14541/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.04.2013
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Hackl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend vermeidbare Spesen beim Verlust von Nummernschilder

 

 

Laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ vom  23. März 2013 werden Autofahrer im Wiener Verkehrsamt bewusst in die Irre geführt. Sie zahlen dort zumeist 58 Euro statt 18 für verlorene Nummernschilder.

„Nicht klar ist allerdings, warum ausgerechnet im Gebäude des Wiener Verkehrsamts, einer Behörde, für ein neues Nummernschild um 40 Euro mehr verlangt wird als in allen Zulassungsstellen der Stadt.

Diese Frage stellte sich auch die Wienerin Anna Berger (Name geändert), als sie im Verkehrsamt um ein neues Nummernschild ansuchen wollte. „Da müssen Sie zum Schalter ins Foyer gehen“, sagte die Frau an einem der Schalter. Dort wiederum sitzt Ernst B. – er stellt sich ihr als „Inspektor“ vor – so steht es auf seiner Visitenkarte.
Und er verlangt für die gewünschte Dienstleistung 58 Euro. Zu ihrem Glück hat sie nicht alles dabei, was sie zum Einreichen braucht – und wird wieder heimgeschickt. Kurz darauf erfährt sie von einem Mechaniker, dass neue Nummernschilder laut Gesetz nur 18 Euro kosten dürfen. Der Preis wurde 1999 im Zuge der Privatisierung von Zulassungen festgelegt.

Der Mann im Foyer des Verkehrsamtes ist, wie sich nach „Presse“-Recherchen herausstellt, ein Mitarbeiter der Versicherung „Wiener Städtische“. Als solcher gibt er sich allerdings nicht zu erkennen. Über seinem Tisch hängt zwar ein Schild von der Decke, auf dem „Versicherungsberatung“ steht – im gleichen Layout wie alle anderen Schilder im Amtsgebäude. Neben B. sitzt eine Mitarbeiterin des Maklerbüros Schmidl, auch bei ihr ist lediglich „Versicherungsberatung“ angeschrieben. Als Kunde hat man den Eindruck, dass die beiden zusammengehören. „Es ist egal, ob sie zu Frau S. oder zu mir gehen“, sagt B., als sich die „Presse“ anonym von ihm beraten lässt. „Das kostet überall 58 Euro.“ Erst als er darauf angesprochen wird, dass eine Nummerntafel nur 18 Euro kosten darf, klärt er auf. Bei den 40 Euro handle es sich um „Spesen“.

Seit 1999 werden Nummerntafeln nicht mehr beim Verkehrsamt ausgestellt – stattdessen betreiben Versicherungen mehr als 100 Zulassungsstellen in Wien. Versicherungsmitarbeiter Ernst B. kann im Verkehrsamt also nur ein Service anbieten, nämlich selbst in eine Zulassungstelle zu gehen, um die Kennzeichen zu besorgen. Die nächste Zulassungsstelle ist vom Verkehrsamt fünf Gehminuten entfernt – und dort würde das Abholen den Kunden 18 Euro kosten. „Der Ersatz von verlorenen Kennzeichen gehört nicht zu den Aufgaben von Maklern, Außendienstmitarbeitern oder Versicherungsagenten. 15 bis 40 Euro Spesen sind gerechtfertigt“, sagt Brigitte Kreuzer vom Fachverband der Versicherungsmakler der Wiener Wirtschaftskammer. Völlig inakzeptabel sei es aber, wenn jemand vorher nicht über diese Kosten informiere. Ernst B. hat das nicht getan. Weder bei Anna Berger noch beim anonymen Test der „Presse“. Was seinen Fall verschärft: „Unsere Mitarbeiter dürfen keine Sonderleistungen verrechnen. Wir haben nicht einmal eine Rechnungsvorlage dafür“, sagt sein unmittelbarer Vorgesetzter, Gebietsleiter Michael Zehethofer, als ihn „Die Presse“ mit ihren Recherchen konfrontiert.

Das Verkehrsamt selbst geht auf Distanz. „Der Eingangsbereich ist nicht Teil von uns“, sagt Amtsleiter Bernhard Wesiak. Der Besitzer des Gebäudes sei die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und die suche sich ihre Mieter selbst aus. Wieso seine Mitarbeiter dorthin verweisen? „Das sollte nicht sein“, sagt er. Der Besitzer des Maklerbüros Schmidl legte am Telefon auf, als „Die Presse“ ihn mit dem Fall konfrontieren wollte. Ernst B. verwies auf seinen Chef Michael Zehethofer. Der wiederum kündigte Konsequenzen an: „Das gehört untersucht.“ (Die Presse)

 

Dazu richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

1.    Ist Ihnen die oben geschilderte Vorgangsweise bekannt?

2.    Ist es üblich, dass Versicherungen in Gebäuden, die gleichzeitig auch von Bundesministerien und sonstigen öffentlichen Stellen genutzt werden, Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt?

3.    Wenn ja, in welchen weiteren Gebäuden sind Versicherungen untergebracht, die gleiche Leistungen zu – spesenbedingt - höheren Preisen anbieten?

4.    Wenn nein, weshalb ist dies im Fall des Wiener Verkehrsamtes sehr wohl der Fall?

5.    Soll es auch in Zukunft Schalter von Versicherungen im Wiener Verkehrsamt bzw. in anderen behördlichen Einrichtungen des Bundes und sonstiger öffentlicher Stellen geben?

6.    Wie hoch waren jeweils in den letzten 2 Jahren die Spesen, die Bürgern für verlorene Nummerntafeln verrechnet wurden?

7.    Werden aus Ihrer Sicht die Bürger über die verlangten Spesen ausreichend informiert?

8.    Wenn ja, warum war dies offensichtlich im Wiener Verkehrsamt nicht der Fall?

9.    Haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Konsumentenschutzminister bereits mit den betroffenen Versicherungen im Wiener Verkehrsamt Kontakt aufgenommen und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

10. Haben Sie bereits geprüft, ob es weitere Stellen in Österreich vergleichbare Fälle wie im Wiener Verkehrsamt gibt und wenn ja, was haben Sie bisher dagegen getan?

11. Was tun Sie in ihrer Eigenschaft als Konsumentschutzminister, um betroffene Bürger über die tatsächlichen Kosten von Behördenwegen und vermeidbare Spesenfallen aufzuklären?