14090/J XXIV. GP

Eingelangt am 27.02.2013
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Dringliche Anfrage

 

 

der Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger, Köfer, Markowitz, Tadler und Hagen

 

 

an die Bundesministerin für Finanzen

 

 

betreffend Korruptionsverdacht im Netzwerk von ÖVP-Landespolitik, der nö. Vermögensverwaltung fibeg, Raiffeisenlandesbanken, Hypo Banken und den Bundesagenturen ÖBFA und FMA.

 

Warum ignoriert Ministerin Fekter die auf 12,6 Mrd. EUR gewachsene Pröll’sche Schuldenpolitik? Wieso wurde keine Experten-Troika nach St. Pölten geschickt? Weshalb wechselt ein Fekter-Adlatus an die FMA-Spitze, wenn unabhängige Prüfung dringend geboten ist?  

 

 

Laut § 16 des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes hat die Bundesministerin für Finanzen die Aufsicht über die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) dahingehend auszuüben, dass die FMA die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt, bei Besorgung ihrer Aufgaben die Gesetze und Verordnungen nicht verletzt und ihren Aufgabenbereich nicht überschreitet.

Rechtsgrundlage der fibeg (Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH) ist das Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG), welches umfassende Kontroll- und Überwachungsfunktionen der FMA begründet.

 

Wegen Milliardenabgängen aus nö. Landesvermögen laufen seit Jahr und Tag Ermittlungen durch die Strafjustiz, welche die ÖVP mal ignoriert, mal zu vertuschen trachtet. Zu klären ist, wie Privatisierungserlöse des Landes veranlagt wurden. – Die damit beauftragte „Land NÖ Vermögensverwaltung GmbH & Co OG“ ist eine Tochter der fibeg und der landeseigenen Hypo NÖ. Sie ist als Offene Gesellschaft konstruiert. Die Veranlagung erfolgte in vier Spezialfonds, deren eigene Rechnungskreise transparenter Kontrolle entzogen sind. Die Substanz dieser vier speziellen Landes-Fonds schrumpfte von 4,4 Mrd. EUR auf derzeit 3,3 Mrd. EUR. Die Lücke von einer Milliarde Euro ist bis dato offen, stellten die Prüfer des Rechnungshofes Ende 2012 fest.

 

Erlöse schwinden, die Schulden aber steigen: Wie aus einer aktuellen Anfragebeantwortung der Finanzministerin hervorgeht, sind in Niederösterreich bereits 3,2 Mrd. EUR in privatrechtlich organisierten Schuldengesellschaften geparkt. – Zusätzlich zu den Gemeindeschulden von 3,8 Mrd. EUR und den laut Rechnungshofbericht NOE 2012/3 genannten Landesschulden von 5,6 Mrd. EUR lasten auf den Schultern der Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen bereits 12,6 Mrd. EUR an Verbindlichkeiten.


Über diese Fonds wurden als Erlöse aus dem Verkauf von Wohnbaudarlehen getarnte Darlehensaufnahmen – etwa auch aus der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) – samt Belehnung sowie Privatisierungserlöse veranlagt. Eine Personengesellschaft wie diese fibeg-/Hypo-Tochter kann aber gemäß BWG keine Bankenkonzession haben. Alleine Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Sparkassen sind Bankenkonzessionen vorbehalten. Neueste Presseberichte erhärten den Verdacht, dass die fibeg samt Tochtergesellschaften verbotenerweise ohne Banklizenz spekuliert hat. Die Geschäfte der fibeg werden zudem von der Wirtschafts- und Korruptionsstaats­anwaltschaft untersucht.

 

Wenn also der nö. Landeshauptmann Erwin Pröll – wie am vergangenen Sonntag im ORF – behauptet, dass weder seine Landesregierung noch sonst ein politisch Verantwortlicher von FMA-Prüfungen wüssten, so wäre es an der Zeit, dass das verantwortliche BMF dem Parteifreund das Bewusstsein schärft.

 

Die auf papierenen Gesetzesbuchstaben als unabhängig bezeichnete FMA prüft also, ob die fibeg zu ihren verlustreichen Geschäften überhaupt berechtigt war. Ohne über eine Konzession laut Bankwesengesetz zu verfügen, wären Bankgeschäfte als unerlaubter Bankbetrieb verwaltungsrechtlich strafbar. Die FMA gibt zum laufenden Verfahren gegen die fibeg keine Auskunft.

 

Papiertiger FMA bei Pröll handzahm

 

Pikanterweise kam es just dieser Tage zu einem „fliegenden Wechsel“ des ehemaligen Fekter-Sekretärs Klaus Kumpfmüller von der ÖBFA in den FMA-Vorstand. Der bisherige ÖVP-nahe FMA-Vorstand, wurde an die Nationalbank weitergereicht. Dabei war dessen Vertrag noch bis 2014 gültig.

 

Die Bestellung von Kumpfmüller ist ein brisantes Beispiel für persönliche Vernetzung in Banken, Bund und Ländern. Er war Sekretär von Maria Fekter als diese noch Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium war. Danach arbeitete er für die Hypo OÖ sowie die Raiffeisenlandesbank OÖ und wurde schließlich im Jahr 2011 von der frisch gekürten Finanzministerin Fekter in den Vorstand der ÖBFA bestellt. Es wäre transparent zu machen, ob der neue FMA-Vorstand Karriere machte aufgrund seiner Unabhängigkeit und fachlichen Kompetenz, oder eher wegen seines persönlichen Naheverhältnisses zur ÖVP-Finanzministerin? – Am 14. Februar wurde Kumpfmüller als neuer FMA-Vorstand gekürt – die Bewerbungsfrist endete am 8. Februar. Die anderen neun Kandidaten für den Spitzenjob blieben im Rekrutierungsverfahren gegen den Fekter-Adlatus offenbar chancenlos.

 

Es liegt also der Verdacht nahe, dass der bisherige ÖBFA-Vorstand Kumpfmüller von „seiner Ministerin“ nun in die FMA umdirigiert wurde. Es wird zu beobachten sein, ob die FMA unter seiner Führung bei ebenso illegalen wie verlustreichen Spekulationen mit öffentlichen Mitteln – die alle Steuerzahler betreffen – die Verfehlungen auch lückenlos aufklärt.

 

Die Bestellung von Kumpfmüller ist ein brisantes Beispiel für persönliche Vernetzung in Banken, Bund und Ländern. Kumpfmüller hatte bis vor seinem von Fekter ermöglichten Wechsel in die FMA noch betont, dass Salzburg vertragswidrig mit ÖBFA-Krediten spekuliert habe. Jetzt stellt sich heraus, dass die Bundesagentur in die Veranlagungen eingebunden war und ist. Die ÖBFA verteilt also nicht nur am Finanzmarkt aufgenommene Gelder an die Länder, sie macht weiterhin bei der Spekulation mit. Und das obwohl die ÖBFA nach einem 2009 aufgeflogenen Skandal strengeren Veranlagungsregeln unterworfen wurde.

 

In das von einer SPÖ-Landeshauptfrau geführte Salzburg hat Fekter eine „Troika“ aus Experten von Finanzministerium, Rechnungshof und ÖBFA entsandt. – Beim (noch) tiefschwarzen Niederösterreich regiert offenbar Fekters Parteiräson.


Schuldenmacherei als Geschäftsmodell

 

Die verantwortungslose bis korrupte Schuldenmacherei ist der Offenbarungseid eines reformunfähig gewordenen Parteiensystems. Anstatt strukturelle Reformen im heimischen Finanzsystem einzuleiten und umzusetzen, wird der in den Staatsbankrott führende Kurs fortgesetzt. Seit vor mehr als zehn Jahren erstmals Schulden in außerbudgetäre Einrichtungen ausgelagert wurden gibt es auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene bereits rund 3000 privatrechtlich organisierte außerbudgetäre Einrichtungen. Die öffentliche Hand haftet sowohl für deren Schulden als auch für deren Geschäftsführung.

An die für verantwortungslose Aufsicht zuständige Frau Bundesministerin für Finanzen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

 

 

Dringliche Anfrage

 

1.    Die FMA hat laut § 143 des InvFG 2011 die Einhaltung des § 5 InvFG zu überwachen. Dieser besagt, dass die Erbringung der Tätigkeiten einer Verwaltungsgesellschaft mit Sitz im Inland einer Konzession durch die FMA bedarf. Eine Verwaltungsgesellschaft darf außer den in Abs. 2 InvFG genannten Tätigkeiten und Geschäften, die zur Anlage des eigenen Vermögens erforderlich sind, sowie den Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Konzessionserfordernis stehen, keine anderen Tätigkeiten ausüben. In welcher Art und Weise hat die FMA hinsichtlich der Tätigkeiten der fibeg die Einhaltung des § 5 InvFG überwacht?

 

2.    Welche Begründung gibt es dafür, dass die fibeg trotz Aufsichtspflicht der FMA Geschäfte tätigen konnte, die laut Bankwesengesetz eine Bankenkonzession vorschreiben?

 

3.    Hat die fibeg laut § 151 InvFG eine beabsichtige Erweiterung ihres Geschäftsgegenstandes der FMA schriftlich mitgeteilt? Wenn nein, warum nicht?

 

4.    In Bezug auf Frage 2: Haben die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, in diesem Bereich ihre Aufsichtspflichten nicht mit der notwendigen Sorgfalt und Genauigkeit wahrgenommen?

 

5.    Können Sie den Verdacht auf unerlaubten Bankenbetrieb der fibeg entkräften? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

 

6.    Zur Erlangung einer Konzession gemäß § 6 InvFG muss das Unternehmen als Verwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben werden. Werden Aufgaben in einer Weise oder einem Umfang an Dritte übertragen, die dazu führen, dass die Verwaltungsgesellschaft zu einer Briefkastenfirma wird, hat laut § 7 InvFG die FMA die Konzession zurückzunehmen. Die Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH ist zu 99 % an der Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG beteiligt. Auf Namen welcher Gesellschaft werden die Veranlagungen für das Land Niederösterreich abgeschlossen?

 

7.    Liegt für die Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG eine Konzession gemäß InvFG vor? Wenn nein, warum nicht?

 

8.    Wie begründen Sie, dass die Substanz der vier Fonds, über die die Erlöse aus dem Verkauf der Wohnbaudarlehen in Niederösterreich und aus Privatisierungen veranlagt werden, von 4,4 Mrd. Euro auf 3,3 Mrd. Euro geschrumpft ist?


Kann davon ausgegangen werden, dass der Beirat, welcher diese Geschäfte überwacht, seine Aufgaben allumfassend wahrgenommen hat? Wenn nein, warum nicht?

Hat die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, diese Aufsichtspflicht verletzt? Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Trotz Beschlusses des niederösterreichischen Landtages über eine konservative Veranlagungsstrategie wurde – in weiterer Folge - zu riskanteren Anlageformen übergegangen und im Jahr 2008 um die 800 Mio. Euro in alternativen Investments veranlagt.

Hat die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, diese Aufsichtspflicht verletzt? Wenn nein, warum nicht?

 

10.  Hat die fibeg ihre regelmäßigen Meldeverpflichtungen gemäß § 152 InvFG an die FMA eingehalten? Wenn nein, warum nicht?

 

11.  Klaus Kumpfmüller war bereits zu Ihrer Zeit als Staatssekretärin im Wirtschafts­ministerium Ihr Sekretär. Danach war er bei der RLB OÖ, der Hypo OÖ und schließlich bei der ÖBFA tätig.

 

War des neuen FMA-Vorstandes Naheverhältnis zur Frau BM sowie die professionelle Vergangenheit bei „ÖVP-nahen“ Banken bei der Personalfindung kein Thema?

 

12.  Unter welchen objektivierbaren Rahmenbedingungen ist die Personalentscheidung zugunsten von Klaus Kumpfmüller und zu Ungunsten der anderen neun BewerberInnen für den FMA-Spitzenjob erfolgt?

 

 

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.1 GOG verlangt.