12502/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2012
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Prekäre Beschäftigung im Tourismus

BEGRÜNDUNG

 

Arbeit im Tourismus – das bedeutet für einen Großteil der dort Beschäftigten hohe Stressbelastung, mangelnde Aufstiegschancen, ungünstige und zu lange Arbeitszeiten und geringe Entlohnung. Jede/r dritte Arbeitnehmer/in der Branche wünscht sich einen Unternehmens- oder Berufswechsel. Das Beherbergungs- und Gaststättenwesen bleibt deshalb trotz Arbeitskräftemangel eine Übergangs- und Fluchtbranche. Daran hat sich seit Jahren nichts geändert. Im Gegenteil: laut Arbeitsklimaindex sinkt Jahr für Jahr die Zufriedenheit der in diesem Bereich Beschäftigten.

Auch ambitionierte Vorhaben und Versprechungen von Regierung und Sozialpartner scheinen nicht zu fruchten. Im aktuellen Regierungsprogramm setzt sich die Regierung „die Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsplatzqualität insbesondere für Lehrlinge“ zum Ziel. In einem 2010 im Tourismusausschuss beschlossenen All-Parteien-Entschließungsantrag betreffend „ Maßnahmen zur Attraktivierung von Lehrberufen im Tourismus“ (125/E XXIV.GP) wurden Sie und Ihr Ressort dazu aufgefordert, „unter Einbindung von AMS, sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern Programme und Projekte zu forcieren, um die Verweildauer von Beschäftigten in der Tourismusbranche zu verlängern bzw. ältere Mitarbeiter länger in der Branche zu halten“.


Die bisher bekannten Maßnahmen Ihres Ressorts konzentrieren sich auf Gesundheitsberatung und Imagekampagnen. Diese stehen den nach wie vor sehr rauen Verhältnissen in der Branche gegenüber, wo Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht, Arbeitsschutzbestimmungen und Jugendschutz sowie Unterentlohnung an der Tagesordnung sind. Die Kontrollen der Löhne im Rahmen des neuen  LSDB-G (Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes)  konzentrieren sich vor allem auf die Baubranche und auf große Betriebe. Die Gewerkschaftsjugend berichtet regelmäßig von Zumutungen, Ausbeutung und Übergriffen auf Lehrlinge. In der aktuellen KV-Runde wehrt sich die Vertretung der ArbeitgeberInnen gegen eine Erhöhung der Mindestlöhne und fordert eine Verschlechterung der Bezahlung von Mehrleistungen und Überstunden, sowie eine Verkürzung der Ruhezeiten und einen noch flexibleren Einsatz von Jugendlichen.

 

Die Qualität der Arbeitsplätze ist in einem derart bedeutenden Beschäftigungssektor wie dem Tourismus besonders wichtig. Ein Job im Tourismus bietet noch immer für viele Menschen in touristischen Zielgebieten eine neue und oft einzige Chance auf Beschäftigung. Diese kann sich nur verwirklichen, wenn angemessene Löhne bezahlt, Arbeitsrecht eingehalten und faire Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Bisher ergriffene Maßnahmen scheinen zur Erreichung dieser Ziele bei weitem nicht genug zu sein.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Welche Initiativen und Maßnahmen wurden bisher als Konsequenz der All-Parteien-Entschließung der Regierung (125/E XXIV GP) im Bereich „Programme und Projekte, die die Verweildauer der Beschäftigten in der Tourismusbranche verlängern und älter Mitarbeiter länger in der Branche halten“abseits von Imagekampagnen– gestartet? Welche sind noch geplant? Werden dem Nationalrat in dieser GP noch diesbezügliche Gesetzesvorlagen zugeleitet? Sind diese Maßnahmen budgetiert? Wenn ja, wie und in welchem Ausmaß?

 

2)    Welche Initiativen und Maßnahmen wurden bisher als Konsequenz des im Regierungsprogramm formulierten Vorhabens zur Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsplatzqualität insbesondere für Lehrlinge – abseits von Imagekampagnen– gestartet? Welche sind noch geplant? Werden dem Nationalrat in dieser GP noch diesbezügliche Gesetzesvorlagen zugeleitet?


3)    Was unternehmen Sie gegen die Ausbeutung von Lehrlingen und bekannte „schwarzen Schafe“ im  Beherbergungs- und Gaststättenwesen? Wird den betroffenen Betrieben die Lehrberechtigung entzogen? Werden den Betrieben (AMS)-Förderungen gestrichen bzw. ausbezahlte zurück gefordert? Gibt es sonstige Konsequenzen? Bitte führen Sie etwaige vorgenommene Sanktionen für den Zeitraum 2005-2012 im Beherbergung und Gastronomie und deren Begründungen auf.

 

4)    Sehen sie die in zur Frage 1 und 2 genannten Initiativen und Maßnahmen als ausreichend, um die im Entschließungsantrag und im Regierungsprogramm formulierten Ziele zu erreichen? Sehen Sie die Notwendigkeit einer Änderung der relevanten Gesetzeslage? Wenn ja, in welchem Bereichen? Wenn nein, warum nicht?

 

5)    Im Rahmen des Projekts der Arbeitsinspektion „Gesund arbeiten im Hotel- und Gastgewerbe – Prävention von psychosozialen und ergonomischen Belastungen“ liegt der Schwerpunkt auf Prävention und Beratung der Betroffenen. Wie erfolgen diese Beratungen genau? Was ist Inhalt der Beratungen? In welchem Zeitraum und wie oft fanden die Beratungen statt? Wer wird beraten? Und was sind die Konsequenzen der Beratung? Wie viele Unternehmen und Personen  konnten und können darüber bisher erreicht werden? Wie wird der Kontakt zu den Unternehmen und Beschäftigten hergestellt? Wird es eine Evaluierung des Projekts geben? Wenn ja, wie wird diese erfolgen und wann?

 

6)    Wie sehen die im Projekt Gesund arbeiten im Hotel- und Gastgewerbe –Prävention von psychosozialen und ergonomischen Belastungen“ genannten  „Maßnahmen im Bereich Arbeitszeit“ genau aus? Welche Verbesserungen können sich die Beschäftigten dadurch erwarten? Wann werden diese Maßnahmen wirksam?

 

7)    Hat es durch die Arbeitsinspektion eine Ausweitung der Kontrollen im Bereich Beherbergung- und Gastronomie  gegeben? Wenn ja, in welchem Ausmaß, in welchem Zeitraum und nach welchen Kriterien? Wenn nein, warum nicht?

 

 

8)    Wie viele Kontrollen hat es in der Wirtschaftsklasse Beherbergungs- und Gaststättenwesen im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) in den Jahren 2005-2011 gegeben?  Wie viele und welche Verstöße hat es gegeben? Wie viele Anzeigen von BürgerInnen sind diesbezüglich bei den Gebietskrankenkassen und der Finanzpolizei eingegangen?  Wie vielen davon konnte aktiv nachgegangen werden? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.


9)    Wie viele Kontrollen wurden seit dem Inkrafttreten des LSDB-G am 01.05.2011 vom Kompetenzzentrum LSDB und den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträgern im Bereich Beherbergungs- und Gaststättenwesen durchgeführt?

10)    Wie viele Verwaltungsübertretungen wegen Unterentlohnung wurden in der Wirtschaftsklasse Beherbergungs- und Gaststättenwesen seit dem Inkrafttreten des LSDB-G am 01.05.2011 tatsächlich zur Anzeige gebracht? Bei wie vielen Fällen der Unterentlohnung wurde von einer Anzeige noch abgesehen? Wie hoch waren die verhängten Strafen jeweils? Und wie hoch war das höchste verhängte Strafausmaß? Wie oft kam dies zur Anwendung? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.

 

11)     In wie vielen Fällen wurden in der Branche Beherbergungs- und Gaststättenwesen Lohnunterlagen nicht bereitgestellt, die Einsichtnahmen erschwert, der Zutritt zu Räumlichkeiten oder die Erteilung von Auskünften verweigert? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.

 

12)     Bezüglich Verstöße gegen das LSDB-G: wie viele durch Unterentlohnung betroffene ArbeitnehmerInnen konnten den ihnen vorenthaltenen Lohn im Nachhinein erhalten? Bitte um Anführung der absoluten Zahl jener, die ihren Lohn im Nachhinein erhalten haben ! Wie viele Personen haben ihren Lohn im Nachhinein erhalten gemessen an der Gesamtzahl aller festgestellten Unterentlohnungen? Bitte um Angabe in Prozent!

 

13)     Wie oft wurde eine Untersagung der Dienstleistung im Rahmen des LSDB-G bei ausländischen Arbeitgeber/innen im Bereich Beherbergung und Gastronomie verhängt? Warum? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.

 

14)     Wie oft wurde die Gewerbeberechtigung im Rahmen des LSDB-G im Bereich Beherbergung und Gastronomie entzogen? Warum? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.

 

 

15)     Vorrangiges Ziel des LSDB-G war es eine präventiven Wirkung zu entfalten. Wie schätzen Sie diese Wirkung auf das Beherbergungs- und Gaststättenwesen ein?

 

16)     Ist es geplant die Kontrollen im Rahmen des LSDB-G im Bereich Beherbergungs- und Gaststättenwesen auszuweiten? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?


17)     Wie oft wurde im Bereich Beherbergung und Gastronomie an welche Personen (Alter, höchster Bildungsabschluss) 2008-2012 Eingliederungsbeihilfe vom AMS gewehrt? Wie lange war die Förderungsdauer? Wie viel verdienten die Personen in diesen Arbeitsverhältnissen (Einstufung KV)? Wie viele von ihnen wurden danach beim selben Arbeitgeber weiterbeschäftigt? Bitte um Auflistung getrennt nach Bundesländern.

 

18)     Wie viele Beschäftigte im Beherbergungs- und Gaststättenwesen haben in den Jahren 2008-2011 das Modell der Bildungskarenz in Anspruch genommen? Bitte um Auflistung getrennt nach Jahren, Bundesländern, Geschlecht, Alter und Karenzdauer.

 

 

19)     Laut Tourismusbericht 2011 wurden bisher 1700 Stammsaisoniers aus Drittstaaten bzw. Rumänien und Bulgarien bewilligt. Bitte um eine Auflistung getrennt nach Herkunftsländern und österreichischen Bundesländern, in denen die Stammsaisoniers tätig sind.