EU-Arbeitsprogramm 2013

 

 

 

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten

an das österreichische Parlament

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Überblick......................................................................................................................

1

Allgemeine Angelegenheiten........................................................................................

2

Auswärtige Angelegenheiten........................................................................................

19

 

 


 

 

Überblick

 

 

1.                   Dieser Vorschaubericht stellt die wichtigsten Themen dar, die im Jahr 2013 in den Ratsformationen „Allgemeine Angelegenheiten“ und „Auswärtige Angelegenhei­ten“ zu behandeln sind.

 

2.                   Grundlage der Vorschau ist das Achtzehnmonateprogramm des Rates für den Zeitraum Jänner 2013 bis Juni 2014, Dokument 16994/12 vom 3. Dezember 2012, welches vom irischen, litauischen und griechischen Vorsitz vorgelegt worden war. Ferner wurde das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2013, Dokument KOM (2012) 629 vom 23. Oktober 2012, als Basis herangezogen. Diese Vorschau berücksichtigt die laufenden Entwicklungen bis zum 31. Jänner 2013.

 


 

Allgemeine Angelegenheiten

 

Institutionelles

 

Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion und demokratische Legitimität

 

3.                   Der Europäische Rat hat bei seiner Tagung am 13. und 14. Dezember 2012 das weitere Vorgehen festgelegt und den Fahrplan erörtert, den der Präsident des Europäischen Rates (ER) gemeinsam mit den Präsidenten der Europäischen Kommission (EK) und der Europäischen Zentralbank vorgelegt hatte, sowie das Konzept der EK zur Kenntnis genommen. Die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion soll demnach auf dem bestehenden institutionellen und rechtlichen Rahmen der EU aufbauen. Prioritär soll 2013 der Rahmen für eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung vollendet werden. Nach dem Sechserpaket und dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung gilt es, das Zweierpaket zur haushaltspolitischen Überwachung zu verabschieden und umzusetzen und den Gesetzgebungsprozess zum einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken nach der Einigung im Rat am 13. Dezember 2012 auf EU-Ebene rasch abzuschließen und mit dessen Umsetzung zu beginnen.

 

4.                   Der Prozess zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion soll so ausgestaltet werden, dass demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht jeweils auf jener Ebene sichergestellt werden, auf der Beschlüsse gefasst und umgesetzt werden. Dazu wird die angemessene Beteiligung der nationalen Parlamente sowie, bei weitergehender Integration der Politikgestaltung und stärkerer Bündelung von Befugnissen auf europäischer Ebene, eine entsprechende Beteiligung des Europäischen Parlaments sicherzustellen sein. Auf Basis des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung und des Protokolls Nr. 1 der Verträge können auch neue Mechanismen der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament, wie eine Konferenz zu Fragen der Wirtschafts- und Währungsunion, einen wesentlichen Beitrag leisten. Diese werden von den Parlamenten gemeinsam festzulegen sein.

 


 

Vertrag über Stabilität, Koordination und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalpakt)

 

5.                   Der Vertrag wurde am 2. März 2012 am Rande des Europäischen Rates in Brüssel unterzeichnet und trat wie geplant am 1. Jänner 2013 in Kraft, nachdem der Vertrag bis Ende 2012 von mindestens 12 Mitgliedsstaaten, deren Währung der Euro ist, ratifiziert worden ist. Es sind dies neben Österreich Zypern, Deutschland, Estland, Spanien, Frankreich, Griechenland, Italien, Irland, Portugal, Finnland und Slowenien. Diese Staaten haben ab Inkrafttreten ein Jahr Zeit, die Schuldenbremse sowie den automatischen Korrekturmechanismus, wie im Vertrag vorgesehen, in innerstaatliches Recht umzusetzen. Danach wird die Europäische Kommission eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Umsetzung durchführen, der Gerichtshof der Union kann von den Vertragsparteien angerufen werden, um die korrekte Umsetzung zu beurteilen.

 

Vertragsänderung zur Einrichtung eines permanenten Stabilitätsmechanismus

 

6.                   Zur Einrichtung eines permanenten Stabilitätsmechanismus hat der Europäische Rat bei seiner Tagung am 16. und 17. Dezember 2010 auf Vorschlag des belgischen Vorsitzes das Verfahren zur Ergänzung des Art. 136 AEUV im Wege einer vereinfachten Vertragsänderung gemäß Art. 48 Abs. 6 EUV eingeleitet. Die Vertragsänderung, die der Europäische Rat am 25. März 2011 beschlossen hat, soll die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, dazu ermächtigen, auf Dauer einen Stabilitätsmechanismus einzurichten, der im Bedarfsfall zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebietes herangezogen werden kann. Nachdem alle übrigen Mitgliedstaaten bereits ihre Zustimmung in Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitgeteilt haben, hat die Tschechische Republik diese Mitteilung noch abzugeben, bevor die Vertragsänderung in Kraft treten kann.

 

Wahl des Präsidenten der Eurogruppe

 

7.                   Am 21. Jänner 2013 wurde der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem zum neuen Vorsitzender der Eurogruppe gewählt, nachdem der bisherige Präsident der Eurogruppe, der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker, seit Mitte 2012 den Vorsitz abgeben wollte. Dijsselbloem war der einzige Kandidat für den Posten.

 

Vorbereitung auf die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014

 

8.                   Durch den vorgesehenen EU-Beitritt Kroatiens per 1. Juli 2013 wird die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament zunächst durch den Beitrittsvertrag zeitlich befristet bis zum Ende der Amtsperiode um die für Kroatien vorgesehene Anzahl von 12 Sitzen erhöht. Aufgrund der primärrechtlichen Vorgabe der Obergrenze von 751 Sitzen wird jedoch für die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 eine Neuverteilung der Sitze erforderlich, dabei werden die Obergrenze von 96 Sitzen für den Mitgliedstaat mit der größten Bevölkerungszahl und von 6 Sitzen für den Mitgliedstaat mit der kleinsten Bevölkerungszahl ebenso zu berücksichtigen sein wie das Prinzip der degressiven Proportionalität. Der Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ist auf Initiative des Europäischen Parlaments vom Europäischen Rat einstimmig zu erlassen.

 

9.                   Da der Termin für die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 auf den Zeitraum 5. bis 8. Juni 2014 und somit auf Pfingsten entfallen würde, wird von einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten eine Verschiebung befürwortet. Die meisten Mitgliedstaaten haben sich für eine Verschiebung auf den Zeitraum 22. bis 25. Mai ausgesprochen. Das Europäische Parlament befürwortet eine Verschiebung des Wahltermins. Die Verschiebung des Wahltermins müsste nach Anhörung des Europäischen Parlaments vom Rat in der ersten Jahreshälfte einstimmig beschlossen werden, um der Zeitvorgabe des Direktwahlakts zu entsprechen, die eine Entscheidung spätestens ein Jahr vor Ablauf der fünfjährigen Amtsperiode des Europäischen Parlaments vorsieht.

 

Statut und Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen

 

10.               Am 12. September 2012 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über Statut und Finanzierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen vorgelegt, der die bisherige Regelung ersetzen soll. Kernpunkte des Vorschlags sind die Schaffung eines europäischen Statuts für europäische politische Parteien und Stiftungen, für dessen Zuerkennung die Einhaltung der europäischen Werte und an ein größtmögliches Maß an Transparenz Bedingung sind. Im Gegenzug sollen Änderungen der EU-Haushaltsordnung mehr Flexibilität in der politischen Arbeit ermöglichen und eine höhere EU-Kofinanzierung europäischen politischen Stiftungen und Parteien die nötige finanzielle Grundlage für ihre Arbeit an der Schaffung eines europäischen politischen Bewusstseins bilden, wie dies in den Verträgen vorgesehen ist. Die Beratungen am Entwurf haben 2012 begonnen und werden 2013 fortgeführt, um eine rechtzeitige Beschlussfassung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 zu ermöglichen.

 

Zusammensetzung der Europäischen Kommission

 

11.                Die Europäische Kommission besteht gemäß Art. 17 Abs. 4 EUV, einschließlich ihres Präsidenten und des Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik, aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Gemäß Art. 17 Abs. 5 EUV besteht sie jedoch ab dem 1. November 2014 nur mehr aus einer Anzahl von Mitgliedern, die zwei Dritteln der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht. Der Europäische Rat kann einstimmig eine Änderung dieser Anzahl beschließen.

 

12.                Der Europäische Rat hat am 11./12. Dezember 2008 bzw. 18./19. Juni 2009 Irland die politische Zusage erteilt, dass – unter der Voraussetzung des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon – „ein Beschluss gefasst wird, wonach weiterhin ein Staatsangehöriger jedes Mitgliedstaats der Kommission angehören wird.“ Grund für die Zusage waren die in Zusammenhang mit dem negativen Ausgang des ersten irischen Referendums zum Vertrag von Lissabon geäußerten Bedenken der irischen Bevölkerung.

 

13.                Der Beschlussentwurf wurde bereits von den Mitgliedstaaten verhandelt und im Rat für Allgemeine Angelegenheiten im Oktober 2012 angenommen. Grund für den langen Vorlauf sind die in manchen Mitgliedstaaten erforderlichen parlamentarischen Verfahren. Mit einer Annahme durch den Europäischen Rat wird nach derzeitigem Stand spätestens Ende 2013 oder Anfang 2014 gerechnet.

 

14.                Der Beschlussentwurf sieht, entsprechend der Zusage an Irland, vor, dass die Kommission, einschließlich ihres Präsidenten und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik aus einer Anzahl von Mitgliedern besteht, die der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht. Es ist weiters vorgesehen, dass der Europäische Rat diesen Beschluss in Anbetracht seiner Auswirkung auf die Arbeit der Kommission rechtzeitig überprüft, entweder vor Ernennung der ersten Kommission nach dem Beitritt des dreißigsten Mitgliedstaats oder vor Ernennung der Kommission, die der Kommission, die ihr Amt am 1. November 2014 antreten soll, nachfolgt, je nachdem, welches dieser Ereignisse eher eintritt. Der Beschluss wird nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten und ab 1. November 2014 gelten.

 

Europäisches Jahr der Bürgerinnen und Bürger

 

15.                Im Rahmen des Europäischen Jahres der Bürgerinnen und Bürger 2013 soll die vor 20 Jahren durch den Vertrag von Maastricht eingeführte Unionsbürgerschaft sowie die damit verbundenen Rechte für die EU-Bürgerinnen und Bürger durch Veranstaltungen, Konferenzen und Seminaren auf Unionsebene sowie in den Mitgliedstaaten, in den Regionen und in den Gemeinden thematisiert werden. Ziel ist die Schärfung des Bewusstseins der Unionsbürger für ihr Recht, sich im Hoheitsgebiet aller EU-MS frei zu bewegen und aufzuhalten, sowie für alle sonstigen Rechte, die allen Unionsbürgern garantiert werden, einschließlich ihres Wahlrechts bei Kommunal- und Europawahlen in dem Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Am 9. Mai 2013 wird ein neuer Bericht über die Unionsbürgerschaft präsentiert werden, in dem auch die Ergebnisse der von 9. Mai bis 9. September 2012 abgehaltenen öffentlichen Konsultationen berücksichtigt werden. Darüber hinaus soll das Europäische Jahr 2013 auch dazu beitragen, die aktive Beteiligung der Unionsbürgerinnen und Bürger  am politischen Entscheidungsprozess der EU zu fördern und Bewusstsein für die insb. für junge Menschen offen stehenden EU- Programme zu schaffen.

 

16.                Für die Finanzierung der Aktivitäten der EK im Rahmen des kommenden Europajahres sind Budgetmittel in Höhe von 2 Mio. Euro vorgesehen.

 

17.                In Österreich  sind alle Bundesministerien, Bundesländer, Städte und Gemeinden dazu aufgerufen, im Rahmen etwa von Veranstaltungen und Informationsinitiativen auf das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger einzugehen.

 

Überprüfung des Ratsbeschlusses über die Organisation und Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes

 

18.                Der Beschluss des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes sieht vor, dass die Hohe Vertreterin bis Mitte 2013 eine Überprüfung vorlegt, bei der auch die Aufnahmeverfahren für das Personal des Dienstes behandelt werden. Die Hohe Vertreterin wird erforderlichenfalls auch Vorschläge für die Überarbeitung des Beschlusses vorlegen und hat eine Behandlung der Überprüfung auch im Rahmen des informellen Außenminister-Treffens vom 22.-23. März 2013 angekündigt. Der Rat wird den Beschluss dann mit Zustimmung der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments bis Anfang 2014 im Lichte der Überprüfung überarbeiten.

 

Finanz- und Wirtschaftskrise: weitere Maßnahmen

 

19.                Der Europäische Rat vom 13./14. Dezember 2012 bestätigte die bisherige EU-Krisenstrategie, d.h. Fortsetzung einer „differenzierten, wachstumsfreundlichen und soliden Haushaltspolitik“ mit Strukturreformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit für die Schaffung von Arbeitsplätzen („Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, Vollendung des Binnenmarktes) sowie Beschäftigung mit sozialen Fragen. Parallel dazu soll eine Weiterarbeit an der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion auf Basis der bestehenden Vorschläge erfolgen. Der Europäische Rat im Dezember war auch Auftakt für eine intensive politische Debatte, welche die europäische Politik für den Rest des Jahres 2013 beschäftigen wird (s. separater Abschnitt).

 

20.                Rasche Fortschritte im Bereich der Umsetzung der Bankenunion werden im Fokus der nächsten beiden Vorsitzländer stehen: Bis Februar/März 2013 Abschluss der sich bereits in Verhandlung befindlichen Elemente einer Bankenunion, wie der Eigenkapitalrichtlinie zur Umsetzung von Basel III sowie den Richtlinien zur Sanierung und Abwicklung von Banken und zur Harmonisierung der Einlagensicherung. Der rechtliche Rahmen für die einheitliche Aufsicht unter dem Dach der EZB soll in der ersten Jahreshälfte 2013 fertiggestellt sein. Der Aufsichtsmechanismus soll frühestens ab 1. März 2014 seine Arbeit aufnehmen bzw. 12 Monate nach Inkrafttreten des Rechtstextes. Die vollständige Übertragung der Aufsichtskompetenzen an die EZB ist Voraussetzung dafür, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus Banken direkt rekapitalisieren kann. Die technische Umsetzung der direkten Rekapitalisierung, inklusive der Frage der „Altlasten“ wird ein wichtiges Thema im Jahr 2013 sein. Voraussichtlich im Oktober 2013 wird die Kommission einen Vorschlag für einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Banken vorlegen. 

 

21.                Im Bereich der Wirtschafts- und Haushaltspolitik wird sich die EU mit der Umsetzung bzw. Weiterentwicklung der wirtschaftspolitischen Steuerung in EU und Eurozone beschäftigen. Dazu gehören das sogenannte „Europäische Semester“ mit Jahreswachstumsbericht und Frühwarnbericht, die Implementierung des Sechserpakets, des Zweierpakets und Fiskalpakt sowie die Behandlung von Steuerthemen (Finanztransaktionssteuer, Verhandlungsmandat für Zinsbesteuerungsabkommen mit europäischen Drittstaaten). Im Juni wird sich der Europäische Rat weiter mit Vorschlägen zur Koordinierung der nationalen Reformen auf Basis des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung, zur sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion, zur Durchführbarkeit gegenseitig vereinbarter Verträge für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum im Wege individueller Vereinbarungen vertraglicher Natur mit den EU-Organen und Solidaritätsmechanismen zur Unterstützung der Reformbemühungen von Mitgliedstaaten auf der Basis solcher individueller Vereinbarungen befassen. Weiters soll eine Geschäftsordnung für die auf Basis des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung stattfindenden Eurogipfel ausgearbeitet werden.

 

22.                Die Umsetzung und fortlaufende Überprüfung des zweiten Unterstützungsprogramms für Griechenland, die Situation in Spanien (Bankenprogramm, Reformen im Pensions- und Steuersystem) sowie die Situation in Zypern, Portugal und Irland werden weitere Schwerpunktthemen sein, wobei Irland 2013 aus dem Euro-Rettungsschirm aussteigen dürfte.

 

EU-Erweiterung

 

23.                EU-Beitrittsverhandlungen sind ein auf Einstimmigkeit basierender, mehrstufiger Prozess, der folgende Hauptphasen umfasst:

 

(1)     Nach einem Beitrittsantrag beauftragt in der Regel der Rat die Europäische Kommission mit der Erstellung eines „Avis“. Diese Stellungnahme der Kommission informiert, inwieweit der Antrag stellende Staat die Beitrittskriterien von Kopenhagen erfüllt. Je nach Erfüllungsstand kann die Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen (unter Umständen versehen mit Bedingungen) oder zunächst nur die Verleihung des Kandidatenstatus empfehlen.

 

(2)     Der Rat beschließt, inwieweit er diesen Empfehlungen der Kommission folgt.

 

(3)     Im Falle eines Beschlusses über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wird zunächst ein Verhandlungsrahmen festgelegt. Dabei werden Grundparameter bestimmt und der zu übernehmende Rechtsbestand, der „Acquis“, in (derzeit 35) Verhandlungskapitel eingeteilt.

 

(4)     Anschließend nimmt die Europäische Kommission das sogenannte „Screening“ vor. Hierbei stellt die Kommission den Soll- und den Ist-Stand in den einzelnen Verhandlungskapiteln einander gegenüber und legt dazu „Screening-Berichte“ vor – jeweils mit der Empfehlung, ob ein Kapitel eröffnet werden kann oder nicht. In letzterem Fall kann die Kommission auch „Benchmarks“ empfehlen: Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit das betreffende Kapitel eröffnet werden kann.

 

(5)     Die EU-Mitgliedstaaten entscheiden einstimmig über die Eröffnung eines Verhandlungskapitels bzw. über die Festlegung von „Benchmarks“. Im Fall der Eröffnung eines Verhandlungskapitels wird der Beitrittskandidaten aufgefordert, eine nationale Verhandlungsposition vorzulegen.

 

(6)     Auf deren Grundlage entwirft die Kommission die Verhandlungsposition der EU, welche normalerweise ebenfalls „Benchmarks“ für den Abschluss des Verhandlungskapitels enthält. Nach deren Verabschiedung durch die EU-Mitgliedstaaten wird dann das jeweilige Kapitel auf einer Beitrittskonferenz eröffnet, an der die 27 EU-Mitgliedstaaten, die Kommission und der Beitrittskandidat teilnehmen.

 

(7)     Zur provisorischen Schließung eines Verhandlungskapitels kommt es, wenn die Mitgliedstaaten auf Empfehlung der Kommission beschließen, dass die „Abschlussbenchmarks“ erfüllt sind.

 

24.                Dieses Verfahren muss für 33 der 35 Verhandlungskapitel (Kapitel 34 „Institutionen“ und Kapitel 35 „Sonstiges“ werden am Ende der Beitrittsverhandlungen behandelt) durchlaufen werden. Die Einführung von „Eröffnungsbenchmarks“ und die fast durchgängige Anwendung von „Abschlussbenchmarks“, womit eine strenge und kontinuierliche Überprüfung der Fortschritte bei der Übernahme des „Acquis“ sichergestellt wird, ist eine Neuerung gegenüber früherer Erweiterungsrunden.

 

Kroatien

 

25.                Kroatien konnte sechs Jahre nach Beginn der Beitrittsverhandlungen (Oktober 2005) diese im Juni 2011 erfolgreich abschließen und den Beitrittsvertrag am 9. Dezember 2011 unterzeichnen. Es hat mit diesem Zeitpunkt das Recht, als aktiver Beobachter an den meisten Gremien der EU teilzunehmen.

 

26.                Als Zieldatum für den Beitritt wurde der 1. Juli 2013 festgelegt, was voraussetzt, dass bis dahin die Ratifizierungen in den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten abgeschlossen sind.

 

Die übrigen Länder des Westbalkans

 

27.                Die westlichen Balkanländer bleiben für Österreich auch 2013 eine außenpolitische Priorität. Die europäische Perspektive dieser Länder muss weiter vorangetrieben werden, denn sie ist für die fortgesetzte Stabilisierung und Entwicklung der Region Westbalkan unersetzlich.

 

28.                Im Oktober 2012 hat die Europäische Kommission erneut ein Maßnahmenpaket zur Erweiterung mit einem Strategiepapier, je einer Stellungnahme zum Beitrittsvertrag mit Kroatien, zum Beitrittsantrag von Serbien sowie Fortschrittsberichte zu Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Montenegro vorgelegt.

 

29.                Der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess stärkt die bilateralen, politischen und wirtschaftlichen Verbindungen der EU mit der Region und bereitet den Weg für weitere Reformen in den Ländern des Westbalkans. Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) sind bereits mit Mazedonien (seit 1.4.2004), Kroatien (1.2.2005), Albanien (1.4.2009) und Montenegro (1.5.2010) in Kraft. SAAs mit Bosnien und Herzegowina sowie Serbien wurden bereits unterzeichnet, bis zu deren Inkrafttreten nach Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten gelten Interimsabkommen.

 

30.                In ihrer Erweiterungsstrategie und im Fortschrittsbericht vom 10. Oktober 2012 empfahl die Europäische Kommission dem Rat wie schon 2009, 2010, 2011 und 2012 die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien (Kandidatenstatus seit 2005). Diese scheiterte bisher jedoch am griechisch-mazedonischen Namensstreit. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten vom 11. Dezember 2012 legte fest, dass die Beitrittsverhandlungen beginnen werden, sobald Mazedonien Fortschritte bei der Verbesserung gutnachbarlicher Beziehungen erzielt hat und der Namensstreit mit Griechenland beigelegt ist.

 

31.                Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Montenegro (Kandidatenstatus seit 16.12.2010) erfolgte am 29. Juni 2012. Zur Gewährleistung der effektiven Umsetzung der von Montenegro beschlossenen Reformen wurden die Verhandlungskapitel zu Justiz, Grundrechten und Innere Sicherheit als erstes geöffnet und vertieft bearbeitet. Montenegro wird sich 2013 v.a. auf die Bereiche Rechtsstaatlichkeit sowie die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption konzentrieren.

 

32.                Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten vom 11. Dezember 2012 hat Albanien die Zuerkennung des Kandidatenstatus in Aussicht gestellt, sobald Tirana wichtige Maßnahmen in den Bereichen Justizreform, Reform der öffentlichen Verwaltung und der Überarbeitung der Geschäftsordnung des Parlaments umgesetzt hat.

33.                Seit dem 1. März 2012 besitzt Serbien den Status eines Kandidatenlandes. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten vom 11. Dezember 2012 legte die Voraussetzungen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen fest. Demnach muss Serbien die Beziehungen mit Kosovo spürbar und nachhaltig verbessern und mit der Rechtsstaatsmission der EU EULEX, insbesondere im Nordkosovo, zusammenarbeiten. Im Dezember 2012 hat Belgrad ein mit Pristina vereinbartes integriertes Grenzmanagement umgesetzt. Die Fortsetzung des Dialogs mit Pristina und die Umsetzung von dessen Ergebnissen werden weiterhin im Vordergrund stehen.

 

34.                Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten vom 11. Dezember 2012 stellte fest, dass die Kommission Verhandlungsdirektiven für ein Stabilisierungs- und Assoziierungs-abkommen vorschlagen wird, sobald der Kosovo gewisse Maßnahmen in den Schlüsselbereichen Rechtsstaatlichkeit, öffentliche Verwaltung, Schutz von Minderheiten und Handel umgesetzt sowie die Beziehungen zu Serbien spürbar und nachhaltig verbessert hat.

 

35.                Voraussetzung für eine weitere Annäherung Bosnien und Herzegowinas an die EU ist die Umsetzung einiger wichtiger Reformen (Verfassungsreform, Umsetzung des EGMR-„Sejdic-Finci“-Urteils, Justizreform). Ebenso hängt auch das vollumfängliche Inkrafttreten des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen weiter von der bis dato nicht gegebenen Einhaltung bestimmter Anforderungen ab. Zwecks noch gezielterer Unterstützung des Landes wird auch die Stärkung der europäischen Präsenz im Fokus bleiben.

 

Island

 

36.               Im Rahmen der 2010 formell eröffneten Beitrittsverhandlungen mit Island fand im Juni 2011 die erste Beitrittskonferenz, bei der vier von 35 Kapitel eröffnet und zwei davon auch gleich provisorisch geschlossen wurden, statt. Dank weiterer Fortschritte konnten bis Jahresende 2012 insgesamt 32 Kapitel eröffnet und 15 provisorisch geschlossen werden. 2013 ist mit weiterhin guten Fortschritten zu rechnen, da Island aufgrund der Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und am Schengen-Raum bereits sehr hohe Standards hinsichtlich der Erfüllung der Beitrittskriterien vorweisen kann. Der EU-Beitritt ist in Island allerdings weiterhin ein kontroverses Thema.

37.               Österreich steht den Beitrittsbestrebungen Islands auch 2013 wohlwollend gegenüber, ausgehend davon, dass nach dem herkömmlichen Verhandlungsprocedere vorgegangen und kein abgekürztes Verfahren angewendet wird.

 

Sonderfall Türkei

 

38.               Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei laufen seit Oktober 2005. Das Screening wurde in 23 von 35 Kapiteln abgeschlossen. Aufgrund mangelnder Erfüllung der Verpflichtungen der Türkei aus dem Ankara-Protokoll (die seit 1995 bestehende Zollunion muss auf alle der Union 2004 beigetretenen Staaten ausgedehnt werden) bzw. Verhinderung durch die Türkei von zypriotischen Öl/Gas-Explorationen und Testbohrungen im Meer sind seit Sommer 2010 kaum Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen zu verzeichnen.

 

39.               Insgesamt wurden die Verhandlungen in 13 Kapiteln eröffnet und in einem Kapitel provisorisch abgeschlossen (Kap. 25/Wissenschaft und Forschung). Acht Kapitel, die mit der Nord-Zypern-Problematik in Verbindung stehen (z.B. Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr), sind eingefroren; zudem kann auch von den übrigen Verhandlungskapiteln keines provisorisch abgeschlossen werden.

 

40.               Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten vom 11. Dezember 2012 würdigte die wirtschaftliche Dynamik der Türkei sowie die Arbeit der Türkei im Hinblick auf eine neue Verfassung. Mangelnde Fortschritte konstatierte der Rat hingegen bei der Erfüllung der politischen Kriterien. Großer Aufholbedarf besteht insbesondere weiterhin bei der Verbesserung der Beziehungen zu Zypern sowie der Meinungs- und Pressefreiheit. Die EU will den Dialog zur Türkei in weiten Bereichen vertiefen um eine konstruktive und positive Beziehung zu ermöglichen. Im Juni 2012 hat der Rat ein Mandat zur Eröffnung eines Visadialogs mit der Türkei verabschiedet.

 

41.               Österreich sieht die Türkei als einen wichtiger Partner der EU, doch sind ohne Intensivierung der Reformen keine Verhandlungsfortschritte und ohne Normalisierung der Beziehung zu Zypern keine Änderung des Status quo zu erwarten. Die Verhandlungen müssen vor dem Hintergrund der Aufnahmefähigkeit der EU ergebnisoffen bleiben. Es sollte eine maßgeschneiderte Lösung angestrebt werden; ein völliges Einfrieren der Verhandlungen wäre kontraproduktiv.

 

Mehrjähriger Finanzrahmen ab 2014

 

42.               Die intensive Arbeit am Mehrjährigen Finanzrahmen erfolgt seit Anfang 2012 durch eine erstmals von der dänischen Präsidentschaft im Frühjahr 2012 vorgelegte Verhandlungsbox. Diese wurde im Zuge von Verhandlungen auf Ebene des AStV und des Rats Allgemeine Angelegenheiten schrittweise weiterentwickelt, jedoch erst unter zyprischem Vorsitz am 29.10.2012 mit konkreten Zahlen ausgestattet. Ausverhandelt stellt die Verhandlungsbox die Grundlage für Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Einigung auf den Mehrjährigen Finanzrahmen dar.

 

43.               Beim Europäischen Rat am 28./29. Juni 2012 hat der Europäische Rat eine eingehende Diskussion mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments über den zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen geführt. Weiters begrüßte der Europäische Rat die unter dem dänischen Vorsitz erzielten Fortschritte und bekannte sich zur weiteren Arbeit an der Verhandlungsbox, damit bis Jahresende 2012 eine Einigung erreicht werden könne.

 

44.               Der außerordentliche Europäische Rat am 22./23. November 2012 war ausschließlich dem MFF gewidmet. Da jedoch keine Einigung erzielt werden konnte, wurde Präsident Van Rompuy der Auftrag erteilt, zusammen mit dem Präsidenten der Kommission die Arbeiten und die Konsultationen fortzusetzen, um einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten zu finden. Die bilateralen Gespräche und Diskussionen des Europäischen Rates im November haben gezeigt, dass ein hinreichendes Maß an potenzieller Konvergenz besteht, um Anfang 2013 eine endgültige Einigung zum mehrjährigen Finanzrahmen zu ermöglichen.

 

45.               Nach der Einigung des Europäischen Rates sind die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu finalisieren, um ein rechtzeitiges Inkrafttreten der neuen Programme ab 2014 sicherzustellen. Die Verordnung zum Mehrjährigen Finanzrahmen wird nach der Einigung des Europäischen Rats vom Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen. Der Rat entscheidet einstimmig nach Zustimmung des Parlaments. Änderungen bei den Eigenmitteln werden vom Rat einstimmig im Eigenmittelbeschluss, nach Anhörung des Europäischen Parlaments, erlassen. Dieser Eigenmittelbeschluss tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

 

46.               Zu finalisieren sind auch die Verhandlungen zu den einzelnen Programmen. Die Verordnungsentwürfe zu den Programme wurden von den jeweils zuständigen Räten im Jahr 2012 intensiv verhandelt, 2013 werden die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament abzuschließen sein, damit die Programme ab 2014 bereit stehen.

 

47.               Österreich unterstützt die weiteren Arbeiten und Konsultationen des Präsidenten des Europäischen Rates mit dem Ziel, Anfang 2013 einen Kompromiss zum Mehrjährigen Finanzrahmen zu finden. Österreich, dessen Kernanliegen die Beibehaltung eines Rabatts und die Ländliche Entwicklung darstellen, ist bereit, einen angemessenen Beitrag zu Ausgaben zu leisten, die einen europäischen Mehrwert haben, wobei die notwendigen Konsolidierungsbemühungen in den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind.

 

Binnenmarkt

 

48.               Der Binnenmarkt stellt einen der bedeutendsten Erfolge der Europäischen Union und damit ein zentrales Element der europäischen Integration dar, seine kontinuierliche Weiterentwicklung ist Garant künftig gegebener internationaler Wettbewerbsfähigkeit Europas. Vor diesem Hintergrund ist die Vertiefung des Binnenmarktes mittels Abbau von Wettbewerbshindernissen auch eine der wichtigsten Prioritäten der künftigen irischen und litauischen Präsidentschaften. Im Zentrum steht dabei die Förderung von Beschäftigung und Wachstum, wobei geplant ist, die Arbeiten auf Basis der Binnenmarktakten I und II für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum voranzubringen. Dies schließt insbesondere auch die Digital- und Netzwerkindustrien ein. Die einheitliche Umsetzung und Anwendung der gemeinsamen Marktordnung soll im Blickpunkt stehen. Die Präsidentschaften des Jahres 2013 werden den Jährlichen Bericht zum Stand der Binnenmarktintegration behandeln und die Fortschritte hinsichtlich Harmonisierung und gegenseitige Anerkennung bewerten. Die irische Präsidentschaft wird einen besonderen Schwerpunkt im Bereich des digitalen Binnenmarktes setzen und dabei die Themen Computer- und Netzsicherheit, elektronische Signatur- und Identifikationsverfahren, Datenschutz sowie Ausbau kostengünstiger Hochleistungs-Breitbandnetze behandeln. Der EK-Aktionsplan „Entrepreneurship 2020“ umfasst eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung des Unternehmertums in Europa. Seine Umsetzung wird im Rahmen der Wettbewerbsfähigkeits- und Industriepolitik und unter Nutzung der Verwaltungsmechanismen für den "Small Business Act" erfolgen. Im Mittelpunkt steht die Förderung von Klein- und Mittelunternehmen. Die Schwerpunkte stellen auf den Ausbau der unternehmerischen Bildung, Schaffung des erforderlichen Unternehmensumfelds, und Rollenvorbilder und Ansprechen einzelner Zielgruppen (insbesondere Frauen, Jugendliche, Migranten, Senioren) ab.

 

49.               Weitere Prioritäten für das Jahr 2013 betreffen die Fertigstellung des Pakets zum öffentlichen Auftragswesen und der Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie die vollständige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie. Zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung sollen durch die Connecting Europe Fazilität integrierte transeuropäische Netze in den Bereichen Energie, Verkehr und Telekommunikation ausgebaut werden. Aufgrund ihres hohen Stellenwerts für die europäische Wirtschaft sollen speziell Kleine und Mittlere Unternehmen u.a. durch vereinfachten Zugang zu Krediten und Forschungsförderung unterstützt werden, wozu auch ein informelles Ministertreffen geplant ist.

 

50.               Die Europäische Kommission stellt für 2013 eine Reihe von Schwerpunktthemen zum Binnenmarkt in Aussicht. Dazu zählen u.a. die Modernisierung staatlicher Beihilfen sowie geistiger Eigentumsrechte, die Initiative für einheitliche Regeln betreffend Mehrwertsteuern und der Vorschlag für verpflichtende elektronische Rechnungslegung bei öffentlichen Auftragsvergaben. Die Kommission beabsichtigt außerdem Initiativen zur Aktualisierung und Vereinfachung des Warenverkehres im Binnenmarkt sowie intensivierte Arbeiten zu Produktstandards, Produktzertifizierung und Produktkennzeichnung. Im Rahmen von Horizont 2020 sollen zudem öffentlich-private Partnerschaften in strategisch wichtigen Sektoren (u.a. pharmazeutische Industrie, Nanotechnologie) gefördert werden. Weiters wird die bereits vorliegende EK-Kommunikation zu Industriepolitik behandelt werden.

 

Energiepolitik

 

51.               Im Energiebereich liegt der Fokus der Triopräsidentschaft Irland – Litauen – Griechenland auf der Vervollständigung des Energiebinnenmarkts bis 2014 sowie der Einbindung aller EU-Mitgliedsstaaten in synchrone europäische Energienetze bis 2015. Voraussetzung dafür ist die Entwicklung der Energieinfrastruktur für Europa auf Basis der Leitlinien zur transeuropäischen Energieinfrastruktur, wobei der TEN-E „Connecting Europe“-Fazilität für nicht über den Markt finanzierbare strategische, und daher förderungswürdige Projekte wesentliche Bedeutung zukommt. Die Annahme einer unionsweiten Liste von förderungswürdigen Infrastrukturvorhaben ist bis Mitte 2013 geplant.

 

52.               Aus österreichischer Sicht ist das Nabucco-West-Projekt zur Heranführung von Gas aus neuen Quellen (Zentralasien, kaspischer Raum, Naher Osten) in den gemeinsamen europäischen Markt das wesentliche Diversifizierungsprojekt des südlichen Korridors. Die Entscheidung für das Projekt sollte 2013 fallen. Ein weiteres grenzüberschreitendes Vernetzungsprojekt im Sinne der europäischen Ziele, insbesondere auch im Hinblick auf die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für Flussumkehr, ist das von Österreich und der Slowakei unterstützte Ölpipelineprojekt Bratislava-Schwechat.

 

53.               Der Auf- und Ausbau der europäischen Energieinfrastruktur soll auch entscheidend dazu beitragen, Energieeffizienz und Erneuerbare in den gemeinsamen Markt als Triebkräfte einer gesamteuropäischen Energiewende zu integrieren. Ein zukünftiger Schwerpunkt wird auch die laufende Überprüfung der Nachhaltigkeitskriterien bei Biotreibstoffen und des Einsatzes von Biomasse sein.

 

54.               In Weiterverfolgung der Arbeiten unter den „Stresstests“ soll 2013 eine gegenseitige Begutachtung der bis Jahresende 2012 auszuarbeitenden nationalen Aktionspläne und diesbezüglicher legislativer Initiativen stattfinden, die insgesamt auf eine Stärkung des EU-weiten regulatorischen Rahmenwerkes im Bereich der nuklearen Sicherheit abzielt.

 

55.               Die Revision der Richtlinie zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen aus dem Jahr 1996 soll abgeschlossen werden.

 

Klimawandel und Nachhaltigkeitspolitik

 

56.               Die Herausforderungen des internationalen Klimawandelprozesses durch die Ergebnisse der Weltklimakonferenz von Durban/Südafrika 2011 („Durban-Plattform“) und die politischen Maßnahmen rund um die Weltkonferenz der Vereinten Nationen zur Nachhaltigen Entwicklung (Rio+20, Juni 2012) fordern sowohl den dänischen als auch den zypriotischen Vorsitz.

 

57.               Unter dem Titel „Grünes Europa“ sollen Wirtschaftswachstum und Umweltschutz Hand in Hand gehen. Der Anspruch einer weltweiten Führungsrolle der EU in Bezug auf Umwelt, Energie und Klima erfordert weitreichende Anstrengungen. Maßnahmen für ein „grünes Wachstum“ sollen daher in möglichst vielen Politikbereichen (etwa Agrarpolitik, Kohäsionspolitik, Verkehr und Binnenmarkt) gesetzt werden.

 

58.               Im Rahmen der 2020-Ziele werden daher die Verabschiedung einer Energieeffizienz-Richtlinie vorangetrieben und die Arbeiten an den Roadmaps 2050 in den Bereichen CO2-arme Wirtschaft, Ressourceneffizienz, Energie und Verkehr intensiviert (s. auch oben). Das 7. Umweltaktionsprogramm soll ebenfalls diesem Ziel dienen.

 

59.               Die „Durban-Plattform“ setzt u.a. einen Prozess in Gang, der bis 2015 zur Ausarbeitung eines rechtlich verbindlichen, internationalen Klimaschutzabkommens für alle Vertragsstaaten führen und verpflichtende Maßnahmen festschreiben soll. Die EU hat durch ihre geschickte Verhandlungstaktik (Allianz mit den am wenigsten entwickelten Ländern und den Inselstaaten) entscheidend zum Erfolg beigetragen. 2013 gilt es, diesen Prozess zu entwickeln, den institutionalisierten „Green Climate Fund“ mit Leben zu erfüllen und die grundsätzliche Verpflichtung zur 2. Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll mit konkreten Zielen und einer Laufzeit zu versehen. Die EU wird sich dabei vor allem mit der langfristigen Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen (100 Mrd. USD ab 2020) auseinandersetzen.

 

60.               „Rio+20“ soll einen weiteren Meilenstein in der Verankerung der Nachhaltigen Entwicklung in allen Politikbereichen bilden. Die drei Säulen – ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit – sollen durch die beiden Themen „Green Economy im Zusammenhang mit Nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung“ sowie „Der institutionelle Rahmen für Nachhaltige Entwicklung“ behandelt werden. Die EU hat ihren Vorschlag für das Schlussdokument bereits 2011 eingebracht und wird sich vor allem durch die Idee einer „Roadmap“ für Schlüsselthemen (Wasser, Abfall, Biodiversität und Ökosystemleistungen, Luft und Böden, Meeresressourcen, Stadtentwicklung) aktiv in die Verhandlungen einbringen.

 


Auswärtige Angelegenheiten

 

Regionale Strategien

 

61.               Bei seinem Treffen vom 24. Juni 2011 billigte der Europäische Rat die EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR) und appellierte an alle einschlägigen Institutionen, diese Strategie unverzüglich umzusetzen. Insgesamt beteiligen sich 14 Donau-Anrainerstaaten an der EUSDR: acht EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Österreich Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien), Kroatien als künftiger EU- Mitgliedstaat, ein Beitrittskandidatenland (Montenegro) und vier Drittstaaten (Serbien, Bosnien und Herzegowina, Ukraine und Moldau). Grundsätzlich steht der Prozess allen Staaten im Donauraum offen. Die vier Säulen des Aktionsplans umfassen elf Prioritätsbereiche. Österreichische Institutionen sind in allen zwölf Themenbereichen aktiv engagiert, drei Bereiche werden von österreichischen Institutionen koordiniert - Binnenschifffahrt vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie/Via Donau (gemeinsam mit Rumänien), Förderung von Humanressourcen vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und vom  Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (gemeinsam mit Moldau); Stärkung der institutionellen Kapazitäten vom Land Wien (gemeinsam mit Slowenien). Zur Sicherstellung einer angemessenen nationalen Einbindung und zur laufenden Begleitung der innerösterreichischen Umsetzung der EU-Donauraumstrategie wurde vom Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten eine Koordinationsplattform mit Vertreter/innen der Bundesministerien, Länder und Sozialpartner eingerichtet.

 

62.               Ein in Kooperation mit den österreichischen Institutionen im Auftrag des Bundeskanzleramtes erstellter nationaler Bericht „Österreich und die EU-Strategie für den Donauraum – Erste Erfahrungen und Perspektiven“ liegt seit September 2012 vor. Die wichtigsten Erkenntnisse wurden an die EK weitergeleitet. Am 22. Oktober 2012 fand ein informelles Treffen der Außenminister der Teilnehmerstaaten im Anschluss an die Regierungskonferenz der ARGE Donauländer in St. Pölten statt. Dabei wurde eine Gemeinsame Erklärung mit konkreten Überlegungen für die weiteren Arbeiten an der EU-Donauraumstrategie angenommen.

 

63.               Die Entwicklung der Beziehungen zu den Ländern des Schwarzmeerraums ist die logische Fortsetzung der Donauraumstrategie und der von Österreich auf dem Westbalkan gewonnenen Erfahrungen. Der Schwarzmeerraum ist eine Region mit großem wirtschaftlichem Zukunftspotential, die für österreichische Exportunternehmen von zunehmender Bedeutung ist. Dazu kommt der Rohstoffreichtum der Region, der für österreichische Unternehmen große Chancen (Stichwort: Nabucco) bietet und für die künftige Energieversorgung ganz Europas essentiell ist.

 

64.               Die Vertiefung der Beziehungen zu den Ländern der Schwarzmeerregion bleibt auch 2013 einer der Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik. Mit der Verstärkung der Präsenz in der Region wie die Eröffnung der Österreichischen Botschaft in Baku 2010, einer ADA-Schwerpunktsetzung in Georgien und Armenien (eigenes ADA Büro in Tbilisi) sowie der Abhaltung des Wiener Regionalforums des Weltwirtschaftsforums im Juni 2011 und der Zentralasien- und Südkaukasus Ministerkonferenz im September 2012 in Wien wurden wichtige Grundlagen für die weitere Zusammenarbeit in der Region geschaffen.

 

65.               Der Europäische Rat vom 13./14. Dezember 2012 legte vorbehaltlich der Bewertung des Konzepts der makroregionalen Strategien den Grundstein für eine neue Strategie der EU für die Region der Adria und des Ionischen Meeres. Österreich wird sich auch in diesem Bereich konstruktiv einbringen.

 

66.               Im Alpenraum setzt sich Österreich dafür ein, dass die positiven Erfahrungen aus der EU Strategie für den Donauraum, wie auch bereits vorhandene Plattformen und deren Expertisen, wie etwa die Alpenregionen (ARGE Alp) die Alpenkonvention und das EU Alpenprogramm, im Hinblick auf eine makroregionale Alpenstrategie genützt werden. Österreich wird sich dafür einsetzen, dass eine Diskussion auf EU-Ebene anlässlich der Bewertung der makroregionalen Strategien erfolgen wird.

 

Europäische Nachbarschaftspolitik

 

67.               Die Beziehungen zu den Ländern der Östlichen Nachbarschaft (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und Ukraine) werden in Umsetzung des 2009 geschaffenen Konzepts der Östlichen Partnerschaft weiter entwickelt. Dabei konnten zuletzt insbesondere bei den laufenden Verhandlungen über neue Assoziierungsabkommen, die eine größere gegenseitige Öffnung, eine schrittweise Integration in den Wirtschaftsraum der EU sowie eine Annäherung an europäische Standards und Normen bringen sollen, Fortschritte erzielt werden. Die Verhandlungen mit der Ukraine über das Assoziierungsabkommen wurden Ende 2011 erfolgreich abgeschlossen. Das Abkommen wurde 2012 paraphiert, die ehestmögliche Unterzeichnung ist geplant, sobald die Ukraine ausreichend Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und bei der Umsetzung weiterer Reformschritte vorweisen kann.  Aufgrund der politischen Lage in Belarus sind Verhandlungen über eine weitere Vertiefung der Beziehungen mit diesem Partnerland derzeit nicht möglich.

 

68.               Ein Visaerleichterungsabkommen gekoppelt mit einem Rückübernahmeabkommen mit Georgien ist seit 2011 in Kraft, Verhandlungen über Visaerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen wurden 2012 mit Armenien und Aserbaidschan aufgenommen. Aktionspläne zur schrittweisen Erreichung des Ziels der Visafreiheit werden mit der Ukraine und mit Moldau umgesetzt.

 

69.               Im November 2013 wird das nächste Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Litauen stattfinden. Thema des Gipfeltreffens wird voraussichtlich der Umsetzungsstand des Konzepts der Östlichen Partnerschaft, insbesonders im Hinblick auf die geplanten Assoziierungsabkommen sowie den Prozess zur Vorbereitung auf die schrittweise Visaliberalisierung, sein.

 

Beziehungen der EU zu Strategischen Partnern

 

70.               Grundprinzip der Diskussion zu den strategischen Partnern der Europäischen Union ist die Wahrung der europäischen Interessen in einer globalen Welt durch wirksame Nutzung der durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen Instrumente.

 

71.               Der Europäische Rat nimmt – nach erstmaliger Diskussion im September 2010 – jährlich eine Bestandsaufnahme der Fortschritte in der Stärkung der Rolle der Union auf der internationalen Bühne vor und gibt erforderlichenfalls Ziele und allgemeine Leitlinien vor. Auch vor wichtigen Gipfeltreffen mit einzelnen Partnerländern will der Europäische Rat Orientierungen geben. Dabei bedarf es allerdings für jeden strategischen Partner eines eigenen Zugangs in der Stärkung der Beziehungen, wobei Außen- und Sicherheitsthemen mit sektoralen Politiken wie Handel, Energie, Klima, Migration zu verknüpfen sind. Ziel ist effektiver Multilateralismus und die Zusammenarbeit bei globalen Themen.

 

72.               Der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und, unter ihrer Leitung, dem neugeschaffenen Europäischen Auswärtigen Dienst, kommt dabei eine zentrale Rolle zu. 2010 wurden die Beziehungen zu den USA, Russland und China, 2011 die Beziehungen zu Indien, Brasilien und Südafrika evaluiert. Eine Evaluierung der Beziehungen zu diesen und weiteren strategischen Partnern, wie etwa Mexiko, Südkorea oder Kanada, wird auch 2013 durch den Europäischen Rat und den Rat für Auswärtige Angelegenheiten durchgeführt werden.

 

73.               Die „Transatlantische Partnerschaft“ umfasst insbesondere das gegenseitige Geflecht wirtschaftlicher Abhängigkeit und globalpolitischer Zusammenarbeit der EU mit den USA. Die Herausforderungen, die sich für die transatlantische Partnerschaft – als zentrales Element des internationalen Systems – im Hinblick auf das Hervortreten neuer globaler Akteure und transnationaler Bedrohungen stellen, liegen vorrangig darin, gemeinsam Prioritäten zu definieren und gemeinsame Vorgangsweisen zu erarbeiten.

 

74.               In der ersten Amtszeit Präsident Obamas ist eine Revitalisierung und Intensivierung der EU-USA-Beziehung erfolgt. Diese umfasst die politische Zusammenarbeit auf einer breiten Palette gemeinsamer globaler Herausforderungen und wird 2013 weitergeführt werden. Besonderes Augenmerk wird auf die wesentlichen Bereiche multilateraler Zusammenarbeit – Klimawandel, Energie und Energiesicherheit, Wirtschafts- und Finanzkrise, Krisenmanagement, Entwicklungszusammenarbeit, Nonproliferation und Abrüstung – gelegt werden. Diese Themen wurden auch beim letzten EU-USA-Gipfel am 28. November 2011 in Washington behandelt. Weitere Schwerpunkte werden auf der Vorbereitung des nächsten EU-USA-Gipfels 2013 sowie auf den Aktivitäten des EU-USA-Energierates liegen.

 

75.               Die Hohe Vertreterin Catherine Ashton wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Bemühungen um engere Koordination und Zusammenwirken zur Bewältigung und/oder Lösung von aktuellen oder potentiellen Krisenherden und Herausforderungen fortsetzen. Auch intensives Zusammenwirken in den Bereichen Frieden, Sicherheit und Justiz insbesondere hinsichtlich Terrorismusbekämpfung und Cybersecurity wird weiterverfolgt werden.

 

76.               Im Lichte der Finanz- und Wirtschaftskrise wird auch 2013 auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine enge Koordination im Vordergrund stehen. Die Europäische Kommission wird gemeinsam mit den irischen und litauischen Ratspräsidentschaften die Arbeit des 2007 gegründeten Transatlantischen Wirtschaftsrates (Transatlantic Economic Council) fortführen.

 

77.               Die beim letzten Transatlantic Economic Council am 28. November 2011 eingerichtete „High Level Working Group on Jobs and Growth“ hat in ihrem am 11. Februar 2013 veröffentlichten Abschlussbericht die Aufnahme eines umfassenden transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen empfohlen, welches durch den Abbau von Zollschranken und Handelshemmnissen und die Vereinheitlichung von Standards und Normen Synergieeffekte und Wohlstandsgewinne für Erzeuger und Verbraucher bringen und damit Wirtschaftswachstum fördern und Arbeitsplätze schaffen soll.

 

78.               Die problemlose und äußerst zufriedenstellende politische Zusammenarbeit zwischen der EU und Kanada (in den Bereichen Multilateralismus, Entwicklungspolitik, Krisenmanagement) wird weitergeführt und zusätzlich durch den Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen verstärkt werden. Die 2009 aufgenommenen Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) sollen 2013 fortgesetzt werden. Gleichzeitig werden Verhandlungen über ein erneuertes Rahmenabkommen mit Kanada, das aus EU-Sicht untrennbar mit CETA verbunden ist, fortzuführen sein.

 

79.               Die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Russland wird in der Verwirklichung von „Vier Gemeinsamen Räumen“ (Wirtschaft, innere Sicherheit, äußere Sicherheit sowie Forschung, Bildung und Kultur) ausgestaltet. Parallel dazu sollen 2013 auch die Verhandlungen über ein neues EU-Russland-Rahmenabkommen, das das bestehende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen von 1997 ersetzen soll, fortgesetzt werden.

 

80.               Der Beitritt Russlands zur WTO zielt darauf ab, eine Intensivierung und Verbesserung der Handelsbeziehungen zur EU zu ermöglichen. Das Konzept der 2010 gegründeten Modernisierungspartnerschaft wird 2013 weiter umgesetzt. Die EU und Russland einigten sich 2011 über eine Liste „gemeinsamer Schritte“, die im Hinblick auf das Ziel der Visafreiheit umgesetzt werden müssen. Dazu gehören Maßnahmen in den Bereichen Dokumentensicherheit, Grenzkontrolle und Migration. 2013 wird die Implementierung dieser Maßnahmen fortgesetzt  werden.

 

81.               2013 wird das 10-jährige Bestehen der Strategischen Partnerschaft zwischen der EU und China begangen. Folgende Themen möchte die EU in diesem Rahmen verstärkt ansprechen: Förderung des bilateralen Handels und des Marktzugangs für Waren und Dienstleistungen, verbesserte Investitionsbedingungen, Schutz der geistigen Eigentumsrechte und Öffnung der Märkte für das öffentliche Beschaffungswesen. Die Zusammenarbeit mit China soll auch in überregionalen Fragen (z.B. Iran, Nordkorea, Syrien) und bei der Lösung globaler Herausforderungen (z.B. Klimawandel, Energie- und Wasserversorgung, Cyberspace, Bekämpfung von Terrorismus und Piraterie) intensiviert werden. Die EU wird weiterhin die Menschenrechtslage und den Schutz und die Rechte der Minderheiten besonders aufmerksam verfolgen. Der nächste EU-China-Gipfel soll im Herbst 2013 stattfinden.

 

82.               An der Vertiefung der seit 2004 bestehenden Strategischen Partnerschaft mit Indien wird die EU auch 2013 weiterarbeiten und den Gemeinsamen Aktionsplan an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Ein baldiger Abschluss der schwierigen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (FHA) wird angestrebt, ebenso eine Vertiefung der Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie, Umwelt, Ausbildung, aber auch Piraterie- und Terrorismusbekämpfung und Internet-Kriminalität. Der nächste EU-Indien Gipfel ist für die erste Jahreshälfte 2013 in Brüssel geplant.

 

83.               Nachdem auf EU-Seite im November 2012 die entsprechenden Mandate angenommen wurden, sollen mit Japan 2013 die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen und ein Freihandelsabkommen parallel aufgenommen werden. Auch 2012 kam es zu  Hinrichtungen in Japan, die EU wird sich daher weiterhin für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzen. 2012 gab es keinen EU-Japan-Gipfel, der nächste wird voraussichtlich im März 2013 in Tokio stattfinden.

 

84.               In Hinblick auf Südafrika bleibt die Vertiefung des gegenseitigen Engagements prioritär. Es ist beabsichtigt, die strategische Partnerschaft, ausgehend von länderspezifischen Fragestellungen sowie gemeinsamen Interessen und Werten, noch operativer zu gestalten,

 

85.               Mit Südkorea, das von der EU ebenfalls unter die strategischen Partner gereiht wird, gibt es erst seit kurzem einen hochrangigen politischen Dialog, der ausgebaut werden soll. Einer der künftigen Schwerpunkte der Zusammenarbeit soll der Bereich Abrüstung sein, auch ein Dialog zu Menschenrechtsfragen wurde bereits initiiert. Seit 2011 kommt ein umfassendes Freihandelsabkommen zur Anwendung.

 

86.               Brasilien ist seit 2007 ein strategischer Partner der EU. Seit 2008 besteht auch ein konkreter Aktionsplan zur Implementierung dieser strategischen Partnerschaft, die durch die signifikant gewachsene politische Relevanz Brasiliens als globaler Akteur zunehmende Bedeutung erhält. Der strategische Dialog zwischen der EU und Brasilien wird auch im Jahr 2013 weitergeführt werden. Das nächste jährliche Gipfeltreffen EU-Brasilien wird am 24. Jänner 2013 in Brasilia stattfinden.

 

87.               Das Strategische Partnerschaftsabkommen mit Mexiko (2008) hat zu einer starken Zunahme des bilateralen Handels geführt. Das Gipfeltreffen EU-Mexiko fand zuletzt am 17. Juni 2012 im Vorfeld des G20-Gipfels in Los Cabos statt. 2013 werden weitere Schritte zur Implementierung dieser strategischen Partnerschaft gesetzt werden; einen Schwerpunkt werden dabei weiterhin der Finanz- und Wirtschaftsbereich bilden.

 

Europa als Akteur in der Welt

 

Entwicklungen in der arabischen Welt

 

88.               Der Umbruch in der arabischen Welt, der vor zwei Jahren in Tunesien seinen Ausgang fand, hat als sogenannter „Arabischer Frühling“ fast zeitgleich auch Ägypten, Libyen, den Jemen, Bahrain und Syrien erfasst. Diese Umwälzungen bestehen fort und werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Da jedes Land sehr unterschiedlich von den anderen ist, werden Reaktion und Unterstützung der EU individuell auf jedes Land abgestimmt.

 

89.               Während Ägypten, der Jemen und Tunesien mit großen Wirtschaftsproblemen und einer hohen Arbeitslosigkeit konfrontiert sind, kommt in Libyen eine fragile Sicherheitssituation nach dem bewaffneten Konflikt dazu und in Bahrain steht eine schiitische, wirtschaftlich benachteiligte Mehrheit einer privilegierten sunnitischen Führungsschicht gegenüber. Besonders wichtig erscheint die Schaffung von Arbeitsplätzen, um der Jugend dieser Staaten einen positiven Ausblick in die Zukunft zu ermöglichen.

 

90.               Die Umwälzungen in der arabischen Welt  reflektieren das Streben der Bevölkerung nach Demokratie, Sicherheit und Gerechtigkeit. Die EU wird ihre Unterstützung danach ausrichten.  Der Erfolg des Übergangsprozesses in den einzelnen Staaten wird letztlich auch an der Einhaltung der Menschenrechte und am Schutz der ethnischen und religiösen Minderheiten gemessen werden.

 

91.               Im Gefolge des Arabischen Frühlings wurde 2011 die Europäische  Nachbarschaftspolitik gegenüber den südlichen Nachbarländern als „Partnerschaft mit dem südlichen Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ neu ausgerichtet. Im Zuge einer Evaluierung im Mai 2012 durch die Hohe Vertreterin Catherine Ashton und die  EK ist nun vorgesehen, bestehende Mittel für neue Programme zum Institutionenaufbau in Bereichen wie Justizreform und Korruptionsbekämpfung umzuwidmen und zusätzliche Ressourcen zur weiteren Unterstützung der Reformbemühungen der Nachbarländer als Ergänzung bestehender Länderprogramme bereitzustellen. Diese Mittel werden über das  Rahmenprogramm „Spring“ nach dem „Mehr für Mehr“-Prinzip denjenigen Ländern zugeteilt, die die größten Fortschritte bei der Verwirklichung einer nachhaltigen demokratischen Ordnung erreicht haben.

 

92.               Durch das neue Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) welches ab 2014 das bestehende ENPI („European Neighbourhood Partnership Instrument“) ersetzen wird, sollen die nötigen Finanzmittel bereitgestellt, die Unterstützung der EU effizienter gestaltet und stärker auf die Bedürfnisse der Nachbarländer zugeschnitten werden.

 

93.               In Tunesien kommt die im Oktober 2011 gewählte Verfassungsgebende Versammlung bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung nur schleppend voran. Es ist im Interesse der EU, dass alle dort vertretenen Kräfte möglichst bald ein Verfassungskompromiss finden, damit auf dieser Grundlage 2013 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden können. Vor dem Hintergrund eines starken politischen Islams wird die EU wachsam bleiben müssen, damit die Menschen- und insbesondere die Frauenrechte weiter gestärkt werden. Die EU wird die seit Ende 2011 im Amt befindliche tunesische Regierung bei der Lösung der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Probleme weiterhin unterstützen.

 

94.               Aufgrund der neuen Gemeinsamen Position der EU zu Algerien, welche im Dezember 2012 einstimmig angenommen wurde, wird seitens der EU eine Intensivierung der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit diesem wichtigen Maghreb-Staat in Aussicht genommen. Der Dialog mit Algerien ist derzeit auch im Hinblick auf eine effektive internationale Lösung der Situation in Nordmali von wachsender Bedeutung.

 

95.               In Marokko sind mit den Parlamentswahlen vom November 2011 und der darauffolgenden Regierungsbildung demokratiepolitische Fortschritte zu verzeichnen.  Die neue Verfassung enthält ein umfassendes Programm für eine Modernisierung des Rechtsstaates und der Institutionen. Die EU unterstützt die zügige Umsetzung der Reformen und weitere Reformschritte und hilft der neuen Regierung angesichts der großen wirtschafts- und sozialpolitischen Herausforderungen, mit der sie konfrontiert ist.

 

96.               In Libyen besteht für die neue Regierung die große Herausforderung in der Entwaffnung und Rückführung der Rebellen in das Zivilleben bzw. in deren Integrierung in neu aufzubauende Sicherheitskräfte (Armee und Polizei). Das Gewaltmonopol des Staates muss wiederhergestellt, neue Verwaltungsstrukturen aufgebaut und der Demokratisierungsprozess vorangetrieben werden. Die EU ist zur Unterstützung Libyens bei diesen Herausforderungen bereit und ist in enger Abstimmung mit den Vereinten Nationen in Bereichen wie Grenzsicherheit, Zivilgesellschaft sowie Medien und Meinungsfreiheit federführend. 2013 soll eine GSVP-Mission zur Unterstützung des Grenzmanagements errichtet werden.

 

97.               Die EK hat gezielte Unterstützungsmaßnahmen zur Diversifizierung und Stärkung der Süd-Süd-Handelsintegration, Investitionsförderung, Hilfestellung beim Ausbau der elektronischen Informationsnetze sowie Zusammenarbeit im Energiebereich angekündigt, die die Vertiefung der Handels- und Wirtschaftsintegration Libyens fördern sollen.

 

98.               Im Verhältnis zu Ägypten kann die EU auf den Ergebnissen des Besuchs von Präsident Mursi in Brüssel im Herbst 2012 und des gemeinsamen Task Force-Treffens Mitte November 2012 in Kairo aufbauen. Aufgrund der  zunehmenden Polarisierung der politischen Kräften des Landes ist es  umso dringlicher, im Dialog mit den Entscheidungsträgern Wachsamkeit bezüglich der Einhaltung menschenrechtlicher Grundprinzipien (Schutz persönlicher Freiheiten, Medienfreiheit, Religionsfreiheit) bzw. völkerrechtlicher und internationaler Abkommen zu signalisieren. Nicht zuletzt wird die Situation der religiösen Minderheiten genau zu beobachten und gegebenenfalls mit klaren Worten zu kommentieren sein. Aufgrund der im Dezember angenommenen neuen Verfassung werden 2013 Parlamentswahlen stattfinden. Die EU wird diese voraussichtlich gemeinsam mit anderen internationalen Akteuren beobachten.

 

99.               Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist als Fundament für die Stabilität Ägyptens und damit der gesamten Region besonders im Auge zu behalten. Wichtige Wirtschaftszweige wie der Tourismus wurden von den politischen Turbulenzen der jüngsten Zeit beeinträchtigt; es ist im Interesse der EU wie auch Ägyptens selbst, hier für klare Rahmenbedingungen und entsprechende Sicherheit zu sorgen. Die von der EU in Aussicht gestellte Wirtschaftshilfe sollte daher entsprechend konditional bleiben, um ihre Wirkung nicht zu verfehlen.

Die schon in der Vergangenheit praktizierte Unterstützung der EU für die Zivilgesellschaft in Ägypten ist angesichts der jüngsten Entwicklungen wichtiger denn je.

 

100.            Angesichts der Komplexität der Veränderungen in der Region kommt dem institutionellen Dialog der EU mit der Arabischen Liga eine steigende Bedeutung zu. Beim 2. Gemeinsamen Ministertreffen der beiden Institutionen am Sitz der Arabischen Liga in Kairo im November 2012 war die Mehrzahl der EU-Länder auf Außenminister-Ebene vertreten. Die dabei verabschiedete substantielle Gemeinsame Erklärung bietet eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit bei der Lösung regionaler Fragen und Konflikte.

 

101.            Die Europäische Union hat seit März 2012 den Ko-Vorsitz der „Union für den Mittelmeerraum“ (UfM) übernommen, der die Mittelmeeranrainer-Staaten, Jordanien und Mauretanien, sowie sämtliche EU-Mitgliedsstaaten angehören. Dadurch soll die Komplementarität der UfM mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik und die Wirksamkeit der EU-Hilfe für die Länder des südlichen Mittelmeerraums gestärkt werden. 2013 will man sich besonders auf die Umsetzung von Transport-, Energie- und Gender-Projekte konzentrieren; entsprechend dieser Schwerpunktsetzung sollen 2013 auch drei Fachminister-Treffen (Frauen, Transport, Energie) stattfinden.

 

Naher und Mittlerer Osten

 

102.            Im Nahen Osten besteht die größte Herausforderung für die internationale Gemeinschaft und mit ihr für die Europäische Union weiterhin darin,  Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu führen. Dies betrifft einerseits die israelisch-palästinensischen Verhandlungen sowie die ungelösten Konflikte Israels mit Syrien (Golanhöhen) und mit dem Libanon und andererseits den syrischen Bürgerkrieg, dessen Ende nicht absehbar ist.

 

103.            Die Vorschläge des Nahost-Quartetts zu einer Grundsatzlösung bis Ende 2012 sind ergebnislos geblieben. In Israel werden zu Jahresbeginn 2013 Neuwahlen durchgeführt. Palästina hat mit dem erfolgreichen Ansuchen um Anerkennung als Beobachterstaat in der Generalversammlung der Vereinten Nationen den Weg der multilateralen Diplomatie beschritten. Vor diesem Hintergrund sollen die  direkten israelisch-palästinensischen Gespräche neu gestartet werden.  

 

104.            Die Beschlüsse der EU-Außenminister in ihren Ratssitzungen vom Dezember 2009, Dezember 2010 und zuletzt Mai 2012 definieren den politischen Rahmen, der als Leitlinie für den EU-Beitrag zur Arbeit des Nahost-Quartetts weiterhin Gültigkeit besitzt. Die EU ist der wichtigste Handelspartner Israels und der wichtigste Partner der palästinensischen Regierung bei ihren Anstrengungen um den Aufbau effizienter Institutionen für den zukünftigen Staat. Im Lichte der gegenwärtigen schweren finanziellen Krise der Palästinensischen Behörde gelten die unmittelbaren Anstrengungen in der Zusammenarbeit der EU mit den Palästinensern der Sicherung der bestehenden Institutionen. Ein zusätzlicher Fokus der EU liegt auf der Erweiterung der wirtschaftlichen Möglichkeiten durch Zugang zu den sog. „Areas C“, die weiterhin unter vollständiger Kontrolle Israels stehen (rd. 60% des Gebiets des Westjordanlandes).

 

105.            Neben einer Wiederaufnahme ernsthafter israelisch-palästinensischer Verhandlungen fehlt auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung auch eine Überwindung der tiefen inner-palästinensischen Spaltung. . Die Europäische Union wird  an der Suche nach Auswegen aus der derzeitigen, unhaltbaren Situation mitwirken, ohne die im internationalen Nahost-Quartett festgelegten Grundsätze außer Acht zu lassen.

 

106.            Die Parteien im syrischen Bürgerkrieg setzen trotz der mittlerweile mehr als 60.000 Todesopfer, der mehr als einer halben Million Flüchtlinge und der vier Millionen unmittelbar Unterstützungsbedürftiger weiterhin auf eine militärische Lösung.

 

107.            Die internationale Gemeinschaft versucht durch den Sondergesandten  der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, den Weg für eine politische Lösung zu ebnen.  Sowohl das Regime als auch die Oppositionsvertreter verweigern jedoch den Dialog bzw. stellen Bedingungen, die für die jeweils andere Seite erklärter Maßen unannehmbar sind. Die EU bekräftigte wiederholt ihre Unterstützung der Anstrengungen des Sondergesandten Brahimi und siedelt  die Hauptverantwortung für die tragische Eskalation des politischen Konflikts beim Regime an. Dementsprechend hat sie auch Präsident Assad jegliche Legitimität abgesprochen und die Anerkennung der Oppositionskoalition als eine legitime Vertretung des syrischen Volks festgestellt.

 

108.            Über die Hohe Vertreterin Catherine Ashton ist die EU auch Mitglied der im Juni 2012 gebildeten Aktionsgruppe, in deren Rahmen sich alle ständigen Vertreter im VN-Sicherheitsrat erstmals auf die Grundlagen einer politischen Lösung verständigen konnten.

 

109.            Die Europäische Union wird weiterhin gefordert sein, einen wirkungsvollen  Beitrag zur Beendigung der Gewalt und zum Schutz der Zivilbevölkerung zu leisten, insbesondere durch fortgesetzte humanitäre Hilfe sowie durch die zur Sanktionierung der von den Vereinten Nationen festgestellten Menschenrechtsverletzungen. Die im VN-Sicherheitsrat vertretenen EU-Mitgliedsstaaten versuchen eine gemeinsame Position des Sicherheitsrats zu verhandeln und nach den Entscheidungen über Sanktionen der Europäischen Union gegen die Verantwortlichen für die Gewalt solche auch auf Ebene der Vereinten Nationen zu beschließen.  

 

110.            Im Irak müssen die Spannungen zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen  überwunden und negative Auswirkungen der syrischen Krise vermieden werden. Auf Grundlage eines im Mai 2012 geschlossenen Partnerschaftsabkommen werden die EU und der Irak in den Bereichen Handel, Energie und Kampf gegen den Terrorismus enger zusammenarbeiten. Damit sollen auch die demokratischen Bemühungen im Irak unterstützt werden.

 

111.            Die seit Jahren bestehenden Zweifel am ausschließlich zivilen und friedlichen Charakter seines Atomprogrammes konnte der Iran bisher nicht zerstreuen. Die Verhandlungsrunden der  fünf Ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrats und Deutschlands („EU 3+3“) mit dem Iran im vergangenen Jahr haben bislang keinerlei greifbare Ergebnisse gebracht. Die letzten Inspektionsberichte der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) von August und November 2012 enthielten keine nennenswerten Fortschritte bei der Klärung der offenen Fragen über das iranische Nuklearprogramm.

 

112.            Um den Iran wieder zum Einlenken und zu Verhandlungen in der Nuklearfrage zu bewegen, hat die  EU  am 23. Jänner 2012 ein erweitertes Sanktionenpaket gegen den Iran angenommen, das u.a. die Verhängung eines Erdölembargos und Finanzsanktionen gegen  iranische Banken umfasste. Am 15. Oktober 2012 folgte eine  neuerliche Verschärfung der  Sanktionen. Diese umfassen ein Exportverbot u.a. für Ausrüstung für die iranische Öl-, Erdgas- und petrochemische Industrie sowie für Grafit, Rohmetalle und Metallhalberzeugnisse wie Stahl und Aluminium, weiters ein Importverbot für Erdgas und ein Verbot für kurzfristige Exportkreditversicherungen wie auch im Bankensektor die grundsätzliche Genehmigungspflicht für alle Finanz­transaktionen von EU-Banken mit iranischen Banken.

 

113.            Die Bemühungen um eine diplomatische Lösung werden auch im Jahre 2013 fortgeführt werden. Die Hohe Vertreterin der EU, Catherine Ashton, wird sich weiterhin dafür einsetzen, den EU3+3-Prozess  voranzubringen. Es ist zu hoffen, dass der Iran angesichts der verschärften Sanktionen einlenkt und sich konstruktiven Verhandlungen mit den EU3+3 nicht weiter verschließt.

 

114.            Die Menschenrechtslage im Iran verschlechtert sich zusehends. Insbesondere die Einschränkung der Minderheiten- und Frauenrechte, zuletzt etwa durch die Sperre von 77 Studienrichtungen für Frauen, die Unterdrückung der Meinungsfreiheit, die Zunahme von Hinrichtungen sowie die Situation der Menschenrechtsverteidiger sind besorgniserregend.

 

Afghanistan

 

115.            Afghanistan wird weiterhin ein wichtiges Element der Außenpolitik der EU darstellen. Im Mittelpunkt wird die progressive Übernahme der Verantwortung durch die afghanische Regierung im Lichte des Abzuges der ISAF-Truppen sein. Die Umsetzung der Zielvorstellungen der Afghanistan-Konferenzen von Bonn, Kabul und Tokio sowie des NATO-Gipfels in Chicago wird dabei im Vordergrund stehen. Die Verhandlungen über ein Abkommen über Partnerschaft und Entwicklung werden 2013 weitergeführt werden.

 

Pakistan

 

116.            Die EU wird die Entwicklungen in Pakistan weiterhin genau verfolgen und das Land verstärkt unterstützen. Im Hinblick auf die innenpolitische Lage und die Bedeutung Pakistans für die Situation in Afghanistan wird die EU den Dialog mit Pakistan - auf Basis des 5-Jahres-Aktionsplanes – weiterführen. Die EU nimmt für die im Frühjahr 2013 stattfindenden Wahlen die Entsendung einer Wahlbeobachtermission in Aussicht.

 

Zentralasien

 

117.            Die Beziehungen zwischen der EU und Zentralasien sollen durch die Umsetzung der EU-Zentralasien-Strategie in ihren sieben Hauptbereichen (Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Demokratisierung; Bildung; wirtschaftliche Entwicklung, Handel und Investitionen; Energie und Verkehr; Umwelt und Wasserfragen; gemeinsame Bedrohungen und Herausforderungen; interkultureller Dialog) weiterhin gestärkt werden. Im Juni 2012 erfolgte eine Bewertung und Überprüfung der EU-Zentralasien-Strategie. Diese Bewertung und Überprüfung gibt die prioritären Bereiche für die weitere Zusammenarbeit vor. Der ISAF-Rückzug aus Afghanistan im Jahr 2014 wird auch im Zentralasienzusammenhang genau beobachtet werden um insbesondere Risiken im Drogen-, Waffen- und Menschenschmuggel hintanzuhalten.

 

 

Asien und Ozeanien

 

118.            Die Beziehungen zwischen der EU und der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) haben sich seit der Machtübernahme durch Kim Jong-un kaum verändert. Die DVRK soll weiterhin zur Aufgabe ihres Atomwaffenprogramms bzw. zur Zulassung von Beobachtern der IAEO, aber auch zum bilateralen und multilateralen Dialog bewegt werden. In der Frage der Sanktionen wird die EU wie in der Vergangenheit eng auf den Vorgaben der Vereinten Nationen aufbauen. Die Situation der Menschenrechte in der DVRK gibt unverändert Anlass zur Sorge.

 

119.            Für Frühjahr 2013 ist die Unterzeichnung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Mongolei geplant, welches der Qualität der Beziehungen einen neuen Schub geben soll. Die erfolgreiche Praxis der regelmäßigen Gemischten Kommissionen soll fortgesetzt werden.

 

120.            Die Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in Birma/Myanmar wird für die EU auch im Jahre 2013 zentral sein. Die Gewährung des Allgemeinen Präferenzsystems wird zurzeit geprüft. Die Sanktionen sind derzeit mit Ausnahme des Waffenembargos bis 30. April 2013 suspendiert. Der Rat wird entscheiden müssen, ob die Suspendierung beibehalten oder ob es danach zu einer echten Aufhebung von Sanktionen kommen wird. Nach den Besuchen der Hohen Vertreterin Catherine Ashton und EK-Präsident Jose Manuel Barroso wird der Besuch von Präsident General Thein Sein in Brüssel für die 1. Jahreshälfte 2013 erwartet.

 

121.            Zwischen der EU und Australien sind die Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen so weit fortgeschritten, dass mit einer Paraphierung im Jahr 2013 gerechnet wird. Die mit Neuseeland etwas später begonnenen Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen werden 2013 fortgesetzt.

 

122.            Die EU wird sich weiterhin aktiv im ASEM-Prozess („Asia Europe Meeting“) einbringen. Im November 2012 hat der 9. ASEM-Gipfel der Staats- und Regierungsoberhäupter in Vientiane (Laos) stattgefunden, bei dem die Schweiz, Norwegen und Bangladesch als neue Mitglieder aufgenommen wurden. Neben strukturellen Fragen soll 2013 auch an einer inhaltlichen Fokussierung des Prozesses gearbeitet werden. Am 14. und 15. November 2013 wird in New Delhi das nächste ASEM-Außenministertreffen stattfinden.  

 

123.            Die EU wird die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit im Verhältnis zu ASEAN („Association of Southeast Asian Nations“) weiterhin fördern und die Umsetzung des EU-ASEAN Aktionsplanes 2013-2017, welcher beim Außenministertreffen am 27. April 2012 in Brunei angenommen wurde, vorantreiben.

 

124.            Im Bereich der Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) ist 2013 die Fortsetzung der Verhandlungen mit Thailand, Malaysia und Brunei, die Paraphierung des PKA mit Singapur und die Ratifikation der PKA mit Indonesien, Philippinen und Vietnam geplant. Mit Vietnam und Malaysia sollen die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (FHA) fortgesetzt und mit Thailand aufgenommen werden (mit Singapur sind die Verhandlungen bereits abgeschlossen). Die EU ist auch für die Aufnahme von FHA-Verhandlungen mit anderen ASEAN-Mitgliedern offen.

 

Lateinamerika und Karibik

 

125.            Lateinamerika und die Karibik (LAK) werden als eine wichtige und der EU nahe stehende Partnerregion eingestuft. Der seit mehr als zehn Jahren institutionalisierte EU-LAK-Prozess ist ein wichtiger Motor der bi-regionalen Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika. Die EU als einer der größten ausländischen Investoren in der Region hält am Konzept des (sub-)regionalen Ansatzes auf der Basis von Assoziierungs- oder Wirtschaftspartnerschaftsabkommen fest, um damit die regionale Integration der LAK-Partner zu fördern und die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Handelsbeziehungen und Investitionen zu verbessern. Zentrale politische Anliegen sieht die Union in der Erbringung eines Beitrags zur Stärkung der Stabilität, des Wohlstands und der sozialen Kohäsion in Lateinamerika und der Karibik sowie in der Schaffung eines gemeinsamen Raums der höheren Bildung und im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität. Zur Förderung dieser Zielsetzungen wird 2013 weiter am EU-LAK-Prozess gearbeitet, in dessen Rahmen alle zwei Jahre ein Gipfeltreffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfindet. Seit Gründung der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) im Dezember 2011 tritt diese als Ansprechpartner der EU in diesem bi-regionalen Prozess auf. Der nächste EU-LAK-Gipfel wurde daher auch in EU-CELAC-Gipfel umbenannt. 

 

126.            Die EU unterhält ein dichtes Netz an vertraglichen Beziehungen zum LAK-Raum: Assoziierungsabkommen mit Mexiko (2000) und Chile (2002) sowie strategische Partnerschaften und Aktionspläne mit Brasilien (2007) und Mexiko (2008). Beim letzten Gipfeltreffen der EU-LAK am 17./18. Mai 2010 in Madrid konnten die Verhandlungen für ein Assoziierungsabkommen der EU mit Zentralamerika sowie für ein Mehrparteienabkommen der EU mit Peru und Kolumbien zum Abschluss gebracht werden. Weiteres wichtiges Ergebnis dieses Gipfeltreffens war die Wiederaufnahme der EU-MERCOSUR-Verhandlungen sowie die Errichtung von LAIF („Latin American Investment Facility“).

 

127.            Das Jahr 2013 wird weiterhin von jenen Themen geprägt bleiben, die anlässlich des EU-LAK-Gipfels in Madrid 2010 initiiert wurden. Zu den wichtigen Ergebnissen des nächsten EU-CELAC-Gipfels im Jänner 2013 zum Thema „Investitionen für eine nachhaltige Entwicklung“ wird eine gemeinsame politische Erklärung der Staats- und Regierungschefs über die weitere Zusammenarbeit zwischen der EU- und der LAK-Region zählen. Zur Konkretisierung dieser Kooperation soll der bestehende Aktionsplan evaluiert und um neue Themen (wie z.B. Frauenthemen oder Fragen der Sicherheit) ergänzt werden.

 

Afrika

 

128.            Die Konsolidierung der Beziehungen mit Afrika, aufbauend auf der Gemeinsamen Afrika-EU-Strategie, wird weiterhin oberste Priorität bleiben. Die Entwicklung der Beziehung der EU zur Afrikanischen Union ist ein zentrales Element. Dies umfasst auch das fortgesetzte Engagement bei Fragen über Frieden und Sicherheit wie zum Beispiel Non-Proliferation und Abrüstung.

 

129.            In Einklang mit der Gemeinsamen Afrika-EU-Strategie werden die Verstärkung der Beziehungen sowie die Unterstützung der positiven Dynamik der Region am Horn von Afrika (Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda) von der Hohen Vertreterin Catherine Ashton und dem Europäischen Auswärtigen Dienst weiterhin prioritär behandelt. Die Stärkung des Justizwesens und des Seefahrtsektors in Somalia und am Horn von Afrika mittels einer zivilen GSVP-Mission mit militärischer Expertise (EUCAP Nestor Horn of Africa) ist dabei ein wichtiger Bestandteil. Die EU wird auch weiterhin die Lage in Somalia eng verfolgen, einschließlich des Kampfes gegen Piraterie (GSVP-Mission EUNAVFOR Atalanta) und weiterer zusätzlicher Unterstützung des Sicherheitssektors in Somalia (über die GSVP-Mission EUTM Somalia).

 

130.            Die EU wird zudem den neuen unabhängigen Staat Südsudan in Bezug auf seine schwierigen Herausforderungen sowie bei der staatlichen Konsolidierung weiterhin unterstützen. Gleichzeitig wird die EU ihr Engagement gegenüber der sudanesischen Regierung in Khartum fortsetzen. Ziel ist es, beiden Staaten eine friedliche Koexistenz und wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. Weiters werden die Bemühungen um eine umfassende politische Lösung für Darfur fortgeführt.

 

131.            Die Umsetzung der EU-Strategie für Sicherheit und Entwicklung im Sahel bleibt ebenfalls prioritär, vor allem im Lichte der Entwicklungen in Mali und der Bedrohung für die regionale Stabilität. Im Juli 2012 wurde mit EUCAP Sahel Niger eine zivile GSVP-Mission geschaffen, um Unterstützung für eine verbesserte Koordinierung des Sicherheitssektors sowie entsprechende Ausbildung und Kapazitätsaufbau zu leisten. 2013 soll  eine weitere GSVP-Operation (EUTM Mali) errichtet werden mit dem Ziel, die malischen Streitkräfte umzustrukturieren und auszubilden. In Bezug auf Guinea-Bissau wird die EU sich weiter um eine nachhaltige Lösung der Probleme im Zuge des Staatsstreichs aus dem Jahr 2012 bemühen. Demokratische Wahlprozesse, die Achtung der Menschenrechte sowie die Stärkung menschenrechtlicher Organe genießen auch weiterhin Priorität.

 

132.            Die EU wird ihre Bemühungen für Frieden und Demokratie im Gebiet der Großen Seen fortsetzen, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, wo sich die EU für die Schaffung von stabilen Verhältnissen einsetzt. Die EU beabsichtigt, mit afrikanischen und internationalen Partner zusammenzuarbeiten, um eine umfassende Antwort für die Probleme der Region zu erarbeiten.

 

Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

 

133.            Das Programm der drei EU Präsidentschaften Irland, Litauen und Griechenland setzt für den Zeitraum Jänner 2013 bis Juni 2014 folgende inhaltliche Schwerpunkte im Bereich Entwicklungszusammenarbeit: Der EU Beitrag zur Post – 2015 Entwicklungsagenda wird das zentrale Thema in den kommenden 18 Monaten sein. Gleichzeitig will die EU weiterhin dazu beitragen, dass die MDGs (Millennium Development Goals) bis 2015 erreicht werden. Für das VN Special Event zu den MDGs im Rahmen der VN Generalversammlung im September 2013 wird eine gemeinsame EU Position vorbereitet.

 

134.            Im Rahmen der Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen soll die inhaltliche Ausgestaltung der EZA Außeninstrumente (DCI – Development Co-operation Instrument und 11. EDF – European Development Fund) finalisiert werden.

 

135.            Wie seit dem Europäischen Rat 2010 gefordert, ist jedes Jahr ein Bericht der EU und der EU MS über die Fortschritte bei der Umsetzung der EU ODA Zusagen vorzubereiten.

 

136.            Darüber hinaus wird sich die Ratsarbeitsgruppe EZA unter anderem mit folgenden Themen beschäftigen: Follow up der Beschlüsse betreffend EU Unterstützung für Transitionsgesellschaften; Überprüfung der Fortschritte bei der Umsetzung des Gender Aktionsplans der EU; Rolle der lokalen Behörden, der Zivilgesellschaft und des Privatsektors in der Entwicklungspolitik.         

 

137.            Zentrale Aufgabe der Ratsarbeitsgruppe AKP ist die Umsetzung des Cotonou-Partnerschaftsabkommens zwischen den AKP Staaten und der EU. Dazu zählen unter anderem das Management des EDF, die Sicherstellung, dass die gemeinsamen EU – AKP Institutionen funktionieren und deren Treffen gut vorbereitet sind sowie der Beschluss von Maßnahmen im Falle grober Verletzungen der Menschenrechte, Rechtsstattlichkeit oder demokratischer Prinzipen in den Partnerländern.

 

138.            Die EU ist der weltweit größte Geber humanitärer Hilfe. Im Hinblick auf eine  verbesserte Effektivität der humanitären Hilfsleistungen soll die Koordinationsrolle der Vereinten Nationen und hier vor allem des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) gestärkt werden. Die Kapazitäten im Bereich der Prävention sollen, insbesondere auch durch eine stärkere Beachtung der Verbindung zwischen Hilfe, Rehabilitation und Entwicklung, ausgebaut werden. Weitere Schwerpunkte bilden die Umsetzung des mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Ernährungshilfe-Übereinkommens sowie die Behandlung des Legislativvorschlages der Europäischen Kommission zur Errichtung eines EU Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe.

 

Menschenrechte

 

139.            Die EU wird sich weiterhin für ein starkes multilaterales Menschenrechtssystem einsetzen, das es ermöglicht, die Umsetzung von Menschenrechtsnormen unparteiisch zu beobachten und alle Staaten zur Rechenschaft zu ziehen. Dabei soll dem VN-Menschenrechtsrat eine führende Rolle zukommen; diesem muss ein wirksames Vorgehen ermöglicht werden. Österreich wird als Mitglied des VN-Menschenrechtsrates 2011-2014 verstärkt dazu beitragen, wobei die Themen Religionsfreiheit und Schutz religiöser Minderheiten, Medienfreiheit und Schutz von Journalisten, und Kinderrechte und Schutz vor Gewalt und Ausbeutung besondere Schwerpunkte sind. Die EU wird sich darüber hinaus weiterhin aktiv um eine objektive, umfassende Menschenrechtsprüfung im Rahmen des „Universal Periodic Review“ bemühen. In Hinblick auf ein entschiedenes Handeln in den Vereinten Nationen generell setzt die EU auf Gemeinsamkeiten mit Partnerländern und bemüht sich darum, mit einer Stimme zu sprechen.

 

140.            Eine Priorität wird die Umsetzung der neuen EU-Menschenrechtsstrategie für die GASP „Strategischer Rahmen und Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie“ sein, die als Richtschnur für das Engagement der EU in den nächsten Jahren dienen soll. Diese wurde am 25. Juni 2012 vom Rat für Auswärtige Beziehungen angenommen. Auch der neue EU-Sonderbeauftragte (EUSR) für Menschenrechte wird eine wichtige Rolle spielen, die Menschenrechtspolitik der EU wirksamer und sichtbarer zu machen. Der Rat ist entschlossen, eng mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission sowie der Zivilgesellschaft, ebenso wie mit den internationalen Partnern der EU, multilateralen Foren und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten.

 

141.            Inhaltliche Schwerpunkte der EU-Menschenrechtsaußenpolitik ergeben sich außerdem aus den acht Leitlinien des Rates, welche jeweils einen Katalog von Maßnahmen für das ständige Engagement der EU gegenüber Drittstaaten zur Todesstrafe, zu Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, zum Schutz und zur Förderung der Kinderrechte, zu Menschenrechtsdialogen mit Drittstaaten, zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten, zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, Leitlinien zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und zum humanitären Völkerrecht umfassen. Im neuen Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie ist darüber hinaus die Erarbeitung und Annahme von Leitlinien zur Religions- und Glaubensfreiheit, zum Schutz und zur Förderung der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen-Personen sowie für die Meinungsfreiheit online und offline, einschließlich des Schutzes von Bloggern und Journalisten, vorgesehen. Österreich wird sich auch weiterhin für die volle Umsetzung und Weiterentwicklung der Leitlinien und anderen Instrumente einsetzen und aktiv an der Erstellung der neuen Leitlinien mitarbeiten. Österreich wird auch weiterhin ein aktives Mitglied der EU Task Forces zu Religions- und Glaubensfreiheit, zu Kinderrechten, zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie zur Umsetzung der Resolution 1325 (2000) des VN-SR zu Frauen, Frieden und Sicherheit sein.

 

142.            Menschenrechte und Demokratie sind integraler Bestandteil des Dialogs der EU mit anderen Ländern bis hin zur Ebene von Gipfeltreffen. Die Verbesserung der Effizienz und Kohärenz der EU-Menschenrechtsdialoge mit Drittstaaten bildet einen Schwerpunkt der Menschenrechtsaußenpolitik der EU. Aus den Leitlinien der EU für Menschenrechtsdialoge mit Drittstaaten ergeben sich unterschiedliche Dialogformen, nämlich strukturierte Menschenrechtsdialoge, Ad-hoc-Dialoge, Dialoge mit Staatengruppen sowie Expertentreffen mit gleichgesinnten Staaten im Vorfeld von menschenrechtlichen Großveranstaltungen. Die EU hält strukturierte Menschenrechtsdialoge mit über 30 Staaten ab, wobei die jeweils besprochenen Themen, Problembereiche und Kooperationsmöglichkeiten von Fall zu Fall festgelegt werden und u.a. Minderheitenrechte, Frauenrechte, Todesstrafe, Religions- und Gewissensfreiheit, Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Kinderrechte und Entwicklung der Zivilgesellschaft umfassen. Die EU ist dabei bemüht, auch die Zivilgesellschaft in diese Dialoge aktiv einzubeziehen, etwa durch Vorbereitungstreffen mit dieser im Vorfeld der Dialoge.

 

Schutz religiöser Minderheiten

 

143.            Religiöse Konflikte, Diskriminierung und Intoleranz gegenüber Angehörigen religiöser Minderheiten sind weltweit im Ansteigen begriffen. Die EU hat darauf reagiert und auf österreichische Forderung beim Rat für Auswärtige Beziehungen im Juni 2012 die Erarbeitung von EU Leitlinien beschlossen, um das Thema Religionsfreiheit systematisch in die europäische Menschenrechtspolitik zu integrieren. 2013 wird deren Ausarbeitung fortgesetzt. Österreich wird sich dabei insbesondere für die Berücksichtigung religiöser Minderheiten, des interreligiösen Dialogs und für die Verbesserung des Kommunikationsflusses innerhalb der EU im Sinne von Frühwarnung, um rasch und effektiv auf potentielle Konfliktsituationen reagieren und auf deren Verhinderung hinwirken zu können, einsetzen. Die EU wird auch auf multilateraler Ebene ihre Initiativen zu Religionsfreiheit fortführen, insbesondere im Menschenrechtsrat in Genf und in der VN-Generalversammlung in New York, um den internationalen Konsens über die Notwendigkeit eines Vorgehens gegen die religiöse Intoleranz zu festigen.

 

Dialog der Kulturen und Religionen

 

144.            Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben sich der zunehmenden zivilisatorischen Vielfalt Europas seit Jahren angenommen. Globalisierung und Migration, Erweiterung der EU und internationale Entwicklungen haben zu einer größeren Dynamik von Sprachen und Glaubensbekenntnissen, ethnischen und kulturellen Identitäten geführt.

 

145.            Der Dialog der Kulturen und Religionen gewinnt daher eine immer stärkere Bedeutung für die Förderung der europäischen Identität und Bürgerschaft. Ein ebenso wichtiges Instrument ist der Dialog der Kulturen und Religionen auch in der internationalen Politik: hier kann er einen wesentlichen Beitrag zur Konfliktlösung, Versöhnung und zum nachhaltigen Frieden leisten.

 

146.            Für die EU, ebenso wie für Österreich, bleiben Pluralismus und Dialog auch im Jahr 2013 zentrale Schwerpunkte. Österreich wird von 26. bis 28. Februar 2013 Gastgeber des 5. Globalforums der Allianz der Zivilisationen sein. Diese Initiative unter der Schirmherrschaft des UNO-Generalsekretärs verfolgt das Ziel, in Zusammenarbeit mit Staaten, internationalen und regionalen Organisationen sowie Vertretern der Zivilgesellschaft „cross-cultural“-Beziehungen zwischen den Staaten und Gemeinschaften zu fördern (Schwerpunkt Dialog westlich-muslimische Gesellschaften), um Extremismus zu bekämpfen sowie kulturelle, religiöse und soziale Barrieren zu überwinden. Generalthema der Konferenz wird die „Förderung von verantwortungsvoller Führung in Vielfalt und Dialog“ sein.

 

Zusammenarbeit EU-Vereinte Nationen

 

147.            Die Mitgliedstaaten der EU sind heute nicht nur die bei weitem größten Beitragszahler zum VN-Haushalt, sondern spielen auch eine wichtige Rolle in der inhaltlichen Arbeit der Vereinten Nationen. In den Bereichen Menschenrechte, Abrüstung und Nonproliferation, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sowie in der Fortführung von Reformthemen (etwa Überprüfung des Menschenrechtsrates) bzw. der Umsetzung von bereits beschlossenen VN-Reformen (z.B. Empfehlungen im Rahmen der Überprüfung der Peacebuilding Commission, systemweite Kohärenz) sind EU-Mitgliedstaaten unerlässliche Unterstützer der Arbeit der Vereinten Nationen.

 

148.            Die EU ist ein wichtiger Partner der Vereinten Nationen in der Konfliktprävention, Mediation, Friedenssicherung und Friedenskonsolidierung. Die gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit im Krisenmanagement, deren Umsetzung kontinuierlich vorangetrieben wird, sieht eine enge Abstimmung zwischen EU und VN in diesen Bereichen vor. Mit der Entsendung von militärischem, polizeilichem und zivilem Personal (einschließlich der EU-Sonderbeauftragten) in Konfliktgebiete sowie mit Aktivitäten im Trainingsbereich leistet die EU konkrete Beiträge zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Darüber hinaus unterstützt die EU vollinhaltlich die vom VN-Sekretariat eingeleitete „New-Horizon“-Initiative zur Reform der Friedenserhaltenden Operationen der VN.

 

149.            Insbesondere zeigen Erfahrungen bei der Durchführung von GSVP- und VN-Missionen in derselben Region (z.B. EUSEC und EUPOL RD Congo / MONUC / MONUSCO, EUFOR Tchad/ RCA / MINURCAT oder UNMIK / EULEX Kosovo), dass eine effiziente und gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen EU und VN im Hinblick auf eine erfolgreiche Umsetzung der Mandate des VN-Sicherheitsrats von großer Bedeutung ist bzw. dass die EU eine wichtige Aufgabe beim Aufbau und bei der Unterstützung von VN-Operationen spielen kann.  Des Weiteren kommt der EU eine bedeutende Rolle in der Umsetzung von thematischen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, etwa zum Schutz der Zivilbevölkerung, insbesondere von Frauen und Kindern, in bewaffneten Konflikten zu.

 

150.            Durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon soll die EU mittelfristig kohärenter auftreten und dadurch im VN-Rahmen an Bedeutung gewinnen. Durch die geänderte Außenvertretung ist nunmehr die EU-Delegation (anstelle der bisher zuständigen rotierenden Ratspräsidentschaft) für die Vertretung der EU in den VN zuständig. Die VN-GV nahm am 3. Mai 2011 eine GV-Resolution über die Teilnahme der EU an der Arbeit der VN an. Der Status der EU-Delegation als Beobachter wurde gestärkt und ihr wurden gewisse prozedurale Rechte eingeräumt, u.a. Rederechte, das Recht zu antworten und Dokumente zu verteilen und mündlich Vorschläge und Änderungsanträge einzubringen. Derzeit arbeiten EU-Delegation und Mitgliedstaaten an der bestmöglichen Umsetzung der Resolution.

 

Zusammenarbeit EU- Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

 

151.            Die EU ist einer der wesentlichen Gestalter innerhalb der OSZE und trägt das beim OSZE-Gipfel in Astana Ende 2010 verabschiedete Ziel des schrittweisen Aufbaus einer euro-atlantischen und euro-asiatischen Sicherheitsgemeinschaft voll und ganz mit. Für die EU ist die Umsetzung beschlossener politischer Verpflichtungen in allen drei Dimensionen (politisch-militärische Dimension, Umwelt-Wirtschaft, Menschliche Dimension) sowie Fortschritte bei den ungelösten Konflikten weiterhin von ganz besonderer Bedeutung. Die EU ist größter Beitragszahler innerhalb der OSZE (über 70% des Gesamtbudgets) und unterstützt die Arbeit der OSZE durch Sekundierungen, bei Wahlbeobachtungseinsätzen sowie in Form von extrabudgetären Projekten.

 

152.            Bei der Umsetzung konkreter Projekte der diversen OSZE-Feldpräsenzen zur Stärkung demokratischer Institutionen wird die EU noch stärker die im Feld gewonnene Expertise der OSZE nutzbar machen. Eine enge Abstimmung zwischen EU und OSZE bei der Umsetzung konkreter Projekte in den Feldpräsenzen ist deshalb im Interesse beider Organisationen. Die EU wird auch 2013 die Unabhängigkeit und die Aktivitäten der OSZE-Institutionen (Medienbeauftragte in Wien, Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau, Hochkommissar für nationale Minderheiten in Den Haag) besonders verteidigen und unterstützen.

 

153.            2013, unter ukrainischem OSZE-Vorsitz, wird die EU weiter versuchen, ihre 2010 definierten vier strategischen Prioritäten in Form konkreter Beschlüsse umzusetzen. Diese vier Prioritäten sind:

 

-          Stärkung der OSZE-Instrumente in allen Phasen des Konfliktzyklus (von Frühwarnung bis Konfliktnachsorge) und konkrete Fortschritte bei  ungelösten Konflikten (insbesondere Berg-Karabach, Transnistrien, Georgien);

-          Stärkung und Modernisierung der Rüstungskontrolle und der vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen (angesichts der bestehenden Umsetzungskrise rund um den Vertrag über Konventionelle Rüstung in Europa) insbesondere durch substantielle Fortschritte bei der Modernisierung des Wiener Dokuments zu vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen;

-          Stärkung der Umsetzung aller Verpflichtungen und Zusagen in den drei Dimensionen, insbesondere in der Menschlichen Dimension auf Basis einer systematischeren Nutzung der Empfehlungen der OSZE-Institutionen an die Teilnehmerstaaten;

-          Verbesserung der OSZE-Fähigkeiten im Kampf gegen transnationale und neu entstehende Bedrohungen (insb. Terrorismus, organisierte Kriminalität und Cyber-Kriminalität, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Drogen-, Menschen- und Waffenschmuggel).

 

Abrüstung und Non-Proliferation

 

154.            Im Bereich der Non-Proliferation setzt die EU ihre Bemühungen auf Basis der 2003 vom Europäischen Rat beschlossenen Strategie gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen fort. Kernpunkte sind Stärkung des internationalen Non-Proliferationssystems, Universalisierung multilateraler Verträge, Implementierung und Einhaltung derselben, sowie enge Kooperation mit Schlüsselpartnern.

 

155.            2013 findet das zweite Vorbereitungstreffen zur nächsten NPT-(Non Proliferation Treaty)-Überprüfungskonferenz in Genf statt. Die EU wird sich an diesem Vorbereitungsprozess wieder aktiv einbringen.

 

156.            Als Follow-up-Maßnahme zur NPT-Überprüfungskonferenz 2010 fand im November 2012 in Brüssel das zweite EU-Seminar zur Errichtung einer Zone frei von Kernwaffen und sonstigen Massenvernichtungswaffen im Mittleren Osten (WMDFZME) statt. Dieses Seminar wurde vom EU-Non-Proliferation Konsortium organisiert und diente der Diskussion auf Experten- sowie Diplomatenebene.  Auch in Zukunft soll ein allfälliger WMDFZME Prozess unterstützt werden.

 

157.            Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die vorbereitende Kommission für den Atomteststoppvertrag CTBTO, der Haager Kodex gegen die Verbreitung ballistischer Trägersysteme (HCOC) und andere Aktivitäten zum Thema Trägersysteme für Massenvernichtungswaffen sowie die Umsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1540 werden von der EU weiterhin durch neue gemeinsame Aktionen unterstützt. Die EU-Aktivitäten zur Schaffung von regionalen „Centres of Excellence“ zu Fragen chemischer, biologischer, radiologischer, nuklearer und explosiver Gefahren (CBRNE) in Drittstaaten werden systematisch fortgesetzt.

 

158.            Die Reaktivierung der seit 1997 blockierten VN-Abrüstungskonferenz hat für die EU Priorität. Primäres Ziel der EU ist der baldige Verhandlungsbeginn für einen Vertrag über ein Verbot der Produktion spaltbaren Materials für Kernwaffenzwecke.

 

159.            Im Bereich der biologischen Waffen fordert die EU Verhandlungen über den Aufbau eines effektiven, rechtlich verbindlichen Verifikationsmechanismus und unterstreicht die Notwendigkeit von nationalen und international koordinierten Exportkontrollen. Die EU setzt Gemeinsame Aktionen zur Biologie- und Toxinwaffenkonvention und zur Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation in den Bereichen der biologischen Laborsicherheit um.

 

160.            Die EU legt besonderes Augenmerk auf das Verifikationsregime der Chemiewaffenkonvention, eine neue Entscheidung des Rates zur Unterstützung der Organisation zum Verbot von chemischen Waffen (OPCW) wurde ausgearbeitet. Im Rahmen der Implementierung der mittlerweile fünften konsekutiven Ratsentscheidung zur Unterstützung der OPCW in der Periode 2012-2014 werden mittels eines 24-Monate-Programms eine Vielzahl an Aktivitäten u.a. zur Universalisierung, Implementierung und Kooperation zur friedlichen Nutzung von Chemie umgesetzt.  Außerdem wird die 3. Überprüfungskonferenz der Konvention 2013 vorbereitet.

 

161.            Im Bereich der Antipersonen-Minen wird die EU die Gemeinsame Aktion zur Unterstützung der Ottawa-Konvention umsetzen und die Implementierung des Artikels 4 der Konvention zur Zerstörung von Lagerbeständen verfolgen. Mit Ratsentscheidung vom 13. November 2012 werden in der Periode 2013-2014 Projekte zur Umsetzung des Cartagena Aktionsplans finanziert.

 

162.            Die EU unterstützt die Konventionalwaffenkonvention (KWK) als essentiellen Teil des humanitären Völkerrechts. Thematisch wird die Universalisierung der Protokolle II und V vorangetrieben werden.

 

163.            Die Umsetzung der EU-Strategie zu Klein- und Leichtwaffen wird auch 2013 fortgesetzt werden. Wichtige Teilbereiche sind die Entscheidung des Rates zur Zerstörung von Klein- und Leichtwaffen in Afrika, Asien, Lateinamerika und am Balkan, die Einfügung von Klein- und Leichtwaffen-Elementen in Drittstaatenübereinkommen und eine EU-Initiative zur Verhinderung von Klein- und Leichtwaffen-Handel über Luftwege.

 

164.            2013 wird die EU die Bemühungen für einen globalen rechtsverbindlichen Waffenhandelsvertrag fortsetzen und sich bei der Staatenkonferenz von 18.-28. März 2013 in New York nachdrücklich für das Zustandekommen eines Vertrags einsetzen, der höchst möglichen Standards entspricht.

 

165.            Im 1. Halbjahr 2013 ist zudem die koordinierte EU-weite Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden des Protokolls gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit („VN-Feuerwaffenprotokoll“), in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, geplant.

 

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

166.            Auch 2013 wird im Bereich Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) den Anforderungen, die sich aus dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon ergeben, besondere Beachtung zu schenken sein. Konkreter Arbeitsbedarf in Umsetzung GSVP-relevanter Bestimmungen des Vertrages von Lissabon könnte sich 2013 in folgenden Punkten ergeben:

 

-       Frage der Schaffung einer „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (SSZ) im Sinne von Artikel 42 Absatz 6 EUV;

-       Schaffung eines „Anschubfonds“ zur Finanzierung von Vorbereitungsaktivitäten u.a. auch für GSVP-Militäroperationen (Artikel 41 Absatz 3 EUV);

-       Verabschiedung eines Ratsbeschlusses über die Einzelheiten der Anwendung der „Solidaritätsklausel“ des Artikel 222 AEUV, der die gegenseitige Unterstützung im Fall von Terrorangriffen bzw. Natur- oder vom Menschen verursachter Katastrophen regelt.

 

167.            Im Laufe des Jahres 2013 wird über die Fortführung bzw. Beendigung folgender GSVP-Operationen zu entscheiden sein:

-       Grenzüberwachungsmission EUBAM Rafah in den Palästinensergebieten (Ende des aktuellen Mandats am 30.6.2013);

-       Rechtsstaatlichkeitsmission EUJUST LEX im Irak (Ende des aktuellen Mandats am 31.12.2013);

-       Polizeireformmission EUPOL RD Congo (Ende des aktuellen Mandats am 30.9.2013)

-       EU-Beobachtermission EUMM Georgia in Georgien (Ende des aktuellen Mandats am 14.9.2013);

-       Polizeireformmission EUPOL COPPS in den Palästinensergebieten (Ende des aktuellen Mandats am 30.6.2013);

-       Militärmission EUFOR Althea in Bosnien und Herzegowina (Ende des aktuellen Mandats 15.11.2013);

-       Beratungs- und Unterstützungsmission in Zusammenhang mit der Sicherheitssektorreform EUSEC RD Congo (Ende des aktuellen Mandats am 30.9.2013);

-       Trainingsmission EUTM Somalia in Uganda (Ende des aktuellen Mandats am 31.1.2013);

-       Polizeimission EUPOL Afghanistan (Ende des aktuellen Mandats am 31.5.2013)

 

168.            2013 wird in der EU die Diskussion über die Einsatzfähigkeit der EU-Battlegroups fortgesetzt werden. Bei den EU-Battlegroups handelt es sich um Gruppierungen aus ca. 1.500 Soldaten, vorwiegend Infanterie mit Unterstützungselementen. Ihr wesentliches Merkmal liegt im hohen Grad der Einsatzbereitschaft: Erste Teile eines Einsatzverbands sollen fünf Tage nach einem entsprechenden Ratsbeschluss in den Einsatzraum verlegt werden können. Seit Anfang 2007 sind jederzeit zwei solcher Verbände für je sechs Monate in Bereitschaft. Da die Battlegroups bisher noch nie im Einsatz waren, gibt es Diskussionen über eine etwaige Erweiterung ihrer Einsatzmöglichkeiten oder ihre Verwendung als Reservekräfte für GSVP-Missionen (z.B. EUFOR ALTHEA).

 

169.            In Zusammenhang mit der GSVP-Militäroperation zur Stabilisierung von Bosnien und Herzegowina, EUFOR Althea, wird 2013 im Lichte der weiteren innenpolitischen Entwicklung des Landes zu überprüfen sein, ob bzw. wie lange und in welcher Stärke die Aufrechterhaltung einer EU-Militärpräsenz mit exekutivem Mandat noch erforderlich ist. Weiters werden die Vorbereitungen dafür weiterzuführen sein, die Operation bei deutlicher Reduzierung ihrer Personalstärke neu auszurichten, nämlich auf die Unterstützung der Modernisierung der bosnisch-herzegowinischen Streitkräfte durch Beratungs- und Ausbildungstätigkeiten.

 

170.            Fortschritte werden 2013 auch bei der zivil-militärischen Kooperation sowie bei der Schaffung von permanenten zivil-militärischen Planungs- und Führungskapazitäten (Operational Headquarter) angestrebt, die die wechselnden nationalen operationellen Hauptquartiere ersetzen und für Kontinuität sowie rasche Entscheidungsabläufe sorgen sollen. Die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten sowie die gemeinsame Nutzung von Verteidigungskapazitäten (Stichwort Pooling and Sharing) wird vor dem Hintergrund sinkender Verteidigungsbudgets einen Schwerpunkt des für Ende 2013 anberaumten Europäischen Rates zum Thema GSVP bilden. Ebenso soll die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie thematisiert werden.

 

171.            Im Bereich der zivilen GSVP wird im Laufe 2013 voraussichtlich über die Errichtung einer Mission zur Grenzsicherung in Libyen entschieden werden. Möglich wäre auch eine Ausweitung der Aktivitäten in der Sahel-Zone.