1867 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über die Regierungsvorlage (1809 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert werden

 

Zur UVP-G-Novelle:

Die vorgeschlagene Novelle des UVP-G 2000 geht auf Verbesserungsvorschläge der Vollzugsbehörden und der betroffenen Kreise, u.a. beim „Runden Tisch Effiziente UVP-Verfahren“ im Herbst 2011, ein und schlägt Ergänzungen zu neuen technologischen Herausforderungen, wie Schiefergas-Fracking, und Entwicklungen auf EU-Ebene vor.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

1. Anpassungen im UVP-Verfahren

Durch die Möglichkeit einer freiwilligen UVP statt der Einzelfallprüfung soll es zu einer Verfahrensvereinfachung kommen. Über Antrag der Projektwerberin soll nun statt einer Einzelfallprüfung im Rahmen eines UVP-Feststellungsverfahrens über die UVP-Pflicht sogleich eine freiwillige UVP durchgeführt werden können.

Eine weitere Verfahrensvereinfachung soll dadurch erreicht werden, dass es keine Parteistellung von mitwirkenden Behörden im Feststellungsverfahren gibt. Aufgrund einer Forderung der Länder aus dem „Deregulierungspaket“ zur UVP soll die Parteistellung der mitwirkenden Behörden im Feststellungsverfahren entfallen. Es bleibt aber ein Anhörungsrecht, um die Koordinierung bei der Besorgung der Verwaltungsaufgaben sicherzustellen. Auch das Recht der mitwirkenden Behörden einen Antrag auf Durchführung eines UVP-Feststellungsverfahrens zu stellen wird nicht beschnitten.

Eine Vereinfachung soll bei den Einreichunterlagen der Projektwerberin erreicht werden. Die UVP-Behörde soll bei UVP-Verfahren festlegen können, dass Angaben und Unterlagen, die nicht für die Abschätzung der Umweltauswirkungen notwendig sind, erst in einem späteren Verfahrensstadium nachgereicht werden können. Dies bringt Erleichterungen für die Projektwerber hinsichtlich der Einreichunterlagen und mehr Übersichtlichkeit bei der UVE.

Eingeführt werden soll ein Überprüfungsantrag bzw. eine Beschwerdemöglichkeit für anerkannte Umweltorganisationen bei negativen UVP-Feststellungsentscheidungen. Zur Abwendung einer Klage der Europäischen Kommission an den Gerichtshof der Europäischen Union auf Grund eines derzeit laufenden Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Republik Österreich sowie aus Gründen der wirksamen Umweltvorsorge erscheint es sinnvoll, bei Großprojekten anerkannten Umweltorganisationen ein Antragsrecht auf Überprüfung der Entscheidungen der UVP-Behörde, dass für eine Vorhaben keine UVP durchzuführen ist (= negative Feststellungsentscheidung), einzuräumen. Bei Vorhaben des 2. Abschnitts des UVP-G sollen sich anerkannte Umweltorganisationen gegen negative Feststellungsentscheidungen der Landesregierungen an den Umweltsenat wenden können. Bei Verfahren des 3. Abschnitts (Bundesstraßen A + S sowie Eisenbahn-Hochleistungsstrecken), sollen anerkannte Umweltorganisationen gegen negative Feststellungsentscheidungen der BMVIT Beschwerde an den VwGH erheben können. Diese neue Rechtsmittelmöglichkeit wird auf die Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht durch den Umweltsenat bzw. den VwGH beschränkt.

Sonderregelungen sollen für Industrie- oder Gewerbeparks sowie Städtebauvorhaben getroffen werden. Städtebauvorhaben sowie Industrie- oder Gewerbeparks haben Erschließungscharakter und beinhalten noch nicht die konkrete Bebauung. In der Praxis haben sich daher folgende Sonderregelungen als notwendig erwiesen: Bindungswirkung des UVP-Genehmigungsbescheides betreffend Städtebauvorhaben für die nachfolgenden materienrechtlichen Genehmigungsverfahren; Regelung für welche konkreten Projektänderungsverfahren betreffend Städtebauvorhaben sowie Industrie- oder Gewerbeparks die UVP-Behörde zuständig sein soll; Klarstellung der Definition des Begriffes „Städtebauvorhaben“ um einen hohen Prüfaufwand bei der Kumulationsprüfung zu vermeiden; Klarstellung, dass eine Abnahmeprüfung für Industrie- oder Gewerbeparks sowie Städtebauvorhaben nicht zu erfolgen hat, weil diese in der Praxis wegen des Erschließungscharakters dieser Vorhaben nicht sinnvoll ist.

Weitere Änderungen erfolgen im Bereich der Verfahrenskonzentration im 3. Abschnitt. Es soll zu einer Verbesserung der Teilkonzentrationen für Bundesstraßen und Eisenbahn-HL-Strecken kommen (nur mehr 2 Bescheide: BMVIT und Landesregierung). Gleichzeitig werden auch das Änderungsregime für Verkehrsvorhaben praktikabler und klarer gefasst und Immissonsschutzvorschriften vereinheitlicht und den Erfahrungen der Praxis angepasst.

2. Änderungen in den Anhängen des UVP-G 2000

Es soll ein neuer Tatbestand für Fracking (=hydromechanisches Aufbrechen von Gesteinsschichten) bei unkonventionellen Erdöl- oder Erdgasvorkommen (Schiefergas) geschaffen werden. Dieser soll sowohl für Probe- und Erkundungsbohrungen als auch für die nachfolgende Gewinnung gelten.

Überdies wird eine Neufassung des UVP-Tatbestandes für Wasserkraftwerke vorgeschlagen. Die Zunahme wasserwirtschaftlicher Verfahren durch den Ausbau heimischer Wasserkraft zeigt Schwierigkeiten in der Handhabung des bestehenden Tatbestandes für Wasserkraftwerke. Es wurden differenzierte Tatbestände entwickelt, die auf objektiven und leicht eruierbaren Parametern basieren. Mit Bezug auf messbare Kriterien soll einerseits den Behörden eine Erleichterung im Vollzug geliefert werden, andererseits die Betrachtung auf flussspezifische Größen (Gewässerbreite, Einzugsgebiet) auch dem jeweiligen Vorhabensstandort gerecht werden. Die Anpassung folgt dabei den Neuerungen des Wasserrechtsgesetzes und den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie.

Weiters erfolgt eine Änderung auch im UVP-Tatbestand für Windkraftanlagen.

 

Zur Luftfahrtsgesetz-Novelle:

Die Regelung des § 97 Luftfahrtgesetz soll für UVP-pflichtige Flughäfen insbesondere dahingehend ergänzt werden, dass auch die für die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten sowie die zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen erforderlichen Grundstücke im Wege der Enteignung erworben werden können.

 

Der Umweltausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2012 in Verhandlung genommen. Folgende Auskunftspersonen wurden gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR gehört: Dr. Ursula Zechner, Dr. Waltraud Petek, Dr. Fritz Binder-Krieglstein, Dr. Johann Raunikar und Mag. Thomas Alge. An der daran anschließenden Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Hermann Schultes die Abgeordneten Hannes Weninger, Dr. Gabriela Moser, Werner Neubauer, Martina Schenk, Harald Jannach, Franz Hörl, Tanja Windbüchler-Souschill sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures, der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Hannes Weninger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1: Wie bei Verkehrsvorhaben soll auch für Starkstromfreileitungen (Anhang 1 Z 16) eine Berücksichtigung von dauerhaften Entlastungen von Nachbarn bei Lärmimmissionen, erfolgen können. Dabei ist hinsichtlich der dauerhaften Entlastung von Nachbarn auf bestehende Übertragungsnetze abzustellen. Übertragungsnetz ist ein Hochspannungsverbundnetz mit einer Spannungshöhe von 110 kV und darüber (§ 7 Abs. 1 Z 69 ELWOG), das dem überregionalen Transport von elektrischer Energie dient. Insgesamt muss somit der Saldo von Demontage und Neubau eines Übertragungsnetzes zu einer Entlastung führen.

Zu Z 3: Die Geltung der ergänzenden Enteignungsbestimmung soll einer zeitlichen Befristung bis Ende 2022 unterliegen, maßgeblich dafür ist der Zeitpunkt der Projekteinreichung.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Hannes Weninger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen.

 

Ferner beschloss der Umweltausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) folgende Feststellungen:

„Zum Überprüfungsantrag der Umweltorganisationen nach § 3 Abs. 7a stellt der Ausschuss fest, dass der Antrag – wie bei Berufungen nach § 63 AVG – den Feststellungsbescheid zu bezeichnen und eine Begründung zu enthalten hat. In der Begründung ist darzulegen, aus welchen Erwägungen die Umweltorganisation die Rechtswidrigkeit der Anwendung des relevanten UVP-Tatbestandes durch die UVP-Behörde im Feststellungsbescheid sieht (zB materielle Rechtswidrigkeit oder unrichtige Beweiswürdigung bei Anwendung des UVP-Tatbestandes), um eine Überprüfung durch die Rechtsmittelinstanz zu ermöglichen.

Im Sinne der Verfahrensökonomie soll die (Gewerbe-) Behörde auch bei Vorliegen eines Überprüfungsantrages einen Antrag zur Genehmigung nach materiengesetzlichen Vorschriften ohne Aufschub behandeln und nicht das Ergebnis des Überprüfungsverfahrens abwarten.“

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ing. Hermann Schultes gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 06 28

                          Ing. Hermann Schultes                                                  Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau