1495/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.03.2009
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Anfrage

 

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Fichtenbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Aussagen des Kärntner Militärkommandanten

 

 

Die Kleine Zeitung vom 22.03.2009 berichtete:

 

„"Die Leute glauben einem nicht mehr"

Kärntens Militärkommandant Gunther Spath über die dramatischen Folgen und Auswirkungen einer offensichtlich gescheiterten Heeresreform.

 

 

Immer knapper werdende Budgets und Sparprogramme - kann das Bundesheer mit den zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt noch den laufenden Betrieb sicherstellen?
SPATH:
Wir sind in Kärnten noch in der glücklichen Lage, dass wir mit Kader gut bestückte Truppen haben, unsere Kasernen sind - im Vergleich zu anderen Bundesländern - relativ in Ordnung. Das Problem ist, dass der Karren der notwendigen Sanierungen, den wir mitschleppen, durch die anhaltenden Sparmaßnahmen immer größer wird. Ein ganz spezifisches Problem ist der Neubau einer Kaserne in Villach und der damit verbundene Sanierungsstau. Alle bis hinauf in das Ministerium wissen um die Problematik, aber eine Entscheidung gibt es nicht.

Die Einschränkungen wirken sich wohl auch auf die Truppe aus?
SPATH:
Betroffen ist vor allem die Miliz, die äußerst dürftig ausgestattet ist. Noch ein Beispiel: Seit 20 Jahren sollen die noch älteren Truppenfunkgeräte erneuert werden. Gesehen haben wir bis heute keine.

Wie stellt sich die Situation im Personalbereich dar?
SPATH:
Die ehrgeizigen Pläne im Rahmen der Bundesheerreform halten einfach nicht. So hätte unser Militärkommando schon vor zwei Jahren organistorisch umgestellt werden sollen, das ist bis heute nicht passiert. Ein Kernproblem der Reform bleibt, dass man gesagt hat, man reduziert die sogenannte Grundorganisation, also alle Kommanden und höheren Ämter zugunsten der Truppe. Die Truppe wiederum soll von älterem Personal entlastet werden und in die Grundorganisation eingegliedert werden. Das ist ein mir bis heute unerklärlicher Trugschluss der Reform, denn viele aus der Grundorganisation sind aufgrund ihrer Ausbildung bei der Truppe nicht einsetzbar. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir im Personalbereich Überkapazitäten haben, weil die Masse ja Beamte und Vertragsbedienstete sind. Sie bleiben bis 65 in der Organisation.

Was machen Sie mit den Menschen, die keinen Job mehr haben?
SPATH:
Rund 350 Bedienstete werden in Kärnten davon betroffen sein. Ein Teil ist durch Vertretungen und Projekte wohl weiter einsetzbar, der andere Teil fällt unter die sogenannte Intensivbetreuung. Ich sehe da nicht unbedingt ein existenzielles Problem, aber sehr wohl ein psychologisches: Jemand, der weiß, dass er keine wirkliche Arbeit mehr hat, ist einfach frustriert. Da kann ich hundertmal sagen: Aber dein Gehalt bekommst du ja weiter. Der Mensch will etwas zu tun haben, von dem er das Gefühl hat, es ergibt einen Sinn. Wir sind, Gott sei Dank, noch nicht so weit wie bei der Post mit den sogenannten Karrierezentren. Das ist in meinen Augen menschenverachtend.

Der finanzielle Bedarf für Personal und Betrieb in Kärnten beläuft sich auf rund 33 Millionen  Euro jährlich. Ist diese Summe für 2009 gesichert?
SPATH:
Nein. Es gibt erhebliche Einschränkungen. Einmal im Sanierungs- und Bauprogramm, wo sein kann, dass wir laufende Bauvorhaben einstellen müssen. Kürzungen fallen auch bei Mehrdienstleistungen und in der Öffentlichkeitsarbeit an. Beispielsweise wird es in Zukunft keine Konzerte der Militärmusik an Sonn- und Feiertagen geben.

 

Kann die große Heeresreform nicht schon jetzt als gescheitert betrachtet werden?
SPATH:
Faktum ist, dass es das für die Reform notwendige Budget nicht gibt. Statt der geforderten ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts halten wir weiter bei 0,7 Prozent oder 2,03 Milliarden Euro. Damit geht sich die Reform - materiell und infrastrukturell - einfach nicht aus. Durch den hohen Personalkostenanteil (60 Prozent) schrumpft das Investitionsbudget von geplanten 30 auf 10 Prozent. Das steht man nicht durch. Und was tut die Politik? Sie nickt so ein Budget ab.

Wie sieht es mit den internationalen Einsätzen aus?
SPATH:
Da haben wir dank unserer Kaderpräsenzeinheiten derzeit noch genügend Per-sonal. Ob wir allerdings die bis 2013 geforderte Stärke von 4000 Mann bedienen können, bleibt offen. Trotzdem meine ich, dass die allgemeine Wehrpflicht ein Garant dafür sein sollte, dass wir nicht plötzlich auch noch über zu wenig Personal verfügen, um die internationalen Aufgaben zu erfüllen. Diese Gefahr sehe ich bei einem Berufsheer eher.

Was passiert, wenn es weitere Verzögerungen bei der Umsetzung der Reform gibt?
SPATH:
Den aktuellen Umsetzungsplan, der von der Kommission 2006 aufgestellt worden ist, kann man schon einmal vergessen. Wir sind jetzt bereits ein ganzes Jahresbudget im Rückstand. So droht aufgrund der fehlenden Infrastruktur und des Materials ein absolutes Torso.

Mit welchen Auswirkungen?
SPATH:
Im schlechtesten Fall bedeutet das eine weitere stärkemäßige Reduzierung und damit noch mehr Leute über dem Stand Vom Soll der Reform sind wir dann noch weiter entfernt. Das ist nichts Neues, denn das Bundesheer hat ja aus historischer Sicht noch bei keiner vorangegangenen Umgliederung das Soll erreicht. Neu ist, dass die Diskrepanz zwischen Plan und Soll noch nie so drastisch war wie jetzt. Und es beginnt an die Substanz zu gehen, Die Leute glauben einem nicht mehr. Die innere Emigration des Kaderperonals nimmt dramatische Formen an. Das ist deshalb so schlimm, weil es kaum eine Berufsgruppe gegeben hat, ganz egal wie die Lage war, die sich so stark mit ihrer Aufgabe identifiziert haben wie die österreichischen Offiziere und Unteroffiziere.“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

 

 

Anfrage:

 

1.     Wie beurteilen Sie die Aussagen des Kärntner Militärkommandanten?

2.     Wie viele Aussagen von hochrangigen Militärs sind noch notwendig, bis Sie den Ernst der Lage erkennen?

3.     Wird der Ausbau der Hensel-Kaserne 2009, so wie dies im Bericht ÖBH2010-Die Realisierung nachzulesen ist,  abgeschlossen sein?

4.     Wenn nein, warum nicht?

5.     Welche hier angesprochenen Sanierungen sind ausständig, so dass es zu einem „Sanierungsstau“ kommt?

6.     Bis wann werden diese Sanierungen durchgeführt werden?

7.     Ist es korrekt, dass viele Bedienstete aus der Grundorganisation aufgrund ihrer Ausbildung bei der Truppe nicht einsetzbar sind?

8.     Wenn nein, wie erklären Sie sich die Aussage des Militärkommandanten?

9.     Gibt es Kürzungen bei Mehrdienstleistungen?

10. Wenn ja, welche Kürzungen wird es geben?

11. Ist es korrekt, dass der Umsetzungsplan, der von der Kommission 2006 aufgestellt worden ist, nicht eingehalten werden kann?

12. Wenn ja, wie sieht die neue Umsatzplanung aus?

13. Wenn nein, wie stehen Sie zu dieser Aussage des Militärkommandanten?