1835 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 1704/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend betreffend sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person

Die Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 19. Oktober 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

㤠205 StGB lautet:

(1) Wer eine wehrlose Person oder eine Person, die wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt oder sie zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwangerschaft zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen. Hat die Tat jedoch den Tod der missbrauchten Person zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.

Da in § 205 Abs 1 StGB nicht zwischen Beischlaf oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung und (sonstiger) geschlechtlichen Handlung differenziert wird, steht man vor dem Ergebnis, dass eine Vergewaltigung unter Ausnützung der besonderen Wehrlosigkeit einer behinderten Person mit maximal 5 Jahren bestraft werden kann, während der Strafrahmen bei der Vergewaltigung nach § 201 StGB 10 Jahre beträgt.

Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb im § 177 Abs 1 StGB die unterschiedlichen Tatmitteln der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung, Gewalt/Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben/Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, gleichrangig nebeneinander gestellt und insofern einem einheitlichen Strafrahmen unterstellt. Siehe auch Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofes 1 StR 580/10 vom 12.1.2011.

Auch der unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung meint in einer Stellungnahme vom 24. Februar 2011: „Ausnahmeregelungen auf Grund von Beeinträchtigung bzw. Behinderung, so auch im Strafrecht, zB werden Sexualdelikte gegen Menschen mit Behinderung vielfach unter § 205 StGB (Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person, vormals Schändung) abgehandelt, erschweren nach erlittenem Unrecht den Zugang zu Gerechtigkeit. Aus dem Kriterium der „Wehrlosigkeit“ wird eine mildere Bestrafung abgeleitet, entgegen der Schieflage, die gerade durch die „Wehrlosigkeit“ entsteht und deren Ausnutzung so besonders verwerflich ist.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Mag. Helene Jarmer die Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Christoph Hagen, Gerald Grosz, Mag. Albert Steinhauser, Anneliese Kitzmüller, Mag. Gisela Wurm und Mag. Karin Hakl sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Heribert Donnerbauer, Mag. Harald Stefan, Mag. Helene Jarmer und Gerald Grosz einen Abänderungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 1704/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages einstimmig beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2012 06 21

                             Mag. Helene Jarmer                                                  Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann