2213 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Antrag 2178/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 30. Jänner 2013 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Vorzugsstimmen-Schwellwerte, die für eine Umreihung innerhalb der jeweiligen Parteiliste überschritten werden müssen, werden im ersten Ermittlungsverfahren und im zweiten Ermittlungsverfahren deutlich herabgesetzt. Für das dritte Ermittlungsverfahren wird die Möglichkeit der Vergabe von Vorzugsstimmen neu eingeführt.

Nach geltendem Recht finden aufgrund von Vorzugsstimmen folgende Umreihungen statt:

-       Erstes Ermittlungsverfahren (Regionalparteiliste): Umreihung, wenn ein(e) Bewerber(in) mindestens halb so viele Vorzugsstimmen, wie die Wahlzahl im Landesswahlkreis beträgt, oder ein Sechstel so viele Vorzugsstimmen erzielt hat, wie auf diese Partei im betreffenden Regionalwahlkreis gültige Stimmen entfallen sind.

-       Zweites Ermittlungsverfahren (Landesparteiliste): Umreihung, wenn ein(e) Bewerber(in) mindestens so viele Vorzugsstimmen erzielt hat, wie die Wahlzahl im Landeswahlkreis beträgt.

-       Drittes Ermittlungsverfahren (Bundesparteiliste): keine Umreihung vorgesehen.

Im gegenständlichen Entwurf sind folgende Regelungen vorgesehen:

-       Erstes Ermittlungsverfahren (Regionalparteiliste): Umreihung, wenn ein(e) Bewerber(in) Vorzugsstimmen im Ausmaß von mindestens 14 % der auf seine (ihre) Partei im Regionalwahlkreis entfallenden gültigen Stimmen erzielt hat (§ 98 Abs. 3 erster Satz NRWO).

-       Zweites Ermittlungsverfahren (Landesparteiliste): Umreihung, wenn ein(e) Bewerber(in) Vorzugsstimmen im Ausmaß von mindestens 10 % der auf seine (ihre) Partei im Landeswahlkreis entfallenden gültigen Stimmen oder mindestens so viele Vorzugsstimmen, wie die Wahlzahl beträgt, erzielt hat (§ 102 Abs. 3 erster Satz NRWO).

-       Drittes Ermittlungsverfahren (Bundesparteiliste): Umreihung, wenn ein(e) Bewerber(in) Vorzugsstimmen im Ausmaß von mindestens 7 % der auf seine (ihre) Partei auf Bundesebene entfallenden gültigen Stimmen erzielt hat (§ 108 Abs. 2 NRWO).

Für die Umsetzung des neuen Vorzugsstimmen-Modells sind folgende Änderungen in der Nationalrats-Wahlordnung 1992 erforderlich:

-       Änderung der Rechenregeln für die Ermittlung der Umreihung aufgrund von Vorzugsstimmen in den drei Ermittlungsverfahren (§§ 98 Abs. 3 erster Satz, 102 Abs. 3 erster Satz, 108 Abs. 2 NRWO).

-       Änderung der Beschreibung der Stimmzettel („amtlicher Stimmzettel“ und „leerer amtlicher Stimmzettel“) (§§ 75 Abs. 1 und Abs. 2, 76 Abs. 1, 79 Abs. 1 und Abs. 2 NRWO).

-       Änderung der Stimmzettelmuster („amtlicher Stimmzettel“ und „leerer amtlicher Stimmzettel“) (Anlage 6 und Anlage 7 zur NRWO).

-       Änderung der Regelungen über die Gültigkeit und Ungültigkeit von Stimmzetteln (§§ 81 Abs. 1 Z 6, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Z 4 NRWO).

-       Änderung der Regelungen betreffend das Prozedere bei der Ergebnisermittlung in den Bezirkswahlbehörden, den Landeswahlbehörden und der Bundeswahlbehörde (betrifft insb. Niederschriften und Vorzugsstimmen-Protokolle) (§§ 84 Abs. 6, 86 Abs. 2, 90 Abs. 4, 96 Abs. 2, 99 Abs. 2 lit. f, 103 Abs. 2 lit. f und Abs. 3 erster Satz, 108 Abs. 1, Abs. 3 bis Abs. 6 NRWO).

-       Wesentliche Umgestaltung des gesamten Fristengefüges (§§ 42 Abs. 1, 46 Abs. 2 und Abs. 3, 47, 48 Abs. 1 und Abs. 2, 49 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 8, 50 Abs. 1 und Abs. 2, 106 Abs. 2 und Abs. 6 NRWO):

         Der Stichtag wird in Hinkunft auf den 82. (statt, wie bisher, auf den 68.) Tag vor der Wahl zu fallen haben. Insbesondere mit Blick auf Auslandsösterreicher(innen) müssen Stimmzettel am 30. Tag vor der Wahl ausgegeben werden können. Zu diesem Zeitpunkt muss daher feststehen, von welchen Parteien Bundeswahlvorschläge veröffentlicht worden sind und für welche somit „Bundes-Vorzugsstimmen“ vergeben werden können. Nach geltendem Recht müssen die Bundeswahlvorschläge erst am 16. Tag vor dem Wahltag veröffentlicht werden, zu diesem Zeitpunkt hätte nach neuer – nie vollzogener – Rechtslage des WRÄG 2011 schon knapp zwei Wochen zuvor mittels Briefwahl gewählt werden können. Somit muss der letztmögliche Zeitpunkt für die Einbringungen von Wahlvorschlägen, und zwar sowohl von Landeswahlvorschlägen als auch von Bundeswahlvorschlägen deutlich vorverlegt werden. Um nicht im Parlament vertretene wahlwerbende Gruppen in ihren Rechten im Vergleich zu früheren Wahlen zu schmälern, ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch zukünftige Bundesregierungen den – im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten – Zeitraum zwischen dem Stichtag und den letztmöglichen Zeitpunkt für die Einbringung von Landeswahlvorschlägen unverändert lassen werden. Überdies ist die Einführung einer „Rückkoppelungsbestimmung“ notwendig, aufgrund welcher die Bundeswahlbehörde die Landeswahlbehörden vor Drucklegung der amtlichen Stimmzettel der 39 Regionalwahlkreise in Kenntnis zu setzen haben wird, für welche der im Land kandidierenden wahlwerbenden Gruppen Bundeswahlvorschläge veröffentlicht worden sind und somit das Schraffieren des Feldes für die Eintragung eines Bewerbers auf der Bundesparteiliste einer Partei unterbleiben kann. Die angeführten Umstände sind Ursache für die vorgesehene Skalierung des bestehenden Fristengefüges.

-       Begleitende Regelungen zur Information der Wählerinnen und Wähler über die Bewerberinnen und Bewerber auf Bundeswahlvorschlägen (§§ 39 Abs. 4, 54 letzter Satz, 106 Abs. 7 NRWO):

         Mit Blick auf die neu geschaffene Möglichkeit der Abgabe von Vorzugsstimmen für Bewerber(innen) der Bundesparteilisten erscheint es insbesondere bei Auslandsösterreicher(innen) unumgänglich, diese über die zu wählenden Bewerberinnen und Bewerber zu informieren, wie dies gegenwärtig schon bezüglich der Bewerber(innen) auf den Landeswahlvorschlägen der Fall ist. Die erforderliche Aufstellung wird die Bundeswahlbehörde zu erstellen und zu versenden haben.“

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 31. Jänner 2013 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatterin für den Ausschuss fungierte die Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher.

Auf Antrag der Abgeordneten Otto Pendl und Günter Kößl beschloss der Ausschuss eine Ausschussbegutachtung zum gegenständlichen Antrag durchzuführen. Die eingelangten Stellungnahmen sind im Internet abrufbar.

In der Sitzung des Ausschusses für innere Angelegenheiten vom 13. März 2013 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Mag. Wolfgang Gerstl, Dieter Brosz, MSc, Mag. Judith Schwentner, Ing. Peter Westenthaler, Christoph Hagen, Mag. Gisela Wurm, Dr. Walter Rosenkranz sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Sebastian Kurz.


 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Otto Pendl und Günter Kößl einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Sämtlichen Ziffern des Abänderungsantrags stellen legistische Bereinigungen oder Präzisierungen dar, die als Ergebnis der parlamentarischen Begutachtung angezeigt erscheinen.

Bei den Stimmzettelmustern war man – neben einer legistischen Bereinigung – bestrebt, die Gleichberechtigung von Bewerberinnen und Bewerbern durch eine klare Textierung besser zu unterstreichen.

In den Z 2 und 6 wurde klargestellt, dass für die Bereitstellung der Aufstellungen über die Bewerberinnen und Bewerber der Landeswahlvorschläge – wie nach geltendem Recht – die Landeswahlbehörden, für die Bereitstellung der Aufstellung über die Bewerberinnen und Bewerber der Bundeswahlvorschläge die Bundeswahlbehörde zuständig ist.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Otto Pendl und Günter Kößl mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B, dagegen: G, T) beschlossen.

 

Ferner beschloss der Ausschuss für innere Angelegenheiten einstimmig folgende Feststellungen:

„Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt fest, dass es auch bei der Briefwahl im Rahmen der letzten Volksbefragung zu einer Reihe von ungültigen Stimmen gekommen ist, da die eidesstattliche Erklärung auf der Wahlkarte nicht abgegeben wurde, und regt daher an, dass vor der nächsten Nationalratswahl das BMI eine Informationskampagne betreffend die Bedingungen bei der Briefwahl initiiert.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt fest, dass es für die Vergabe von Vorzugsstimmen notwendig ist, sich von den Bewerberinnen und Bewerbern schon im Vorfeld ein Bild machen zu können, und regt daher an, die Präsentation der Bewerberinnen und Bewerber auf der Homepage des BMI benutzerfreundlicher zu machen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt weiters zu § 39 Abs. 3 NRWO Folgendes fest:

Mit der gesetzlichen Vorgabe, in regelmäßigen Abständen Drucksorten-Bedarfserhebungen durchzuführen, wird eine seit Jahrzehnten geübte Praxis des Bundesministeriums für Inneres im Gesetz verankert. Dies erscheint notwendig, weil eine weitere Drucksorte, die Aufstellung über die Bewerber(innen) der Bundesparteilisten, vom Bund bereitzustellen ist und mit der Verbreitung sparsam umgegangen werden soll. Parallel dazu wurde die seit Jahrzehnten geübte Praxis, dass der Bund die Wahlkarten-Formulare bereitstellt, ebenfalls gesetzlich geregelt. Mit den Regelungen über die Bereitstellung von Drucksorten und der damit im Zusammenhang stehenden Bedarfserhebung ist für die Bundesministerin Klarheit hinsichtlich des anlässlich einer Wahl anstehenden Mitteleinsatzes geschaffen.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 03 13

                    Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher                                                         Otto Pendl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann