1777 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Bericht der Bundesministerin für Finanzen über eine betreiberunabhängige Spielerkarte aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 16. Juni 2010,
E 103-NR/XXIV. GP (III-308 der Beilagen)

Aus der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 ergeben sich mehrere neue und weitreichende Maßnahmen zum Spielerschutz. Zudem wird Österreich durch die elektronische Anbindung von Glücksspielautomaten und Video Lotterie Terminals an das BRZ – wie sie im Notifikationsentwurf des BMF für eine Glücksspielautomatenverordnung vom 22. November 2011 näher skizziert ist – künftig im internationalen Vergleich eine führende Rolle in der Kontrolle des Automatenglücksspiels einnehmen.

Der internationale Vergleich zeigt, dass darüber hinaus nur wenige bestehende Lösungen gesetzlich vorgegebener betreiberunabhängiger Spielerkarten existieren, diese sich allerdings als ein geeignetes Instrument zum Spielerschutz mit umfassenden Anwendungsmöglichkeiten darstellen kann. Dabei zeigen insbesondere den Spieler unterstützende Anwendungen sowohl eine besonders hohe Akzeptanz als auch eine positive Wirkung auf den Spielerschutz, da „informierte Spieler“ die Möglichkeit erhalten, sich ihr Spielverhalten umfassend bewusst zu machen. Dabei könnte eine Spielerkartenlösung neben der Bereitstellung von Informationen für einen „informierten Spieler“ auch Maßnahmen wie das (verpflichtende) Setzen von selbst gewählten Selbstbegrenzungen hinsichtlich Einzahlungen und Spielzeit sowie die Möglichkeit einer betreiberübergreifenden Selbstsperre enthalten.

Zwangsmaßnahmen und Fremdbegrenzungen werfen dagegen zahlreiche ungelöste Fragen auf. Dabei stehen gesetzlichen Begrenzungen von Einzahlungen und Spielzeiten unterschiedliche Expertenansichten hinsichtlich ihrer suchtpräventiven Wirksamkeit gegenüber („Kontrollillusion“). Als partielle Begrenzung der allgemeinen zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit und bei einhergehenden personenbezogenen Datenaustauschverpflichtungen sind sie (verfassungs-)rechtlich sehr sensibel. Darüber hinaus lässt sich eine allgemein gültige und auch von den Spielern selbst akzeptierte absolute monetäre Grenze angesichts unterschiedlicher Einkommens- und Vermögenssituationen von Spielern nur schwer finden. Auch dem betreiberübergreifenden Ausschluss vom Spiel durch Betreiber oder Gesundheitsinstitutionen gegen den Willen des Spielers (betreiberübergreifende Fremdsperre) stehen gewichtige rechtliche und akzeptanzmäßige Gegenargumente entgegen. Der Wert einer Möglichkeit zur betreiberübergreifenden Selbstsperre ist aber unbestritten, da diese auch als ein zusätzliches therapeutisches Hilfsangebot an den Spieler in der Abwehr bisheriger Verhaltensmuster genützt werden könnte. Zur Vermeidung des Ausweichens von Spielern in nicht-konzessionierte Bereiche, die die positiven Wirkungen einer Spielerkarte schmälern oder gar vereiteln würde, ist jedenfalls auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu achten. Essenziell für einen Erfolg ist nicht zuletzt die Akzeptanz der Maßnahmen durch die Spieler, da nur durch die intensive Nutzung einer Spielerkartenlösung auch ein entsprechender Nutzen erzielt werden kann.

Die zentrale Speicherung von Daten kann schließlich auch wertvolle aggregierte Informationen zum Spielverhalten und für potenzielle zusätzliche Spielerschutzmaßnahmen liefern, wobei die Frage personenbezogener gegenüber anonymisierter Datenübertragung aus datenschutzrechtlichen, aber auch aus amtshaftungsrechtlichen Gründen zu beachten ist.

In technischer Hinsicht wäre die Planung und Umsetzung einer Spielerkarte als eine Erweiterung des Datenrechenzentrums des neuen GSpG nach elektronischer Anbindung von Glücksspielautomaten und Video-Lotterie-Terminals an das BRZ möglich, wobei die Verpflichtung der elektronischen Anbindung nach dem vorliegenden Notifikationsentwurf der Glücksspielautomatenverordnung bis Mitte 2013 geplant ist und der Ablauf der allgemeinen Übergangsfrist für Altautomaten in bisherigen Erlaubnisländern für Ende 2014 vorgesehen ist.

Da im Jahr 2014 einerseits bereits die technischen Voraussetzungen und Möglichkeiten des neuen Datenrechenzentrums des GSpG feststehen und andererseits auch erste Evaluierungsergebnisse des neuen GSpG und seiner Spielerschutzmaßnahmen aus der gesetzlichen Evaluierungsverpflichtung vorliegen, könnte gleichzeitig ein Folgebericht des Bundesministeriums für Finanzen über eine betreiberunabhängige Spielerkarte an den Nationalrat erstattet werden.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 10. Mai 2012 in Verhandlung genommen.

Vor Schluss der Debatte beschloss der Ausschuss gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig, den vorliegenden Bericht aus wichtigen Gründen nicht endzuerledigen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Kai Jan Krainer die Abgeordneten Mag. Roman Haider, Ing. Peter Westenthaler, Dr. Ruperta Lichtenecker und Maximilian Linder sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und der Ausschussvorsitzende Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B, dagegen: G) beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht der Bundesministerin für Finanzen über eine betreiberunabhängige Spielerkarte aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 16. Juni 2010,
E 103-NR/XXIV. GP (III-308 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2012 05 10

                                 Kai Jan Krainer                                                     Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann