11398/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.04.2012
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Doppler

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Organspenden

 

 

Auf www.salzburger-fenster.at war am 19.03.2012 unter dem Titel: „Spitäler brauchen dringend mehr Organspenden: Jahrelange Wartezeiten“ folgender Artikel online:

„Obwohl die gesetzliche Regelung in Österreich sehr liberal ist, werden nur ganz wenigen Toten Organe entnommen. Dieses Tabu wollen Salzburger Ärzte und Juristen nun angehen.

Die Diagnose war niederschmetternd. „Sie haben eine Schrumpfniere. Die zweite Niere ist auch schon schwer geschädigt“, erklärte der Stellungsarzt. Der damals 18-jährige Salzburger musste von diesem Tag an jede Woche zur Dialyse ins Spital. Rund zwölf Jahre war N. Dialysepatient. Eine entbehrungsreiche Zeit: „Ich habe weiter bei meiner Mutter gewohnt, konnte nicht einmal für ein paar Tage alleine wegfahren“, erinnert sich der Salzburger. Zuletzt musste er schon jeden zweiten Tag zur Dialyse gehen, sein Zustand war lebensgefährlich.
Doch erst mit 30 Jahren bekam Alexander N. eine Spenderniere – und ein neues Leben. Denn es gibt viel zu wenige Organspenden, wie die Salzburger Juristin Silvia Augeneder sagt. „Wir müssen endlich darüber reden, warum die Österreicher nach ihrem Tod keine Organe spenden wollen, die andere Menschen retten“, lautet das Fazit ihrer jüngsten Studie „Kommerzialisierung menschlicher Körperteile“. Denn der illegale Organhandel blüht.
Amerikaner und Europäer lassen sich in Indien Nieren einpflanzen, die arme Leute verkaufen, um ein bisschen Geld zu haben. „Wir müssen auch unsere Ärzte besser schulen“, sagt der leitende Intensivmediziner Martin Dünser vom Landeskrankenhaus. Dünser wurde Transplantationsbeauftragter der SALK, da es in Salzburg im letzten Jahr nur sechs Organentnahmen gab.

Organspenden: Extrem heikle Sache für Ärzte und Angehörige
Gleich nach der Nachricht vom Tod des nahen Familienmitglieds kommt die Frage nach einer Organspende. Fünf Minuten. In dieser unglaublich kurzen Zeit erledigen österreichische Ärzte zwei extreme Aufgaben: Sie informieren die Angehörigen eines Verstorbenen über dessen Tod. Und fragen unmittelbar danach, ob sie ihm oder ihr Leber, Lunge, Herz oder Nieren herausoperieren dürfen.

Unglaublich belastend
„Das ist schockierend. Für alle Beteiligten eine unglaublich belastende Situation, hier muss man Dinge ändern“, sagt Juristin Silvia Augeneder von der Universität Salzburg. Es bräuchte mehr Personal und mehr Räumlichkeiten, damit Ärzte und Angehörige in den Intensivstationen der Spitäler besser miteinander reden könnten, so die Assistenzprofessorin an der juridischen Fakultät.
Weil wie in ganz Europa auch in Österreich viel zu wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen, um kranken Menschen zu helfen, hat sich die Juristin auf Spurensuche gemacht. Ihre Frage: „Warum hat die Organspende so ein schlechtes Image in unserem Land und was können wir dagegen tun?“ Die Studie stellte die Juristin in der jüngsten JBZ-„Montagsrunde“ der Robert-Jungk-Stiftung (JBZ) Salzburg vor (www.montagsrunden.org).

Widerspruchsregister

Die Ergebnisse zeigen vor allem große Unwissenheit in der Bevölkerung. „Jeder dritte will kein Organ spenden, kann aber überhaupt keinen Grund dafür nennen“, erklärt Augeneder. Dabei macht es die österreichische Rechtslage den Ärzten scheinbar leicht, zu den dringend benötigten Organen für Nieren-, Leber- oder Herzkranke zu kommen.
In Österreich dürfen jedem Patienten Organe entnommen werden, sobald er von zwei Ärzten für hirntot erklärt worden ist, wenn also alle Hirnfunktionen erloschen sind. Nur wer sich im „Widerspruchsregister“ eintragen lässt, und das tun die allerwenigsten, wird auf keinen Fall angetastet.
Die Rechtslage in Österreich führt zwar zu vergleichsweise mehr Spenderorganen als in Deutschland, löst aber das Problem nicht, das Ärzte in der Realität haben: Viele Intensivmediziner bringen es schlicht nicht übers Herz, den Toten aufzuschneiden, ohne nicht vorher doch seine Familie gefragt zu haben. Deren Antwort ist im Schock oft „Nein“. So wie die Angehörigen können auch viele Ärzte nur schwer mit dem Tod umgehen. „Sie glauben, sie haben versagt, sobald der Patient tot ist“, wie es eine Intensivkrankenschwester ausdrückt.

Ärzte besser schulen
Das hat man auch auf Bundesebene erkannt. Mittlerweile gibt es immer mehr Seminare für Ärzte rund um das Gespräch mit den Angehörigen im Fall einer Organentnahme. Organisiert werden die Fortbildungen vom Bundesinstitut „Gesundheit Österreich“ (www.goeg.at). An den Salzburger Landeskliniken ist seit kurzem sogar ein eigener „Transplantationsbeauftragter“ im Einsatz. Intensivmediziner Martin Dünser (siehe untenstehendes Interview) hält es vor allem für nötig, dass man Ärzte besser schult, um an mehr lebensrettende Organe zu kommen.

Niere: 725 warten
Denn wir werden immer mehr Organe brauchen, auch wegen der stark gestiegenen Lebensdauer. Im Vorjahr warteten in Österreich 725 nierenkranke Männer und Frauen auf neue Nieren. Nur knapp 340 bekamen auch eine Spenderniere, so die zuständige Organisation „Eurotransplant“. Die übrigen Patienten müssen alle paar Tage zum anstrengenden und kostenintensiven „Blutwaschen“ ins Spital.
Auf den Dialysestationen sieht man, wie nah Tod und Leben beieinander liegen. An sonnigen Wochenenden, wenn viele Motorradfahrer auf Tour sind, hört man schon einmal die Frage: „Ob es heute wieder einen erwischt?“ Wobei die Zahl der oft jungen Straßenverkehrsopfer in den vergangenen 20 Jahren um die Hälfte gesunken ist. Deshalb sind die Ärzte dazu übergegangen, auch über 50-Jährige zu „explantieren“.

Idee: Gratisbestattung
„Wir sollten unsere Gesetze überdenken. Man könnte Anreize schaffen, damit mehr Leute sich zu Organspendern erklären. Zum Beispiel könnte die Klinik die Bestattungskosten übernehmen“, sagt die Salzburger Juristin Silvia Augeneder.
Wie nötig es ist, über das Tabuthema Organspenden zu reden, egal ob auf der Intensivstation oder im Familienkreis, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Salzburg. Eine 50-jährige Frau war gerade gestorben. Zwei Ärzte hatten den Hirntod, das absolut nötige Kriterium für eine Organentnahme, festgestellt. Der eingeflogene Arzt, der ihre Organe entnehmen sollte („Explanteur“), zögerte. Wie so oft wurden die Angehörigen, die draußen vor der Tür saßen, in die Entscheidung miteinbezogen. Anders als sonst so oft, hieß die Antwort diesmal „Ja“. Die erwachsenen Kinder der Frau entschuldigten sich sogar bei den Ärzten, dass sie „nicht selber daran gedacht“ hätten. Ihre Mutter hatte immer gesagt: „Wenn ich einmal sterbe, will ich, dass meine Organe anderen Menschen helfen.“

Nur sechs Spenden

Die Frau war eine von nur sechs Salzburgern, deren Organe im Vorjahr entnommen wurden, um Schwerkranken zu helfen. Denn in der Regel entnehmen die Ärzte gleich mehrere Organe von einem Verstorbenen. Die Nieren, Lungen, Herzen oder Bauchspeicheldrüsen werden nach Innsbruck und nach Wien geflogen, wo jedes Jahr hunderte Transplantationen von Organen Leben retten.“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

  1. Wie viele Patienten warten derzeit in Österreich auf ein Spenderorgan? (aufgegliedert auf Bundesländer und Organe)
  2. Wie viele Organe wurden in den letzten drei Jahren bundesweit von für hirntot erklärten Patienten entnommen? (aufgegliedert auf Jahre, Bundesländer und Organe)
  3. Wie viele Personen, welche sich als Organspender geeignet hätten, verstarben in den letzten drei Jahren in österreichischen Spitälern, ohne explantiert zu werden? (aufgegliedert auf Jahre und Bundesländer)
  4. Wie viele Personen sind derzeit im sog. Widerspruchsregister eingetragen?
  5. Wie hat sich die Zahl der im sog. Widerspruchsregister eingetragenen Personen in den letzten fünf Jahren entwickelt?
  6. Wie vielen Patienten wurde in den letzten drei Jahren ein Organ eines für hirntot Erklärten implantiert? (aufgegliedert auf Jahre, Bundesländer und Organe)
  7. Wie sehen Sie die in diesem Artikel angesprochene Problematik?
  8. Was halten Sie davon, Gratisbestattungen für Organspender anzubieten, um dem illegalen Organhandel entgegenzuwirken und das Spenden attraktiver zu machen?
  9. Welche Maßnahmen setzen Sie, um Ärzte in diesem Bereich zu sensibilisieren?
  10. Welche Maßnahmen setzen Sie, um Patienten und Angehörige aufzuklären und somit die Organspende Hirntoter zu enttabuisieren?