10079/J XXIV. GP
Eingelangt am 06.12.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Jan Krainer Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend „steuerliche
Forschungsförderung“
Sehr geehrte Frau Bundesministerin!
Die
steuerliche Forschungsförderung übersteigt
bereits seit dem Jahr 2000 die
direkte unternehmensbezogene Forschungsförderung. Dies ist
insofern eine
Entwicklung, die es genau zu beobachten gilt, da der Lenkungseffekt
steuerlicher
Maßnahmen immer
wesentlich schwieriger zu gestalten ist als von direkten
Förderungen
und Mitnahmeeffekte im großen Ausmaß zu befürchten sind.
Von einer
Erhöhung der Forschungsprämie
profitieren vor allem einige wenige
Großunternehmen:
Die F&E-Ausgaben im Unternehmenssektor sind in Österreich auf
relativ
wenige (große) Unternehmen konzentriert. Die Top 10 unter den
forschenden
Unternehmen sind für fast 34% der gesamten internen
F&E-Ausgaben des
Unternehmenssektors
verantwortlich. Die ersten 33 Unternehmen geben 50% der
F&E-Ausgaben aus, 75% der Ausgaben
entfallen auf 176 Unternehmen (von etwa
2.500 F&E betreibenden
Unternehmen).
Vor diesem
Hintergrund ist auch die Neuregelung der steuerlichen
Forschungsförderung im Budgetbegleitgesetz 2010 zu sehen (gilt für
Wirtschaftsjahre, die
nach dem 31. Dezember 2010 beginnen): Anstelle
unterschiedlicher steuerlicher Förderungsmaßnahmen
(unterschiedliche Freibeträge
und einer Forschungsprämie für die Eigenforschung
sowie einer Forschungsprämie
für Auftragsforschung von jeweils 8%) wurde
eine Forschungsprämie in Höhe von
10% der eigenen F&E-Aufwendungen sowie
eine Forschungsprämie für
Auftragsforschung
ebenfalls in Höhe von 10% eingeführt. Die Erhöhung der Prämie
von
8% auf 10% verursacht - unter Berücksichtigung der Abschaffung der
Freibeträge - gemäß BMF
(Vorblatt zum Budgetbegleitgesetz 2011) Mehrkosten (in
Form
geringerer Steuereinnahmen) für den Bund in Höhe von 80
Mio. Euro jährlich.
Das
wesentliche Manko bei einer steuerlichen Förderung
liegt vor allem in der
schwierigen Kontrolle. So gibt es in Österreich - im
Gegensatz zu anderen
europäischen Ländern - keine professionelle
Kontrolle bezüglich der Anerkennung
der Forschungs-und Entwicklungskosten, die für die
steuerliche Begünstigungen
ausschlaggebend
sind. Diese Art der Kontrolle könnte zB. durch sachkundige
Förderungsagenturen
(wie z.B. die Forschungsförderungsgesellschaft) erfolgen.
Der Artikel „Mit
Prämien und
Schecks zu Innovation Leader“ von Andreas Schibany
setzt sich mit den Daten einer Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2010
auseinander
und
wirft ein kritischer Blick in die öffentlich zugänglichen
Statistiken bzw. stellt
einige
Daten grundsätzlich in Frage.
So wurden
2007 insgesamt 2.510 Veranlagungsfälle (Auswertung auf Betriebsebene)
für die Forschungsprämie gemeldet - darunter 1.772 Großbetriebe mit mehr als 250
Beschäftigten. Gemäß
Hauptverband der Sozialversicherungsträger wurden in
Österreich 2007 aber nur 1.438 Großbetriebe registriert. Eine weitere Zahl
ist in
diesem Zusammenhang noch irritierender: Bei
der F&E-Erhebung der Statistik Austria
meldeten nur 423 Großunternehmen
F&E-Ausgaben - ungefähr
jene Zahl an
Großunternehmen,
die auch von der FFG gefördert werden. Statistisch kann es
natürlich sein, dass es hier zu Verzerrungen kommt, dh. dass
mehrere Betriebe zu
einem Unternehmen gehören. Trotzdem liegt die Vermutung nahe,
dass praktisch
alle in Österreich tätigen Großunternehmen - also auch solche, die genuin
keinerlei
Forschungsaktivitäten an den Tag legen - steuerliche
Forschungsförderung in
Anspruch nehmen!
Dem gegenüber scheint
die steuerliche Forschungsförderung bei KMU kaum bis gar
nicht zu wirken. Der
Rest der Veranlagungsfälle, also 738 Betriebe hat weniger
als
250 Beschäftigte. Allerdings meldeten 2.098
Unternehmen mit weniger als 250
Beschäftigten
F&E-Investitionen. Während offenbar Großunternehmen
großzügig
steuerliche Forschungsförderung geltend machen, sind forschende KMU
offenbar
zurückhaltender.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an Sie nachstehende
Anfrage:
1. Liegt dieser
Unterschied zwischen den Großbetrieben, die im
Jahr 2007 eine
Forschungsprämie geltend
gemacht haben und der Zahl der vom HV gemeldeten
Großbetrieben an
einer Mehrfachveranlagung einzelner Betriebe und wie hoch
beziffern
sie diesen Faktor?
2. Wie viele
unterschiedliche Betriebe haben unter Herausrechnung der
Mehrfachveranlagungen
insgesamt veranlagt?
3. Wie viele
Unternehmen haben unter Zuordnung der einzelnen Betriebe zu
Unternehmen
insgesamt veranlagt?
4. Können sie
ausschließen, dass auch Betriebe bzw. Unternehmen, die keine
Eigenforschung betreiben und keine Forschungsaufträge an Dritte
vergeben (z.B.
klassische
Handelsunternehmen) bisher von der steuerlichen Forschungsförderung
profitieren konnten?
5. Wenn sie
dies nicht ausschließen können, wie soll ihrer
Meinung nach
gewährleistet
werden, dass die Forschungsprämie tatsächlich auf
die Forschungs-
und
Entwicklungskosten im Sinne der Frascati-Definition aufgewendet wird?
6. Kann aus den
bestehenden Veranlagungen errechnet werden, wie hoch das
gesamte Volumen der Auftragsforschung wäre und wenn ja,
welche Höhe wäre hier
-
ohne Deckelung - im Jahr 2007 geltend gemacht worden?