10907/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.03.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundeskanzler

betreffend „Einhaltung des Washingtoner Abkommens im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Erhaltung Jüdischer Friedhöfe“

BEGRÜNDUNG

 

Vor kurzem jährte sich am 17.Jänner 2012 zum mittlerweile 11. Mal die Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens: Anfang 2001 verpflichtete sich Österreich darin freiwillig und völkerrechtlich bindend (BGBl. III-121/2001), u.A., zur „Restaurierung und Erhaltung“ der jüdischen Friedhöfe in Österreich. Viele Jahre passierte keine bundesrechtliche Umsetzung und die Bundesregierung sah die Zuständigkeit bei den Gemeinden und Ländern (3896/AB u. 3999/AB XXIII.GP). Gleichzeitig bemühte sich das Wirtschaftsministerium wie auch das Bundeskanzleramt um eine „bessere Koordination“ im Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen und starteten Musterstudien, etwa zum Jüdischen Friedhof Währing (3896/AB XXIII.GP S.3.)

Schlussendlich trat doch auch eine bundesstaatliche Regelung hinzu: Aam 16. November 2010 wurde ein entsprechendes Bundesgesetz (BGBl. I-99/2010) erlassen und ein Fonds eingerichtet.

Anfang 2011 lobte zur 10-Jahres-Feier der Unterzeichnung der damalige US-Verhandler Stuart Eizenstat im Parlament sowohl Abschluss und Umsetzung des Abkommens. Tatsächlich haben einige Gemeinden, vorrangig im Burgenland, ihre Verantwortung die jüdischen Friedhöfe betreffend erkannt und setzen Schritte zu deren Zustandsverbesserung; andere haben sich, teils schon seit Jahren, zur Erhaltung verpflichtet.

Diese positiven Zeichen deuten keineswegs auf ein flächendeckendes Umdenken in den Gemeinden hin: Jene, die bereits bisher ihre Verantwortung wahrgenommen haben, nehmen sie auch weiterhin wahr, erhalten alleine dafür aber keine Mittel aus dem Fonds. Weiters hat eine große Anzahl von Gemeinden angekündigt, die im Bundesgesetz geforderten „Pflegevereinbarungen“, nicht eingehen  zu wollen. Obzwar sowohl Gemeinde- und Städtebund als auch drei Bundesländerregierungen eine Stützung der Gemeinden beschlossen haben, fehlen weiterhin wichtige Partner wie etwa die Gemeinde Wien, die die „Pflegevereinbarungen“ in der jetzigen Form nicht mittragen will.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

 

 

1)    Wurden bereits „Vorschriften über Antragsvoraussetzungen“ (n. § 3, Z. 5) von den Organen des Fonds (n. § 4) erlassen?

2)    Wenn ja: Wann geschah dies und wem wurden diese mitgeteilt?

3)    Wurden bereits „Vorschriften über Mindestvoraussetzungen“ (n. § 3, Z. 5) von den Organen des Fonds (n. § 4) erlassen?

4)    Wenn ja: Wann geschah dies und wem wurden diese mitgeteilt?

5)    Wurden bereits „Vorschriften über Rahmenbedingungen“ (n. § 3, Z. 5) von den Organen des Fonds (n. § 4) erlassen?

6)    Wenn ja: Wann geschah dies und wem wurden diese mitgeteilt?

7)    Wie funktioniert in der Praxis der Ablauf einer Glaubhaft-Machung, also der Einreichung von Sanierungs- und Erhaltungskosten, an den Fonds (§ 2, Z. 1)? Wie wird dabei Geld von den in § 1 genannten „EigentümerInnen“ ausgelegt werden, wenn die Zuweisung von Geld an den Fonds durch den Bund erst nach Glaubhaftmachung, also nach Rechnungslegung durch die betraute und durchführende Firma, stattfindet? Wie wird in so einer Situation den „EigentümerInnen“ eine gewisse Rechtssicherheit gewährt?

8)    Wie funktionierte dieser in der nunmehr fast zweijährigen Praxis seit Gesetzesbeschluss, zumal ja bereits etliche Gemeinden Mittel aus dem Fonds bezogen haben?

 

9)    Für wie viele Friedhöfe wurde bereits ein Bedarf glaubhaft gemacht?

10) Auf wie viele der neun Bundesländer mit jüdischen Friedhöfen teilen sich diese Friedhöfe auf?

11) Welcher Betrag wurde jeweils für die fünf Quartale seit Beginn der Auszahlung von Fonds-Mitteln angesucht?

12) Welcher Betrag wurde jeweils für die fünf Quartale seit Beginn der Auszahlung von Fonds-Mitteln glaubhaft erkannt?

13) Gab es am Jahresende 2011 „verbleibende Mittel “ i.S.d. §2, Z 1? Um welchen Betrag handelt es sich dabei?

 

14) Wäre es nicht wünschenswert die Möglichkeit zu schaffen auch Kosten für Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen die nach Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens aber vor dem 1.1.2010 gesetzt wurden, den Zugriff auf den Fonds, oder zumindest auf die „verbleibenden Mittel “ i.S.d. §2, Z 1, zu erlauben?


15) Wäre es nicht wünschenswert die Möglichkeit zu schaffen auch Kosten für Arbeiten, die von Gemeindebediensteten und Freiwilligen geleistet wurden, dabei vor allem Bewuchspflege und sonstige, die nach Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens aber vor dem 1.1.2010 gesetzt wurden, den Zugriff auf den Fonds, oder zumindest auf die „verbleibenden Mittel “ i.S.d. §2, Z 1, zu erlauben?

 

16) Der Bund zahlt nur dann Mittel in den vorgesehenen Fonds ein, wenn die „schriftliche Zusage“ i.S.d. § 3 Z („Pflegevereinbarung“)  von der entsprechenden Gemeinde unterzeichnet wurde. Ist es zu vertreten, dass sich die Republik über ein völkerrechtlich bindendes Abkommen zur „Restaurierung und Erhaltung“ verpflichtet hat, der Bund an der „Erhaltung“ aber keinen Anteil nimmt und darüber hinaus seine Mittel zur „Restaurierung“ nur unter bestimmten, innerstaatlichen Bedingungen dem Fonds zuführt?

 

17) Das Gesetz sieht lediglich die Beschränkung mit 20 Jahren Laufzeit vor, enthält sonst aber keinerlei Fristen. Gibt es abseits des Gesetzes bindende oder informelle Fristen, die die zeitgerechte Durchführung von Maßnahmen zur Restaurierung und/oder Erhaltung der Friedhöfe sicherstellen? Wie stellt der Bund sicher, dass zeitnah Maßnahmen gesetzt werden und nicht noch mehr österreichisches Kulturgut verloren geht?

 

18) Verschiedenen Medien sind die Sanierung der jüdischen Friedhöfe in Deutschkreutz, Stockerau, Kobersdorf, Lackenbach, Gattendorf und Trautmannsdorf zu entnehmen. Welcher Betrag wurde für den jeweiligen Friedhof glaubhaft gemacht?

19) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?

20) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Stockerau durchgeführt?

21) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?

22) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Kobersdorf durchgeführt?

23) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?

24) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Lackenbach durchgeführt?

25) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?

26) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Gattendorf durchgeführt?

27) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?

28) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Trautmannsdorf durchgeführt?

29) Welche Arbeiten wurden dabei beim Jüdischen Friedhof Deutschkreutz durchgeführt? Handelte es sich dabei um Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten? Wurden die Arbeiten von ProfessionistInnen oder von LaiInnen ausgeführt?


30) Wie viele und welche Gemeinden haben eine „schriftliche Zusage“ i.S.d. § 3 Z („Pflegevereinbarung“) unterzeichnet?

 

31) Verschiedenen Medien ist zu entnehmen, dass zur Zustandsverbesserung der Friedhöfe Langzeitarbeitslose herangezogen wurden, die die Arbeiten entweder durchführten oder unterstützten. Fanden diese Arbeiten unter Anweisung von ProfessionistInnen statt?

32) Wenn nein: Ist es im Sinne des Gesetzgebers, dass der Zustand dieser österreichischen Kulturgüter von ungelernten Hilfskräften verbessert werden?

33) Ist die Zustandsverbesserung durch ungelernte Hilfskräfte überhaupt eine „Instandsetzung“ nach § 3 Z. 1?

 

34) Ihr Haus lehnte 2008 eine Änderung der Zuständigkeit für die jüdischen Friedhöfe nach dem Vorbild der Kriegsgräberfürsorge mit dem Hinweis ab, dass eine Studie zum Jüdischen Friedhof Wien-Währing erarbeitet werden soll um Detailprojekte zu erarbeiten (3896/AB XXIII.GP, S.3). Sind Sie der Ansicht, dass die damals „dargestellten Schritte“ also Bedarfserhebung durch Studie und Festlegung kurz- mittel und langfristiger Detailprojekte zum Jüdischen Friedhof Wien-Währing

„erwartungsgemäß[ gegriffen haben]“ und demnach eine Änderung der Zuständigkeit für die jüdischen Friedhöfe nach dem Vorbild der Kriegsgräberfürsorge weiterhin nicht notwendig ist?