74 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 315/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (22. StVO-Novelle) und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

Die Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 10. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeines:

Es werden die zulässigen Methoden der Geschwindigkeitsmessung („abschnittsbezogene“, „punktuelle“ Geschwindigkeitsüberwachung), die „Abstandsmessung“, die Überwachung der Beachtung von Lichtzeichen („Rotlichtkameras“), die Überwachung aus Fahrzeugen (z.B. „Zivilstreifen“) – soweit diese jeweils mit bildverarbeitenden Verfahren verbunden sind - sowie Bildübertragungen für Zwecke der Regelung und Sicherung des Verkehrs (Verkehrsbeobachtung) geregelt. Gleichzeitig werden jeweils die zulässigen Einsatzzwecke festgelegt und die datenschutzrechtlichen Anforderungen normiert. Der Einsatz von technischen Möglichkeiten zur Frontfotografie wird ermöglicht.

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

Zu Art. I (Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960 ):

Zu Z 1 (§ 26a Abs. 1)

§ 20 des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, weist den Militärischen Nachrichtendiensten die Aufgabe der nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr zu. Den militärischen Nachrichtendiensten wird durch § 22 Abs. 3 MBG für die Erfüllung dieser Aufgabe die Datenermittlungen durch Beobachten (Observationen) als eine Befugnis erteilt.

Observationen werden nicht nur zu Fuß, sondern auch mit Kraftfahrzeugen durchgeführt und dabei kann es zur Auftragserfüllung notwendig sein, gegen Halte- und Parkverbote zu verstoßen, Geschwindigkeitsbeschränkungen zu überschreiten, Fahrverbote nicht zu berücksichtigen, an Stellen, an denen dies verboten ist, zum linken Fahrbahnrand zuzufahren oder Fahrstreifen und Straßen für Omnibusse benützen.

Zu Z 1a (§ 52 lit. a Z 10b ):

Mit dieser Ergänzung wird klargestellt, dass ein im Rahmen der StVO selbstverständlicher Grundsatz - dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht ausdrücklich beendet werden muss, wenn zwei derartige Beschränkungen nahtlos aneinander anschließen, etwa bei Geschwindigkeitstrichtern – auch gilt, wenn die zweite Beschränkung sich nicht aus der StVO ergibt, sondern aus anderen Rechtsvorschriften, etwa dem IG-L.

Zu Z 2 (§ 98a bis § 98f):

Mit der „abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsüberwachung“ wird die sog. „Section Control“ einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zugeführt. Die zulässigen Einsatzzwecke entsprechen jenen bei der „punktuellen Geschwindigkeitsüberwachung“ („Radarboxen“). Durch restriktive Datenverwendungs- und Löschungsregelungen (§ 98a Abs. 2 und 3; § 98b Abs. 2 und 3) wird dafür Sorge getragen, dass die aus festgestellten Übertretungsfällen gewonnenen personenbezogenen Daten grundsätzlich nur für unmittelbar daran anschließende Verwaltungsstrafverfahren weiterverwendet werden dürfen. Aufgrund des gesetzlichen Wortlautes ist jedenfalls sichergestellt, dass alle technischen Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit gewährleistet ist, dass Unbeteiligte, die auf den Fotos ersichtlich sind, unkenntlich gemacht werden sowie Daten von Kraftfahrzeuglenkern, die keine Verwaltungsübertretung begangen haben – wie dies bei der Section Control möglich ist – sofort gelöscht werden.

Mit der Regelung des § 98a wird dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2007, G 147,148/06 u.a., Rechnung getragen, wonach die mittels Section Control zu überwachende Strecke durch Verordnung festzulegen ist. Welche Behörde für die Erlassung dieser Verordnung zuständig ist, ergibt sich aus den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen der StVO in den §§ 94 ff; sie wird sich bei Erlassung an den in Abs. 1 festgelegten Kriterien zu orientieren haben. Die auf der konkreten Messstrecke für die Verkehrspolizei zuständige Behörde ist sodann zuständig, den konkreten Einsatz der Section Control anzuordnen, und wird demnach auch Auftraggeber i.S. des DSG sein. Da anlässlich des erwähnten Erkenntnisses auch die Bedeutung des Begriffes „bestimmte Wegstrecke“ problematisiert wurde, werden einerseits die Kriterien, denen die zu überwachende Strecke genügen muss, direkt im Gesetz festgeschrieben, und andererseits dieser Terminus durch den Begriff der „festgelegten Wegstrecke“ ersetzt (s. auch die Neufassung des § 100 Abs. 5b).

Die Regelungen des § 98b entsprechen weitgehend jenen des § 98a, jedoch entfällt das Erfordernis, die zu überwachende Stelle per Verordnung festzulegen. Aus datenschutzrechtlichen Überlegungen ist dies auch nicht erforderlich, weil – im Unterschied zum System der Section Control, das zunächst alle den überwachten Abschnitt passierenden Fahrzeuge erfasst – bei Radarmessungen nur Fahrzeuge erfasst werden, die eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben.

§ 98c unterscheidet sich von den vorangehenden Bestimmungen lediglich insofern, als hier auch die Verwendung von anderen Daten als denen des Verdächtigen unter bestimmten Umständen für zulässig erklärt wird. Dies betrifft insbesondere das Kennzeichen des vorderen Fahrzeugs, weil dieses im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den zu dicht Auffahrenden von Bedeutung sein kann (etwa für Zeugeneinvernahmen).

§ 98d regelt die Verwendung von sog. „Rotlichtkameras“.

Die Bestimmung des § 98e betrifft den Einsatz von in Fahrzeugen installierten Kameras. Diese dürfen nur von Organen der öffentlichen Sicherheit nach Anordnung durch die Behörde eingesetzt werden (können also nur in Fahrzeugen eingebaut werden, die von diesen Organen benützt werden), und auch nur in Fällen eines begründeten Verdachts hinsichtlich einer Übertretung.

§ 98f setzt Rahmenbedingungen für den Einsatz von Kameras zur Verkehrsbeobachtung fest und regelt, wie mit den dabei gewonnenen Daten zu verfahren ist. Grundsätzlich dienen diese Einrichtungen nur dazu, Störungen im Verkehrsfluss (etwa Staus, Glatteisbildung, Schneefahrbahn, etc.) rasch erkennen und entsprechend darauf reagieren zu können. Insbesondere für den Straßenerhalter kann es aber auch wichtig sein, Hindernisse auf der Fahrbahn rasch erkennen und beseitigen zu können. Eine technisch mögliche Gewinnung von Daten (z.B. Kennzeichen sind erkennbar) kann daher nicht schlechthin ausgeschlossen werden, ohne dem Sinn der Bestimmung zuwider zu laufen, weil es (technisch) möglich sein muss, von der Kamera erfasste Objekte in einer Auflösung zu betrachten, die ermöglicht zu erkennen, worum es sich handelt; zulässig sein soll eine dermaßen detaillierte Betrachtung aber nur, wenn dies zu Erfüllung der Aufgaben unumgänglich ist. Eine Speicherung von Daten ist aber keinesfalls erlaubt.

Zu Z 3 (§ 100 Abs. 5b):

Es werden lediglich redaktionelle Anpassungen an den neu eingefügten § 98a vorgenommen.

Zu Art. II (Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967):

Die aufgrund der neuen Bestimmungen der StVO festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen und die dabei gewonnen Daten sollen auch für Strafverfahren verwendet werden dürfen, die aufgrund des Kraftfahrgesetzes zu führen sind, weil die auf Basis des § 98 KFG in § 58 der Kraftfahrgesetz - Durchführungsverordnung (KDV) 1967 für bestimmte Untergruppen von Kraftfahrzeugen bzw. für bestimmte Fälle festgesetzten Geschwindigkeiten überschritten worden sind. Die beiden letzten Sätze des bisherigen Abs. 3b können unverändert übernommen werden.“

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 12. Februar 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Hermann Gahr die Abgeordneten Johann Hell, Harald Vilimsky, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Karin Hakl, Christoph Hagen, Mag. Christiane Brunner, Peter Stauber und Dietmar Keck sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Anton Heinzl und Dr. Ferdinand Maier einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

 

„Zu Z 1 und Z 2:

Mit 1. Juli 2007 traten Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) in Kraft, mit denen für im nationalen Recht der Vertragsparteien vorgesehene Beschränkungen des Gefahrgutverkehrs durch Tunnel die Bezugnahme auf bestimmte Tunnelkategorien und die Anzeige durch Verkehrszeichen vorgeschrieben werden. Überdies sind gebotene Fahrtrichtungen für Gefahrguttransporte durch entsprechende Verkehrszeichen anzuzeigen.

Da sonst in Österreich nach Ablauf einer gemäß ADR bis 31.12.2009 dauernden Übergangszeit völkerrechtskonforme Beschränkungen des Gefahrgutverkehrs durch Tunnel nicht mehr erlassen werden könnten, ist die StVO entsprechend anzupassen, um die für Beschränkungen des Gefahrgutverkehrs durch Tunnel vorgeschriebenen Anzeigen durch Verkehrszeichen zu ermöglichen. Diese Anpassungen umfassen:

 

           1. Aufnahme des in der StVO noch nicht vorhandenen Verkehrszeichens D, 10a, 10b und 10c gemäß dem Europäischen Zusatzübereinkommen zum Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen und

           2. Aufnahme einer Ergänzung zum Verkehrszeichen gem. § 52 Z 7e und zum neu aufgenommenen Verkehrszeichen, mit der die vorgesehenen Angaben der Tunnelkategorie auf einer Zusatztafel berücksichtigt werden.

 

Zu Z 3:

In der Praxis kann es im Einzelfall ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit über spezifische Verkehrs- bzw. Witterungsbedingungen auf bestimmten Straßenabschnitten geben. Verfügt eine Behörde oder ein Straßenerhalter über die entsprechenden technischen Möglichkeiten, soll es ausnahmsweise zulässig sein, bei Bedarf auf Anfrage von Medien kurze Bildfolgen aus bestimmten manuell auswählbaren Bildquellen (Kameras zur Verkehrsbeobachtung) aufzuzeichnen und an die betreffenden Medien zu übermitteln. Dabei ist durch die übermittelnde Stelle zu gewährleisten, dass eine Identifizierung von Personen oder Fahrzeugen mittels des zur Verfügung gestellten Materials nicht möglich ist.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Anton Heinzl und Dr. Ferdinand Maier mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ferner beschloss der Verkehrsausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

 

„Der Verkehrsausschuss stellt zu §§ 98a bis c sowie § 98e fest:

Der Verkehrsausschuss geht davon aus, dass die abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung sowie sonstige bildverarbeitende technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung nur dort zur Anwendung gelangen, wo besonderen Gefahrensituationen begegnet werden muss. Dies ist beispielsweise der Fall bei besonders gefahrenträchtigen Streckenabschnitten wie Tunnelanlagen, Baustellen, unfallträchtigen Straßenabschnitten oder solchen, wo besonders viele Verkehrsverstöße stattfinden oder dort, wo Grenzwerte zum Schutz von Mensch und Umwelt tatsächlich überschritten werden, wobei die Maßnahmen als besonders geeignet erscheinen müssen, die konkrete Gefährdungssituation zu verbessern.

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, dem Nationalrat zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der 22.StVO-Novelle einen Erfolgsbericht über die Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen vorzulegen.“

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Hermann Gahr gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009 02 12

                                  Hermann Gahr                                                                     Anton Heinzl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann