15325/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.07.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Menschenrechtliche Bedenken zu Verkauf von österreichischen Jagd-Panzern

BEGRÜNDUNG

Bis 2014 will das Verteidigungsministerium zwei Drittel der schweren Waffen einsparen, gab der damalige Verteidigungsminister Darabos 2011 bekannt. Von den derzeit 1150 im österreichischen Bundesheer vorhandenen Panzern und Panzerhaubitzen sollen 750 verkauft oder verschrottet werden. Noch im selben Jahr wurden 112 Jagdpanzer „Kürassier“ um je 6900 Euro an ein belgisches Unternehmen verkauft.

Es ist fraglich, welche Vorkehrungen die Bundesregierung getroffen hat, um sicherzustellen, dass diese Panzer nicht letztlich in Länder gelangen, in welchen ein erhebliches Risiko besteht, dass sie zu schweren Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden.

Die Ausfuhr dieser Kürassier-Panzer – sowie ggf. Hunderter weiterer alter Panzer und Panzerhaubitzen - durch den Verteidigungsminister unterliegt dem Kriegsmaterialgesetz („KMG“), das einerseits in §5 (2) die Zustimmung der Bundesregierung vorschreibt, andererseits nicht ausdrücklich die Kriterien für diese Zustimmung festlegt, so z.B. nicht ausdrücklich verlangt, auch in diesem Fall die in §3 (1) KMG enthaltenen Bewilligungskriterien zu prüfen.

Das KMG verpflichtet auch nicht zwingend dazu, vom Käufer zu verlangen, (1) die Endverwendung durch eine „Endverbrauchsbescheinigung“ nachzuweisen, (2) eine Wareneingangsbestätigung vorzulegen und (3) vor einer nachfolgenden Ausfuhr in einen Drittstaat die Zustimmung Österreichs einzuholen. Daher ergeben sich schwerwiegende Fragen zu Endverbleib und Weiterverwendung dieser Panzer.

Auch wenn der Verkauf nach Belgien europarechtlich ein innergemeinschaftlicher Transfer ist, besteht die Verpflichtung, sicherzustellen, dass nicht eine nachfolgende Ausfuhr in ein Drittland entgegen den Kriterien für die Ausfuhr von Militärgütern (gemäß Gemeinsamen Standpunkt der EU 2008/944, §§ 4-12 AußWG 2011, § 3 (1) KMG) erfolgt, und zu verhindern, dass diese Kriterien durch indirekte Transaktionen unterlaufen werden (vgl. dazu auch § 3 (4) KMG).

Das Kriegsmaterialgesetz lässt für die Ausfuhr von Kriegsmaterial durch bestimmte Minister (wie den Verteidigungsminister) somit große Lücken offen, die der Gesetzgeber so rasch wie möglich schließen sollte.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Hat sich das Verteidigungsministerium bereits vor dem Abschluss des Verkaufsvertrags mit dem belgischen Unternehmen von den anderen BundesministerInnen die Zustimmung zur Ausfuhr der Panzer zusichern lassen?

 

2)    Haben die jeweiligen BundesministerInnen bereits ihre Zustimmung zur Ausfuhr der 112 Jagdpanzer gemäß §5 (2) KMG erteilt? Wenn ja, wann?

 

3)    Wurden vor der Zustimmung zum Verkauf der Panzer die Kriterien gemäß §3 Abs. 1 KMG sowie die Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU 2008/944, wie z.B. die Gefahr der Verwendung dieser Militärgüter für Menschenrechtsverletzungen,  von der Bundesregierung (insbesondere vom BM für Landesverteidigung und Sport, vom BM für Inneres, vom BM für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie vom BM für europäische und internationale Angelegenheiten) geprüft?

 

4)    Falls ja, welche der Kriterien wurden besonders geprüft und was war das Ergebnis dieser Prüfungen?

 

5)    War dem Verteidigungsminister vor dem Abschluss des Verkaufsvertrags bekannt, dass die belgische Käuferfirma als Kerngeschäft die Modernisierung und Aufrüstung von altem Kriegsgerät hat, welches dann weltweit weiterverkauft wird?

 

6)    Wenn ja, wurde dies auch den anderen Regierungsmitgliedern vor deren Zustimmung zum Verkauf bzw. zur Ausfuhr mitgeteilt?

 

7)    War dem Verteidigungsminister vor dem Abschluss des Verkaufsvertrags bekannt, dass die belgische Käuferfirma Dreieckshandel mit gekauften Kriegsmaterialien betreibt (z.B. wurden 2008 Kriegsmaterialien aus Südafrika von dieser belgischen Firma gekauft und letztendlich in den Tschad weiterverkauft, also in ein Land, das seit Jahren im Bürgerkrieg lebt)?

 

8)    Wenn ja, wurde dies auch den anderen Regierungsmitgliedern vor deren Zustimmung zum Verkauf bzw. zur Ausfuhr mitgeteilt?

 

9)    Welche Vorkehrungen haben der Verteidigungsminister bzw. die Bundesregierung angesichts dieser Tatsachen getroffen, um sicherzustellen, dass die österreichischen Jagdpanzer von der besagten Firma nicht an einen Abnehmer verkauft werden, über den sie letztlich in ein Land gelangen, in welchem ein erhebliches Risiko besteht, dass sie zu schweren Menschenrechtsverletzungen verwendet werden könnten?

 

10) Wie haben der Verteidigungsminister bzw. die Bundesregierung das Risiko eingeschätzt, dass diese Panzer auch aufgrund des im Vergleich zu neuen Jagdpanzern niedrigen Preises an Käufer aus ärmeren bürgerkriegsgeplagten Ländern, wie z.B. Syrien, weiterverkauft werden?

 

11) War dem Verteidigungsminister damals bekannt, für welche Endverwendung die Jagdpanzer von der belgischen Firma angekauft wurden?

 

12) Falls ja, welcher Endverwendungszweck ist das? – Weiterverkauf der Jagdpanzer als Ganzes? Weiterverkauf nach Zerlegung in militärisch weiterverwendbare Teile? Verschrottung all dieser Jagdpanzer?

Und wurde dieser bekannte Endverwendungszweck auch den anderen Regierungsmitgliedern vor deren Zustimmung zum Verkauf bzw. zur Ausfuhr mitgeteilt?

 

13) Falls dem Verteidigungsminister damals nicht bekannt war, für welche Endverwendung die Jagdpanzer von der belgischen Firma angekauft wurden, ist ihm der Endverwendungszweck heute bekannt?

 

14) Falls ja, welcher Endverwendungszweck ist das? – Weiterverkauf der Jagdpanzer als Ganzes? Weiterverkauf nach Zerlegung in militärisch weiterverwendbare Teile? Verschrottung all dieser Jagdpanzer?

 

15) War dem Verteidigungsminister bzw. der Bundesregierung zum Zeitpunkt des Verkaufs bekannt, ob die belgische Firma einen Weiterverkauf der Panzer oder militärisch weiterverwendbarer Teile dieser Panzer anvisiert?

 

16) Falls ja, in welches Land und an wen (z.B. die nationale Armee, z.B. ein Waffenhandelsunternehmen)?

 

17) Haben das Verteidigungsministerium bzw. die Bundesregierung Kautelen in den Kaufvertrag aufgenommen, um sicherzustellen, dass das Kriegsmaterial nicht in einen Drittstaat weiterverkauft wird, in welches für eine direkte Ausfuhr aus Österreich keine Genehmigung aufgrund der Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU 2008/944, der §§4-12 AußWG 2011 und des §3(1) KMG (also z.B. aufgrund der Gefahr, dass diese Jagdpanzer zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet werden) erteilt würde?

 

18) Falls ja, welche Bedingungen waren das genau?

 

19) Falls nein, wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Jagdpanzer nicht an einen solchen Drittstaat weiterverkauft werden?

 

20) Haben das Verteidigungsministerium bzw. die Bundesregierung mit dem belgischen Unternehmen vereinbart, dass dieses die Endverwendung zumindest durch die Vorlage einer „Endverbrauchsbescheinigung“ nachzuweisen hat?

Wenn nein, warum nicht?

 

21) Haben das Verteidigungsministerium bzw. die Bundesregierung mit dem belgischen Unternehmen vereinbart, dass es eine Wareneingangsbestätigung für die gelieferten Panzer bzw. für Teilmengen der gelieferten Panzer vorzulegen hat?

Wenn nein, warum nicht?

 

22) Haben das Verteidigungsministerium bzw. die Bundesregierung mit dem belgischen Unternehmen vereinbart, dass für alle verkauften Panzer eine nachfolgende Ausfuhr an Drittstaaten der Zustimmung Österreichs bedarf?

Wenn nein, warum nicht?

 

23) Wenn ja, hat dieses belgische Unternehmen inzwischen um eine Zustimmung ersucht?

Falls ja:

a)Für welchen Abnehmer (z.B. die nationale Armee, z.B. ein Waffenhandelsunternehmen) in welchem Drittstaat?

b) Hat Österreich die ersuchte Zustimmung gegeben? Wenn nein, warum nicht?

 

24) Ist die Lieferung bzw. eine Teillieferung der Panzer an die belgische Firma bereits erfolgt?

Falls ja: Liegt eine Wareneingangsbestätigung des belgischen Unternehmens vor?

 

25) Wäre es ein kostengünstiger und wesentlicher Beitrag zur internationalen Friedenserhaltung, einer der Aufgaben des Bundesministeriums für Landesverteidigung, alte Jagdpanzer im Inland verschrotten zu lassen anstatt diese ins Ausland weiterzuverkaufen?