Vorblatt

Problem:

Während der schweren globalen Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 war eine Reihe von Ländern gezwungen, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um Zahlungsbilanzunterstützung anzusuchen. Der IWF konnte zwar stabilisierend eingreifen, durch die massive Kreditnachfrage ist aber sein Kreditvergabepotential kurzfristig stark zurückgegangen. Um die Stabilität der globalen Wirtschaft auch zukünftig zu sichern, ist die Staatengemeinschaft daher übereingekommen, die Mittel des IWF deutlich zu erhöhen. Das soll unter anderem durch die Aufstockung der Neuen Kreditvereinbarungen (NAB = New Arrangements to Borrow) erfolgen.

Ziel:

Durch die Aufstockung der NAB sollen zukünftige Liquiditätsengpässe des IWF vermieden werden. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) soll sich an dieser Aufstockung mit einem Kreditrahmen für die NAB von maximal 3,6 Mrd. Sonderziehungsrechten (SZR) [1] beteiligen.

Alternativen:

Für Österreich als kleine offene Volkswirtschaft mit einem starken Exportsektor ist eine funktionierende Weltwirtschaft von grundlegender Bedeutung. Wenn Österreich im Einklang mit anderen Industrieländern und aufstrebenden Volkswirtschaften vorgehen will, gibt es zur Beteiligung an der Aufstockung der NAB keine Alternative.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Negative budgetäre Auswirkungen können sich dadurch ergeben, dass die OeNB während ihrer Inanspruchnahme nur die für die SZR geltenden Zinsen erhält, die niedriger als die Zinsen alternativer Veranlagungen sein können. Das wirkt sich negativ auf den Gewinn der OeNB und die Gewinnabfuhr an den Bund aus. Der Zinssatz welcher der OeNB im Falle einer Ziehung eines Kredites durch den IWF gezahlt wird, ist der jeweils geltende SZR-Zinssatz. Solange der SZR-Zinssatz unter dem vergleichbaren Euro-Refinanzierungszinssatz liegt, entsteht für die OeNB ein Zinsverlust. Dieser Zinssatz liegt derzeit (21. Oktober 2010) bei 0,38% und der Zinsverlust bei rund 0,62% pro Jahr, woraus sich derzeit pro Jahr eine geringere Gewinnabfuhr an den Bund aus den NAB von maximal 22,3 Mill. SZR (25,2 Mill. Euro) ergäbe. Es ist aber auch eine höhere Gewinnabfuhr möglich, sofern die SZR-Verzinsung über der
alternativen EUR-Verzinsung liegt. Die konkrete Ertragsentwicklung der OeNB und damit die Budgetwirkung hängen daher von der zukünftigen Zinsentwicklung sowie dem Umfang und der Dauer der Inanspruchnahme ab und lassen sich vorab nicht bestimmen. Eine Kompensation eines allfälligen Einnahmenentganges ist nicht vorgesehen. Indirekt können sich Zinsersparnisse für den Bundeshaushalt ergeben, da z.B. aufgrund der Hilfen des IWF für Zentral-, Ost- und Südosteuropa im Jahr 2009 die Risikozuschläge für österreichische Staatsanleihen sanken und sich damit Einsparungen bei den Finanzierungskosten ergaben.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Geringe positive Wirkung über direkte und indirekte Exporte in die jeweiligen vom IWF unterstützten Länder.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger und für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der gegenständliche Gesetzentwurf weist einen Zusammenhang mit Artikel 123 AEUV auf, in dem die Finanzierung des Staates durch die Notenbanken verboten wird. Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 gilt die Finanzierung von Verpflichtungen des öffentlichen Sektors gegenüber dem IWF durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken nicht als Kreditfazilität im Sinne von Artikel 123 AEUV. Somit steht der vorliegende Gesetzentwurf im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Finanzierung von IWF-Krediten zur Zahlungsbilanzunterstützung erfolgt vor allem auf der Basis der eingezahlten Quoten aller Mitgliedsländer. Darüber hinaus hat der IWF aber auch Zugang zu anderen Finanzquellen. Das sind vor allem die sogenannten NAB. Die NAB wurden 1998 als Konsequenz aus der Mexiko-Krise 1994 implementiert. Durch die NAB, an denen gegenwärtig 26 Länder teilnehmen, können Kredite im Umfang von 34 Mrd. SZR (38,46 Mrd. Euro) an den IWF vergeben werden, falls die für die Finanzhilfe an seine Mitglieder zur Verfügung stehenden Mittel des IWF nicht ausreichen sollten. Österreich nimmt an den NAB seit 1998 im Umfang von derzeit 408 Mio. SZR (461 Mio. Euro) teil.

Die globale Rezession im Jahr 2008 und 2009 hat gezeigt, dass auf Grund der globalen Verflechtung der Handels- und Finanzströme der kurzfristige Liquiditätsbedarf des IWF für Zahlungsbilanzunterstützungen bei Wirtschaftseinbrüchen die derzeit zur Verfügung stehenden Mittel des IWF übersteigen könnte. Daher hat der Internationale Währungs- und Finanzausschuss (IMFC) – das Lenkungsgremium des IWF – bei der Jahrestagung 2009 auf Basis einer Initiative der G-20 eine Mittelaufstockung des IWF um bis zu 590,55 Mrd. Euro (827,12 Mrd. USD) [2] gefordert. Davon soll der Großteil durch die Aufstockung der NAB auf 367,47 Mrd. SZR (415,64 Mrd. Euro bzw. 579,33 Mrd. USD) bereitgestellt werden.

Die Aufstockung der NAB erfolgt einerseits dadurch, dass die bisherigen 26 Teilnehmerländer ihren jeweiligen Kreditrahmen deutlich ausweiten und andererseits durch die Gewährung zusätzlicher Kreditrahmen durch 13 neue Teilnehmerländer. Unter diesen Ländern befinden sich die VR-China, Russland, Indien und Brasilien, die mit 31,2 Mrd. SZR (VR-China) bzw. mit jeweils 8,7 Mrd. SZR an der Aufstockung der NAB teilnehmen. Aus dem Kreis der EU-Mitgliedsstaaten nehmen Zypern, Griechenland, Irland und Portugal neu teil. Damit die Aufstockung der NAB in Kraft tritt, müssen von den bisherigen 26 Teilnehmerländern Vertreter von insgesamt 85% des durch sie vertretenen Kreditvolumens den Änderungen zustimmen. Von den neuen Teilnehmern müssen Vertreter von 70% des durch sie vertretenen Kreditvolumens der Aufstockung der NAB zustimmen.

Die neuen NAB können auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors des IWF nach Konsultation der Exekutivdirektoren und bei Zustimmung der Mitglieder der NAB, die 85% des Kreditvolumens vertreten, auf sechs Monate aktiviert werden, wenn zu erwarten ist, dass die Kreditnachfrage aus den ordentlichen Mitteln des IWF nicht mehr bestritten werden kann. Dazu muss vorab die voraussichtlich benötigte Kreditmenge, das Verhältnis zwischen vorsorglichen und aktuell benötigten Kreditlinien, eventuelle Überschreitungen und das Verhältnis zwischen NAB-Ressourcen und ordentlichen Ressourcen spezifiziert werden. Die Rückzahlung der gezogenen Mittel muss längstens innerhalb von fünf Jahren erfolgen.

Der IWF kann nur auf die NAB-Ressourcen derjenigen Länder zugreifen, die Teilnehmer am vierteljährlich überprüften Finanztransaktionenplan sind. In diesen wird nur ein Land ohne aktuelle und zu erwartende Zahlungsbilanzprobleme aufgenommen. Die OeNB ist weiters berechtigt, ihre aus diesen Krediten entstehenden Forderungen in ihre Aktiva einzustellen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 B‑VG („äußere Angelegenheiten“).

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die mit den Krediten verbundenen Bedingungen, soweit sie nicht im Gesetz bereits festgelegt sind, gründen auf einem Beschluss des Exekutivdirektoriums des IWF vom 12. April 2010, der im internationalen Zahlungsverkehr übliche Modalitäten der Auszahlung, Rückzahlung, Fristenberechnung, Verzinsung und ähnliches mehr regelt.

Zu § 2:

Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes und des neuen NAB-Vertrages soll zugleich das Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank, BGBl. I Nr. 70/2010, aufgehoben werden. Damit soll klar gestellt werden, dass bei einem Inkrafttreten der modifizierten NAB innerhalb der Gültigkeitsperiode des bilateralen Vertrages von zwei Jahren ab Vertragsabschluss bzw. innerhalb der Verlängerungsperiode von maximal zwei weiteren Jahren ab Vertragsabschluss, der IWF auf Grundlage des bilateralen Vertrages keine neuen Kredite erhalten kann. Um die Rechtsanwendung zu vereinfachen, soll zugleich auch das Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds, BGBl. I Nr. 64/1998, außer Kraft treten.



[1] 1 SZR = 1.576560 USD = 1.131090 EUR (per 21. Oktober 2010)

[2] 1 EUR = 1,4006 USD (per 21. Oktober 2010)