15565/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.07.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend Vorgangsweise des Bundesdenkmalamtes bezüglich der B 50 Burgenlandstraße „Umfahrung Schützen am Gebirge“

BEGRÜNDUNG

 

Im Zuge des geplanten Baus der B 50 Umfahrung Schützen, Burgenland wurde öffentlich bekannt, dass nicht nur auf der konzipierten Trasse, sondern auch im gesamten Umfeld mit archäologischen Funden zu rechnen ist. Obwohl diese Tatsache den zuständigen Stellen schon seit geraumer Zeit bekannt ist, blieb das verantwortliche Bundesdenkmal bis jetzt weitestgehend untätig und gefährdet somit die Sicherung von wertvollen Bodendenkmalen.

 

Mittlerweile liegt ein archäologisches Gutachten vom 31.5.2013 vor, erstellt von Prof. PD Mag. Dr. phil. Raimund Karl von der Bangor University. Aus diesem Gutachten gehen zusammengefasst im Wesentlichen folgende Schlussfolgerungen hervor:

 

Auch nach der zweiten Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen entsprechen die vorgesehenen baubegleitenden archäologischen Maßnahmen nicht dem Stand der Technik in der archäologischen Voruntersuchung geplanter Großbauprojekte.

 

Für maßgebliche Teile der Baustrecke ist auf Basis von Archivunterlagen nachweislich mit einem hohen Aufkommen bedeutender archäologischer Denkmale zu rechnen. Es ist sogar davon auszugehen, dass wenigstens auf Teilen der Baustrecke eine komplexe archäologische Stratifikation erwartet werden kann, die jedenfalls von überregionaler, wenn nicht sogar internationaler, Bedeutung ist.

 

Im archäologischen Gutachten wird daher auch festgehalten, dass im Sinne der Bestimmungen des § 1 Abs 5 DMSG zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieser Denkmale gegeben sind.

 

Die vorgesehenen baubegleitenden archäologischen Maßnahmen sind jedenfalls nicht geeignet diese Denkmale in einem ausreichenden Maß zu schützen.

 

Die vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigen den Denkmalbestand der Region Schützen und insbesondere auch die gewählte Trasse keinesfalls ausreichend.

 

Für bedeutende Abschnitte des von den Bauarbeiten betroffenen Bereiches ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bedeutende archäologische Denkmale durch die Bauarbeiten zerstört werden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher in Ergänzung zur Anfrage vom 29.5.2013 folgende

ANFRAGE

 

1.    Die Judikatur (Denkmalschutzgesetz, DMSG) geht davon aus, dass der Denkmalschutz alle bestehenden und nicht nur alle im Augenblick sichtbaren Denkmäler umfasst. Voraussetzung ist, dass an der Erhaltung eines Denkmales ein öffentliches Interesse besteht.

 

Besteht Ihrer Ansicht nach an der Erhaltung möglicher Funde auf der geplanten Trasse der Umfahrung Schützen ein derartiges öffentliches Interesse, auch unter Berücksichtigung der bisherigen Forschungs-ergebnisse?

 

2.    Zur Erhaltung von Bodendenkmalen sieht der Gesetzgeber das Mittel der Unterschutzstellung vor.

Im § 1 Abs 5 DMSG heißt es: „Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen – wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen – noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.

 

Warum hat das BDA bis dato noch keine derartige Unterschutzstellung für das Gebiet der geplanten Umfahrung Schützen veranlasst?

 

3.    Die Erläuterungen zur DMSG-Novelle 1999 bringen weiters hinsichtlich § 1 Abs 5 DMSG klar zum Ausdruck, dass auch sogenannte „Fundhoffnungsgebiete“ unter Denkmalschutz gestellt werden können, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

 

-Die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten sind aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wahrscheinlich und

 

-die unversehrte Erhaltung der Denkmale wäre andernfalls gefährdet (im vorliegenden Fall aufgrund der beginnenden Straßenbauarbeiten).

 

Sind Ihrer Ansicht nach diese Voraussetzungen für die Ausweisung des Gebietes der gegenständlichen  Umfahrung als „Fundhoffnungsgebiet“ gegeben?

 

4.    Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Wenn ja, warum ist die Ausweisung als „Fundhoffnungsgebiet“ vom BDA noch nicht erfolgt?

 

6.    Gemäß § 1 Abs 5 DMSG besteht kein freies Ermessen des BDA, ob es ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Denkmalen feststellt und daher eine Unterschutzstellung verfügt oder nicht. Liegen die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung vor, so ist das BDA verpflichtet, die Unterschutzstellung zu veranlassen.

 

Wie ist zu erklären, dass im Falle einer weiteren Unterlassung der Unterschutzstellung des Gebietes der vorgesehenen Trasse der Umfahrung Schützen das eindeutig gesetzeswidrige Verhalten das BDA von Seiten des BMUKK toleriert wird?

 

7.    Der Leiter der Abteilung für Archäologie im BDA, Dr. Bernhard Hebert, nahm am 3. Juni 2013 am medienwirksamen Spatenstich von LH Niessl in Schützen teil und behauptete öffentlich, dass keine „Sensationsfunde“ zu erwarten wären.

 

Wie bewerten Sie diesen Umstand, dass ein hochrangiger Mitarbeiter des BDA an einer öffentlichen Veranstaltung der Befürworter des Bauprojektes teilnimmt?

 

8.    Wie bewerten Sie die Aussage von Dr. Hebert, dass - ohne Vorliegen gesicherter Detailinformationen - keine „Sensationsfunde“ zu erwarten wären?

 

9.    Wie ist ein „Sensationsfund“ definiert?

 

10. Wo in Österreich sind nach Ansicht des BMUKK „Sensationsfunde" zu erwarten und an welcher Stelle und in welcher Weise werden Bodenflächen, auf denen derartige „Sensationsfunde" zu erwarten sind, amtlich ausgewiesen?

 

11.  Stellen nach Ansicht des BMUKK nur „Sensationsfunde" schützenswerte Denkmale iSd §§ 1 und 8-11 DMSG dar?

 

12. Wenn ja, weshalb sieht nach Ansicht des BMUKK § 11 Abs. 1 DMSG eine allgemeine Genehmigungspflicht archäologischer Ausgrabungen vor, unabhängig davon ob an der geplanten Grabungsstelle mit „Sensationsfunden" oder überhaupt mit irgendwelchen Bodenfunden iSd § 8 DMSG zu rechnen ist?

 

13. Wurde für die im Rahmen des Baus der Ortsumfahrung Schützen am Gebirge vorgesehenen baubegleitenden archäologischen Maßnahmen (Beobachtung des Abschubs des Ober- und Zwischenboden durch einen archäologischen Mitarbeiter der Abt. 7 des Amtes der Bgld. Landesregierung, Mag. Herdits, um gegebenenfalls vorhandene archäologische Funde und Befunde entdecken und zu deren Bergung die Bauarbeiten einstellen zu können) eine Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 DMSG erteilt?


14. Wenn nein, weshalb werden nach Ansicht des BMUKK im genannten Fall die Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG nicht zur Anwendung gebracht, obwohl es sich bei einer derartigen baubegleitenden archäologischen Beobachtung des Abschubs des Ober- und Zwischenbodens zweifelsfrei um eine „Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche", d.h. eine Forschungsgrabung iSd § 11 Abs. 1 DMSG, handelt?

 

15. Wenn nach Ansicht des BMUKK die Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG auch im Fall der baubegleitenden archäologischen Beobachtung des Ober- und Zwischenbodens im Rahmen des Baus der Ortsumfahrung Schützen zur Anwendung kommen sollten und bisher keine Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 DMSG für diese Maßnahmen erteilt wurde, beabsichtigt das BMUKK oder seine nachgeordneten Dienststellen, das Amt der Bgld. Landesregierung wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen?

 

16. Wenn nein, warum nicht?

 

17. Ergibt sich nach Ansicht des BMUKK bei den Baumaßnahmen der Abt. 8 des Amtes d. Bgld. Landesregierung in Schützen für den Burgenländischen Landeshauptmann ein Interessenskonflikt, der die Ausübung seiner Aufsichtspflicht iSd § 30 Abs. 1 iVm §§ 31 Abs. 1 und 11 Abs. 1 DMSG wegen Befangenheit iSd § 7 Abs. 1 Z 2 AVG unmöglich macht?

 

18. Wenn nein, warum nicht?

 

19. Kommt nach Ansicht des BMUKK der Bgld. Landeshauptmann seiner Aufsichtspflicht im Sinne des § 30 Abs. 1 iVm §§ 31 Abs. 1 und 11 Abs. 9 DMSG bei der durch Baumaßnahmen der Abt. 8 des Amtes d. Bgld. Landesregierung in Schützen ausgelösten Gefahr im Verzug für archäologische Denkmale iSd §§ 1 Abs. 1 und 8 Abs. 1 DMSG in ausreichendem Maß nach?


20. Wenn ja, warum ist das BMUKK dieser Ansicht?

 

21. Wenn nein, ist nach Ansicht des BMUKK in diesem Fall iSd § 31 Abs. 1 DMSG die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde verpflichtet, auf Antrag des BDA oder bei - gegebener - Gefahr im Verzug von Amts wegen die jeweils geeigneten Maßnahmen (einschließlich baulicher Art), Verfügungen und Verbote zur Abwendung dieser Gefahr zu treffen?

 

22. Wenn ja, hat das BDA in Anbetracht der im Fall Schützen akut bestehenden Gefahr, dass Denkmale (wenigstens Bodendenkmale iSd § 8 Abs 1 DMSG) zerstört, verändert oder veräußert werden und dadurch das Interesse an der unversehrten Erhaltung dieser Denkmale wesentlich geschädigt würde bereits einen solchen Antrag an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gestellt?

 

23. Wenn nein, warum nicht?

 

24. Wenn nach Ansicht des BMUKK in diesem Fall die Aufsichtspflicht iSd § 31 Abs. 1 DMSG nicht die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde trifft, welche Behörde hat nach Ansicht des BMUKK stattdessen diese Aufsichtspflicht wahrzunehmen?

 

25. Beabsichtigt das BMUKK gegebenenfalls in Wahrnehmung seiner Aufsicht über das BDA die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der akut gefährdeten Denkmale in Schützen zu veranlassen?

 

26. Wenn nein, warum nicht?