindes in sexuelle Handlungen, mithin die sexuelle Autonomie des Kindes generell verneint. Genaue Zahlen über den Anteil an Sexualstraftätern unter den Pädophilen sind nicht bekannt. Einmal einschlägig straffällig gewordene Pädophile unterliegen allerdings einer hohen Rückfallgefahr. Internationale Studien haben ergeben, dass die Rückfallquote bei ihnen mit etwa 40 bis 50 Prozent etwa doppelt so hoch ist wie die durchschnittliche Quote für Sexualstraftäter von 22 Prozent.

 

Die unmittelbaren Auswirkungen von sexuellem Missbrauch auf ein Kind sind sehr unterschiedlich. Als erschwerende Umstände, welche die Folgen eines Missbrauches erschweren können, können der Missbrauch durch nahe Bezugspersonen oder die Dauer des Missbrauches als auch mangelnde Unterstützung im familiären Umfeld des Kindes nach einem Missbrauch gelten. Opfer von sexuellem Missbrauch benötigen oft psychotherapeutische Hilfe oder eine Form psychologisch-psychotherapeutischer Beratung. Einerseits zur Bewältigung der verletzenden Erfahrung und zur Bewältigung des gegenwärtigen Lebens, andererseits um wieder für künftige Beziehungen offen und fähig zu werden. Immer sollten auch die Bezugspersonen der Kinder miteinbezogen werden, um ihnen die oft problematische Bewältigung der Erfahrungen des Kindes zu erleichtern. Eine Behandlung kann erst erfolgen, wenn das Kind nicht mehr in Gefahr ist, erneut missbraucht zu werden. Hierzu ist es notwendig den Täter und das Opfer voneinander zu trennen.

 

Wenn die unmittelbare Krise vorüber ist, brauchen viele Kinder weiterhin professionelle Hilfe. Häufig entwickelt sich eine Posttraumatische Belastungsstörung. Hier hängt die Beeinträchtigung der Opfer oft von der Schwere der Tat ab. Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem bei dissoziativen Identitätsstörungen, Essstörungen sowie Borderline-Persönlichkeitsstörungen in der Kindheit sexueller Missbrauch vorlag.

 

In Europa boomt außerdem der Online-Pädophilie-Markt. Das Geschäft mit dem Tausch und Handel von pädophilem Material ist in den vergangenen fünf Jahren um 150 Prozent gewachsen. Die Zahl der pädophilen Bilder im Internet sei um 400 Prozent gestiegen. Das geht aus einem unlängst veröffentlichten Dossier des italienischen Kinderschutzverband "Telefono Arcobaleno" hervor. 3.000 Kinder seien allein im vergangenen Jahr Opfer dieses Geschäfts geworden.

 

58 Prozent der Nachfrage von pädophilen Bildern stamme aus Europa, heißt es in dem Dossier des Verbands, der in den vergangenen 13 Jahren rund 228.000 Anzeigen wegen Pädophilie im Internet erstattet hat.  42 Prozent der dargestellten Kinder sind unter sieben Jahre alt, 77 Prozent sind jünger als neun Jahre.  Schätzungen internationaler Organisationen zufolge werden mit Internet-Pädophilie rund fünf Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftet. Bilder missbrauchter Kindern kosten zwischen 30 und 100 Euro. Für einen Film werden bis zu 300 Euro bezahlt.

 

Laut Schätzungen der UNO wird durch Handel und Herstellung von Kinderpornografie weltweit so viel umgesetzt wie durch den illegalen Waffenhandel. Eine Grundlage für diese Schätzung ist nicht bekannt. In Medien wurde bisweilen von einem Umsatz von 18 Milliarden US-Dollar mit Kinderpornografie berichtet. Diese Zahlen basieren auf einem Papier von Interpol, sind aber falsch. Interpol selbst sprach auf einer Konferenz im Februar 2001 von „Traffiking in persons“; in dieser Definition ist allerdings insbesondere auch Menschenhandel eingeschlossen.

 

Die Mehrheit der Sexualmediziner geht heutzutage davon aus, dass die Entwicklung der Sexualität im Wesentlichen mit dem Ende der Pubertät abgeschlossen ist und eine grundsätzliche Änderung der pädophilen Sexualpräferenz nicht möglich ist. Therapieansätze, die z.B. durch tiefenpsychologische oder verhaltenstherapeutische Therapien oder mit Hilfe der Systemischen Therapie, eine "Heilung" anstreben, d.h. versuchen das sexuelle Interesse auf Erwachsene umzulenken, sind in ihrer Wirksamkeit mehr als nur umstritten. Eine dauerhafte Sicherheit für die Bevölkerung kann also nur dann erreicht werden, wenn die Straftäter dauerhaft angehalten werden.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 22. November  2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich neben dem Berichterstatter Christian Lausch die Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Mag. Albert Steinhauser, Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Herbert Scheibner, Mag. Johann Maier und Mag. Daniela Musiol sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl.

 

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag 542/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: F, B, dagegen: S, V, G).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Glaser gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 11 22

                                   Franz Glaser                                                         Mag. Heribert Donnerbauer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann