15498/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.07.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Wöginger

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Vollziehung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein wichtiges Instrument der Armutsbekämpfung.

Medienberichten zufolge beträgt die Anzahl der BMS-Bezieher/innen in Wien rund 144.000 Personen, das sind rund 2/3 aller BMS-Bezieher/innen in ganz Österreich.

Diese Zahl wird mit der schlechten Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung in Wien, mit einem nicht näher erläuterten „Großstadtfaktor“ sowie mit Mehrleistungen im Vergleich mit den in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehenen BMS-Leistungen begründet. Darüber hinaus muss man wissen, dass Personen mit Wohnsitz in Niederösterreich oder Burgenland, die in Wien beschäftigt waren und ihre Beschäftigung verlieren, in der Arbeitsmarktstatistik nach NÖ oder Burgenland „exportiert“ und dort als arbeitssuchend ausgewiesen werden.

Im Bundesrat hat der Gesundheitsminister zuletzt auf die Frage, wie hoch die Ausgaben der Wiener Gebietskrankenkassa für BMS-Bezieher/innen sind, ausweichend geantwortet, im Gesundheitsbudget seien etwa 33 Mio € vorgesehen.

Hintergrund dieser Anfrage ist, dass das Kontrollamt der Stadt Wien die Vollziehung der BMS in Wien geprüft und vernichtende Kritik geübt hat. Diese Kritik bezog sich auf doppelte und gleichzeitig unvollständige Aktenführung, Vernachlässigung des 4- Augen-Prinzips, ungeeignete EDV-Unterstützung, mangelhafte Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und nahezu völlig fehlende Kontrollen. Das Kontrollamt hat - offenbar wegen der fehlenden Kontrollen durch die Stadt Wien - insbesondere keine Feststellungen dazu treffen können, ob und welche Sanktionen wie in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehen, ergriffen wurden, wenn sich die Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse als unrichtig erweisen oder wenn BMS-Bezieher/innen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, die Arbeitsaufnahme vereiteln oder sich weigern, an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen teilzunehmen. Schließlich ist ganz unklar, in welcher Weise in Wien, wenn überhaupt, eine Prüfung von Vermögenswerten erfolgt.


Eine nachlässige Vollziehung, wie vom Kontrollamt der Stadt Wien festgestellt, begünstigt Missbrauch und Sozialbetrug und macht die Mindestsicherung zu einer „Hängematte“ statt zu einem Sprungbrett für sozialen Aufstieg.

In Beantwortung einer mündlichen parlamentarischen Frage hat der Sozialminister dazu mitgeteilt, die Empfehlungen des Kontrollamtes seien inzwischen 1:1 umgesetzt. Das ist angesichts der gleichzeitig explosionsartig gestiegenen Zahl der BMS-Bezieher/innen in Wien innerhalb eines Jahres von rund 112.000 auf 144.000 kaum zu glauben. In Wien sind offenbar an die 10% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, eine skandalöse soziale Situation in Wien. 2/3 der BMS- Bezieher/innen aus ganz Österreich sind in Wien. Zu den Kontrollen und zu den verhängten Sanktionen verweigerte der Sozialminister eine inhaltliche Antwort, das müsse man die MA 40 fragen. Offenbar ein wirklich heikler Punkt.

Um die Vollziehung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht außer Kontrolle geraten zu lassen und um eine geeignete Datenbasis für eine wirksame Armutsbekämpfung zu entwickeln, erscheint es daher angezeigt, dass der Sozialminister die Daten und Fakten über die Vollziehung der Mindestsicherung in Wien endlich offen legt. Aussagekräftige Zahlen, Daten und Fakten über die Vollziehung der Mindestsicherung in Wien werden auch vom AMS dringend benötigt, um die Vermittlung einer Beschäftigung bestmöglich durchführen zu können.

Unter diesen Umständen ist es auch ohne jeden vernünftigen Zweifel die Verantwortung des Sozialministers, sich selbst Klarheit zu verschaffen und für Transparenz zu sorgen. Es ist auch angesichts des in der Bundes-Verfassung verankerten Prinzips der Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften auch nicht vorstellbar, dass die Stadt Wien diesbezügliche Nachfragen des Sozialministers zurückweist.

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Gesundheit folgende

Anfrage:

1.   Wie hoch waren im Jahr 2012 die Ausgaben die Wiener Gebietskrankenkassa für BMS-Bezieher/innen in Wien im Vergleich mit den entsprechenden Ausgaben der anderen Gebietskrankenkassen, aufgegliedert nach Personen, die nur aufgrund des BMS-Bezuges krankenversichert sind und Personen, die bereits aufgrund anderer Tatbestände krankenversichert sind?

2.    Wieviele BMS-Bezieher/innen, aufgegliedert w.o., sind in Wien bei der WrGKK krankenversichert?

3.    Unterscheidet sich die Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung durch BMS-Bezieher/innen in Wien von der Inanspruchnahme dieser Leistungen durch andere Versichertengruppen, wenn ja, in welchen konkreten Punkten?

4.    Wenn hier Unterschiede bestehen: Was unternimmt die WrGKK, um zielorientierte Prävention für die Gruppe der BMS-Bezieher/innen anzubieten?

5.    Welche Ergebnisse wurden dabei bisher erzielt?


6.    Wenn Sie eine der gestellten Fragen nicht beantworten können: Welche Vorsorge wurden in den Vorschriften für die Rechnungslegung und die Kosten- und Leistungsrechnungen der Gebietskrankenkassen getroffen, um aussagekräftige Zahlen zu bekommen?

7.    Wenn diese Vorschriften nicht ausreichen, um die Fragen zu beantworten: Was werden Sie unternehmen, um die Vorschriften zu ändern?