11667/J XXIV. GP
Eingelangt am 16.05.2012
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ANFRAGE
der Abgeordneten Grosz
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Ermittlungen gegen Bundesminister Alois Stöger im Zusammenhang mit dem Listerien-Skandal
Am 2. März 2010 brachte der Anfragsteller folgende Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien ein:
EINSCHREIBEN
An die
Staatsanwaltschaft Wien
Landesgerichtsstraße 11
1080 Wien
Wien, am 2. März 2010
Einschreiter: Gerald Grosz
Abgeordneter zum Nationalrat
der Republik Österreich
BZÖ-Parlamentsklub
1017 Wien – Parlament
Verdächtige: Bundesminister Alois Stöger
Mag. Ulrich Herzog
beide BM für Gesundheit
Radetzkystraße 2
1030 Wien
Wegen: § 80 StGB Fahrlässige Tötung,
§ 83 Abs.1 StGB Körperverletzung,
§ 84 Abs. 1 und 2 StGB schwerer Körperverletzung,
§ 85 StGB Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen,
§ 86 StGB Körperverletzung mit tödlichem Ausgang,
§ 89 StGB Gefährdung der körperlichen Sicherheit und
§ 177 StGB Fahrlässige Gemeingefährdung der österreichischen Bevölkerung durch mangelndes bzw. nicht vorhandenes Krisenmanagement im Zuge eines bereits am 14. August 2009 bekannt gewordenen lebensmittelbedingten Krankheitsausbruches, aufgrund von Listeria Monocytogenes SG 1/20a in Käseprodukten der Firma Prolactal, mit vielen Krankheitsfällen, davon zwölf mit erforderlichem Spitalsaufenthalt sowie bisher acht bestätigten Todesfällen in Österreich und Deutschland
STRAFANZEIGE
Einfach
I.
SACHVERHALT
Der von den österreichischen Gesundheitsbehörden selbst verfasste Artikel des europäischen Journals für Infektionskrankheiten „Eurosurveillance“ (Beilage.1) vom 4. Februar 2010 zeigt auf, dass das nationale österreichische Referenzlabor für Listerien in Wien, bereits am 14. August 2009, das Auftreten eines neuen menschlichen Isolates von Listeria Monozytogenes festgestellt hat. Da es sich dabei um „mehr als zwei Personen“ handelt, die unabhängig voneinander am selben Stamm des Keimes von Listeria Monozytogenes erkrankt sind, handelt es sich dabei (per Definitionem) um einen lebensmittelbedingte Krankheitsausbruch der umfassende gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der österreichischen Bevölkerung nach sich ziehen muss.
Zur Rekonstruktion der intern getroffenen Maßnahmen anlässlich dieses lebensmittelbedingten Krankheitsausbruches bis zu seinem endgültigen Publikwerden im Februar 2010, wurde im Bundesministerium für Gesundheit zur Vorgangsweise der in diesem Zusammenhang erfolgten Ausbruchsabklärung, ein Informationspapier (Original, Beilage.2) erstellt. Die Fachpublikation des Gesundheitsministeriums, „Wesentliche Aspekte des Zoonosen- Gesetzes“ wiederum erläutert anschaulich die erforderliche Arbeitsweise und Zusammenarbeit aller Fachbereiche im Falle eines lebensmittelbedingten Krankheitsausbruchs (Beilage.6).
Aufgrund dieser Chronologie sowie der vollkommen unzureichenden Beantwortung (Beilage.5 vorläufiges Stenografisches Protokoll) des von mir (Beilage.3 vorläufiges Stenografisches Protokoll) in der 55. Sitzung des Nationalrates am 24.2.2010 eingebrachten Misstrauensantrages (Beilage.4) gegen den fachzuständigen Bundesminister für Gesundheit, Alois Stöger diplomé, besteht der dringende Verdacht, dass sämtliche gesetzlich vorgeschriebenen Kommunikationswege im Ressort des Ministers über Monate missachten wurden als auch von Seiten des Ministeriums ein vollkommen unzureichendes Risikomanagement erfolgt ist. Sowohl der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger diplomé als auch der für Verbrauchergesundheit zuständige Bereichsleiter im Bundesministerium für Gesundheit Mag. Ulrich Herzog und weitere unbekannte Täter stehen daher im dringenden Verdacht eine Missachtung der gesetzlichen Pflichten begangen zu haben.
Chronologie
Juni und Juli 2009
Drei Menschen erkranken in Österreich an Listeriose und Proben werden an das österreichische Referenzlabor in der AGES-MED geschickt.
Ø Die Untersuchung dieser Listerienstämme findet damit im internationalen Referenzlabor des Gesundheitsministers in der AGES statt.
14. August 2009
Das Ergebnis des Referenzlabors des Ministers in der AGES ist eindeutig. Es handelt sich bei den drei Proben um ein und denselben Listerienstamm, Listeria monocytogenes SG 1/20a, der als höchst krankheitserregend eingestuft wird und damit lebensgefährlich ist.
16. August 2009
Für den Bereich der AGES-MED ist es klar: Erkranken drei Patienten unabhängig voneinander an ein und demselben Keim und müssen in einem Krankenhaus behandelt werden, handelt es sich um einen Ausbruch oder eine sogenannte Meldung „Verdacht auf…“. Die Geschäftsstelle der Bundeskommission für Zoonosen im Gesundheitsministerium ist gemäß Zoonosen-Gesetz jetzt über den Ausbruch zu informieren. Dies unterbleibt vorschriftswidrig. Auch der Bundesminister für Gesundheit wird angeblich nicht informiert.
Ende August 2009
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen im Gesundheitsministerium sollte bereits laufen. Da es sich um einen bundesländerübergreifenden Ausbruch handelt, hätte der Gesundheitsminister zu diesem Zeitpunkt die Verpflichtung gehabt, in seiner Funktion als Minister für Lebensmitteluntersuchung aktiv zu werden:
1. Er hätte alle Bundesländer im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung auffordern müssen, sofort Schwerpunktkontrollen für Lebensmittel, in denen oft Listerien vorkommen, durchzuführen.
2. Er hätte sicherstellen müssen, dass diese Proben im Bereich Lebensmitteluntersuchung der AGES vorrangig untersucht werden.
3. Er hätte über seine Aufsichtsorgane im Haus, den Eigentümervertreter der AGES, und seine Aufsichtsräte sicherstellen müssen, dass die internen Kommunikationsstrukturen in der AGES zum Wohle der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten reibungslos verlaufen.
Ø Stattdessen: Der Minister weiß angeblich nichts, tut aber jedenfalls nichts!
September 2009
Lediglich im Bereich der AGES-MED nimmt der Prozess der Ausbruchsabklärung über das Kompetenzzentrum für Infektionsepidemiologie ohne spezielle Anordnungen weiter seinen Lauf.
Oktober 2009
Der erste Todesfall, wie es sich erst viel später herausstellt. Der Grund dafür ist, dass im zuständigen Referenzlabor aufgrund der falschen Risikoeinschätzung keine „Alarmstufe Rot“ herrscht und Listerienproben weiterhin nur „einige von vielen“ sind und daher auch nicht vorrangig untersucht werden.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meint weiters: 29. Oktober 2009: 1. Besprechung im Rahmen der Arbeitsgruppe. Festgestellt wurde, dass aufgrund der vorliegenden Informationen der Verdacht auf einen bundesländerübergreifenden Ausbruch gegeben sein könnte. Erhebungen im Lebensmittel- und Humanbereich werden veranlasst. Vorbereitungen der erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung des Ausbruches.
Das vollkommene Versagen bei der Risikobewertung und dem Risikomanagement trotz Information der Bundeskommission für Zoonosen wird daraus ersichtlich, dass am 29.Oktober zwar interne Beratungen erfolgten jedoch lediglich Erhebungen im bestehenden Proben- und Datenmaterial begannen und keine Probenziehung über die mittelbare Bundesverwaltung im Bereich Lebensmitteluntersuchung veranlasst wurde. Auch der zuständige Bereichsleiter im Ministerium Ulrich Herzog erklärt im Jänner dazu, „er wäre selbst erst am 22. Jänner 2010 über diese Angelegenheit informiert worden“.
Da auch die Bestätigung des ersten Todesfalles mit dem Listerienstamm Listeria monocytogenes SG 1 /20a im Referenzlabor des Gesundheitsministers im Oktober durchgeführt wurde, hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt eine ordentliche Information der Bevölkerung durch das Gesundheitsministerium erfolgen müssen - und aus fachlicher Sicht auch jederzeit erfolgen können - aber nichts ist geschehen.
November 2009
Bei den darauf folgenden weiteren 9 Erkrankungsfällen, bei denen der Keim ebenfalls isoliert wurde kam es im November zum nächsten Todesfall.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meint dazu nur mehr kryptisch: 12. 11.2009: Beauftragung der AGES mit der Ausbruchsabklärung durch die Bundesländer.
Entgegen der Definition des Tätigkeitsbereiches der Bundeskommission für Zoonosen, die insbesondere die organisatorische Abwicklung der interdisziplinären Zusammenarbeit im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen regeln soll, wird auch hier erneut lediglich intern der MED Bereich der AGES über die Bundesländer angewiesen auf medizinischer Ebene eine Ausbruchsabklärung zu versuchen. Der Lebensmittelbereich liefert nach wie vor nur Daten aus der normalen Probenziehung und aus bereits bekannten Proben zum Vergleich. Bis zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens im Jänner 2010 ist im Bereich der AGES Lebensmitteluntersuchung keine einzige Probe untersucht worden, die im Zusammenhang mit einer versuchten Ausbruchsabklärung im Lebensmittel-Bereich extra dafür gezogen wurde.
Ende November 2009
Statt der Lebensmittelkontrollorgane in den Bundesländern werden Ärzte zu Detektiven. Wie von den AGES Experten in den Medien betont, wurden zwar nicht die zuständigen Lebensmittelbehörden aktiv, dafür machten sich Ärzte der AGES bei Patienten und Verwandten von Patienten auf die Suche nach Kassabons und Verzehrsgewohnheiten. Parallel dazu werden die Geschehnisse zwischen Medizinern aus Deutschland und Medizinern aus Österreich bereits fachlich diskutiert.
Die Ausbruchsabklärung in nur einem von drei relevanten Gesundheitsbereichen (Medizin, Lebensmittel und Veterinär) zu belassen bedeutet zu diesem Zeitpunkt eine Verharmlosung der Situation, die ihresgleichen sucht!
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium weiß dazu zu berichten: 19.11.2009: Erster zusammenfassender Bericht der AGES (Wien, Steiermark, Salzburg, Niederösterreich und Kärnten). Im Rahmen des bundesländerübergreifenden Ausbruchs wurden bis zu diesem Zeitpunkt 9 gesicherte und zwei wahrscheinliche Ausbruchsfälle identifiziert. Bis dato wurden keine Todesfälle festgestellt. Eine Hypothese bezüglich lnfektionsquelle liegt noch nicht vor. Weitere Vorgangsweise: Erhebung verzehrter Lebensmittel, Ess- und Einkaufsgewohnheiten durch Fall Interviews und Auswertung der Einkaufsbelege.
Ø Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 23.11.2009: Erste Bestätigung eines Listeriose- Todesfalles.
Ø Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 25.11.2009: Zweiter Wochenbericht der AGES. Bisher 9 gesicherter und ein wahrscheinlicher Ausbruchsfall. Eine Hypothese bezüglich lnfektionsquelle liegt noch nicht vor. Erster Abgleich von Patientenisolaten mit ca. 600 Lebensmittelisolaten: Drei verschiedene verdächtige Lebensmittelproben. Weiterführende Abklärungen sind im Gang.
Dezember 2009
Laut Fachartikel der medizinischen Fachexperten, die den Listeriose-Ausbruch dokumentiert haben, publiziert am 4. Februar 2010, in der europäischen Datenbank „Eurosurveillance“, sind in diesem Monat die nächsten Todesfälle zu beklagen.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium erklärt: 22.12.2009: Die ersten Kassenbons von 2 Patienten sind eingetroffen. Abwarten der Ergebnisse aus Kassenbon- Auswertung.
Ø Der Minister weiß angeblich noch immer von nichts.
13. Jänner 2010
Es ist anzunehmen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt informell auch Landwirtschaftsminister Berlakowich bescheid wusste, denn das Informationspapier des Ministeriums führt aus:
Ø Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 13.01.2010: Erste Probenziehung durch die Lebensmittelaufsicht der Steiermark im verdächtigen Betrieb.
15. Jänner 2010
Die Vertuschung geht weiter: Der Fall hätte - ginge es nach Minister Stöger - nie die Öffentlichkeit erreicht.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium sagt klar und deutlich: 15.1.2010: Telefonische Mitteilung der AGES: Quelle mit großer Wahrscheinlichkeit identifiziert; Gespräche mit Sanitätsbehörde Steiermark laufen; schriftlicher Bericht für Mitte kommender Woche angekündigt
Ø Der Minister weiß von nichts.
Allerspätestens jetzt hätte zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten eine öffentliche Warnung des Ministeriums vor den Produkten, eine offizielle Rückholaktion des Ministeriums, eine Räumung der Regale und eine Warnung an das „Rapid Alert System for Food and Feed“ an die Europäische Kommission erfolgen müssen.
Der Gesundheitsminister hat zu diesem Zeitpunkt auch risikobasiert offiziell alle erforderlichen Informationen in der Hand um Maßnahmen zu setzen. Aber er tut nichts!
Für jeden Patienten, der sich ab diesem Tag infiziert hat, ist der Minister damit jedenfalls persönlich zur Verantwortung zu ziehen!
19. Jänner 2010
Ab diesem Zeitpunkt wollen Interessenvertreter in den beiden Ministerien Gesundheit und Landwirtschaft offensichtlich ganze Arbeit vollbringen. „wirtschafts- und fälschlicherweise landwirtschaftsschonend“ soll der Fall offensichtlich still und leise abgehandelt werden.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium meldet dazu: 19.1.2010: Vertrieb der Ware von Herstellerbetrieb eingestellt.
Ø Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.
20. Jänner 2010
Zu dem Datum 20. Jänner 2010 wehrt sich Deutschland gegen diese Vorgangsweise der österreichischen Behörden und kritisiert Österreich in den Medien scharf mit den Worten: „Nach einer Recherche der Verbraucherrechtsorganisation „Foodwatch“ lag der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES zumindest am 20. Januar 2010 ein Bericht vor, der diesen Zusammenhang zweifelsfrei darstellt“.
Ø Das Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium gibt dem Recht: 20.1.2010: Bericht der AGES zum bundesländerübergreifenden, lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch liegt vor
Ø Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.
21. Jänner 2010
Fünfeinhalb Monate nach der so genannten Meldung „Verdacht auf…“ bekommt eine österreichische Lebensmittelaufsichtsbehörde den ersten Auftrag Erhebungen durchzuführen:
Ø Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 21. 1. 2010: Beauftragung der Steiermärkischen Lebensmittelaufsichtsbehörde zu weiteren Erhebungen (Vertriebsschienen, Mengen, Zeitpunkte).
Ø Der Minister weiß angeblich immer noch nichts.
22. Jänner 2010
Die Deutsche Organisation „Foodwatch“ überführt Österreich des Verbreitens von Halbwahrheiten und lässt über die Medien ausrichten: „Am Freitag, den 22. Januar, stellt die AGES eine Warnmeldung ins Schnellwarnsystem der EU, mit der vor den listerienbelasteten Produkten gewarnt wird. Dass diese Produkte eindeutig Ursache für die Todesfälle in Österreich waren, geht daraus nach Angaben der deutschen Behörden nicht hervor. Zudem wurde die Keimbelastung der Lebensmittel in der AGES-Meldung offenbar fälschlicherweise als extrem niedrig angegeben.
Ø Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium: 22. 1.2010: Meldung über RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) an die Europäische Kommission.
Ø Der Minister weiß von nichts.
23. Jänner 2010
Erst der Zwischenhändler „LIDL“ macht am 23. Jänner mit einer Rückrufaktion auf die Sache aufmerksam und verweist gegenüber der APA darauf, dass der Käse aus dem Handel genommen wurde. Nicht einmal als der gesamte Ausbruch bereits als restlos aufgeklärt betrachtet werden kann, hat das Ministerium vor, die Öffentlichkeit zu informieren, denn es erfolgte keine Information seitens des Ministeriums in irgendeinem Medium.
Das Ministerium versucht die weitere Informationspolitik generell auf die Firmen „LIDL“ und „Prolactal“ abzuschieben, die Wahrheit über die Toten ist noch immer kein Thema!
Die deutsche Organisation „Foodwatch“ lässt Österreich dazu ausrichten: Am Samstag, den 23. Januar veröffentlichte LIDL eine Erklärung, in der Käufern der Produkte "Reinhardshof, Harzer Käse, 200g" und "Reinhardshof, Bauernkäse mit Edelschimmel, 200g" empfohlen wird, diese „aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes" nicht zu verzehren.
Ø Der letzte Punkt im Informationspapier des Bereiches Verbrauchergesundheit aus dem Gesundheitsministerium besagt: 23. 1.2010: Rücknahme vom Markt, Information der Öffentlichkeit durch Herstellerbetrieb
Das offizielle Gesundheitsministerium behauptet am 15. Februar, erst genau ab diesem Tag informiert worden zu sein. Ulrich Herzog, Bereichsleiter Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium, erklärt gegenüber der APA, er wisse erst seit dem 23. Jänner von Listerien in Käse und „hätte nichts machen können“.
4. Februar 2010
Alle in der EU wissen es, nur nicht die österreichische Bevölkerung: Bereits am 4. Februar 2010 erscheint ein Fachartikel der medizinischen Fachexperten, die den Listeriose-Ausbruch dokumentiert haben, auf der Website des europäischen Fachjournals "Eurosurveillance", der bereits den gesamten Werdegang der Analyse aller Fakten zum Listerienskandal enthält - allerdings ohne namentliche Benennung von Hersteller und Käsesorte.
15. Februar 2010
Das BZÖ deckt den Skandal auf: Die Tatsache, dass an dem Käse der steirischen Firma bis Ende 2009 sechs Menschen verstorben waren, war erst am Montag, den 15. Februar, der Öffentlichkeit und da nur auf Druck von Reportern aufgrund der Aufforderung des BZÖ, der Minister möge hier aktiv werden, bekannt geworden.
15. Februar 2010
APA: Den Vorwurf seitens des BZÖ, dass es vom Gesundheitsministerium keine Warnung gegeben habe, weist der zuständige Bereichsleiter für Verbrauchergesundheit Mag. Herzog zurück: „Wovor hätten wir vor dem 23. Jänner warnen sollen, wenn die Ursache nicht bekannt ist?" Außerdem habe die Firma selbst gewarnt, somit sei dies nicht mehr Aufgabe des Ministeriums.
Mit dieser Aussage erteilt das Ministerium sich selbst eine Absage an die eigene Kompetenz die es seit dem Bekannt werden des Skandals so verzweifelt vorgibt zu besitzen.
16. Februar 2010
„Als ich informiert worden bin, haben wir auch die Öffentlichkeit informiert", erklärte Stöger vor dem Ministerrat am 16.2.2010 gegenüber der APA. Wann und wie diese Information erfolgte, vermochte der Minister auf Nachfrage von Reportern aber nicht zu konkretisieren.
1.März 2010
Insbesondere das von Bundesminister Stöger am 1. März nach massivem Druck durch die Medien getätigte Bekenntnis, er habe doch schon am 22. Jänner Bescheid gewusst erfordert eine Aufklärung im Lichte der Ereignisse des 16. Februar.
Sein Pressesprecher wiederum lässt an diesem Tag über die Medien ausrichten, dass zum damaligen Zeitpunkt mangels an Mitarbeitern im Ministerium über das Wochenende keine Probenziehung bzw. Rückholaktion mehr veranlasst werden konnten – und die Sicherheit der Bevölkerung sozusagen „nach Amtsstunden“ gerichtet sei.
Zusammenfassung
Es besteht der Verdacht, dass der für den Bereich Lebensmitteluntersuchung zuständige Bundesministers für Gesundheit sowie sein Bereichsleiter für Verbrauchergesundheit, im Zusammenhang mit dem lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch mit Käse der Firma Prolactal hervorgerufen durch Listeria monocytogenes SG 1/20a, vollkommen versagt haben.
Sie waren nicht in der Lage, mit den, ihnen unterstehenden Strukturen: AGES, Bundeskommission für Zoonosen und dem Bereich Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung zu gewährleisten indem sie verabsäumt haben, das gesetzlich erforderliche Risikomanagement im Sinne der österreichischen Bevölkerung umzusetzen.
· Die fast ausschließliche Beschränkung der Ausbruchsabklärung auf den medizinischen Bereich der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Wobei diese im Jahr 2002 genau unter der Prämisse einer fachübergreifenden Untersuchungskette gegründet wurde.
Am 16. Februar erklärt Minister Stöger vor dem Ministerrat, dass er selbst erst gerade von dem Listerien-Skandal erfahren habe, dass jedoch von Seiten des Ministeriums gewarnt und alles in die Wege geleitet wurde, jedoch nichts ist geschehen. Bis zu diesem Tag erfolgte weder eine öffentliche Information noch eine Warnung der Bevölkerung noch war eine solche auf der Homepage des Ministeriums abrufbar.
Vielmehr brüstete sich das Gesundheitsministerium, dass die Aufklärung der Quelle binnen dreier Monate gelungen sein soll, ohne die gefährlichen Produkte auch nur zu nennen.
Am 1. März 2010 ist dann wieder alles anders und der Minister bestätigt bei einer Pressekonferenz im Rahmen der Klausur in der Steiermark doch schon seit dem 22. Jänner von dem Skandal zu wissen.
Im Lichte der hier bereits genannten Fakten und Ereignisse kommen zwei Möglichkeiten in Betracht:
Zum ersten die katastrophale Erkenntnis, der Gesundheitsminister habe tatsächlich keine Ahnung von den Vorgängen in seinem Ressort, was bedeutet, dass der Minister selbst in einem Krisenfall mit sieben Toten nicht in der Lage ist, den Vollzug der eigenen Gesetze oder die Einrichtung tragfähiger Kommunikationsstrukturen im eigenen Haus sicherzustellen.
Zum zweiten die vollkommene politische Unfähigkeit und koalitionäre Schwäche des SPÖ-Gesundheitsministers, für den es offensichtlich eine unüberbrückbare Schwerarbeit darstellt, sich im eigenen Bereich der Lebensmitteluntersuchung gegenüber der Wirtschaft und der Landwirtschaft durchzusetzen.
Ein faktisch nicht vorhandenes Krisenmanagement des zuständigen Gesundheitsministers Alois Stöger diplomé hat hier nicht nur menschliche Tragödien ausgelöst, sondern auch dem Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die österreichische Lebensmittelsicherheit schweren Schaden zugefügt.
Der Minister hat nicht nur im Krisenmanagement versagt sondern auch gezeigt, dass ihm die Überwachung und das strategische Management entlang der Lebensmittelkette gänzlich fremd sind.
II.
Der Einschreiter regt daher an, dass die Staatsanwaltschaft Wien den geschilderten Sachverhalt überprüfen und würdigen wolle und sodann ein Strafverfahren gegen die in den jeweiligen Protokollen genannten verantwortlichen Herren Bundesminister Alois Stöger und Mag. Ulrich Herzog sowie gegen weitere unbekannte Täter einzuleiten.
Beilagenverzeichnis:
Beilage.1 Artikel des europäischen Journals für Infektionskrankheiten „Eurosurveillance“ Beilage.2 Informationspapier des Ministeriums
Beilage.3 vorläufiges Stenografisches Protokoll NAbg. Grosz
Beilage.4 Misstrauensantrag
Beilage.5 vorläufiges Stenografisches Protokoll BM Stöger diplomé
Beilage.6 Wesentliche Aspekte des Zoonosen- Gesetzes
Beilage.7 Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
Beilage.8 Ministeranklage
Gerald Grosz
Abgeordneter zum Nationalrat
der Republik Österreich
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage:
1. Wann ist die Sachverhaltsdarstellung des Abg. Grosz gegen die Verdächtigen BM Alois Stöger und Mag. Ulrich Herzog bei der Staatsanwaltschaft Wien offiziell eingelangt und welchem Staatsanwalt bzw. welcher Staatsanwältin wurde diese zugewiesen?
2. Unter welchem Aktenzeichen wird bzw. wurde das diesbezügliche Ermittlungsverfahren geführt?
3. Wann wurde das Ermittlungsverfahren gegen wen eröffnet?
4. Wie ist der Verfahrensstand?
5. Wurde dieses Verfahren bereits eingestellt? Wenn ja, wann und mit welcher exakten Begründung?
6. Welche konkreten Ermittlungsschritte hat die ermittelnde Behörde gesetzt und welche Ergebnisse gibt es (Bitte um exakte Auflistung)?
7. Wie, von welchen Personen und mit welchem Ergebnis wurde bezüglich der Tätigkeit (Zeitraum: 14. August 2009 bis 27. Oktober 2009) der Geschäftsstelle der Bundeskommission für Zoonosen im Gesundheitsministerium ermittelt?
8. Wie, von welchen Personen und mit welchem Ergebnis wurde bezüglich der Tätigkeit (Zeitraum: 28. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009) der Geschäftsstelle der Bundeskommission für Zoonosen im Gesundheitsministerium ermittelt?
9. Wurden (bereits) Beschuldigte einvernommen? Wenn ja, welche Personen wurden wann mit welchem Ergebnis einvernommen? Wenn nein, warum nicht?
10. Wurden (bereits) Zeugen einvernommen? Wenn ja, welche Personen wurden wann mit welchem Ergebnis einvernommen? Wenn nein, warum nicht?
11. Welche weiteren Ermittlungsschritte sind geplant?
12. Handelt es sich bei den Ermittlungen aufgrund dieser Anzeige um einen so genannten berichtspflichtigen Akt? Wenn ja, welchen Bericht legte die Justizbehörde wem und zu welchem Zeitpunkt vor oder wird dieser noch vorgelegt?