10901/J XXIV. GP
Eingelangt am 01.03.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Judith Schwentner, Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend die Gesundheitsgefährdung durch Brustimplantate der Firma PIP
Einen verlässlichen Überblick über den Import bzw. Export oder den Einsatz von Brustimplantaten, die das Industriesilikon von PIP enthalten, scheint es weder in Österreich noch auf europäischer Ebene zu geben. Im November 2004 gab es von Swissmedic eine Meldung über den Stopp des Einsatzes von titanbeschichteten Brustimplantaten mit den Namen TiBREEZE und TITANIUM, weil der deutsche und der französische Hersteller die notwendigen klinischen Studien nicht vorgelegt hatten. Nachdem sich im Jänner 2012 herausgestellt hat, die Firma GfE Medizintechnik, die die TiBREEZE und TITANIUM Implantate vertrieben hat, diese Implantate von der Firma PIP bezogen hat, gab es zwar eine europaweite Aktualisierung der Sicherheitswarnungen um den Namen TiBREEZE, jedoch nicht um den Namen TITANIUM.
Die Zahl der von dem PIP-Skandal betroffenen Frauen ist nicht eruierbar. In einer Meldung der Austria Presse Agentur vom 1.4.2010 hieß es, dass die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) keinen Hinweis auf eine Verwendung der PIP-Implantate in Österreich habe. Denn nach einem Schreiben an ÄrztInnen und sämtliche gesundheitliche Stellen hätte niemand einen Gebrauch bzw. Import gemeldet. In der Anfragebeantwortung an die Grünen durch den Bundesminister für Gesundheit, Alois Stöger, vom 27.05.2010 ist die Rede von einer Fachärztin in Österreich, die 10 Implantate der Firma PIP erhalten hat. Sie wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen darüber informiert. In einer Meldung der Austria Presseagentur vom 21.12.2011 hieß es, dass laut den Unterlagen der Herstellerfirma PIP fünf heimische ÄrztInnen mit diesen Implantaten beliefert wurden. Doch nur eine Medizinerin aus der Steiermark hätte die Implantate acht Frauen eingesetzt. Bei drei PatientInnen sei der Eingriff mittlerweile wieder rückgängig gemacht worden.
Auch bei den Tibreeze Implantaten hieß es seitens der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit am 27. Jänner 2012 zunächst, dass nach dem derzeitigen Wissensstand diese Implantate in Österreich nicht eingesetzt worden sind. In der Sicherheitsinformation vom 2. Februar 2012 heißt es, dass dem BASG zwei Anwender in Österreich (Wien und Salzburg) sowie ein Anwender in Lichtenstein bekannt sind.
Bislang sind weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene konkrete Maßnahmen zur besseren Regelung von Schönheitsoperationen, insbesondere zum Schutz von unter 18-Jährigen, umgesetzt worden. Dass es beim Geschäft mit der Schönheit in vielen Bereichen große Versäumnisse gibt, das hat sich nicht zuletzt auch beim aktuellen Skandal um die Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothese (PIP) gezeigt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1.
Gab es eine Rücknahme
bzw. einen Rückruf für die Implantate der Firma PIP in
Österreich? Falls nein, warum nicht?
2.
In der ersten Sicherheitswarnung
des Bundesamtes für Sicherheit und Gesundheitswesen vom 31.03.2011 heißt
es wörtlich: „Es wird darauf hingewiesen, dass ein weiterer
Einsatz dieser Produkte nur unter der alleinigen Verantwortungsübernahme
des Arztes für das oben genannte Produkt und allfällige damit
verbundene Risiken und Komplikationen erfolgt.“ Um welche Form der
Verantwortungsübernahme handelt es sich, wenn ein Arzt/eine Ärztin
den Patientinnen wissentlich mangelhafte Brustimplantate einsetzt?
3.
Welche Verantwortung bzw.
Haftungspflicht haben die ÄrztInnen generell für die Qualität
der Implantate, die sie einsetzen?
4.
Sind ÄrztInnen dazu
verpflichtet, Qualitätsmängel an Implantaten an staatliche
Behörden zu melden? Falls ja, an welche Behörde? Kam es in
Österreich zu solchen Meldungen?
5.
Wie viele Brustimplantate
der Firma PIP wurden in Österreich bisher von ÄrztInnen eingesetzt?
6. Werden PatientInnen derzeit beim Einsatz von Medizinprodukten über die Produkthaftung durch die HerstellerInnen informiert? Falls ja, wie?
7. Wie viele Brustimplantate der Firma PIP wurden in Österreich seit dem 31.03.2011 von ÄrztInnen eingesetzt?
8.
Wie lassen sich die
unterschiedlichen Angaben zu der Zahl der ÄrztInnen die
PIP-Brustimplantate bezogen haben, von einer einzigen Ärztin im Mai 2010
hin zu fünf ÄrztInnen im Jahr 2011erklären?
9.
Können Sie
ausschließen, dass Brustimplantate der Firma PIP unter dem Namen
„M-Implants“ in Österreich gehandelt oder eingesetzt wurden?
10. Können Sie ausschließen, dass
Brustimplantate der Firma PIP unter dem Namen „Titanum“ in
Österreich gehandelt oder eingesetzt wurden?
11. Hat es 2004 auch in Österreich eine
Sicherheitswarnung zu den Implantaten mit dem Namen „Tibreeze“ oder
„Titanium“ gegeben? Falls ja, welchen Inhalt hatte diese
Sicherheitswarnung?
12. Gab es 2004 eine Rücknahme bzw. einen
Rückruf für die Implantate der Firma GfE Medizintechnik mit den Namen
„Tibreeze“ oder „Titanium“ in Österreich? Falls
nein, warum nicht?
13. Können Sie ausschließen, dass
Brustimplantate der Firma PIP unter anderen Namen als „M-Implants“ ,
„Tibreeze“ oder „Titanium“ in Österreich
gehandelt oder eingesetzt wurden, die nicht als Produkte der Firma PIP
erkennbar sind?
14. Sind andere mit Titan beschichtete
Brustimplantate in Österreich zugelassen? Falls ja, welche Marken von
welchen Herstellerfirmen sind hier zugelassen?
15. Ist die Bewerbung von Medizinprodukten
auch dann noch zulässig, wenn es für diese Produkte bereits eine
Sicherheitswarnung gibt?
16. War Ihnen das Schreiben der
US-Aufsichtsbehörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) vom Juni 2000
bezüglich „gepanschter“ Einlagen bei mit Kochsalz
gefüllten Brustimplantaten der Firma PIP bekannt, das dazu führte,
dass der Verkauf von Implantaten der Firma PIP in den USA schon damals verboten
wurden?
17. War das österreichische
Gesundheitsministerium im Jahr 2004 in Gespräche über den Stopp des
Vertriebs von „Tibreeze“ Brustimplantaten auf europäischer
Ebene eingebunden? Falls ja, welche Position dazu hat Österreich damals
vertreten?
18. War dem österreichischen Gesundheitsministerium im Jahr 2004 bekannt, dass die titanbeschichteten Implantate der Firma GfE Medizintechnik die Silikonimplantate der Firma PIP beinhalteten?
19. Durch die Titanbeschichtung hat sich laut den
Angaben der Rechtsnachfolgefirma von GfE Medizintechnik, die Firma pfm medical,
das Risiko des Auslaufens der Silikonimplantate reduziert. Wieso wurden dann
2004 nur die titanbeschichteten und somit sichereren Implantate vom Markt
genommen und nicht auch gleich die Silikonimplantate der Firma PIP?
20. Die Firma GfE Medizintechnik und PIP haben
2004 zugesagt, klinische Studien über die Unbedenklichkeit ihrer Produkte
vorzuweisen? Haben die Firmen dies je getan? Falls nein, wurde bei diesen
Firmen nie nachgefragt, welche Erkenntnisse sich aus ihren klinischen Studien,
die in Deutschland durchgeführt wurden, ergeben hatten?
21. Welche Kosten werden bei Frauen, die sich ihr PIP-Implantat entfernen lassen möchten, auch wenn sich noch keine Risse zeigen, vom Öffentlichen Gesundheitssystem übernommen?
22. Wie hoch sind die die Kosten eine Explanation im öffentlichen Gesundheitssystem?
23. Wie hoch sind die die Kosten für den
Ersatz eines Brustimplantats im öffentlichen Gesundheitssystem?
24. Wer ist für die Kosten aufgekommen, die
jenen Frauen entstanden sind, die sich das fehlerhafte Implantat bereits
austauschen lassen haben?
25. Was planen Sie nun, um alle betroffenen Frauen,
auch jene die sich die Implantate im Ausland einsetzen haben lassen,
möglichst umfassend über die gesundheitlichen Risiken der
Brustimplantate der Firma PIP zu informieren?
26. Warum
hat es so lange gedauert, bis die Öffentlichkeit darüber informiert
wurde, dass es auch noch andere Produkte von PIP gab, die von anderen
Unternehmen und unter einem anderen Namen vertrieben wurden?
27. Sind ÄrztInnen in Österreich
verpflichtet ihren Patientinnen, die sich ein Brustimplantat einsetzen lassen,
in jedem Fall einen Implantatpass, in dem die Marke, das Unternehmen, die
Charge, das Material und die Maße der Implantate vermerkt sind, auszuhändigen?
28. Wie haben Sie vor, zukünftig die
Information von PatientInnen betreffend der Produkthaftung bei
Medizinprodukten, insbesondere bei Brustimplantate zu verbessern?
29. Hat es in Österreich bisher im Zusammenhang mit den Brustimplantaten der Firma PIP Meldungen über Qualitätsmängel gegeben?
30. Hat es in Österreich im Zusammenhang mit anderen Brustimplantaten anderer HerstellerInnen Meldungen über Qualitätsmängel gegeben? Falls ja, wie wird diesen Hinweisen nachgegangen?
31. Gibt es in Österreich
regelmäßige Qualitätskontrollen an Implantaten, um
sicherzustellen, dass diese Produkte auch tatsächlich jenes Material
enthalten, mit dem sie ihre Zulassung erhalten haben?
32. Wieso erfolgt die Registrierung für
VertreiberInnen bzw. HändlerInnen von Medizinprodukten, wie
Brustimplantaten, in Österreich nur auf freiwilliger Basis und nicht
verpflichtend?
33. Waren die Firmen Makümed
Medizintechnik, Makümed Implant Technologies oder Tikom für den
Handel oder den Vertrieb von Medizinprodukten in Österreich registriert?
34. Sind VertreiberInnen bzw. HändlerInnen
dazu verpflichtet, Listen über die von ihnen vertriebenen Medizinprodukte
zu führen und falls ja, wer kann diese Listen einsehen?
35. Sind alle ÄrztInnen dazu
verpflichtet Implantationslisten zu führen und wer kann diese Listen
einsehen?
36. Aufgrund der
Medizinproduktebetreiberverordnung müssen Einrichtungen des
Gesundheitswesens Implantate in einem Implantatregister dokumentieren. Welche
Daten werden in diesem Implantatregister gespeichert und wurden die
Brustimplantate der Firma PIP in diesem Implantatregister registriert?
37. Worin besteht der Unterschied zwischen
dem Implantatregister laut Medizinproduktebetreiberverordnung und dem
Implantatregister der Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und
Rekonstruktive Chirurgie?
38. Wie viele Patientinnen mit einem
Brustimplantat der Firma PIP wurden bisher von ihren ÄrztInnen
kontaktiert?
39. Was können Frauen tun, die sich ein
Brustimplantat einsetzen lassen haben und nun nicht wissen, ob es sich um ein
Brustimplantat der Firma PIP handelt?
40. Wie stehen Sie zu der Forderung den Einsatz von Brustimplantaten bei unter 18-jährigen Personen zu verbieten?