1/J XXIV. GP
Eingelangt am 28.10.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Steier und GenossInnen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
betreffend Gefährdung des Grundwassers im Bereich des
Brunnenfeldes Neufeld (Bgld) durch den geplanten
Schweinemaststall in Zillingdorf (NÖ)
Im
niederösterreichischen Zillingdorf ist in einer Entfernung von
rund 200
m von der burgenländisch-niederösterreichischen
Grenze die Errichtung
eines
Schweinemaststalls mit 2200 Mastschweinen und einer
Güllelagune mit
einem Fassungsvolumen von 4500 m3 geplant.
Der
Projekt-Standort liegt direkt am Rande der Mitterndorfer Senke, dem
größten Grundwasservorkommen Mitteleuropas und
damit in
unmittelbarer Nähe zu den
Brunnenfeldern des Wasserleitungsverbands
Nördliches Burgenland und der Wasserwerke
Baden. Die betroffenen
Brunnenfelder sind sowohl für die Region
Baden bis inklusive Zillingdorf,
als auch insbesonders
für die gesamte Bevölkerung des
Nordburgenlandes von essentieller Bedeutung. Der
Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland und die
Badener
Wasserwerke beziehen daraus das Trinkwasser
für insgesamt mehr als
120.000
Menschen.
Durch das Vorhaben ergibt sich
eine massive Gefährdung des
Grundwasservorkommens im Randbereich der
Mitterndorfer Senke,
welche wie bereits erwähnt
das größte Grundwasservorkommen
Mitteleuropas darstellt und durch eine wasserwirtschaftliche
Rahmenverfügung einem
besonderen Schutz unterliegt.
Um die
Trinkwassergewinnung in Neufeld sowohl in quantitativer, als
auch in qualitativer Hinsicht zu sichern, wurde seitens der
burgenländischen Landesregierung bereits
im Jahre 1967, sowie mit
einer Neuverordnung im Jahre 1983 ein Grundwasserschongebiet
ausgewiesen. Der geplante Schweinemaststall
liegt nur ca. 200 m von
diesem Grundwasserschongebiet entfernt und befindet sich in der
direkten Anströmrichtung des
Grundwassers zu den Brunnenanlagen.
Die geplante Güllelagune soll nach Fertigstellung bis 2 m unter die Geländeoberkante reichen und befindet sich somit im Grundwasserschwankungsbereich, was eine immense Gefährdung des für die Trinkwasserversorgung genutzten Grundwassers (insbesondere aufgrund der geplanten Ausführung mittels Folienabdichtung) mit sich bringt. Zusätzliches Gefährdungspotential ist durch die geplanten Güllekanäle, die Einleitung häuslicher Abwässer, sowie die Errichtung eines Heizöltanks gegeben. Durch die ebenfalls vorgesehene Errichtung eines Brunnens sind auch quantitative Beeinflussungen der genutzten Grundwasservorkommen nicht von vornherein auszuschließen, und es ergeben sich jedenfalls zusätzliche Gefährdungspotentiale für Verunreinigungen durch die geöffnete Grundwasseroberfläche im direkten Bereich der Stallungen.
Weiters sind die Auswirkungen der großen anfallenden Güllemengen völlig ungeklärt. Seitens des Antragsstellers wurde lediglich erwähnt, dass beabsichtigt ist, die Gülle in der Umgebung auszubringen. Durch diese Ausbringung im Zusammenspiel mit einer intensiven Bewirtschaftung, welche mit einer Schweinemast dieser Größenordnung einhergeht, ist mit wesentlichen Stickstoffeinträgen in das Grundwasser zu rechnen, welche eine massive Beeinträchtigung der für die Trinkwasserversorgung genutzten Grundwasserressourcen befürchten lassen.
Dass diese Befürchtung äußerst realistisch ist, zeigt die Tatsache, dass bei einer der Brunnenanlagen in Neufeld bereits Ende der 90er Jahre massiv überhöhte Nitratgehalte (NO3) von bis zu 110 mg/l (der Trinkwassergrenzwert liegt bei 50 mg/l) aufgetreten sind, welche durch intensive landwirtschaftliche Düngung verursacht wurden. Aufgrund der Ausweisung eines erweiterten Schutzgebietes mit dem Verbot von Stickstoffdüngung sind die Werte in den Folgejahren wieder auf ca. 25 mg/l gefallen. Durch die neuen Entwicklungen der industriellen Landbewirtschaftung im Zusammenhang mit Schweinemasthaltung wird ein wiederholtes Ansteigen der Nitratgehalte befürchtet.
Welche Auswirkungen intensivlandwirtschaftliche Betriebe mit Schweinemast auf das Grundwasser haben, ist derzeit im Bereich des steirischen Leibnitzer Feldes zu ersehen, wo gerade in der letzten Zeit die qualitativen Beeinträchtigungen des Grundwassers mit massiven Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung wieder stark zugenommen haben.
Zusätzlich ergibt sich das Problem, dass sich in der südlich (grundwasserstromaufwärts) gelegenen Gemeinde Zillingdorf ein weiterer Schweinemaststall mit ca. 2400 Schweinen in Bau befindet, und dem Vernehmen nach ein weiterer Schweinemaststall mit ca. 2200 Schweinen geplant ist. Weiters wurde erst vor kurzem eine Biogasanlage in diesem Bereich gebaut, wodurch ebenfalls ein erheblicher Anfall an Stickstoff zu erwarten ist. Diese genannten Vorhaben befinden sich alle im Grundwasserzustrombereich zu den Brunnenanlagen des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland sowie der Stadtgemeinde Baden, und sind somit kumulativ zu betrachten. Das Gefährdungspotential wird durch diese zusätzlichen Anlagen noch wesentlich erhöht.
Neben der Gefährdung des Grundwassers wurde von den
betroffenen Gemeinden auch auf die Gefahr einer intensiven Beeinträchtigung der Umwelt aufgrund von Immissionen (Geruch, Feinstaubbelastung - das Gebiet ist auf niederösterreichischer
Seite als
Feinstaubbelastungssanierungsgebiet ausgewiesen) hingewiesen.
Bei der geplanten
offenen Güllelagerung finden hohe Emissionen
von
Ammoniak (NH3) statt, welche die
Feinstaubbelastung erhöhen. Weiters
sind aufgrund der
vorherrschenden Windrichtungen starke
Geruchsbelästigungen in den Ortsgebieten und
bei den touristisch
genutzten Badeseen von Neufeld, Zillingdorf-Bergwerk und Steinbrunn
zu erwarten. In diesem Zusammenhang ist
darauf hinzuweisen, dass die
in der Steiermark per Landesgesetz vorgesehene Geruchszahl beim
gegenständlichen Projekt um mindestens das
10-fache überschritten
wird!
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
nachstehende
Anfrage:
1. Dem Vernehmen nach ist geplant,
das Projekt Schweinemaststall
Zillingdorf lediglich einer baubehördlichen
Bewilligung zu unterziehen, da
die Kapazität des Projekts (2200 Mastschweine) knapp
unter der UVP-
Pflicht (Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist ab 2500
Mastschweinen zwingend vorgeschrieben)
angesetzt ist. Nun ist aber ca.
2 km weiter südwestlich des Projektstandorts
Zillingdorf in Lichtenwörth
ein weiterer Schweinemastbetrieb mit 2400 Mastschweinen in Bau, und
ein weiterer Maststall mit 2200 Mastschweinen
befindet sich in Planung.
Wäre aus Ihrer Sicht aufgrund der räumlichen Nähe, der Lage im
gleichen Grundwasserkörper, und der kumulativen Wirkung
der drei
Projekte ein UPV-Verfahren durchzuführen?
2. Wenn nein, warum nicht?
3. Wenn ja, welche Aktivitäten wird Ihr Ressort diesbezüglich setzen?
4. Im § 34 (1) WRG
ist geregelt, dass die Wasserrechtsbehörde zum
Schutze
von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung durch
Bescheid
besondere Anordnung über die Bewirtschaftung und sonstige
Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, sowie die
Errichtung bestimmter Anlagen untersagen kann. Bedarf das Projekt
Schweinemaststall Zillingdorf aufgrund
wasserwirtschaftlicher und
andere umweltschutzrelevanter Auswirkungen aus Ihrer Sicht einer
wasserrechtlichen Bewilligung?
5. Wenn nein, warum nicht?
6. Wenn ja,
welche Aktivitäten wird Ihr Ressort diesbezüglich
setzen? Ist
in diesem
Zusammenhang auch an die Untersagung der Errichtung
derartiger Anlagen gedacht?
7.
Die gegenständlichen Vorhaben (Schweinemastbetriebe)
stehen in
krassem Widerspruch
zum Grundwasserschutz und den Interessen der
öffentlichen
Trinkwasserversorgung, welche ein wesentliches Element
der
Daseinsvorsorge für die Bevölkerung
darstellt. Aus diesem Grund ist
das Gebiet für derartige Vorhaben grundsätzlich nicht als Standort
geeignet. Was gedenken Sie zu unternehmen, um derartige Projekte an
völlig ungeeigneten Standorten, wo
weitreichende negative
Umweltauswirkungen zu erwarten sind, zu
verhindern?